#20 Biodiversität - der Crash-Kurs für Professionals I Mit Frauke Fischer & Saskia Juretzek
Shownotes
Während wir uns unternehmerisch auf die Dekarbonisierung stürzen, droht uns ein anderes Thema deutlich früher um die Ohren zu fliegen: die Biodiversität. Diese ist aber nicht nur die Grundlage für unsere Leben auf dem Planeten, sondern bietet wiederum auch riesiges Potenzial auf natürliche Weise CO2 zu binden und den Klimawandel einzudämmen.Höchste Zeit also, dass wir das Thema konsequent in unsere Nachhaltigkeitsstrategien aufnehmen!
In dieser Folge hat mir Dr. Frauke Fischer einen Deep Dive in Sachen Biodiversität gegeben. Und Dr. Saskia Juretzek hat die Sicht aus einer der größten deutschen Familien Holdings ergänzt.
Das nimmst Du für Deine Arbeit mit:
✅ Warum hängen unser Leben und unsere Wirtschaft von zahlreichen Naturdienstleistungen ab?
✅ Darum steht es um die Biodiversität so kritisch.
✅ Darum tun sich Unternehmen mit Biodiversität so schwer.
✅ Das braucht es, um das Thema unternehmerisch und strategisch anzugehen.
✅ Dieses riesige Potenzial bieten Ökosystemleistungen für Dein Unternehmen und die Eindämmung des Klimawandels.
Dr. Frauke ist preisgekrönte Biodiversitätsexpertin und arbeitet seit Jahren wissenschaftlich zu dem Thema. U.a. hat sie bereits vor 20 Jahren Auf!, die erste Unternehmensberatung zum Thema Biodiversität gegründet und setzt mir ihrem eigenen Kakaounternehmen Peru Puro ihr Wissen unternehmerisch in die Tat um. Gerade erschien ihr neuestes Buch 'Wal macht Wetter': https://www.oekom.de/buch/wal-macht-wetter-9783962384197
Dr. Saskia Juretzek ist Head of Sustainability bei Tengelmann Twenty-One. Zu der Familienholding gehören Marken wie Obi, Kik, Babymarkt.de und zahlreiche weitere Beteiligungen. Zuvor hat sie das Thema Sustainability bei der Allianz und Telefonica vorangetrieben. Zudem ist sie Mitgründerin von FutureWoman - die Plattform für Nachhaltigkeitsexpertinnen: https://www.futurewoman.de
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Agenda:
(00.03.05) Darum ist Biodiversität für uns Menschen so relevant.
(00:10:29) Renaturierung wäre bereits der Schlüssel für das 1.5 Grad Ziel.
(00:15:41) Warum ging Biodiversität bei Unternehmen bisher unter?
(00:17:30) Darum müssen Unternehmen das Thema angehen.
(00:33:49) Was sind die effektivsten Schritte für Unternehmen?
(00:40:49) Wie Biodiversität zum Umsatztreiber wird.
(00:48:10) Shoutout: Bewirb Dich beim Future Forest Accelerator!
(00:49:16) Good News: Wie Frauke die größte Kohlenstoffbombe der Welt entschärft.
Über 'Gewinne Zukunft': In diesem Podcast spricht Zackes Brustik alle zwei Wochen mit den Pionieren und Wegbereiterinnen der unternehmerischen Nachhaltigkeit. Was braucht es, um als Unternehmen nicht nur klimaneutral zu werden, sondern wirklich kompatibel mit den Klimazielen, der Kreislaufwirtschaft oder den SDGs als solches zu werden? Jeder Mensch, der hier zu Gast ist, hat eine einzigartige Geschichte zu erzählen und wertvolles und praktisches Wissen für Dich in petto. Dieser Podcast motiviert und befähigt Dich als CEO, Sustainability Managerin oder Entscheider*in Nachhaltigkeit praktisch und wirtschaftlich umzusetzen. Schließ Dich den Nachhaltigkeitspionieren an und trage mit Deinem Unternehmen erfolgreich zu einer lebenswerten Zukunft bei!
Regelmässige Update und viele weitere Insights bekommst Du von Zackes auf LinkedIn: ➡️ https://www.linkedin.com/in/moderator-zackes-brustik/
Transkript anzeigen
Frauke Fischer [00:00:03]:
Frauke Fischer [00:00:03]: Biodiversität ist so kompliziert. Wir machen ja schon Klima, lasst das mal stecken. Das darf nicht mehr passieren und meine Erfahrung der letzten paar Jahre ist auch, dass sich da wirklich was ändert.
Frauke Fischer [00:00:03]:
Zackes Brustik [00:00:17]:
Zackes Brustik [00:00:17]: Gewinne Zukunft, der Podcast, der dich dabei unterstützt, dein Unternehmen erfolgreich klimakompatibel zu gestalten. Hier lernst du direkt von den Menschen, die die Nachhaltigkeitstransformation als Pioniere entscheidend vorantreiben. Mein Name ist Zakas und ich freue mich, dich mit an Bord zu haben. Wenn wir Nachhaltigkeit sagen, meinen wir allzu oft nur den Klimaschutz. Wenn wir im unternehmerischen Kontext über Klimaschutz reden, meinen wir allzu oft eigentlich nur die technologische Dekarbonisierung. Vielleicht
Zackes Brustik [00:00:17]:
Frauke Fischer [00:00:48]:
Frauke Fischer [00:00:48]: sogar, wenn
Frauke Fischer [00:00:48]:
Zackes Brustik [00:00:49]:
Zackes Brustik [00:00:49]: es ganz schlimm läuft, nur mit dem Hintergedanken der Effizienzsteigerung. Auch wenn wir hier und da die soziale Nachhaltigkeit schon mitdenken, fällt ein Thema in der Regel hinten runter und das ist die Biodiversität. Das ist gelinde gesagt fatal. Denn zum einen stehen gerade im Bereich Biodiversität unmittelbar Kipppunkte bevor und zum anderen sind Naturdienstleistungen schlichtweg auch die Grundlage von unserem Leben auf diesem Planeten und auch von vielen Wirtschaftsmodellen. Zeit also für einen kleinen Crashkurs, in das Thema Biodiversität einzutauchen, zu verstehen, warum es so relevant ist, was es gerade im Unternehmenskontext bedeutet, wie ihr aktiv werden könnt und warum Biodiversität nicht zuletzt auch schlichtweg ein wirtschaftlicher No-Brainer sein kann. Wie immer gibt es das Wissen dazu nicht von mir, sondern in diesem Fall gleich von zwei wunderbaren Gästen und Menschen. Zum einen Dr. Frauke Fischer, absolute Biodiversitäts-Expertin, die schon seit Jahren wissenschaftlich zu dem Thema arbeitet, bereits vor 20 Jahren die erste Biodiversitätsunternehmensberatung gegründet hat.
Zackes Brustik [00:00:49]:
Zackes Brustik [00:01:50]:
Zackes Brustik [00:01:50]: Darüber hinaus das Wissen wirklich auch der Allgemeinheit in leicht lesbaren Büchern zugänglich macht. Jetzt gerade brandneu während die Folge rauskommt das Buch Wahl macht Wetter und darüber hinaus ist sie auch als Unternehmerin dem Beweis angetreten, dass sich ihr Wissen ins Unternehmerische direkt übersetzen lässt, nämlich mit ihrem eigenen Kakao-Unternehmen Peru Puro. Und damit wir das Wissen auch in den großen Maßstab von wirklich großen Unternehmen direkt übersetzen können, habe ich mir noch die Head of Sustainability eines der größten deutschen Familienunternehmens dazu geholt. Dr. Saskia Jurecek von der Tengelmann 21. Knapp 8 Milliarden Umsatz verteilt auf Unternehmen und Marken wie Obi, Kik, Babymarkt.de, Beteiligung in der Immobilienwirtschaft und vieles mehr. Saskia kann also jede Menge spannende Einblicke beisteuern und hat das Thema Nachhaltigkeit auch bereits bei der Allianz oder der Telefonica vorangetrieben. Darüber hinaus hat sie auch noch Future Woman gegründet, eine Plattform, die ExpertInnen aus dem Bereich Nachhaltigkeit vernetzt und sichtbar macht.
Zackes Brustik [00:01:50]:
Zackes Brustik [00:02:54]:
Zackes Brustik [00:02:54]: Und damit springen wir schon direkt ins Gespräch. Starten wir erstmal mit den Basics. Frauke, warum ist das Thema Biodiversität so relevant und gleichzeitig auch so kritisch?
Zackes Brustik [00:02:54]:
Frauke Fischer [00:03:10]:
Frauke Fischer [00:03:10]: Ich fange mal an, was Biodiversität überhaupt ist, denn ein großes Missverständnis bei vielen, vielen Menschen ist, dass sie denken, dass Biodiversität ein Synonym zur Artenvielfalt wäre. Das ist aber falsch. Also Biodiversität bezeichnet die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten auf drei Ebenen. Genetische Vielfalt, also wir sind alle Homo sapiens, aber offensichtlich keine genetischen Kopien voneinander. Das ist bei Menschen extrem wichtig, weil das ein Garant dafür ist, dass wir so wahnsinnig viele verschiedene Interessen, Fähigkeiten etc. Haben. Hätten wir eine eingeschränkte genetische Vielfalt in unserer Art, so wie das leider viele, viele andere Arten haben, dann würde das vielleicht bedeuten, dass wir alle super Hochspringer wären oder dass wir alle total guten Brot backen könnten, aber dass wir leider keinen hätten, der einen Ofen konstruieren kann oder die Zeitmessung oder die Höhenmessung machen kann beim Hochsprung. Auch für andere, alle anderen Organismen auf unserem Planeten ist genetische Vielfalt super, super wichtig, denn das ist der Garant gegen das Aussterben.
Frauke Fischer [00:03:10]:
Frauke Fischer [00:04:08]:
Frauke Fischer [00:04:08]: Eine eingeschränkte genetische Vielfalt bedeutet nämlich, dass alle in einer Population oder in einer Art das gleiche Immunsystem haben und für alle die gleichen Dinge gleich tödlich sind. Das heißt, wenn es eine bestimmte Krankheit gibt, die genau auf dieses Immunsystem passt oder sich die Umweltbedingungen so ändern, dass genau dieses genetische Set davon damit nicht mehr gut zurechtkommt, dann sterben Arten aus. Also ganz wichtig, dass die erste Ebene genetische Vielfalt. Die zweite Ebene ist Artenvielfalt. Ein Mensch ist kein Hund, ein Hund ist keine Palme. Das ist irgendwie logisch. Also wir haben verschiedene Arten. Übrigens wissen wir gar nicht annähernd, wie viele das sind.
Frauke Fischer [00:04:08]:
Frauke Fischer [00:04:44]:
Frauke Fischer [00:04:44]: Kann ich gleichzu noch was sagen. Und die dritte Komponente ist Ökosystemvielfalt, also ein Korallenriff ist keine Wüste, eine Wüste ist kein Regenwald, ein Regenwald ist kein Wattenmeer, etc. Und diese drei Komponenten sind immens wichtig, denn sie sind der Garant für die Bereitstellung von Ökosystemleistung. Ökosystemleistungen sind definiert als Leistungen, die die Natur für uns Menschen erbringt. Das ist eine rein anthropozentrische Sicht der Dinge. Und wenn wir uns das angucken, und da kommen wir dann schon in die Ökonomie, dann können wir die Qualität und die Bedeutung von Ökosystemleistungen uns angucken. Das sind vier Gruppen. Also das eine sind Versorgungsleistungen, Dinge, die wir direkt aus der Natur entnehmen können, wie zum Beispiel Holz oder Meeresfische oder Trinkwasser.
Frauke Fischer [00:04:44]:
Frauke Fischer [00:05:26]:
Frauke Fischer [00:05:26]: Das nächste sind Regulierungsleistungen. Dazu gehört zum Beispiel die Regulierung des Weltklimas, die Aufrechterhaltung globaler Wasserkreisläufe, die Bestäubung, Vermeidung von Erosion, solche Dinge. Die dritte Gruppe sind Basisleistungen, also Photosynthese zum Beispiel, die Fähigkeit aus anorganischem Material organisches zu machen, aber auch die Bereitstellung fruchtbarer Böden. Und die letzte Komponente sind kulturelle Leistungen, also die Erholung, die wir in der Natur finden, die Inspiration etc. Und das kann man jetzt ökonomisch bewerten. Und also erstens kann man feststellen, dass wir viele dieser Leistungen gar nicht ersetzen können. Also zum Beispiel die Bereitstellung fruchtbarer Böden, auf der ja unsere gesamte Welternährung basiert, mit Ausnahme von Meeresfischen. Die können wir nicht ersetzen.
Frauke Fischer [00:05:26]:
Frauke Fischer [00:06:12]:
Frauke Fischer [00:06:12]: Andere teuer oder schlecht. Und der Wert dieser ökonomischen, dieser Leistungen, der übersteigt in jedem Jahr den Wert des weltweiten Bruttosozialprodukts ungefähr den Faktor 2 und mehr als 60 Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts ist direkt oder indirekt abhängig von diesen Leistungen der Natur.
Frauke Fischer [00:06:12]:
Zackes Brustik [00:06:31]:
Zackes Brustik [00:06:31]: Ich gehe nochmal an den Anfang zurück, weil du hast gesagt, es ist wichtig, diese genetische Vielfalt auch innerhalb einer Art oder Spezies zu haben. Wenn ich jetzt zynisch bin und sage, ja, vielleicht können wir auf den Wal verzichten, Hauptsache wir haben noch Hühner, Schweine und Rinder. Warum ist wirklich die Vielfalt der verschiedenen Arten so wichtig für uns? Dein Buch heißt Wahl macht Wetter. Warum ist der Wahl so relevant für uns? Wenn wir es wirklich rein zynisch angucken.
Zackes Brustik [00:06:31]:
Frauke Fischer [00:06:56]:
Frauke Fischer [00:06:56]: Du hast angefangen mit genetischer Vielfalt, aber hast gesagt, das ist ja nicht genetische Vielfalt, sondern du hast von Artenvielfalt geredet. Bei Artenvielfalt, aber ich erkläre dir die Bedeutung von Artenvielfalt und zwar an einem, wie ich finde, ganz guten Bild. Es gibt eine Theorie oder einen Ansatz, nennt man die Nieten-Theorie der Artenvielfalt. Und das bezieht sich nicht darauf, dass die Arten alle Loser sind, sondern Niete wie die Niete in einem Trag in der Tragfläche von einem Flugzeug. Angenommen, man fliegt jetzt schön von Frankfurt nach New York und hat einen guten Fensterplatz und dann kennen wir ja diese Nieten an der Tragfläche und jetzt fliegt mal eine raus. Na ja, macht man mal ein Foto, fliegt noch eine raus, macht nochmal ein Instagram Post, fliegt noch eine raus, wird zunehmend beunruhigend und irgendwann fliegt eine raus und das ganze System kollabiert. Tragfläche fällt ab, Flugzeug stürzt ab. Das ist nicht, weil diese letzte Niete so wahnsinnig viel wichtiger war als die erste, die rausgeflogen ist, sondern es ist leider, weil die eine Niete zu viel war.
Frauke Fischer [00:06:56]:
Frauke Fischer [00:07:47]:
Frauke Fischer [00:07:47]: Und so müssen wir uns das mit Artenvielfalt vorstellen. Mit Sicherheit gibt es Arten, die nicht wahnsinnig wichtig waren, dieses ganze System am Laufen zu halten. Wir verlieren ja im Moment pro Stunde ungefähr zwei Tier- oder Pflanzenarten von unserem Planeten. Und irgendwie haut es ja noch hin. Aber wir wissen halt nicht, wann dieser Point of No Return ist und wann dieser Absturzmoment ist. Und das bedeutet, dass jede Tier- oder Pflanzenart, wir dürfen eigentlich keine weiteren Tier- oder Pflanzenarten mehr verlieren. So wie wir bei der 50. Niete am Flugzeug denken.
Frauke Fischer [00:07:47]:
Frauke Fischer [00:08:18]:
Frauke Fischer [00:08:18]: Vielleicht, hoffentlich fliegt keiner mehr raus. Ja, weil vielleicht ist die nächste ja die, die das System zum Kollabieren bringt.
Frauke Fischer [00:08:18]:
Zackes Brustik [00:08:27]:
Zackes Brustik [00:08:27]: Bevor wir noch tiefer ins Thema einsteigen, ein kleiner Appell in eigener Sache. Für gewinne Zukunft erst noch recht jungen Podcast zählt jedes Abo. Also unterstützt mich gerne auf meiner Mission, klickt den Abo-Button bei euch in der Podcast App oder auch hier auf YouTube, hinterlasst sehr gerne eine Bewertung mit den Sternen oder sogar ein kurzes qualitatives Feedback. Fast schon von Anfang an unterstützend mit an Bord ist mein Werbepartner IBM und daher gibt es jetzt in unter 60 Sekunden einen kleinen Einblick in eine IBM Sustainability Story. Einer der wichtigsten Ansätze überhaupt, angesichts der unmittelbar drohenden Kipppunkte wirksam zu werden, ist nicht alles neu zu erfinden, sondern auf bestehende wissenschaftliche Arbeit aufzubauen. Und wenn es Daten zu unserem Erdsystem geht, gibt es wenige Organisationen weltweit, die so viele Daten dazu haben wie die NASA. Ganze 70 petabyte. Aber wie macht man so einen gewaltigen Datenschatz für ganz spezielle Fragestellungen zum Thema Waldbrände, zum Thema Abholzung oder zur Bewegung von bestimmten Spezien verfügbar? Klar, die Antwort heißt heutzutage KI und Automatisierung.
Zackes Brustik [00:08:27]:
Zackes Brustik [00:09:34]:
Zackes Brustik [00:09:34]: Die NASA und IBM werden daher kooperieren, sogenannte Foundation-Modelle zu entwickeln. In meinen Worten ausgedrückt, ein Foundation-Model erlaubt es, Texte, Publikationen, Datensätze oder auch Sensordaten für eine ganz spezielle KI-Fragestellung verwertbar zu machen, ohne dass diese KI jedes Mal komplett von Grund auf neu trainiert werden muss. So werden wissenschaftliche Daten und bestehende Publikationen für ganz neue spezifische Fragestellungen offen verfügbar. Mehr Informationen dazu gibt es von Sustainability-Expert Ramon Dicanio auf LinkedIn oder über den Link in den Show Notes. Und jetzt zurück zu Frauke und Saskia.
Zackes Brustik [00:09:34]:
Frauke Fischer [00:10:14]:
Frauke Fischer [00:10:14]: Soll ich noch kurz was sagen, wie der Wald das Wetter hat?
Frauke Fischer [00:10:14]:
Zackes Brustik [00:10:16]:
Zackes Brustik [00:10:16]: Ja bitte, Wir binden Saskia gleich ein, aber wir werden erst noch die Basics und das gefährliche Halbwissen, das bei mir schon herausgehört hat, gerade rücken.
Zackes Brustik [00:10:16]:
Frauke Fischer [00:10:25]:
Frauke Fischer [00:10:25]: Genau. Also einer der Haupttreiber für den Verlust von Biodiversität ist der Klimawandel. Aber die Natur ist eben kein, nicht einfach nur Opfer, sondern sie ist eigentlich unser bester Dienstleister. Wieder eine Zahl. Wir haben ungefähr 350 Millionen Hektar degradierten Landes auf unserem Planeten. Wenn wir die renaturieren würden bis 2030, würden wir 8,4 Billionen Dollar erzeugen an Ökosystemleistung und wir würden bis zu 26 Gigatonnen, also 26 Milliarden Tonnen klimaschädliche Gase der Atmosphäre entziehen. Wenn wir das machen würden, würden wir übrigens so groß, 26, Also irgendwo zwischen 19 und 27 Milliarden Gigatonnen liegt das sogenannte Target Gap, was wir gerade sehen. Unser Ziel beim Klimawandel ist ja dieses 1,5 Grad Ziel.
Frauke Fischer [00:10:25]:
Frauke Fischer [00:11:10]:
Frauke Fischer [00:11:10]: Wir sind im Moment auf einem Pfad, der deutlich uns da weiter oben landen lassen wird. Und wenn wir diese Renaturierung machen würden, dann würden wir bei 1,5 Grad landen. Das ist ja schon mal super interessant. Da spielen viele Ökosysteme eine Rolle und viele Leistungen von Ökosystemen. Und der Wale ist eine Besonderheit. Er ist natürlich eine Skurrilität, leider, weil Wale ja so selten geworden sind. Aber Wale entziehen der Atmosphäre anders als fast alle anderen Tier- und Pflanzenarten dauerhaft Kohlenstoff. Und das machen sie so, indem sie, also wir reden hier von den sehr, sehr großen Walarten, in ihrem Körper ungefähr 15 Tonnen Kohlenstoff enthalten.
Frauke Fischer [00:11:10]:
Frauke Fischer [00:11:48]:
Frauke Fischer [00:11:48]: Das haben sie der Atmosphäre entzogen über Nahrung, die sie aufgenommen haben. Wenn ein Wal stirbt, dann sinken diese 15 Tonnen Kohlenstoff zu Boden. Er wird fast nie oberhalb aufgefressen oder verwest gar an der Oberfläche. Meistens sinken die Wal-Kadaver nach unten und werden dann in der Regel sogar eingebettet von Sediment. Das heißt, diese 15 Tonnen sind dauerhaft der Atmosphäre entzogen. Anders als ein Elefant, wenn der an Land stirbt, dann verwest er und sein Kohlenstoff geht gleich wieder in die Atmosphäre. Jetzt haben wir heute nur noch einen Bruchteil, also nur wenige Prozent der Wahlpopulation, die wir ursprünglich mal hatten, die wir noch vor 100 oder 150 Jahren hatten. Wenn wir das insgesamt ausrechnen, dann kommen wir zu Millionen Tonnen Kohlenstoff, die wir emittiert haben, einfach weil wir die ganzen Wale umgebracht haben.
Frauke Fischer [00:11:48]:
Frauke Fischer [00:12:33]:
Frauke Fischer [00:12:33]: Und dann könnte, kann man natürlich sagen, okay, wenn es uns gelingt, die Walpopulation wieder ansteigen zu lassen, dann binden wir ja jedes Jahr auch wieder Millionen oder hunderttausende von Tonnen zumindest von Kohlenstoff.
Frauke Fischer [00:12:33]:
Zackes Brustik [00:12:47]:
Zackes Brustik [00:12:47]: Ich würde sagen, ich tease ja schon am Ende der Folge, komme ich noch auf eine Geschichte zurück. Denn Wale quasi binden nicht nur CO2 in sich im Körper, sinken zu Boden und entziehen dann damit der Atmosphäre, sondern sie haben eine unglaublich wichtige Rolle dafür, dass das Phytoplankton produktiv arbeitet. Und eine Zahl, die ich absolut frappieren fand, ist, wenn wir die Produktivität von Phytoplankton ein Prozent steigern würden in den Ozeanen, entspricht das glaube ich zwei Milliarden gepflanzten Bäumen, was ja eine absolut kolossale Zahl ist. Kommen wir aber nachher drauf zurück, denn wir haben ja auch noch Saskia mit dem Call. So Saskia, du bist bei Tengelmann 21, wie ich schon gesagt habe, ein Familienholding mit den unterschiedlichsten Feldern. Du bist ungefähr seit Mitte des letzten Jahres als Head of Sustainability mit an Bord. Die wenigsten kennen wahrscheinlich oder kennen Tengelmann und wissen, wo die überall beteiligt sind. Ich habe schon gesagt, ihr habt Baumärkte, Baumärkte wie Obi, ihr habt Kik, ihr habt Babymärkte, ihr seid auch im Mobilienbereich sehr breit aufgestellt.
Zackes Brustik [00:12:47]:
Zackes Brustik [00:13:40]:
Zackes Brustik [00:13:40]: Du stehst jetzt vor der Herausforderung in den unterschiedlichsten Industrien das ganze Thema Nachhaltigkeit, aber als einen Teil davon auch Biodiversität anzugehen. Welche Rolle spielt das bei euch und wie gehst du das an, wenn du so einen ganzen Regenbogen an unterschiedlichsten Unternehmen vor dir hast?
Zackes Brustik [00:13:40]:
Saskia Juretzek [00:13:58]:
Saskia Juretzek [00:13:58]: Sehr gute Frage, die ich mir natürlich auch zu Beginn vor einem dreiviertel Jahr gestellt habe. Was man klassischerweise macht, ist natürlich erst mal strategisch auf das ganze Thema zu schauen und auch ein bisschen zu gucken, was habe ich denn für Geschäftsmodelle im Portfolio? Was sind denn wesentliche Nachhaltigkeitsthemen für die verschiedenen Unternehmen? Sodass man da auch eine klassische Stakeholder-Befragung macht, Wesentlichkeitsanalyse und auf diese verschiedenen Geschäftsmodelle guckt. Das haben wir dann am Ende angereichert noch natürlich mit Best Practice, was passiert draußen am Markt, dann aber auch geschaut, was braucht es denn wirklich? Und da sind wir jetzt auch relativ schnell beim Stichwort planetare Grenzen und haben da sehr bewusst geschaut, naja, es gibt ja eben nicht nur die Dekarbonisierung und CO2-Emissionen, sondern es gibt ja noch acht weitere planetare Grenzen. Was ist denn eigentlich mit denen? Und was müssen wir uns denn da anschauen? Und was ist denn unser Einfluss auf diese Grenzen? Und eins unserer Ziele jetzt in der neuen Nachhaltigkeitsstrategie ist es wirklich, diese im Idealfall nicht negativ zu beeinflussen. Was jetzt im ersten Schritt auch natürlich überhaupt erstmal heißt, uns denen zu nähern und zu verstehen, wie können wir die denn eigentlich messen? Wie können wir denn unseren Einfluss auf diese planetaren Grenzen messen? Und genau da stehen wir jetzt, dass wir auch beim Thema Biodiversität schauen, wo sind da genau unsere Anknüpfungspunkte mit unseren verschiedenen Geschäftsmodellen. Ganz sicher sind da Anknüpfungspunkte. Wir können es aktuell noch nicht sozusagen quantifizieren oder wissen noch nicht, wo sind jetzt genau die Hotspots, mit denen wir uns auseinandersetzen sollten.
Saskia Juretzek [00:13:58]:
Zackes Brustik [00:15:31]:
Zackes Brustik [00:15:31]: Das jetzt unabhängig von deiner Rolle bei Tangleman21, sondern allgemein gesprochen auch mit deiner Erfahrung der letzten Jahre und da kann Frauke vielleicht auch gerne beisteuern. Man sagt immer Biodiversität wird von Unternehmen erstmal nicht berücksichtigt. Also stimmt das überhaupt mein Statement und wenn ja, warum ist das so?
Zackes Brustik [00:15:31]:
Saskia Juretzek [00:15:49]:
Saskia Juretzek [00:15:49]: Kann ich leider aus der Erfahrung bestätigen. Also es war einfach in den letzten 30 Jahren das Thema Dekarbonisierung oder grundsätzlich sind wir stark auf dieser Umweltebene unterwegs gewesen, stark im Bereich Klimawandel. Das Thema Dekarbonisierung war so das Erste, was vermutlich einfach auch so das Erste war, womit man sich wirklich auseinandergesetzt hat, was man dann auch wirklich messbar gemacht hat, wo man dann auch angefangen hat, Daten zu erheben. Und auch das hat einige Jahre gedauert, bis das Thema sozusagen wirklich eine gewisse Reife hatte. Und jetzt, wenn ich jetzt aufs Thema Biodiversität schaue, ist es aus meiner Sicht so, dass wirklich die meisten, so wie Frauke es auf Karte schon gesagt hat, noch überhaupt nicht verstehen, was ist denn Biodiversität überhaupt? Was heißt es denn überhaupt? Und für 80 Prozent der Menschen, mit denen ich rede, die sagen dann auch erst mal, naja, nein, also mein Unternehmen hat dort jetzt irgendwie keinen Einfluss drauf. Also das ist teilweise noch so abstrakt, dass die Anknüpfungspunkte nicht klar sind. Und am Ende ist das jetzt für mich auch in meiner aktuellen Rolle der Job überhaupt erst mal, diesen Wissensaufbau zu betreiben, da Transparenz zu schaffen und zu sehen und deutlich zu machen, wo haben wir denn da Schnittmengen, dann wirklich aktiv daran arbeiten zu können. Also weil es ist wirklich aus meiner Sicht grundsätzlich noch das fehlende Verständnis zum Thema.
Saskia Juretzek [00:15:49]:
Saskia Juretzek [00:17:00]:
Saskia Juretzek [00:17:00]: Das ist einfach noch nicht so reif, leider, weil auch, wie Frauke ja schon gesagt hat, das ist die nächste Krise, die vor der Tür steht. Aber da braucht es einfach noch ganz viel Wissensaufbau.
Saskia Juretzek [00:17:00]:
Zackes Brustik [00:17:10]:
Zackes Brustik [00:17:10]: Bevor wir quasi anschauen, wirklich, also A, wie schaffe ich das Bewusstsein dafür bei meinen Mitarbeitenden Und dann B, wo finde ich die ganz konkreten Anknüpfungspunkte noch, das Warum, Frauke? Also warum müssen Unternehmen das Thema angehen? Viele Gründe, wahrscheinlich einer auch ein gesetzlicher, so wirklich so Hard Facts, gibt, kommt da auch aus Regulationssicht was auf die Unternehmen zu, wenn man jetzt nicht zu den intrinsisch Motivierten gehört. Und warum sollte man intrinsisch motiviert sein?
Zackes Brustik [00:17:10]:
Frauke Fischer [00:17:36]:
Frauke Fischer [00:17:36]: Der wichtige Punkt ist, die Beschäftigung, die ausschließliche Beschäftigung mit dem Klimawandel als vermeintlich großes Problem, ist wissenschaftliche Erkenntnis von vor 30 Jahren. Es ist klar, dass wissenschaftliche Erkenntnis nicht in politische Entscheidungsprozesse sehr rasch einfließt, ist ein Drama. Dass sie nicht sehr schnell in unternehmerische Entscheidungsprozesse einfließt, kann man vielleicht eher noch verstehen. Aber deshalb ganz, ganz wichtig, ein Unternehmen, das sich nicht mit Biodiversität beschäftigt, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Leider, vielleicht wird es auch viele andere dann nicht mehr geben, die sich damit beschäftigen, wenn das Thema weiter so ignoriert wird.
Frauke Fischer [00:17:36]:
Zackes Brustik [00:18:10]:
Zackes Brustik [00:18:10]: Warum? Also sind das die Konsumenten? Sind das die Gesetze oder sind das die Naturdienstleistungen, die relevant sind?
Zackes Brustik [00:18:10]:
Frauke Fischer [00:18:16]:
Frauke Fischer [00:18:16]: Es sind die Naturgesetze. Wir sind dabei, unsere Lebensgrundlage zu zerstören und zwar in einem Ausmaß, dagegen ist das Ausstellen der Dinosaurier Peanuts, sag ich mal. Ja, wenn wir uns das angucken, Saskia hat angesprochen, diese größeren Rahmen, die wir uns da angucken müssen. Und das Allerwichtigste, fast noch wichtiger als das Betrachten der planetaren Grenzen, sind Tipping Points. Die Entwaldung des Amazonas führt uns mit 180 auf die Wand zu, bei der dieses Ökosystem kippt. Jetzt würde man denken, naja, so what? Ich lebe ja in Mitteleuropa, ist mir ja egal, was da im Amazonas passiert. Aber die wissenschaftlichen Fakten sagen leider was ganz anderes. Wenn wir zwischen einer Entwaldung von 22 bis 24 Prozent, wird dieses System kippen.
Frauke Fischer [00:18:16]:
Frauke Fischer [00:18:57]:
Frauke Fischer [00:18:57]: Das heißt, man hat einen sogenannten Amazon Dieback, Der Amazonas wird vertrocknen, der wird eine Savanne werden und das wird dramatische Auswirkungen auf uns alle haben. Denn Regenwälder stehen nicht etwa da, wo es viel regnet, sondern Regenwälder lassen es da regnen, wo sie stehen und nicht nur da, sondern auch weit entfernt. Das bedeutet für unsere Wirtschaft in Mitteleuropa, für uns alle in Mitteleuropa ist der Kongo unsere Wasserquelle, für Mittel- und Nordamerika ist es der Amazonas. Beim Kongo wissen wir noch nicht so ganz genau, wann der kippen wird. Beim Amazonas wissen wir es. 22 bis 24 Prozent, alle wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten darauf hin, bei 20 Prozent Amazonas müssen wir sofort stoppen. Wir sind jetzt bei 18 Prozent und wir haben 38 Prozent restlichen Amazonaswald, der bereits degradiert ist. Also es ist wirklich der Tanz auf dem Vulkan.
Frauke Fischer [00:18:57]:
Frauke Fischer [00:19:48]:
Frauke Fischer [00:19:48]: Wenn das passiert, wenn der Amazonas kippt, dann wird es in Mittel- und Nordamerika nicht mehr regnen oder nicht mehr so regnen wie jetzt. Landwirtschaftliche Produktion wird quasi nicht mehr möglich sein. Wir werden hunderte Millionen von Menschen haben, die natürlich dahin wollen, wo die kulturellen Überschneidungen am größten sind und wo sie sich am sichersten fühlen. Das heißt, wenn wir jetzt denken, eine Million Flüchtlinge aus Syrien oder Ukraine, irgendwie problematisch, aber schaffen wir schon. Das hat uns alles keinesfalls darauf vorbereitet, was da kommen wird. Und wenn man jetzt sich anguckt, warum muss man sich damit beschäftigen? Dann ist sozusagen die Regulatorik das aller, aller niedrigste. Sagen wir mal Kindererziehung. Es ist verboten, seine Kinder zu schlagen.
Frauke Fischer [00:19:48]:
Frauke Fischer [00:20:32]:
Frauke Fischer [00:20:32]: Aber ich glaube nicht, dass das das wichtigste Argument sein sollte, dass das eben verboten ist. Man darf seine Kinder nicht schlagen. Es gibt tausend Gründe, die ich höher bewerten würde als, nee, ist halt verboten. Und deswegen finde ich, Regulatorik ist sozusagen der kleinste Nenner. Der große Nenner ist, dass wir, wenn wir, und da kommen wir zu den planetaren Grenzen wieder, wenn wir unseren Planeten in diesem sicheren Handlungsrahmen halten möchten, in diesem Safe Operating Space, dann müssen wir alles daran setzen, diese überschrittenen Grenzen, denn fast alle dieser Grenzen haben wir schon überschritten, wieder zurückzubekommen. Und wenn ein Unternehmen sagt, das ist aber nicht mein Business, dann ist das für das Unternehmen sozusagen doof, ist doof für uns alle, weil wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen, dann egal was ich mache und egal wie stark meine Eingriffe in Natur sind und egal wie abhängig ich davon bin, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen,
Frauke Fischer [00:20:32]:
Saskia Juretzek [00:21:25]:
Saskia Juretzek [00:21:25]: ist Wirtschaft nicht mehr möglich. Da würde ich gleich gerne einhaken aus Unternehmensperspektive. Also Inhaltlich bin ich total bei dir, Frauke. Aber ich glaube, dass 99 Prozent der Unternehmen da einfach das Verständnis nicht haben. Die verstehen das nicht, die kennen die Impact nicht, die haben keine Daten, Zahlen, Fakten sozusagen dazu. Es ist so eine abstrakte Gefahr. Und so schade ich das natürlich auch persönlich finde. Also wir müssen es irgendwie einfach schaffen, diese Lücke da zu schließen.
Saskia Juretzek [00:21:25]:
Saskia Juretzek [00:21:54]:
Saskia Juretzek [00:21:54]: Und da ist die Regulatorik natürlich, kann da schon eine Rolle spielen, sollte natürlich noch eine, in dem Sinne schnellere oder aktivere Rolle spielen. Das kommt ja häufig alles relativ spät an Regulatorik. Und kann zumindest mal so eine Basis schaffen. Also meine Hoffnung ist da schon immer bei der Regulatorik. Oder was sich jetzt auch zeigt, auch zum Beispiel durch die Reporting-Verpflichtungen oder auch so dieses ganze Thema Task Force for nature-related financial disclosures. Es wird einfach ein gewisser Druck und natürlich werden gewisse Anforderungen an die Unternehmen gestellt, dass sie sich damit beschäftigen müssen. Ich kann eben nicht leider auf die Freiwilligkeit an jeder Stelle warten.
Saskia Juretzek [00:21:54]:
Zackes Brustik [00:22:33]:
Zackes Brustik [00:22:33]: Da würde ich gerne kurz die Brücke schlagen zu dir, Frauke. Also weil ich sehe es so wie du, Saskia wahrscheinlich auch, aber ich würde auch Saskias Realitätscheck unterstreichen. Also so Unternehmen, die das wirklich, du hast den Safe & Just Space genannt, HANIEL, die ich in der Folge vorher zu Gast hatte, sind ja auch auf dem Weg mit Enkelfeek in die Richtung zu gehen und ich glaube, da sind sie die absolute Ausnahme. Also auch statistisch gesehen sind das irgendwo so im zehnstelligen Bereich die Nachhaltigkeit transformatorisch, also im 13-Prozent-Bereich, die das Thema zumindest transformatorisch angehen wollen. Und es gibt aber mindestens noch 40 oder 60 Prozent da draußen, die das rein regulatorisch angehen und sagen so, okay, das sind dumme Hausaufgaben und ich mache halt, was ich machen muss. Und wie kommen wir dahin, dass dann die Menschen wirklich ganz konkret die Ankündigungspunkte begreifen und dass sie eben diese Erkenntnis haben, die Saskia gerade beschrieben hat?
Zackes Brustik [00:22:33]:
Frauke Fischer [00:23:25]:
Frauke Fischer [00:23:25]: Also ich will erstmal, ich will mal einen, ohne Namen zu nennen, natürlich ein Beispiel aus unserem Beratungskontext erzählen. Wir hatten neulich den Auftrag eines großen Lebensmittelkonzerns und die hatten schön so eine Wesentlichkeitsmatrix gemacht und da stand dann drin, dass Biodiversität für sie der allerunwichtigste Faktor ist. Also das spielt für sie überhaupt keine Rolle. Und dann habe ich einen Vorteil gehalten, da sind wir bei Daten, Zahlen, Fakten. Also dann haben die zum Glück erst mal einen Keynote von mir gebucht. Und am Ende dieser Keynote haben die gesagt, okay, ich glaube, wir müssen mal unsere Wesentlichkeitsmatrix eigentlich umstellen. Wir brauchen ja gar nicht viel machen, wir müssen die nur so 180 Grad drehen, dann stimmt alles wieder. Und das ist ja eigentlich erschreckend, dass ein Unternehmen, was in seinem Kerngeschäft absolut abhängig ist von Biodiversität und Ökosystemleistung, meint, sie sind nicht abhängig davon.
Frauke Fischer [00:23:25]:
Frauke Fischer [00:24:10]:
Frauke Fischer [00:24:10]: Und das ist ja, also das heißt, bis wir die erreichen, die noch keinen Bock haben, Also die Beschäftigung damit erfolgt ja einer Normalverteilung. Wir haben welche, die Megavorreiter sind. Die, wo wir sagen, ach komm, egal, wie die Regeln sind, ihr macht immer mehr als die Regeln. Euch brauchen wir nicht mehr an die Hand zu nehmen. Dann haben wir diesen Riesenklotz der Indifferenten, die wir in die richtige Richtung schubsen müssen. Und dann haben wir natürlich die, die immer sagen, spielt keine Rolle für mich, ignoriere ich. Und ich persönlich habe ehrlich gesagt keine Zeit und keine Muße und auch kein Interesse, mich mit denen zu beschäftigen. Und die Regulatorik, also bei den Unternehmen, mit denen wir zu tun haben, gibt es welche, die Regulatorik getrieben sind und die sagen, da müssen wir was machen, bitte erklären sie uns, was das ist.
Frauke Fischer [00:24:10]:
Frauke Fischer [00:24:57]:
Frauke Fischer [00:24:57]: Aber die allermeisten, mit denen wir zu tun haben, sind tatsächlich vor der Regulatorik. Die sagen, der Gesetzgeber, das ist uns zu langsam, das ist, nee, nee, wir machen mal, am Ende können wir dann ja die Regulatorik auf jeden Fall da abhaken. Und vielleicht noch mal zur Regulatorik, wenn man sich zum Beispiel bestimmte, was weiß ich, Reporting-Sachen oder so anguckt, was sind die Anforderungen, dann muss das Unternehmen da schreiben, haben wir Produktionsstätten in der Nähe von einem Schutzgebiet? Das ist dann der einzige Fakt, die einzige Frage, die gestellt wird. Und das ist ja, also und dann hat man die Regulatorik erledigt mit Biodiversität. Also das ändert sich, Ja genau, also wir sind jetzt, das ändert sich zum Glück. Und dann nochmal, was ich auch noch betonen möchte, ist, woher interessanterweise auch ein großer Treiber kommt, ist aus der Finanzwirtschaft. Denn die Kreditvergabe, die wird in Zukunft aufgrund regulatorischer Veränderungen, aber auch aus dem intrinsischen Interesse von Banken und Kreditgebern heraus, auch zunehmend gebunden an Berücksichtigung von Biodiversitätskriterien. Das beste Beispiel ist der norwegische Pensionsfonds, die vorletztes Jahr gesagt haben, wir schmeißen alle Unternehmen bei uns raus, die nicht nachweisen können, dass sie keinen Bezug zur Entwaldung des Amazonas haben.
Frauke Fischer [00:24:57]:
Frauke Fischer [00:26:08]:
Frauke Fischer [00:26:08]: Sehr interessant, denn alle die Unternehmen, die vorher gesagt haben, wie sollen wir denn sowas jemals nachweisen, wenn die Politik gesagt hat, wir machen jetzt entwaldungsfreie Lieferketten, Oh nee, wie soll das hinhauen? Aber als der Geldgeber gesagt hat, ihr sagt mir das jetzt einfach, da konnten die sich dann doch relativ schnell, haben die da die Daten bekommen.
Frauke Fischer [00:26:08]:
Zackes Brustik [00:26:26]:
Zackes Brustik [00:26:26]: Saskia, ergänzt du mal.
Zackes Brustik [00:26:26]:
Saskia Juretzek [00:26:29]:
Saskia Juretzek [00:26:29]: Zwei Aspekte da vielleicht. Was ich tatsächlich auch sehr interessant finde, dass, also wie du sagst, gerade jetzt ein Lebensmittelproduzent, der ja wirklich in seinem Geschäftsmodell abhängig von Biodiversität ist und von Böden, die was für ihn produzieren und so weiter, müsste theoretisch ja diese Risiken in seiner internen Risikobetrachtung sehen. Und da ist es ganz spannend zu sehen, dass alle möglichen Risiken Einfluss finden in so eine Risiko-Bewertung. Aber viele dieser nicht finanziellen Themen sozusagen, die sich aber monetarisieren lassen und dann auch irgendwann berechnen lassen, da noch nicht so stark reflektiert sind. Und das ist aktuell der Prozess, der passiert und der dann schon auch durch die Regulatorik noch mal getrieben wird. Und meine Hoffnung ist dann dort, wenn die Unternehmen sich aktiv über die Regulatorik mit diesen Risiken auch für ihre Geschäftsmodelle beschäftigen müssen, dass sie dann verstehen, oh, ist ja gar nicht nur ein nice to have oder ist irgendwie, weil ich jetzt so ein guter Mensch bin, sondern ich muss mich aus ureigenes Geschäftsinteresse damit beschäftigen. Und ich glaube, das ist immer noch sozusagen dieser Gap, den es da gibt. Das heißt, da hoffe ich schon auf Unterstützung durch die Regulatorik.
Saskia Juretzek [00:26:29]:
Saskia Juretzek [00:27:35]:
Saskia Juretzek [00:27:35]: Und dann hast du jetzt noch einen ganz wichtigen Punkt genannt, den ich auch sehe, dass sowohl Investoren als auch Banken natürlich verstärkt nach dem Thema fragen. Und das jetzt teilweise meiner Kreditfinanzierung zum Beispiel oder bestimmtes Investment davon abhängt, ob ich mich im Kontext Nachhaltigkeit engagiere, bestimmte Kriterien erfülle. Da wird mehr und mehr nachgefragt. Und auch Organisationen, die Unternehmen bewerten auf ihre Nachhaltigkeits Performance, wie auch das Carbon Disclosure Project, haben jetzt ja auch schon die ersten Biodiversitätsfragen im Fragebogen. Das heißt, es wird Gott sei Dank so von verschiedenen Stellen angefragt und da einfach wesentlich mehr.
Saskia Juretzek [00:27:35]:
Zackes Brustik [00:28:15]:
Zackes Brustik [00:28:15]: Du bist jetzt bei der Tange, mann21-Group. Er ist seit Mitte letzten Jahres also noch recht frisch. Ich nehme mal an, du bist noch dabei, dich reinzufinden. Das macht man nicht innerhalb von einer Woche. Das dauert auch ein bisschen, vor allem wenn das Portfolio so breit ist. Aber wo hast du ganz konkret dann Anknüpfungspunkte? Zum Beispiel im Baumarktbereich, im Online-Shopping-Bereich oder im Textilbereich. Und also wo steht ihr da und wo definiert ihr euch für euch die Wesentlichkeit?
Zackes Brustik [00:28:15]:
Saskia Juretzek [00:28:41]:
Saskia Juretzek [00:28:41]: Also grundsätzlich stehen wir gerade sozusagen zum einen noch auf der strategischen Ebene, also dass wir jetzt erstmal unsere Strategie festgezogen haben und die Handlungsfelder. Die einzelnen Unternehmen sind da teilweise natürlich schon weiter, weil sie, wie gesagt, KIK auch schon seit zehn Jahren mit dem Thema beschäftigt ist. Aber auch OVI, also beide sind gerade dabei, Biodiversitätsanalysen sozusagen zu machen in unterschiedlichen Anbietern, wo wir sie auch eng begleiten, weil es für uns natürlich jetzt dann auch spannend ist zu sehen, was kommt da überhaupt raus? Wie funktionieren solche Analysen genau? Mit Frauke war ich dazu auch im Gespräch. Da müssen wir auch mal schauen, ob sich da vielleicht auch ein gemeinsames Projekt ergibt, damit wir da wirklich mehr Transparenz bekommen. Aber sicherlich kann man sagen, dass natürlich Baumollanbau für uns eine Rolle spielt. Natürlich nutzen wir Holz, natürlich verkaufen wir Blumen. Das heißt, es gibt schon verschiedene Anknüpfungspunkte, wo du sozusagen diese landwirtschaftlichen Aspekte drin hast, wo du aber auch natürlichen Einfluss auf andere planetare Grenzen hast. Und das wäre ehrlich gesagt auch nochmal so eine Frage, die ich an Frauke hätte, weil tatsächlich gerade Biodiversität ja eine planetare Grenze ist, die so stark mit den anderen verknüpft ist und so eine starke Wechselwirkung hat.
Saskia Juretzek [00:28:41]:
Saskia Juretzek [00:29:56]:
Saskia Juretzek [00:29:56]: Würdest du sagen, Biodiversität ist daher so ein bisschen das Komplexeste oder das so Mixed-Stroke? Genau. Also ganz kurz, weil
Saskia Juretzek [00:29:56]:
Frauke Fischer [00:30:05]:
Frauke Fischer [00:30:05]: das alle gut verstehen werden, noch mal einen Vergleich zu diesem Carbon-Geschäft. Also bei Kohlen, bei Klimawandel ist es irgendwie super einfach. Wir haben, wir wissen, es gibt klimaschädliche Gase, dann können wir die alle in Kohlenstoff-CO2-Äquivalente umrechnen. Dann können wir mal ausrechnen, wie viel wir emittieren bei Produktion, bei Mobilität, bei Heizen, was weiß ich. Dann gibt es einen Markt, da können wir diese Zertifikate, das ist eine Tonne davon und dann kann man das irgendwie handeln. Super easy. Das werden wir bei Biodiversität leider nicht hinbekommen, weil wir können nicht eine Einheit machen, alles in Eisbäreequivalente umrechnen oder in genetische Vielfaltäquivalente. Biodiversität ist anders als Klima.
Frauke Fischer [00:30:05]:
Frauke Fischer [00:30:40]:
Frauke Fischer [00:30:40]: Klima ist sozusagen gleich verteilt über unseren Planeten, also in Form von Atmosphäre. Alles, was in der Atmosphäre ist, egal wo ich es emittiere, egal wo ich es bin, das hat immer den gleichen Effekt. Das ist eben anders bei Biodiversität. Es macht einen Unterschied, ob ich einen Hektar intakten Regenwald in Ecuador zerstöre oder einen Hektar Maisacker in Deutschland. Das bedeutet, dass wir eine riesen Herausforderung schon haben, schon dabei. Also was ist unsere, was, was, wie messen wir das? Also Wissenschaftlich kann man super messen, aber eben nicht so, dass ein Unternehmen sagt, bei Biodiversität sind wir jetzt sieben und unser Ziel muss zehn sein. Also machen wir jetzt das und das, damit wir von sieben nach zehn kommen. So einfach ist das eben nicht.
Frauke Fischer [00:30:40]:
Frauke Fischer [00:31:19]:
Frauke Fischer [00:31:19]: Und jetzt noch mal zu den planetaren Grenzen. Also erst mal ist Biodiversität wirklich, hier in unserem anderen Buch war, was hat die Mücke je für uns getan? Da haben wir so eine schöne Sonne, wo man sich die Ökosystemleistung angucken kann. Man muss da echt nur einen Blick drauf werfen, zu sehen, okay, wenn das die Leistung von Ökosystemen sind, sind wir in jedem Produktionsschritt eines Unternehmens, in jedem Ding, was wir als Privatperson jeden Tag machen, wir sind da mega abhängig. Und das gilt auch für diese planetaren Grenzen. Also die planetaren Grenzen sind so neun große und zwei sind nochmal unterteilt, also elf Parameter, die wir uns da angucken. Fast alle sind quantifiziert und haben eben Ziele. Und dann sind aber, wenn wir uns zum Beispiel die planetare Grenze Eintrag von Phosphor und Stickstoff angucken, dann ist das ja eigentlich super einfach. Das kommt fast alles durch Kunstdünger.
Frauke Fischer [00:31:19]:
Frauke Fischer [00:32:03]:
Frauke Fischer [00:32:03]: Also würde man sagen, komm, das lassen wir jetzt mal mit dem Kunstdünger. Das ist so wie das Schließen des Ozonlochs. Hat man einfach aufgehört, diese Kühlschränke überall hinzustellen mit diesem FCKW. Ozonloch geht wieder zu. So wäre das da auch. Und das ist eben bei Biodiversität und Ökosystemleistung anders. Also alle, jede Art, die verschwindet, ist für immer weg. Es gibt keine Möglichkeit von Menschen, Tier- oder Pflanzenarten wieder zu erschaffen.
Frauke Fischer [00:32:03]:
Frauke Fischer [00:32:26]:
Frauke Fischer [00:32:26]: Also wenn jetzt einer sagt, ja, nee, Mammut. Ja, genau. Man kann natürlich irgend so ein bisschen DNA von so einem tiefgefrorenen Mammut nehmen und dann versuchen, irgendwie so ein Vieh da wieder mit der Eizelle von einem Elefant oder was weiß ich was zusammenzubasteln. Da hat man aber ein tiefgefrorenes Gewebe, also da macht man keine neue Tierart. Also man kann nicht ein Tyrannosaurus Rex wieder aus dem Bild vom Tyrannosaurus Rex im Dinosaurierbuch machen. Sowas geht eben nicht. Genau. Und dann die Abhängigkeiten.
Frauke Fischer [00:32:26]:
Frauke Fischer [00:32:53]:
Frauke Fischer [00:32:53]: Also egal, wohin man blickt, globale Wasserkreisläufe. Alles, alles, alles hängt mit Biodiversität zusammen. Deswegen ist das, ja, auch wenn man sich die planetaren Grenzen anguckt, eigentlich muss der Fokus da total drauf sein. Es ist die schwierigste Aufgabe. Alles andere ist viel, viel, viel einfacher. Und es ist sicher cool, auch als ein Unternehmen zu sagen, komm, hier diese anderen planetaren Grenzen, das machen wir jetzt einfach, weil das können wir machen. Aber man darf halt nicht sagen, wie es in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich war, dass Unternehmen immer gesagt haben, Biodiversität ist so kompliziert, nee, wir machen ja schon Klima, lasst das mal stecken. Das darf nicht mehr passieren.
Frauke Fischer [00:32:53]:
Frauke Fischer [00:33:33]:
Frauke Fischer [00:33:33]: Und meine Erfahrung der letzten paar Jahre ist auch, dass sich da wirklich was ändert.
Frauke Fischer [00:33:33]:
Zackes Brustik [00:33:38]:
Zackes Brustik [00:33:38]: Jetzt ist die Frage, was ist denn am effektivsten? Also an euch beide gerichtet. Ich glaube, die Standardeinflugschneise ist wahrscheinlich gerade, dass sich halt irgendein Mittelständler in Deutschland sagt, okay, guck mal, wir haben hier unseren Rasen, lass doch einfach mal 200 Quadratmeter Blumenwiese einrichten. Oder wir begrünen das Dach. Oder, ach komm, wir kaufen ein paar WERRA-Zertifikate. Da passiert schon irgendwas mit, zumindest auf dem Zertifikat steht drauf, dass irgendwas mit Regenwald passiert.
Zackes Brustik [00:33:38]:
Frauke Fischer [00:34:05]:
Frauke Fischer [00:34:05]: Wo ist
Frauke Fischer [00:34:05]:
Zackes Brustik [00:34:06]:
Zackes Brustik [00:34:06]: so ein kleines bisschen so ein bisschen schön lackiert? Wie sinnvoll ist das mit den Zertifikaten? Was kann da schief gehen?
Zackes Brustik [00:34:06]:
Frauke Fischer [00:34:12]:
Frauke Fischer [00:34:12]: Der große Rahmen ist erstmal, es gibt fünf Haupttreiber für den Verlust von Biodiversität. Das ist Klimawandel, Landnutzungsänderung, Verschmutzung, also Umweltverschmutzung, invasive Arten und direkte Verfolgung. Das heißt, wenn man es ernst nimmt, muss man als Unternehmen gucken, okay, habe ich hier irgendwie, mache ich da irgendwas und das darf ich eigentlich, darf ich halt nicht mehr machen. Dann gibt es natürlich ganz klein, du hast die Blühwiese angesprochen, und ganz groß und ganz groß wäre eben die Lieferketten umzustellen oder wirklich ein naturpositives Unternehmen zu werden. Kann man ja auch machen. Ganz klein. Da Also grundsätzlich sagen wir immer, okay, es muss von gut gemeint zu gut gemacht gehen. Und zum Beispiel irgendeine Blühwiese anzulegen in einer, also in der Mitte eines Autobahnkreuzes bringt leider nichts, weil wie sollen die Insekten da je hinkommen? Also man macht sozusagen eine Todesfalle für die.
Frauke Fischer [00:34:12]:
Frauke Fischer [00:35:06]:
Frauke Fischer [00:35:06]: Dann sehen wir häufig, dass keine Ahnung Schmetterlinge zum Beispiel brauchen Nahrungspflanzen, denen nützen Blühpflanzen überhaupt nichts. Und eine Nahrungspflanze von Schmetterlingen ist unter anderem die Brennnessel. Die wollen aber die meisten Leute nicht gerne haben. Das heißt, bei diesen Mini-Aktionen sehen wir häufig sehr großen Aktionismus, bei Dingen, die Quatsch sind, also sei es jetzt Baumpflanzaktionen oder Honigbienen auf dem Dach oder Wildbienenhotel an der Garageneinfahrt oder so.
Frauke Fischer [00:35:06]:
Zackes Brustik [00:35:31]:
Zackes Brustik [00:35:31]: Was ist sinnvoll? Also ich glaube, der Zwischenschritt zu sinnvoll ist wahrscheinlich so Zertifikate. Was kann ich da falsch machen?
Zackes Brustik [00:35:31]:
Frauke Fischer [00:35:38]:
Frauke Fischer [00:35:38]: Du hast Werra angesprochen. Die sind ja sehr, sehr in die Kritik geraten mit Zertifikaten aus stehenden Wäldern. Auf der einen Seite ist das eigentlich super, weil, also sagen wir mal, es ist nur dann super, wenn auch positive, wenn Biodiversitätsaspekte berücksichtigt werden. Das passiert bei den allermeisten Zertifikaten aber nicht. Das heißt, ich kann einen leer gewilderten Wald haben, Hauptsache die Bäume stehen noch, kann ich schön CO2-Zertifikate generieren. Dass ja alle Elefanten abgeknallt wurden, ist völlig egal. Die Kritik kam daher, und das ist eigentlich auch ehrlich gesagt meine Hauptkritik an Unternehmen, dass Unternehmen immer so unbesehen allen möglichen Kram kaufen und denken, das ist irgendwie cool, aber das denken sie, weil sie überhaupt keine Ahnung davon haben. Wir kriegen zum Beispiel so viele Angebote von Baumpflanzaktionen, wo die Unternehmen uns sagen, boah, guck mal, das haben wir gekriegt, das ist richtig gut.
Frauke Fischer [00:35:38]:
Frauke Fischer [00:36:25]:
Frauke Fischer [00:36:25]: Ja, nee, richtig gut ist die Webseite. Alles andere ist totaler Schwachsinn. Und die Unternehmen, die sind bereit, sich da in einem Ausmaß über den Tisch ziehen zu lassen, was mich ehrlich gesagt fassungslos macht.
Frauke Fischer [00:36:25]:
Zackes Brustik [00:36:37]:
Zackes Brustik [00:36:37]: Da würde ich gerne direkt den Ball zu Saskia spielen. Wie vermeidet ihr, dass ihr über den Tisch gezogen werdet? Also woher wisst ihr, welche Maßnahmen Sinn machen? Wie bewertet ihr das und für was entscheidet ihr euch?
Zackes Brustik [00:36:37]:
Saskia Juretzek [00:36:48]:
Saskia Juretzek [00:36:48]: Ja, sehr gerne. Also leider kann ich nur unterstreichen, was Frauke gesagt hat. Es gibt wirklich viel Mist da draußen. Es gibt auch ganz viele, die gerade irgendwelche tollen Geschäftschancen bittern. Das heißt, uns flattern auch täglich Anfragen ins Haus, gerade rund ums Thema Dekarbonisierung und Waldpflanzaktionen und Co, wo man am Ende überhaupt nicht belegen kann, was hat das sozusagen wirklich für eine Wirkung oder für einen Impact? Also ich glaube, es braucht wirklich Leute im Unternehmen, die es wirklich kritisch hinterfragen. Und das ist natürlich der schwierigere Weg, aber der einzige, der einen dann zur Lösung bringt. Das heißt, was wir tun, ist, a, überhaupt erst mal im Team selber überlegen, was macht Sinn? Was hat denn wirklich einen Impact? Was hat denn wirklich einen Einfluss? Das heißt, viele dieser Lösungen, die es da draußen gibt, schauen wir uns nicht an. Oder dann schauen wir kurz drüber und sehen okay, nee und vor allen Dingen bin ich immer skeptisch.
Saskia Juretzek [00:36:48]:
Saskia Juretzek [00:37:35]:
Saskia Juretzek [00:37:35]: Also man kann, glaube ich, bei allem skeptisch sein, was einem eine schnelle und einfache Lösung bietet, weil die gibt es einfach nicht und vor allen Dingen eben nicht beim Thema Biodiversität. Das heißt, unser Ansatz ist dann schon ganz konkret, jetzt nochmal auf die vorherige Frage zu kommen beim Thema Biodiversität, wie wir es dann auch angehen, über diese Analysen natürlich ganz genau zu schauen, wo haben wir denn diese negativen Auswirkungen? Wie können wir die dann vor allen Dingen im ersten Schritt reduzieren? Also ich muss ja überhaupt erst mal wissen, wo passiert genau was? Wie kann ich das dann reduzieren, eben da keinen negativen Beitrag mehr zu Biodiversität zu leisten? Im Idealfall dann vielleicht irgendwann naturpositiv zu sein. Und das ist ein anstrengender und langer Weg. Und das passiert, wie gesagt, nicht von heute auf morgen. Und da braucht man dann Menschen an Bord, die sich damit auskennen. Von daher vielleicht mein Appell an alle Unternehmen, sowas nicht allein zu machen, nicht blind auf irgendwelche Lösungen zu vertrauen, wo man mal schnell was kauft. Und damit ist alles abgedeckt, weil es leider einfach nicht so einfach ist. Das halte ich auch eben für immens wichtig.
Saskia Juretzek [00:37:35]:
Frauke Fischer [00:38:37]:
Frauke Fischer [00:38:37]: Ich möchte es nur nochmal unterstreichen. Also ich würde nicht auf die Idee kommen, selber meinen Fernseher zu reparieren. Ich habe doch davon gar keine Ahnung. Aber bei diesem Thema Biodiversität, Kompensation, bla bla bla, dann meinen alle, nee, das kann doch, der soll der Praktikant mal googeln, dann kann der mal der Geschäftsführung da so drei Sachen vorstellen, dann kaufen wir da was davon. Das ist irgendwie absurd.
Frauke Fischer [00:38:37]:
Zackes Brustik [00:38:56]:
Zackes Brustik [00:38:56]: Genau das wollte ich fragen, weil du hattest vorhin gesagt, Saskia, es braucht erstmal ein Verständnis bei der Belegschaft für das Thema. Hast du ganz konkret nach Schulungen geschaut oder bietet ihr Schulungen an, macht ihr Seminare, ladet ihr Menschen wie Frauke ein? Also was sind deine ganz konkreten Schritte, wo du gemerkt hast, vielleicht zwei Sachen, wo du gemerkt hast, oh, das hätte ich mir sparen können, das war ineffektiv, dafür ein anderes von lernen und was, wo du gemerkt hast, wow, das hat richtig gut funktioniert?
Zackes Brustik [00:38:56]:
Saskia Juretzek [00:39:19]:
Saskia Juretzek [00:39:19]: Schwierig gerade zu beantworten, aber vielleicht andersrum gedacht. Also mir wie es angeht, ist zum einen mal grundsätzlich so ein bisschen breiteres Schulungskonzept gerade auf die Beine zu stellen, zu den verschiedensten Schwerpunktthemen auf unserer Strategie Wissen zu vermitteln. Die Herausforderung ist aber, glaube ich, immer zu schauen, wie erreiche ich die meisten Leute, vor allen Dingen bei dieser gesamten Breite des Themas? Tatsächlich ist gerade mein Impuls, nochmal sehr spezifisch zur Biodiversität Frauke einzuladen, wirklich mal vor unserer gesamten Mannschaft sozusagen zu referieren und zu präsentieren. Die Herausforderung ist natürlich, das kann ich jetzt vielleicht nicht bei jedem Thema machen, das kann ich irgendwie nicht ständig machen, das heißt, Ich muss immer so ganz genau schauen, für welche Zielgruppe ist das jetzt sinnvoll? Das vielleicht so ein Learning. Also man muss sehr zielgruppengerecht schauen. Welche Inhalte bringe ich jetzt wem nahe? Wie schaffe ich das auch, dass ich jetzt mal so eine gesamte Geschäftsführung zusammen trommel, deren Zeit in Anspruch nehme? Aber da kann ich, glaube ich, Frau Knur empfehlen, wie ihr es jetzt ja auch heute schon hört. Also sie kann da sehr überzeugend sein und ich glaube das braucht ein Ende. Und da braucht es eben ehrlicherweise gerade bei dem Thema vielleicht nicht das eine Online-Training, wo sich die Leute dann am Ende doch nicht reinschalten, sondern irgendwie den Live-Vortrag von jemandem, der das sehr gut rüberbringt und mit
Saskia Juretzek [00:39:19]:
Zackes Brustik [00:40:36]:
Zackes Brustik [00:40:36]: Leidenschaft vorträgt.
Zackes Brustik [00:40:36]:
Saskia Juretzek [00:40:38]:
Saskia Juretzek [00:40:38]: Genau.
Saskia Juretzek [00:40:38]:
Zackes Brustik [00:40:39]:
Zackes Brustik [00:40:39]: Wir nähern uns dem Ende daher noch, weil wir haben jetzt natürlich ein bisschen viel auf Zertifikaten gebashed und Unwissen und stümperhaften Vorgehen. Ich will noch zu den Positivfaktoren kommen. Es brennt ja nicht nur, sondern Frauke hat das schon oft gesagt, es ist eine Dienstleistung und im besten Falle ist es sogar als irgendwie so eine Allzweckwaffe, die die unterschiedlichsten Wirkungen hat. Vielleicht kannst du ein, zwei Beispiele einstreuen, Frau Köper. Ich fand das sehr interessant im Buch. Du hattest ein paar Beispiele, zum Beispiel, es gibt die Soil Health Academy in den USA. Die haben angefangen, ihre Agrarflächen nicht standardmäßig Pflügen, Düngereien und dann die genmanipulierten Pflanzen rausholen, sondern die haben das wirklich als Biodiversitätsprogramm grundsätzlich anders angegangen. Und du meintest, da ist der Unterschied, normale Landwirte verdienen 8 Dollar mit dem Hektar, die verdienen 240 Dollar.
Zackes Brustik [00:40:39]:
Zackes Brustik [00:41:33]:
Zackes Brustik [00:41:33]: Also diesen Unterschied muss man sich ja mal geben. Du hast auch ganz viele Beispiele von Mangrovenwäldern an der Küste, sorgen nicht nur dafür, dass wir ein bisschen mehr Biodiversität haben, sondern die Landmasse vergrößert sich. Ich kann mir auch da dann quasi Fischfutter sparen und das sind ja sich multiplizierende Effekte.
Zackes Brustik [00:41:33]:
Frauke Fischer [00:41:50]:
Frauke Fischer [00:41:50]: Genau, also ich will auch nochmal vom Zertifikate-Bashing insofern ein bisschen abkommen, als dass zum Beispiel ein riesen Problem, was ich sehe oder eine Herausforderung ist, dass im Moment diese Zertifikate die einzige ökonomisch, das einzige ökonomische Modell sind, stehende Regenwälder zu retten. Das müssen wir ja auch sehen. Also wenn ich sage, die Zertifikate sind alle blöd, ja, dann passiert nicht, dass die Länder sagen, komm, wisst ihr was, da machen wir einen Nationalpark aus den Wäldern, Sondern dann heißt es ja, nee, da machen wir die halt weg, machen wir halt Ölpalmenplantagen hin. Also wenn, wenn, wenn wir mit stehenden Wäldern kein Geld verdienen. Ich will mal, weil ich das natürlich sehr, sehr gut kenne, aber und weil man, weil das sozusagen ein Role Model ist, nochmal ganz kurz unsere Kakao- und Kaffeeproduktion in Peru heranführen. Das ist zum Beispiel auch ein absolut biodiversitätspositiver Ansatz. Der meiste Kakao auf der Welt wird in Monokulturen angebaut, für die wird Regenwald vernichtet. Leider gibt es dann noch sklavenartige Zustände bei der Ernte von Kakao und massive soziale Probleme, massive ökologische Probleme.
Frauke Fischer [00:41:50]:
Frauke Fischer [00:42:51]:
Frauke Fischer [00:42:51]: Und gleichzeitig bei extrem geringen Gewinnen. Also nicht nur, weil die Bauern in der Regel sehr schlecht bezahlt werden, wesentlich unter dem Weltmarktpreis, sondern auch, weil sie ebenso wahnsinnig wenig Ertrag generieren in diesen Monokulturen. Was wir in Peru machen, ist, wir haben auf tatsächlich teilweise degradierten Flächen hochdiverse Agroforstsysteme errichtet, über 80 einheimische Baumarten, jede Menge Nahrungsmittelpflanzen und unter anderem eben auch Kakao. Und interessanterweise erstens sehen diese Flächen aus wie für ein Laien wie ein Regenwald und sie haben einen doppelt so hohen Kakaoertrag wie Kakao in Monokulturen. Und das wundert einen ja, Das hat auch die Bauern sehr gewundert, dass das passiert. Aber der Grund ist eben, dass der einzige Bestäuber, die einzigen Bestäuber von Kakao Mücken sind. Diese Mücken können nicht weit fliegen. Die brauchen es irgendwie feucht und gemütlich und müssen sich irgendwo verstecken können.
Frauke Fischer [00:42:51]:
Frauke Fischer [00:43:43]:
Frauke Fischer [00:43:43]: Das heißt, in diesen Agroforst Systemen haben die Bestäuber von Kakao eine sehr, sehr gute Lebensbedingung. Und wir ernten pro Hektar ungefähr doppelt so viel Kakao, wie in Monokulturen produziert wird. Und das ist ja total positiv. Gleichzeitig bleibt diese Bodenfruchtbarkeit erhalten. Das heißt, unseren Bauern gehören sogar noch 1000 Hektar Regenwald, wo sie gesagt haben, die hätten sie zerstören dürfen. Der peruanische Staat hat ihnen die gegeben, weiter Monokultur, Kakao oder Kaffeeanbau zu machen. Und jetzt haben die gesagt, wir machen daraus ein privates Schutzgebiet. Und das ist total skalierbar.
Frauke Fischer [00:43:43]:
Frauke Fischer [00:44:17]:
Frauke Fischer [00:44:17]: Also das ist grundsätzlich zum Beispiel...
Frauke Fischer [00:44:17]:
Zackes Brustik [00:44:20]:
Zackes Brustik [00:44:20]: Da wollte ich jetzt kurz nachfragen. Erstmal für mich, das heißt, Agroforest heißt, ich habe einen gesunden Wald mit viel Biodiversität, in dem aber auch Agrarpflanzen sind, die ich nutzen kann, ohne dass die Biodiversität darunter leidet. Warum setzt sich das nicht durch? Also wenn du so einen höheren Ertrag hast, müssten doch eigentlich auch alle großen Unternehmen sagen, wow, also das ist ja ein sofort wirtschaftlicher Case. Woran liegt das?
Zackes Brustik [00:44:20]:
Frauke Fischer [00:44:44]:
Frauke Fischer [00:44:44]: Das liegt genau daran, dass es kein wirtschaftlicher Case ist. Denn für ein Unternehmen, was Kakao kauft, ist es ja völlig egal, wie groß der Flächenverbrauch war, wie die Menschen da behandelt wurden. Also, solange man solchen Kakao in Deutschland oder in die EU einführen darf, solange der Konsument wichtiger findet, dass es irgendwie schön aussieht oder gut schmeckt. Und diese ganzen ökologischen und sozialen Faktoren da überhaupt keine Rolle spielen, ist es für Unternehmen am günstigsten, einfach zu sagen, der Kakao-Welthandel ist in der Hand von fünf Großkonzernen. Und das heißt, wenn immer uns so vorgegaukelt wird, dass jeder macht hier Manufaktur, Schokolade und was weiß ich. Nee, die kaufen das bei den fünf gar nicht unbedingt in den Herkunftsländern, sondern gleich mal hier bei uns in Hamburg am Hafen. Da gibt es gar keinen Bezug mehr zu den Herkunftsländern. Und das bedeutet, dass blöderweise der unternehmerische Erfolg auf den ersten Blick völlig unabhängig ist von der Berücksichtigung ökologischer und sozialer Faktoren.
Frauke Fischer [00:44:44]:
Frauke Fischer [00:45:41]:
Frauke Fischer [00:45:41]: Und das andere ist tatsächlich ein Ausbildungsthema. Es hat sieben Jahre gedauert, bis der erste Kleinbauer bei uns gesagt hat, na gut, ich probiere das mal. Weil das ja total unlogisch ist, dass man mit weniger Kakaobäumen mehr Kakao erntet. Das war das eine Problem. Das andere war, dass die Bauern gesagt haben, nee, also sorry, meine Nachbarn werden denken, ich bin schlampig, weil wenn ich da jetzt plötzlich alles durcheinander pflanze, anstatt wie ein anständiger Landwirt schön Reihe, Reihe, Reihe, dann denken die ja, ich wäre irgendwie irre geworden, mache ich nicht.
Frauke Fischer [00:45:41]:
Zackes Brustik [00:46:10]:
Zackes Brustik [00:46:10]: Das heißt, man muss sozusagen wirklich neue soziale Normen etablieren. Man braucht den einen proof of concept, den einen Bauern oder Bäuerin, die sich traut, das durchzusetzen und alle anderen merken dann plötzlich so, oha, so ein kleines bisschen wie die Kartoffel in Berlin, die Geschichte habe ich erst im letzten gelesen. Ich glaube dann hat, ich weiß nicht mehr welcher Preuß es war, Aber er hat die Kartoffelfelder von Soldaten bewachen lassen, damit die Bauern das Gefühl hatten, oh, das muss so wertvoll sein, da klaue ich mir mal eine. Ja genau. Ich wollte den Ball noch wieder zurück zu Saskia spielen. Ihr seid ja auch als Unternehmen unterwegs, ihr habt eure Strategie angepasst. Trotzdem seid ihr eben in dem Markt da draußen auch mit vielen anderen Unternehmen unterwegs, die vielleicht nachhaltig sind, vielleicht aber auch nicht. Wie schafft ihr es für euch, eure Ansätze dann eben auch wirtschaftlich zu verargumentieren?
Zackes Brustik [00:46:10]:
Saskia Juretzek [00:46:54]:
Saskia Juretzek [00:46:54]: Tatsächlich ist es bei uns so, dass schon erkannt wurde, sozusagen auch von der Familie, es führt keinen Weg am nachhaltigen Wirtschaften sozusagen vorbei. Das heißt wirklich wirtschaften unter sozusagen Betrachtung der planetaren Grenzen, unter Betrachtung von sozialen Faktoren. Das heißt, es ist ganz klar, langfristig wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir uns auch im Kontext Nachhaltigkeit richtig aufstellen. Und wenn wir uns sozusagen unsere Lebensgrundlage wegwirtschaften, nutzt uns jegliches Geld nicht. Also das ist ganz, ganz klar. Und da ist vielleicht der Vorteil, dass wir da natürlich eben in Familienhand sind, dass wir da auch sehr langfristig orientiert denken und natürlich jetzt vielleicht nicht wie ein börsennotiertes Unternehmen Quartals getrieben sind und auf unsere Quartalszahlen schauen müssen. Sicherlich wird auch hier an der einen oder anderen Stelle noch Diskussionen geben, Wie finanzieren wir das, über welchen Zeitraum? Und da geht es dann einfach darum, das auf eine gewisse Zeitleiste zu legen und zu schauen, wie viel kann ich an welchem Zeitpunkt sozusagen investieren. Aber grundsätzlich steht eben außer Frage, dass das alles Hand in Hand gehen muss.
Saskia Juretzek [00:46:54]:
Zackes Brustik [00:48:03]:
Zackes Brustik [00:48:03]: Gleich erzählt uns Frauke noch, wie sie daran mitwirkt, die weltweit größte Kohlenstoffbombe der kommenden Jahrzehnte zu entschärfen. Vorher gibt's aber einen kurzen Shoutout ins Nachhaltigkeits-Ökosystem. Ihr habt zufälligerweise ein Startup mit Fokus auf Klima, Wald und Holz gegründet? Dann aufgepasst! Die Future Forest Initiative startet in Europa weit ersten Accelerator mit speziellem Fokus auf Klima, Wald und Holz. Bis zum 4.4. Könnt ihr euch noch bewerben und Teil des ersten Batches werden. Wenn ihr es da rein schafft, wartet auf euch ein großartiges Netzwerk an ExpertInnen, an Mentoren, an Investierenden und allen wichtigen Stakeholdern aus Politik, Wissenschaft und natürlich Waldbesitzende. Alle Informationen findet ihr auf futureforest.de slash accelerator oder bei Björn Kaminski auf LinkedIn. Die ganzen Links natürlich in den Show Notes.
Zackes Brustik [00:48:03]:
Zackes Brustik [00:49:00]:
Zackes Brustik [00:49:00]: Und jetzt geht's weiter mit Saskia und Frauke. Trotzdem auch wieder Good News zum Schluss. Es bewegt sich sehr viel Geld auch in die Richtung. Bevor wir das Interview gestartet haben, hat Frauke nämlich erzählt, dass sie wirklich an einem der weltgrößten Regenwaldprojekte gerade schraubt und das mit sehr sehr viel Geld sehr viel Sinnvolles entsteht. Wie kommt es dazu und warum sind die Menschen gewillt in das Projekt zu investieren?
Zackes Brustik [00:49:00]:
Frauke Fischer [00:49:27]:
Frauke Fischer [00:49:27]: Genau, also die zweite Frage gleich am Anfang. Leute wollen ja nicht unbedingt in Naturzerstörung investieren. Man macht das eigentlich nur, weil man damit so viel Geld verdienen kann. Wenn man mit Naturerhalt viel Geld verdienen würde, dann würden die meisten Leute wahrscheinlich viel, viel lieber, auch irgendwelche Hardcore-Investoren, würden viel lieber in Naturerhalt investieren. Ist doch cooler als in kaputt machen. Genau, das Projekt im Kongo, die Demokratische Republik Kongo, will 28 Millionen Hektar Regenwald, also hauptsächlich Regenwaldflächen, freigeben für die Ölförderung. Das wäre, wenn das realisiert werden würde, Die größte Kohlenstoffbombe der nächsten Jahrzehnte. Ich arbeite mit einem amerikanischen Unternehmen zusammen, EQX Biome heißen die.
Frauke Fischer [00:49:27]:
Frauke Fischer [00:50:08]:
Frauke Fischer [00:50:08]: Und wir wollen ja sozusagen dagegen in Anführungszeichen bieten. Unser Angebot an den Kongo ist, Wir werden 400 Millionen Dollar in dieses Land investieren, und zwar in die Schutzgebiete, also in Arbeitsplätze etc. Economic Successfully Protected Areas heißt es, ESPA. Der Ansatz ist, okay, ihr gebt uns diese Flächen, dieses Ölbohren zu vermeiden. Wir investieren massiv in Naturschutzprojekte. Wenn es gelingt, ist es das größte Naturschutzprojekt der Welt. Das machen wir natürlich zusammen mit den ganzen großen Naturschutzorganisationen, auch zusammen mit den lokalen und indigenen Bevölkerungsgruppen im Kongo. Natürlich in Einverständnis mit dem Land, sonst geht es ja gar nicht.
Frauke Fischer [00:50:08]:
Frauke Fischer [00:50:49]:
Frauke Fischer [00:50:49]: Und für Investoren ist das interessant, weil dahinter über zunächst diese Krücke tatsächlich auch mit den Kohlenstoffzertifikaten ein sehr sehr großes Gewinnversprechen steht. Also Das meiste Geld soll wieder investiert werden. Aber weil Kohlenstoffzertifikate gerade wertvoll sind und wahrscheinlich noch viel wertvoller werden, ist eben ein großer Return on Investment für die Investoren, also eine Rendite, große Rendite für die Investoren, bei gleichzeitig einem rollierenden System, wo immer mehr Geld in Naturschutz investiert wird, wenn alles gut geht, anfangs im Kongo. Aber wir haben schon Anfragen aus Peru zum Beispiel, auch von anderen Ländern, Gabun, mit denen wir dann hoffentlich dieses System auch rausholen können.
Frauke Fischer [00:50:49]:
Saskia Juretzek [00:51:32]:
Saskia Juretzek [00:51:32]: Ergänzend dazu, also ich glaube, das ist ein ganz, ganz spannender Aspekt, Frauke, und wo man eben auch da zum Beispiel beim Thema Dekarbonisierung schon wesentlich weiter ist und spannende Investitionsprojekte oder Objekte sozusagen gibt. Und ich glaube, wenn wir da wirklich hinkommen, auch beim Thema Biodiversität, jetzt zum Beispiel hier im Kontext Regenwaldschutz, dann ist auch schon mal ein großer Schritt getan. Also auch weil auch für uns als sozusagen Investor wäre so was total spannend oder auch für mich aus dieser Nachhaltigkeitsbrille, wie kann ich sozusagen auch da wieder die beiden Welten verheiraten und mit meinem Geld was Gutes tun und eher in den Erhalt investieren als zur Zerstörung beizutragen?
Saskia Juretzek [00:51:32]:
Zackes Brustik [00:52:13]:
Zackes Brustik [00:52:13]: Ich finde, das war jetzt nochmal ein schöner Abschluss, Frauke, weil vorhin haben wir so auf den Zertifikaten rumgehackt und das ist ja das beste Beispiel dafür, wie effektiv die sein können. Und wenn ich das richtig herausgehört habe, ist da wirklich, sind es nur die Zertifikate, die den Unterschied machen. Da ist jetzt nicht noch ein Businessmodell dahinter, dass die Investoren irgendwie von Agroforst-Projekten dann in dem geschützten Regenwald profitieren, sondern es ist rein zertifikatsbasiert. Ich glaube, du hast ja auch in deinem Buch geschrieben, wenn wir es wirklich schaffen, auf diese naturbasierte Dienstleistung zuzugreifen, haben wir da einen riesigen Hebel, nicht technologisch, sondern mit der Natur gigantische Mengen CO2 pro Jahr zu binden. Ich glaube in deinem Buch schreibst du von 10 Gigatonnen pro Jahr, die wir da anvisieren können, teilweise auch anvisiert sind, aber halt noch nicht umgesetzt werden auf globaler Ebene. Das heißt, es ist ein Hebel, der so viel mehr Sinn macht, weil damit noch so viel mehr passiert. Es hat eine soziale Nachhaltigkeitsdimension und so weiter.
Zackes Brustik [00:52:13]:
Frauke Fischer [00:53:08]:
Frauke Fischer [00:53:08]: Wir vielleicht gerade so in Deutschland, wir sind das Volk der Ingenieure, wir denken immer, was ist die technische Lösung? Aber die technische Lösung ist, die beste Lösung ist, einen Baum wachsen zu lassen. Der Baum, also nicht einfach irgendwo aufforsten, aber in einem Regenwald, wenn wir den erhalten, da wird jeden Tag gigantische Mengen CO2 gebunden, da wird jeden Tag Wasser gefiltert, da wird fruchtbarer Boden angereichert und am Ende kann ich mir dann Mahagoni-Schreibtisch draus machen. Das finde ich ehrlich gesagt irgendwie cooler als Millionen oder Milliarden zu investieren, CO2 im Boden zu verpressen, wo nichts entsteht außer ein gefährliches CO2-Lager, was womöglich irgendwann wieder plopp macht und der ganze Kram kommt wieder raus.
Frauke Fischer [00:53:08]:
Zackes Brustik [00:53:48]:
Zackes Brustik [00:53:48]: Saskia, zum Schluss hast du noch einen Appell an deine Kollegen und Kolleginnen in anderen Unternehmen, in anderen Corporates oder Familienholdings. Was wäre der effektivste nächste Schritt, den man angehen kann? Welche Netzwerke gibt es? Wo kann man sich austauschen oder an Infos rankommen? Wie versorgst du dich für deine Arbeit?
Zackes Brustik [00:53:48]:
Saskia Juretzek [00:54:05]:
Saskia Juretzek [00:54:05]: Ich glaube, mein Appell ist vor allen Dingen an alle, man muss es nicht alleine schaffen, weil grundsätzlich ist das Thema Nachhaltigkeit so breit. Also auch ich kann nicht alles wissen und ich habe jetzt natürlich den Vorteil über Future Woman da ein gutes Netzwerk zu haben, mit vielen spannenden Expertinnen, wie auch Frauke zum Beispiel. Bin aber auch sonst sehr aktiv unterwegs. Also meine Empfehlung, wirklich sich auch stark zu vernetzen, sei es jetzt über Konferenzen, über regionale Netzwerke, die es gibt. Da gibt es leider nicht so das eine, aber auch ich habe mich jetzt gerade hier noch mit ein paar Unternehmen in München zusammengeschlossen, wo wir sagen, wir wollen uns regelmäßig austauschen zu den Herausforderungen, schauen, wie löst ihr das, wie geht ihr das an, einfach sozusagen von dem von dem Wissen der anderen zu profitieren. Analog dazu sind wir auch mit anderen großen Familienunternehmen im Austausch. Schauen auch, gibt es gemeinsame Projekte, die wir starten können. Auch da wieder der Gedanke, ich muss es nicht alleine durchdenken.
Saskia Juretzek [00:54:05]:
Saskia Juretzek [00:54:58]:
Saskia Juretzek [00:54:58]: Vielleicht sind die an manchen Stellen schon einen Schritt weiter. Ich kann auf ein Projekt mit aufspringen, kann sozusagen die Wirkung erhöhen. Also da wirklich ist mein größter Appell, sich zu vernetzen, sich damit anderen Unternehmen, WissenschaftlerInnen, wem auch immer sozusagen zu vernetzen und aufzuschauen, was kann ich gemeinsam mit anderen auf die Beine stellen.
Saskia Juretzek [00:54:58]:
Zackes Brustik [00:55:16]:
Zackes Brustik [00:55:16]: Danke euch beiden.
Zackes Brustik [00:55:16]:
Saskia Juretzek [00:55:17]:
Saskia Juretzek [00:55:17]: Vielen Dank auch dir.
Saskia Juretzek [00:55:17]:
Frauke Fischer [00:55:18]:
Frauke Fischer [00:55:18]: Vielen Dank. Tschüss.
Frauke Fischer [00:55:18]:
Zackes Brustik [00:55:19]:
Zackes Brustik [00:55:19]: Vernetzt euch und das unternehmensübergreifend, wie es Saskia gerade angeregt hat, ist das eine der besten Arten, das Thema Nachhaltigkeit anzugehen. Versucht nicht, das Rad selbst neu zu erfinden. Und gerade als weibliche Führungskraft, Speakerin, Expertin, Dozentin, Gründerin ist Future Woman eine super Plattform, sich hier zu vernetzen oder sichtbar zu werden. Wenn ihr euch vor dem Vernetzen natürlich erstmal noch richtig aufschlauen wollt, kann ich euch Wahlmachtwetter von Frauke empfehlen. Großartiges Buch, ich hatte schnell durchgelesen, super viel für mich mitgenommen. Ich verlinke es in den Shownotes. Apropos Shownotes, wenn ihr schon in den Shownotes unterwegs seid, dann klickt natürlich auch gleich den Abo-Button, gerade für Gewinne Zukunft. Also für noch recht junge Podcasts zählt jedes Abo.
Zackes Brustik [00:55:19]:
Zackes Brustik [00:56:04]:
Zackes Brustik [00:56:04]: Auch jede Sterne Bewertung, jedes qualitative Feedback in dem Bewertungsfeld ist unglaublich wichtig. Dafür warten auch noch andere spannende Folgen auf euch. Gerade zum Thema Biodiversität kann ich euch die Folge 15 mit Dr. Reckhaus empfehlen. Oder wenn ihr ein großes deutsches Familienunternehmen transformieren wollt, dann ist auch die Folge mit Dr. Katharina Pieterwerth von HANYL extrem spannend. Und damit auf Wiedersehen. Ich freue mich, euch beim nächsten Mal an Bord zu haben.
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