#60 Wie Sustainability-Ziele und New Work zusammenhängen - ein Arbeitsforscher packt aus. I Mit Hans Rusinek

Shownotes

Die Zukunft unserer Arbeit ist die Zukunft unserer Erde, sagt Hans Rusinek. Bestseller-Autor und Arbeitsforscher an der Uni St. Gallen. Das heißt für uns: wir werden mit der Nachhaltigkeit in unseren Organisationen nur so weit kommen, wie wir sie mit den Arbeitsdiskursen übereinanderlegen.

Einer seiner größten Kritikpunkte ist, dass wir für komplexe Herausforderungen wie Nachhaltigkeit Zeit brauchen. Zeit, die im typischen Unternehmensalltag mit Meeting dicht an Meeting nicht eingeplant ist. Aber können wir es uns überhaupt leisten, uns Zeit zu nehmen? Laut seiner Forschung sollten wir das sogar.

In dieser Folge erklärt Hans Podcast Host Zackes, wie erfolgreiche Organisationen ihren Umgang mit Zeit, Technologien, Prozessen und Strukturen verändern können. Erfahre, welche fatalen vier Typologien häufig in Unternehmen zu finden sind und warum diese uns nicht ans Ziel bringen. Höre, welche Veränderungsdimensionen entscheidend sind, um erfolgreich an nachhaltigen und gesunden Unternehmen zu arbeiten.

Eine der wichtigsten und praktischen Konzepte ist dabei der Dreiklang aus:

✅ Mindset
✅ Skillset
✅ Toolset

Hans erklärt das Konzept an konkreten und geläufigen Nachhaltigkeitsmaßnahmen in Unternehmen. Und zeigt auf, dass erfolgreiche Veränderungen nur dort stattfinden, wo alle drei Bereiche mitgedacht werden.

Und warum sieht Hans die Vier-Tages-Woche in Bezug auf Nachhaltigkeitsziele kritisch oder sagt, dass es die Gen Z in der Arbeitsforschung überhaupt nicht gibt? Freue Dich auf eine lebendige und unterhaltsame Podcast-Folge voll wertvollem Wissen und voller Methoden, die Dich als Sustainability Manager:in weiterbringen!

Über Hans Rusinek: Hans Rusinek ist Arbeitsforscher an der Uni St. Gallen und berät und publiziert zum Wandel der Arbeitswelt. Zudem ist er Fellow im ThinkTank30 des Club of Rome Deutschland. 2020 bekam er den Förderpreis für Wirtschaftspublizistik der Ludwig-Erhard-Stiftung. Sein aktuelles Buch: Hans auf LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/hansrusinek/

Sein Buch 'Work Survival Balance': https://www.herder.de/geschichte-politik/shop/p4/81249-work-survive-balance-klappenbroschur/

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Anfragen an: booking@zackes.com

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Hans Rusinek: Was wir brauchen ist einen Blick auf unsere Arbeitspraktiken, auf unsere Organisationskulturen, auf das, was die Menschen den ganzen Tag machen. Das ist ganz entscheidend, glaube ich, die Klimakrise in den Griff zu bekommen, denn Der Planet wird abgearbeitet durch unsere Arbeitspraktiken. Und es ist nicht allein ein Engineering Problem, was wir haben in der Klimakrise, sondern vor allem ein psychologisches und kulturelles Problem. Also Organisationen können sich nicht allein durch Wünsche und Zielwerte transformieren, sondern die müssen das kulturell wollen und sie müssen es vor allem machen.

Zackes Brustik: Wenn wir unsere Umweltziele erreichen wollen und dabei erfolgreich wirtschaften wollen, müssen wir darüber sprechen, wie wir arbeiten. Sagt mein Gast in dieser Folge Arbeitsforscher an der Uni St. Gallen und Mitglied des Think Tank 30 des Club of Rome. Aber welche Haltung als Führungskräfte oder welche in praktiken Unternehmen zahlen direkt auf die Nachhaltigkeit ein und lässt sich das überhaupt messen? Warum sieht er zum Beispiel Themen aus dem Arbeitsdiskurs wie die 4-Tages-Woche oder das Homeoffice durchaus kritisch in Bezug auf die ökologischen Ziele unserer Gesellschaft. Freut euch ganz konkret auf Insights direkt frisch aus der Arbeitsforschung, woran Organisationen oft scheitern und welche Modelle oder Methoden euch ganz konkret als Nachhaltigkeitsverantwortliche oder Führungskräfte in der Transformation eurer Organisationen und dem Entwickeln der Nachhaltigkeitsstrategien weiterbringen. Und damit herzlich willkommen bei Gewinne Zukunft, dem Nachhaltigkeitspodcast der Pioniere und Professionals. Mein Name ist Zakas, ich freue mich enorm, dass ihr wieder mit dabei seid. Und ich freue mich enorm auf meinen Gast für diese Folge, Hans Rusinek.

Zackes Brustik: Herzlich willkommen, Hans.

Hans Rusinek: Herr Zackes.

Zackes Brustik: Wie erwähnt, du bist Arbeitsforscher an der Uni St. Gallen. Du unterfütterst Deine Theorie sozusagen mit ganz viel Praxis aus der Arbeit mit Unternehmen, sei es im Bereich Automotive, mit Energieunternehmen, mit der Regierung in der Schweiz, mit Scale-Ups, also wirklich aus allen verschiedenen Arbeitskontexten. Und hast das alles in ein Buch gegossen, Work-Survival-Balance, Warum die Zukunft der Arbeit die Zukunft unserer Erde ist. Also super spannende Mischung. Und ich bin schon extrem gespannt darauf zu hören, warum wir uns nicht nur über Zahlen und Nachhaltigkeitsdaten Gedanken machen müssen, sondern tatsächlich über New Work Themen, wenn es Nachhaltigkeit geht. Weil Ich bin ganz ehrlich, wenn ich auf LinkedIn bin und da wird die nächste New Work Zone durchs Dorf getrieben, dann klicke ich meistens schnell weg und versuche mein Feed frei von dieser New Work Bubble zu halten. Also warum braucht es das Buch? Warum Sollte ich als Sustainability Professional jetzt in der nächsten Stunde zuhören?

Hans Rusinek: Ja, das ist interessant, dass du so den New Work Sachen direkt anfollowst. Kann ich aber sehr gut verstehen. Also ich mache mir den Begriff auch nicht so zu eigen. Es ist auch ein komischer Begriff. Zum Beispiel merkt man das daran, dass man im englischsprachigen Raum den Begriff gar nicht kennt. Also New Work ist so wie Beamer, ein Begriff, der englisch klingt, aber den es im englischsprachigen Raum gar nicht gibt. Also da muss man sich schon fragen, ob man ihn braucht. Was wir brauchen, ist ein Blick auf unsere Arbeitspraktiken, auf unsere Organisationskulturen, auf das, was die Menschen den ganzen Tag machen.

Hans Rusinek: Das ist ganz entscheidend, glaube ich, die Klimakrise in den Griff zu bekommen, denn der Planet wird abgearbeitet durch unsere Arbeitspraktiken und es ist nicht allein ein Engineering-Problem, was wir haben in der Klimakrise, sondern vor allem ein psychologisches und kulturelles Problem. Also Organisationen können sich nicht allein durch Wünsche und Zielwerte transformieren, sondern die müssen das kulturell wollen und sie müssen es vor allem machen. Das heißt, es geht Arbeit und Arbeitspraktiken. Und das ist ganz entscheidend, weil ich auch mit einer gewissen Frustration mit dieser New Work Szene unterwegs bin, eben als Berater und als Forscher. Und da mich immer irritiert hat, wie wenig da ernsthaft über Nachhaltigkeit gesprochen wird. Also vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum du da so schnell wegklickst. Dass, wenn dort von Zukunft der Arbeit gesprochen wird, dass eigentlich nicht wirklich eine planetare Zukunft mitdenkt. Und das zusammenzubringen, das ist eben das, was mich beschäftigt und was ich auch in dem Buch beschrieben habe.

Zackes Brustik: Wenn wir ehrlich sind, gerade brennt allen so die Compliance unter den Nägeln. Sie wollen irgendwie die ganze Bürokratie stemmen, die wollen die Zahlen sammeln. Wir kommen gleich in ein paar Minuten noch darauf zu sprechen, dass im Hintergrund sogar ein großer Rollback läuft und alle irgendwie vielleicht sogar ihre ESG-Bemühungen zurückschrauben. Aber trotzdem, so in dieser Gemengenlage wirkt doch eben alles, wenn es so Arbeit geht, Arbeitspraktiken, das wirkt so ein bisschen eher so wie ein Soft-Skill, Soft-Faktor. Also nochmal vielleicht ein Plädoyer deinerseits, warum braucht es diese Dringlichkeit, sich als Nachhaltigkeitsprofessionel mit diesem Thema wirklich ernsthaft auseinanderzusetzen, Selbst wenn gerade irgendwie überhaupt die Anfänge der Compliance oder der Strategiebildung laufen?

Hans Rusinek: Naja, weil Strategie und Compliance darauf baut, dass die Leute dann auch das machen, was dort so schön niedergeschrieben wird. Also am Ende ist es so lange ein softes Thema, bis es ein hartes Thema wird. Also Stichwort Compliance, Bei Volkswagen waren bestimmte Kulturthemen vielleicht ein softes Thema und vielleicht haben viele gesagt, es ist zu soft und dann kam Dieselgate und dann war das ein hartes Thema. Also softe Themen werden sehr schnell zu harten Themen, wenn man darauf keinen Blick hat. Also wenn wir eine verantwortungsvollere Arbeitswelt schaffen, dann verhindern wir damit sehr viele harte finanzielle Krisen. Es ist sozusagen so, dass es vermeintlich soft ist, bis es zu einem CFO-Thema wird. Und dann ist es doch sehr, sehr hart. Also wir wollen Organisationen transformieren.

Hans Rusinek: Wir wollen auf unsere Klimaziele einzahlen. Und das kriegen wir nur hin, wenn die Leute, die in dieser Firma sind, das auch machen. Und deswegen ist es sozusagen das Einzige, was wir haben, ist unser Tun. Wir neigen dazu momentan sehr viel Daten zu sammeln, Papier zu produzieren, aber wir dürfen diese Ziele niemals mit Handlungen verwechseln. Das ist eine Sache, die ich mir in meinem Buch sehr früh vornehme, dass wir momentan so eine interessante Bewegung haben, wo wir nicht mehr über Handeln nachdenken, sondern mehr über Ziele. Und das zu verwechseln ist ziemlich gefährlich. Eine Studie hat sich damit auseinandergesetzt, wie viele Unternehmen in Europa Ziele haben, die sich auf die Pariser Klimaziele einschießen. Und es sind 50 Prozent.

Hans Rusinek: 50 Prozent der Unternehmen in Europa haben solche Ziele, die das ableiten. Und das ist schon mal ziemlich großartig. 50 Prozent, die Hälfte aller Unternehmen, eine großartige Zahl. Und dann hat sich diese Studie aber auch angeschaut, wie viele Unternehmen handeln denn nach diesen Zielen, haben denn wirklich auch Maßnahmen auf Basis dieser Ziele entwickelt und das sind nur 5 Prozent. Also nur 5 Prozent dieser 50 Prozent, also 2, 5 Prozent, das ist verdammt wenig. Und es ist echt spannend und wir werden, Historiker der Zukunft werden sich wundern darüber, dass wir momentan so viel über Ziele sprechen, ja, und das ist auch das, was an LinkedIn sicher nervt, aber so wenig auch handeln, ja, also so wenig Walk the Talk machen. Das ist irgendwie komisch. Das sehen wir in der Politik, das sehen wir in Unternehmen.

Hans Rusinek: Da gibt es eine Sustainability Vision 2040 oder 2050, die wird sozusagen groß rausgeblasen. Gleichzeitig wissen wir aber, dass ein CEO im Schnitt 3, 7 Jahre überhaupt nur in seinem Amt ist. Also insofern sind solche fernen Zukunftsideen Bullshit. Und deswegen geht es vielmehr ums Handeln. Also wir müssen vielmehr das Handeln und unsere Praktiken in den Mittelpunkt stellen und nicht irgendwelche fernen Zukunftsabziehbilder, die wir uns basteln. Und Insofern sind das harte Themen, ins Handeln zu kommen.

Zackes Brustik: Es ist natürlich kurios, dass ausgerechnet ein Wissenschaftler, ich sag mal quasi jemand aus dem Theoriebereich, das Handeln so hervorhebt. Aber du bist ja eben nicht nur Wissenschaftler an der Uni St.Gallen, sondern eben auch draußen im Feld in der Praxis, in der Beratung. Bevor wir in die zentralen Thesen von deinem Buch und den Ergebnissen deiner Forschung einsteigen, draußen im Feld hast du schon gemerkt, dass ein paar von diesen Forschungsergebnissen wirklich einen Unterschied machen konnten? In Unternehmen hast du so ein, zwei Beispiele schon mal so als Karotte jetzt gleich am Anfang des Podcasts? Aha-Momente bei Geschäftsführern oder so.

Hans Rusinek: Ja, ja, klar. Ich sehe mich als pre-academic, also ich bin wirklich zu 50 Prozent Berater und zu 50 Prozent Forscher und das mache ich, weil ich, weil man da sehr viel übertragen kann. Also, Was ist ein Beispiel? Ein Beispiel ist, dass ich mit einem Unternehmen daran gearbeitet habe, dass sie mit dem Fahrrad ins Büro fahren, statt mit dem Auto. Und da könnte man meinen, okay, das ist ziemlich irgendwie mumpitz so, aber in einem Dienstleistungsunternehmen ist der Weg zur Arbeit und von der Arbeit weg der größte Emissionsfaktor. Und wie macht man das? Da habe ich mich sehr viel mit praxisteoretischen Maßnahmen und mit Nudging beschäftigt und das hat sehr gut funktioniert. Eine andere Sache, die...

Zackes Brustik: Warte, da will ich kurz einsteigen, bemerk dir, was du sagen wolltest, weil das finde ich eine auch der faszinierendsten Stellen in deinem Buch, weil du da ein Modell aufzeigst, was, wenn man es liest, sofort Sinn ergibt, man sich vorher aber nie Gedanken darüber macht und du sagst nämlich, das ist der Dreiklang aus Mindset, Skillset und Toolset. Und dieses Fahrradbeispiel ist ideal dafür. Und ich glaube, das erklärt unglaublich viel, was schiefläuft und woran Unternehmen mit Nachhaltigkeitsmaßnahmen scheitern. Deswegen lass uns das an der Stelle gleich mal vertiefen. Sehr gerne.

Hans Rusinek: Sehr gerne. Dann machen wir das ein bisschen breiter. Also, wenn Organisationen sich verändern wollen, dann gibt es da im Grunde drei Ansätze. Da gibt es Textualisten, die arbeiten über Texte. Das sind Leute, die formulieren eine Nachhaltigkeitsvision oder ein Purpose Statement oder eine Strategie Unterlage und die glauben sozusagen tief daran, dass wir ja als Menschen lesen können und und textverarbeitende Wesen sind und dass Texte und Informationen unser Wissen verändern. Glaubt man in der Wissenschaft ja auch, deswegen produziert man so viel Texte. Und das ist ziemlich enttäuschend, denn wir lassen uns von Texten nicht so sehr prägen. Also ich bin im Think Tank 30 des Club of Rome und der Club of Rome hat vor 50 Jahren die Grenzen des Wachstums herausgebracht als Studie.

Hans Rusinek: Das heißt, auf einer Wissensebene, auf einer Knowledge-Ebene haben wir die Texte und wir sind sehr enttäuscht darüber, wie wenig passiert ist. Das heißt, es gibt eine Knowledge-Practice-Gap, eine Knowledge-Action-Gap, die sich nicht allein durch Texte verändern lässt. Ja, dann gibt es andere, die versuchen Organisationen zu verändern über Zahlen, ja über Kennzahlen. Und das ist so wie, wenn ich mich wiege, zu wissen, wie viel ich mehr, wie viel Übergewichtig habe, und zu glauben, dass das Wiegen allein mich zum Abnehmen bringt, funktioniert auch nicht. Das heißt, klassische Strategieberater, die gehen über Zahlen ran. Wir müssen, wir formulieren KPIs und dann wird sich der Wandel schon einstellen. Das funktioniert auch nicht, weil wir sind keine Maschinen, die sich einstellen lassen. Und die Dritten, sehr populär, Coaches, die machen mit euch dann so einen Retreat in den Bergen.

Hans Rusinek: Und in diesem Retreat, da fühlen sich alle wahnsinnig begeistert und inspiriert von den großen Nachhaltigkeitszielen oder anderen Zielen und so und dann kommen die wieder zurück ins Büro und in den Alltag und das verpufft so schnell wie wie nichts anderes. Das sind alles falsche Wege Organisation zu verändern Und wenn ich als Berater in Organisation bin, dann muss ich erstmal gegen diese Change-Müdigkeit arbeiten, die dadurch entsteht, dass wieder nur ein Text formuliert wurde, wieder nur irgendwelche KPIs an die Wand gemalt wurden, wieder nur irgendein Coaching gemacht wurde. Und was wichtig ist, ist, dass wir drei Welten zusammendenken. Es gibt ein Skillset, ein Toolset und ein Mindset. Mich zu verändern, jetzt komme ich zurück zu dem Fahrradbeispiel, Leute dazu zu bringen, dass sie mit dem Fahrrad ins Büro fahren, da musst du einmal an das Mindset appellieren. Das heißt, du musst den Leuten Lust darauf machen, mit dem Fahrrad ins Büro zu fahren. Da ging es bei uns in dem Fall auch darum, dass man zum Beispiel darüber redet, wie sieht eigentlich ein Dresscode aus, der akzeptabel ist. Das war eine Rechtsanwaltskanzlei, wo wir das gemacht haben.

Hans Rusinek: Und da ist es halt ein Problem, wenn du in so Fahrradklamotten durch den Haupteingang gehst. Das ist Leuten unangenehm. Das heißt, da muss man über das Mindset reden. Das ist wichtig. Da muss der CEO auch sagen, hey, ich komme auch mit dem Fahrrad ins Büro. Also sowas ist natürlich wichtig, solche Mindset-Fragen. Aber das allein verändert nichts. Wir sind dann auch ans Skillset gegangen, an die Fähigkeiten, und haben dafür gesorgt, dass jeder weiß, wie man Platten repariert.

Hans Rusinek: Juristen mit zwei Staatsexamen sind sehr stolz, die würden nicht ohne Weiteres zugeben, dass sie nicht wissen, wie sie Platten reparieren. Also haben wir ein Repair-Café gemacht, sehr spielerisch sind wir da rangegangen, haben gezeigt, wie man Fahrräder repariert, haben die besten Routen und die sichersten Routen zur Kanzlei aufgemalt, das schön designt, damit die Leute Skills haben, auf die Veränderung auch einzuwirken. Und dann fehlt noch was Drittes, nämlich das Toolset.

Zackes Brustik: Das Beispiel finde ich auch sehr gut und weil das einem vielleicht nicht einleuchtet, du schreibst in deinem Buch nämlich auch, angenommen jetzt deine Firma liegt im Gewerbegebiet, im Winter willst du vor allem dann wahrscheinlich auch als weibliche Mitarbeiterin nicht ganz früh morgens und nachts in der Dunkelheit ins Gewerbegebiet radeln. Wenn man das nicht mitdenkt, dann scheitert halt die Maßnahme oder das Angebot fürs Job bei.

Hans Rusinek: Richtig, genau. Das muss man alles, also Veränderungen entstehen, fallen nicht aus einem Coconut Tree, wie Kamala Harris sagen würde. Veränderungen sind in einem existierenden Kontext. Und zum Beispiel haben wir dann festgestellt, Genau, bestimmte Meetings, die sehr spät stattfinden, da fühlen sich Leute unsicher, in der Dunkelheit, im Winter mit dem Fahrrad. Darüber muss man dann eben auch nachdenken. Und dann ist das Dritte eben, dass man auch ein Toolset schafft, das heißt eine Infrastruktur, die diesen Wandel auch mitdenkt.

Zackes Brustik: An der Stelle in eigener Sache ein paar Grüße an die Gewinne Zukunft Community. Ich freue mich mega, dass wir immer mehr werden und wachsen und ich denke mittelfristig werde ich der Community auch über den Podcast hinaus noch ein Zuhause geben, damit wir uns besser austauschen können zu den Themen, die euch in eurer Arbeit weiterbringen und mit denen wir unsere Unternehmen zukunftsfähig machen können. Bis dahin edet mich gerne auf LinkedIn, schickt mir die Themen, die euch weiterbringen, die euch im Podcast fehlen und lasst uns kräftig zu den Posts zur jeweiligen Folge diskutieren. Den Link zu meinem LinkedIn-Profil findet ihr natürlich in den Shownotes. Zackes, Prustik, ZACKES. Und noch eine kleine Sache, damit wir noch mehr werden, freue ich mich enorm über gute Bewertungen auf Spotify und Apple. Also einfach schnell in eurer Podcast-App runterscrollen, auf Spotify 5 Sterne vergeben und wenn ihr zufällig auf Apple Podcasts zuhört, dann könnt ihr einfach aus der Folge reingehen, in den allgemeinen Podcast Gewinne Zukunft runterscrollen und dort wo ihr die Sterne vergeben könnt, gibt es auch noch einen kleinen Button zum bewerten Und ihr könnt tatsächlich auch zwei, drei Sätze schreiben. Das hilft enorm im Ranking auf Apple Podcast.

Zackes Brustik: Danke euch vielmals und weiter geht's.

Hans Rusinek: Und dann ist das Dritte eben, dass man auch ein Toolset schafft. Das heißt, eine Infrastruktur, die diesen Wandel auch mitdenkt. Und in dem Fall war das dann so, dass die Mitarbeitenden zu Weihnachten einen Helm geschenkt bekommen haben. Da war schon mal Saint Costes drin, da war schon mal ein Investment drin, dass sie einen überdachten Fahrradparkplatz bekommen haben, dass die Duschmöglichkeiten hatten im Gebäude. Und so mit diesem Toolset, mit dem Skillset und dem Mindset, so zusammen passiert dann Wandel. Und was wir aber erleben, wenn wir uns Change-Maßnahmen jeglicher Größenordnung anschauen, ist, dass eben nur eine dieser Kreise sozusagen, man kann sich das wie so ein dreifaches Venn-Diagramm vorstellen, nur einer dieser Kreise bedient wird. Da gibt es eine Firma, die eine wahnsinnige Sustainability Purpose formuliert und das ist dann nur Mindset. Das hängt dann an der Wand und das führt interessanterweise, wie die Forschung zeigt, nicht nur zu nichts, sondern zu weniger als nichts, weil die Leute dann enttäuscht sind.

Hans Rusinek: Also ich habe mal mit einem Manager zusammengearbeitet, der in der Flugbranche ist, in der Aviation-Branche, und der war immer enttäuscht davon, dass sein Arbeitgeber zu wenig Nachhaltigkeitsverantwortung übernimmt. Und dann passierte was? Der Arbeitgeber hat eine große Sustainability-Kampagne gemacht, wo gezeigt wurde oder behauptet wurde, wir haben uns schon immer wahnsinnig für Sustainability interessiert. Das ist schon immer Teil unseres Purpose gewesen. Und dann ist es das, was…

Zackes Brustik: Dass ich da kurz unterbreche, Aber ganz beliebtes Statement in ganz vielen Präsentationen, Nachhaltigkeit war schon immer Kern unserer DNA.

Hans Rusinek: Genau, und was passiert dann? Was eine Tragödie war, wurde zur Farce. Der Manager, der Ingenieur auch ist, der ganz genau weiß, wie wenig Sustainability eigentlich bei den Produkten eine Rolle spielte, der fühlte sich dann einfach verarscht, das mal so ganz offen zu sagen. Und dann hat er was gemacht? Climate Quitting. Der ist gegangen. Der arbeitet jetzt bei einem Start-up. Climate Quitting ist ein Phänomen, was wir immer stärker beobachten, Leute eben aufgrund von fehlender Klimaverantwortung kündigen. Und da sieht man, dass sozusagen ein Appell nur ans Mindset, nur durch Texte, der kann sogar negative Konsequenzen haben. Also, weil er weckt Erwartungen, die, wenn keine Maßnahmen darauf folgen, einfach nur enttäuscht werden.

Hans Rusinek: Das ist wie ein gebrochenes Versprechen. So was macht man einfach nicht. Machen wir zwischenmenschlich mit unseren Freunden ja auch nicht, dass wir irgendwas behaupten oder versprechen, worauf dann nichts folgt. Das passiert, wenn du Change nur übers Mindset machst. Dann gibt es Organisationen, wie ich beobachte, zum Beispiel im Automobilbereich, die nur auf Skillset gehen. Das heißt, die holen sich zum Beispiel für sehr, sehr viel Geld IT-Experten und Expertinnen rein. Wenn aber die restliche Organisation nicht das Mindset hat, nicht die Überzeugungen hat, dass mit diesen Menschen auch was anzufangen ist, wenn die die alle nur für überteuerte Nerds halten, ist das schwierig. Und wenn es kein Toolset gibt, keine Schnittstellen, wo diese IT-Expertinnen mit den anderen Mitarbeitenden zusammenarbeiten, dann passiert da eben auch nichts.

Hans Rusinek: Das heißt, nur aufs Skillset zu gehen, ja nur Expertise reinzuholen, das kann auch total hinfällig sein. Und das dritte ist, was passieren kann, ist, dass eine Organisation nur aufs Toolset geht. Also du kennst das ja in Hamburg im Schanzenviertel, in Berlin-Mitte gibt es das auch, in Zürich auch ohne Ende, so Innovation Spaces. Da hat sich eine Firma für teuer Geld in einem hippen Viertel so einen Innovation Space angemietet, wo sie zeigen, wie zukünftig sie eigentlich schon immer waren. Wenn aber keiner der Mitarbeitenden das Skillset hat, zu wissen, was dort eigentlich passiert, und das Mindset hat, darauf einzuzahlen, also dass man Lust hat, dort hinzugehen und dort was zu verändern, dann ist das eben auch hinfällig. Also du musst diese drei Kreise gemeinsam bedienen, Mindset, Skillset, Toolset, wirklich Veränderungen auf den Weg zu bringen und sonst bringt das nichts.

Zackes Brustik: Und ich glaube, jeder kann übertragen, dass das eben nicht nur beim Fahrradbeispiel wichtig ist. Ich finde, das macht es einfach nur besonders plastisch und gerade bei Dienstleistungsunternehmen ist Mobilität der Mitarbeitenden ein großer Emissionsfaktor. Aber wie du gerade angedeutet hast, lässt sich das eins zu eins für produzierende Betriebe, für die Industrie übertragen auf noch mal deutlich emissionsstärkere Veränderungsprozesse. Total. Da klangen ganz viele Sachen durch. Ich muss mal kurz überlegen, welche Abkürzungen wir nehmen, weil so viele Themen gleich aufgehen und du so viel anzubieten hast. Also ich kann euch nur versprechen, diese Folge wird bestimmt ein bisschen länger. Bleibt dran bis zum Schluss, weil Hans hat wirklich noch unglaublich viel spannende, anregende Modelle in petto und werden eins nach dem anderen aufarbeiten.

Zackes Brustik: Ich teaser schon mal, du hast vier Typologien, die in Unternehmen ganz häufig auftreten, die aber alle nicht zum Ziel führen. Das nur als Teaser, Da komme ich in zehn Minuten drauf zu sprechen, zum Beispiel den weltfremden Techno-Utopisten oder den gehetzten Innovationspraktikern. Vorher kurz ein ganz wesentliches Thema. Du hast nämlich gerade gesagt, das Climate Quitting. Und in deinem Buch beschreibst du neun Veränderungsdimensionen, die man sich anschauen muss aus arbeitsforschungstheoretischer Sicht, wenn man sein Unternehmen eben erfolgreich nachhaltig konsumieren will. Das allererste ist Haltung. Und du hast ja gesagt, jetzt hast du eine Führungskraft, die will nachhaltig was verändern, intrinsisch motiviert und scheitert dann sozusagen an den Realitäten im Unternehmen. Und ich glaube, egal ob Führungskraft oder Angestellter, gerade keine einfache Rolle.

Zackes Brustik: Also wenn wir in den letzten Jahren schon gemerkt haben, so hey, es fehlt die Handlung zu den Zielen, kommt ja gerade parallel auch noch der Rollback. Während wir sprechen, es ist gerade August 2024, ein großer Artikel vom Harvard Business Review, dass ganz viele der globalen Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsziele radikal abstufen, abschwächen, teilweise wirklich ihre kompletten Nachhaltigkeitsabteilungen rauswerfen. Also, glaube ich, so ein ganz großes amerikanisches Agrikulturunternehmen hat tatsächlich alle rausgeworfen, die im Bereich Diversity, Equity, Inclusion oder Carbon Emissions arbeiten. In der Schweiz großes Unternehmen hat auch die Hälfte entlassen. Coca-Cola hat die Plastikziele, was Virgin Plastik angeht, krass nach unten korrigiert und so weiter. Es gibt so einen großen Rollback, wo plötzlich wieder die Frage ist, ISG, eigentlich ist das eigentlich nur esoterisch oder zu woke. Und wenn ich da jetzt als Manager der Manager im Unternehmen bin, alte BWL Schule, gerade schon vielleicht Schwierigkeiten hatte, das Gefühl zu haben, wie kommen wir zur Handlung, dann habe ich doch innerlich einen riesigen Konflikt, oder? Also wie soll ich das in mir vereinen, dann die richtige Haltung vorzuleben?

Hans Rusinek: Du sprichst da viele spannende Phänomene an. Also ich glaube, dass wir wirklich momentan mit unserem Nachhaltigkeitsengagement ein bisschen eine taffe Zeit haben, weil wir so den Hype-Cycle, so eine Modewelle, da machen wir quasi auf dieser Achterbahnfahrt, machen wir gerade eine gewisse Talfahrt durch. Es ist schon krass, wie sehr Menschen mit ihrer Aufmerksamkeit und auch Medien nie die Mode von der letzten Saison haben wollen. Es muss immer was Neues sein, es muss immer der heiße Scheiß sein. Also ich habe das Buch zur Zukunft der Arbeit und Zukunft des Planeten vor fast einem Jahr herausgebracht und ich habe mit einer Verlegerin letztens gesprochen, die meinte, boah, wenn du das Buch jetzt rausbringen würdest, das wäre viel, viel schwieriger gewesen. Also ich bin jetzt, ich kann mich jetzt seit ein paar Tagen stolz Bestsellerautor nennen, das hat sich gut verkauft, aber jetzt wäre es schwieriger. Warum? Jetzt interessieren sich die Menschen mehr für Krise der Demokratie, Rezession, Leadership, auch eine bestimmte Art von autoritärem Leadership und Kriege sind natürlich auch ein sehr, sehr wichtiges Thema. Was heißt das für uns, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen? Wir müssen da einfach cool bleiben.

Hans Rusinek: Also es gibt Modewellen, es gibt Kulturen, die entwickeln sich in Pendelbewegungen, immer zwischen den Extremen. Und momentan ist gerade die Modeseite nicht bei uns so. Das ist okay, denn uns interessiert das ja nicht, weil es modisch ist, sondern weil es eine wissenschaftliche Evidenz ist, dass unser Wirtschaften uns in planetare Krisen bringt. Das heißt, das ist auch unabhängig von irgendwelchen Hypes, wenn das Wasserlevel steigt, wenn die Wälder brennen, wenn die Atmosphäre leidet, dann wird das Schritt für Schritt so evident werden, dass das unabhängig von Moden ist. Ich würde mich freuen, wenn wir früher diese Probleme erkennen, früher dagegen handeln, bevor es sozusagen richtig brennt. Aber zynisch gesagt, früher oder später werden die wirtschaftlichen Realitäten jene sein, die uns dann dazu bringen, auch ins Handeln zu kommen. Aber momentan ist es auf jeden Fall eine Talfahrt. Unternehmen sind ein bisschen zögernd.

Hans Rusinek: Das hat sicher auch was mit der US-Wahl zu tun. Was da erwartet wird, wer da an die Macht kommt. Ich glaube, die Beispiele, die du beschrieben hast, sind, glaube ich, noch aus einer Zeit, wo Joe Biden noch der mögliche Präsidentschaftskandidat wäre. Da spielen viele Sachen rein, auch der Kulturkampf, der sich rund diese Themen entwickelt. Ich habe letztens mit einem Manager gesprochen, der meint, Der fährt einen Diesel nicht trotz Greta, sondern wegen Greta. Also solche Leute gibt es auch, die das sozusagen als Kulturkampfsymbol nehmen, nicht sich Umweltverantwortung zu kümmern. Das gibt es, aber da müssen wir einfach cool bleiben. Weil so traurig das ist, die planetaren Veränderungen sind sozusagen auf unserer Seite.

Hans Rusinek: Das wird sich zeigen, welche Probleme wir dadurch noch bekommen und dann sind Unternehmen gut beraten, wenn sie sich früh darum gekümmert haben.

Zackes Brustik: Also wie komme ich da dann als Führungskraft zu einer Haltung, die wirkt? Was ist der Unterschied? Weil das ist ja das erste und wichtigste Thema in deinem Buch.

Hans Rusinek: Ja, also das ist jetzt vielleicht ein bisschen eine langweilige Antwort, aber es geht nicht darum, uns… also es gibt, wenn wir über die Klimakrise reden, dann gibt es oft so ein Bias, dass man sagt, wir müssen uns den Planeten kümmern, der arme Planet. Das stimmt aber in der Form nicht. Die Natur ist ein extrem adaptives System. Der Planet wird in verschiedenen Formen durch unser Verhalten, sich an unser Verhalten anpassen. Das Problem ist unsere Existenz und unsere Lebensqualität auf diesem Planeten. Das heißt, was für Führungskräfte wichtig zu verstehen ist, ist, dass Klimaverantwortung nicht irgendeine Art von Gutmenschen-Hobby ist, sondern dass es unsere wirtschaftlichen Existenzbedingungen geht. Es geht einfach Cash am Ende des Tages. Deswegen sehen wir auch, dass Unternehmen oder Regionen, von denen wir jetzt gar nicht so sehr unterstellen würden, dass sie so liberale Weltverbesserer sind, wie zum Beispiel in China, dass sie das Thema durchaus auf dem Schirm haben.

Hans Rusinek: Es geht Wettbewerbsvorteile, die wir haben, wenn wir uns früh Krisen kümmern, die auf uns zukommen. Also das ist einfach, da muss man die Sprache des Geldes einfach sprechen, die viele Führungskräfte ja allzu gut beherrschen und verstehen, dass das damit zusammenhängt. Es ist kein Konflikt, den wir haben zwischen Klimaverantwortung und ökonomischer Verantwortung, sondern das geht ja immer mehr Hand in Hand. Wir machen das ja nicht aus Jux an der Freude und auch nicht aus moralischer Verantwortung, sondern eben, weil es ein Überlebensfaktor ist, auch für Organisationen, als Organisation überleben zu können.

Zackes Brustik: Dann, bevor wir jetzt die Einflugschneise zu, wie geht man es richtig an, wenn man es schafft Arbeitspraktiken und Nachhaltigkeitsziele konstruktiv zusammenzubringen. Vorher kurz vier Irrwege. Wenn du sie mal kurz in einem Satz sagen magst, was sich dahinter versteckt, weil das eben so Phänotypen sind, die sehr verbreitet sind, die man in ganz vielen Unternehmen antrifft. Du hast vier in einer Matrix, den weltfremden Techno-Utopisten, den gehetzten Innovationspraktiker, den romantischen Kulturverwerter und den maßnahmenlosen Zieleformulierer. Ich glaube, Letzteren haben wir schon besprochen. Die ersten drei.

Hans Rusinek: Genau, also ich habe mir angeschaut, wen gibt es eigentlich, der über die Zukunft der Arbeit nachdenkt? Und da sind mir diese vier Typen aufgefallen. Und das sind alles Typen, die erstens nicht uns helfen, in eine planetare Zukunft zu steuern. Und zweitens deswegen auch sozusagen die industrielle Logik fortschreiben. Der Techno-Utopist ist jemand, der sagen würde, die Zukunft der Arbeit, die lässt sich mit einer App lösen. Wir müssen unser Verhalten nicht verändern. Wir brauchen einfach nur eine technologische Innovation. Technologie first, Bedenken second, solche Slogans kennen wir ja. Und ein schönes Beispiel ist auch von Elon Musk, der mal getweetet damals noch hat, man möge ihm die beste Carbon Capture Technologie nennen.

Hans Rusinek: Er würde das mit, ich glaube, 50 Millionen Dollar belohnen. Und die Leute haben dann kommentiert, Elon, it's trees, schau dir Bäume an.

Zackes Brustik: Ein deutsches Beispiel dazu vielleicht, ich glaube Frank Thelen, der halt auch einfach nur meint, ey Leute, gebt noch ein bisschen Zeit und dann skalieren wir einfach Direct air capture von Kohlenstoff so krass, dass wir überall Maschinen stehen haben, die das CO2 wieder aus der Umwelt saugen und dann können wir alles wieder zurückdrehen. So persiflieren überspitzt formuliert.

Hans Rusinek: Ja, richtig, genau. Und ich meine, das sind Menschen, die denken halt sehr in so einer Tüftler-Logik und das ist natürlich nicht falsch. Wir sind sehr stark auf technologische Innovation angewiesen. Aber was ganz, ganz entscheidend ist zu verstehen, ist, dass Technologie alleine weder gut noch schlecht noch neutral ist. Es geht unsere Praktiken, unseren Umgang damit. Also ein schönes Beispiel dafür sind Virtual Reality Brillen. Virtual Reality Brillen können theoretisch dazu führen, dass wir Traumata bekämpfen in der Psychotherapie oder Angststörungen. Die können zu Völkerverständigung führen, wenn wir uns eben durch diese Technologie, wenn wir es schaffen, uns in die Schuhe von anderen Menschen zu stellen.

Hans Rusinek: Zu wissen, wie es wäre, jemand anderes zu sein. Eine wunderschöne Vorstellung.

Zackes Brustik: Da gibt es einfach richtig schöne Beispiele, wie du in Virtual Reality in ein Setting, zum Beispiel in einem Flüchtlingscamp, im Saal platzierst wirst. Und wirklich anfängst, deine Handlung, dein Verständnis zu verändern, weil du es virtuell, in Anführungszeichen, real erlebst und nicht nur liest. Also, unglaublich große Erfahrung.

Hans Rusinek: Das ist wunderschön. Wunderschön und sehr rührend. Aber, Frank Thelen zu zitieren, es skaliert derzeit nicht, denn der größte Markt für VR ist Pornografie und Gaming. Das heißt, die Technologie alleine, die ist nicht entscheidend. Es kommt auf die Praktiken an, die wir mit dieser Technologie verbinden. Wir könnten viel, viel mehr Sinnvolles machen, wenn wir es denn wollten. Und deswegen ist die Idee, dass Technologie alleine uns rettet, einfach irrsinnig. Wir sind auf technologische Innovation angewiesen, aber wir sind auch auf das Wollen und Können angewiesen, mit diesen Technologien umzugehen.

Hans Rusinek: Also noch mal, auf meine drei Kreise zurückzukommen, Ein Toolset ist wichtig, ja, ist schön und gut, aber wir müssen auch das Mindset und das Skillset haben, damit was machen zu wollen. Und das Mindset bei VR-Brillen ist Pornografie und Gaming. Und das ist auch das, was wir sehr gut nutzen können, sozusagen, in unserer Konsumkultur. Und deswegen skaliert das eben besser, als zum Beispiel mit Viabren in Flüchtlingscamps zu gehen. Das ist der erste Typ. Der zweite Typ ist die gehetzte Innovationspraktikerin. Durchaus autobiografisch. Ich habe am Hasso-Platten-Institut Design Thinking studiert.

Hans Rusinek: Und dort trifft man solche Leute. Ich will jetzt gar nicht Design Thinking dissen, da sind super gute Ansätze dabei und Methoden, die ich auch sehr viel in meiner Beratung nutze. Aber es gibt manchmal den Glauben, dass wir einfach nur mehr Innovationen brauchen und die kriegen wir durch Hackathons und ähnliches hin, mehr Post-its beschreiben und dann wird das schon was. Und ich sehe sehr stark in den Organisationen, die ich begleite, dass Innovation da eher so eine Art von Theaterfunktion hat. Das heißt, du machst jedes Jahr oder alle oder zweimal im Jahr ein Innovationshackathon. Dann können die Mitarbeitenden aus ihrer Box herauskommen und mal kurz sozusagen sich frei fühlen. Und was passiert am Ende verstärkt das nur die Boxen, in denen sie danach wieder zurückkommen. Es gibt es in der Kulturgeschichte ganz oft Tage und Momente, Feiertage sozusagen, wo Regeln mal kurz gebrochen werden, ja? Nicht Veränderungen auf die Welt zu bringen, sondern die Regeln, die die sonstige Zeit über gelten, nochmal zu verstärken.

Hans Rusinek: Also ich komme aus dem Rheinland, da gibt es den Karneval. Karneval ist ganz klassisch eine Funktion. In Düsseldorf, wo ich herkomme, da legt man seine Eheringe ab an Karneval traditionell. Da ist sozusagen wirklich einiges erlaubt. Warum macht man das? Warum ist das ausgerechnet eine katholische Tradition? Weil man dann die restliche Zeit sich brav an die Regeln hält. Bei vielen Umgangen mit Innovationen ist das auch so.

Zackes Brustik: Lässt sich

Hans Rusinek: das eins zu eins

Zackes Brustik: aus Green-Teams übertragen? Also dass du sagst, okay, weil das ist eine ganz große, sagen wir, eine Sollbruchstelle, dass der Nachhaltigkeitsmanager immer scheitert. Sie kommen, sie dürfen dann Compliance machen, Daten sammeln und sobald dann der Schritt so, ja welche Maßnahmen nehmen wir, wo es ohne Innovation und Transformation dann überhaupt nichts geht, dann werden sie plötzlich zum Innovationstreiber und dann sagt der Rest des Unternehmens plötzlich so, ah nee, so weit wollten wir jetzt aber nicht gehen. Und dann speist man das dann eigentlich im schlechtesten Fall mit Green Teens ab?

Hans Rusinek: Ja, total. Also das ist genau das, was dann passiert. Es gibt oft solche Innovationsbemühungen, wo man am Ende vielleicht dann doch ein Manifest schreibt oder so, oder sich Maßnahmen aufschreibt. Aber da geht es eher darum, dass man das Gefühl hat, man hätte was aufgeschrieben, als dass das irgendwo aus einer Schublade noch mal rausgeholt wird. Also Innovation kann paradoxerweise Innovation verhindern, wenn sie nämlich eingehegt wird und zu einem Festival gemacht wird. Und das andere, was eben diese Praktikerin ausmacht, ist, dass sie gehetzt ist. Und da gibt es ein wunderschönes Experiment, was zeigt, dass Verantwortung eine zeitintensive Praktik ist. Jeder, der auf einem Design Thinking Workshop einmal war, weiß, dass eine Sache da ganz, ganz wichtig ist, nämlich die Stoppuhr.

Hans Rusinek: Es läuft sehr viel über Zeitdruck, diese Methodik. Und dieses Experiment hat sich angeschaut, was ganz anderes angeschaut ursprünglich, nämlich wie Richterinnen und Richter mit Bewährungsanträgen umgehen. Also du bist im Knast und du stellst einen Bewährungsantrag und dann gehst du zu einem Bewährungsrichter und hast eine Sitzung mit ihm oder ihr und die sagt dann ja oder nein. Das ist schön, weil es sich verhaltensökonomisch gut erforschen lässt. Daumen hoch oder Daumen runter. Und man hat festgestellt, die Wahrscheinlichkeit, dass du frei kommst, also auf Bewährung frei kommst, die ist bei 65 Prozent, wenn die Richter vorher eine Pause hatten oder dass der erste Termin des Tages ist. Und bei jeder Entscheidungsrunde ohne Pause davor sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass dem Gefangenen dieser Bewährungsantrag stattgegeben wird, bis es irgendwann bei 11% stagniert. Das heißt, dass Verantwortung und Umdenken ganz entscheidend zusammenhängt mit der Relaxtheit sozusagen, mit der du an Entscheidungen gehst.

Hans Rusinek: Und wenn du gehetzt bist, wie eine Richterin, die fünf Termine schon hatte, dann nimmst du sozusagen immer den Default-Mode. Und der Default-Mode ist jetzt in unserem Fall eben einer, der den Planeten an den Rand bringt.

Zackes Brustik: Da kommt schon eine der wichtigen Veränderungsdimensionen mit rein, nämlich die Zeit, du hast es gerade angesprochen, aber wie lösen wir das dann auf? Weil ich meine Zeitdruck, Unternehmen, wenn du in der Industrie bist, hast du immer Zeitdruck, plus die Klimaziele setzen plötzlich eine Deadline, die alle anderen Transformationsthemen in der Form nicht haben, sei es die Automatisierung, Robotisierung oder Digitalisierung. Also wie löst man das auf? Ist ja super schwierig. Ist das auch einer der Gründe, das ist jetzt nicht dein Hauptfokus, aber deswegen siehst du ja zum Beispiel auch die Viertageswoche kritisch, oder? Also welche Dinge quasi bringen das noch mehr in Beträngnis und wie schaffen wir dann die Zeit, komplexe Themen wirklich mit Muße und Entspannung lösen zu können?

Hans Rusinek: Ja, also das ist etwas, wozu ich sehr viel mit Organisationen arbeite, eine Zeitkultur zu schaffen, die besser funktioniert. Und ein entscheidender Punkt, den ich mache, ist, dass wir Gehetztheit nicht mit Produktivität verwechseln dürfen. Also wenn mir eine Managerin sagt, dass sie fünf Meetings heute Vormittag hatte und das als Erfolg verbucht, dann muss man immer sie fragen, ob nicht es erfolgreicher und produktiver wäre, tatsächlich eine Stunde über ein Problem konzentriert nachgedacht zu haben und auch darauf entsprechend sozusagen hingearbeitet zu haben. Das heißt, wir haben dieser Zeitdruck, der kommt oft ohne Gründe aus und der ist eigentlich gar nicht so profitorientiert oder wirtschaftlich geboten, wie man denkt. Also manche Ziele erreichen wir am schnellsten, wenn wir langsam dahin gehen. Und das ist ein Kulturproblem mehr als ein ökonomisches Problem, dass wir glauben, dass Gehetztheit und ein voller Terminkalender uns erfolgreich macht. Denn oft drehen Organisationen sich damit komplett sich selbst. Also wieso sind Startups aus irgendwelchen Garagen in der Lage, riesige Industriekonzerne in die Knie zu zwingen? Weil die riesigen Industriekonzerne total verheddert sind und von einem Thema zum nächsten springen und nie etwas fokussiert durchdenken.

Hans Rusinek: Ein Startup hingegen, das halt idealerweise von einem Business Angel oder von anderen Investoren sehr, sehr viel Geld bekommen, damit es sehr fokussiert und mit Ruhe über ein Thema nachdenken kann. In Konzernen wird dann immer gesagt, die Startups, die überholen uns über Nacht, die haben Übernachterfolge, die zwingen uns in die Knie. Und es ist ganz wichtig zu verstehen, kein Startup läuft mit Übernachterfolgen. Das sind 10, 15 Jahre konzentriertes Nachdenken und Prototypen, was die dazu bringt, eben große Konzerne in die Knie zu zwingen. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig, dass wir einen Umgang mit Zeit brauchen, der viel verantwortungsvoller ist.

Zackes Brustik: Bogen direkt zurück zur Nachhaltigkeitsstrategie. Was bedeutet das ganz praktisch? Also wirklich in der An… also wegen… Das ist einfach eine Steilvorlage, Thema, was viele umtreibt, gerade auf LinkedIn, 4 Tage Woche.

Hans Rusinek: Ja, ja,

Zackes Brustik: ja, stimmt. 4 Tage, wenn nicht 4 Tage Woche geht. Ist das quasi, wäre das ein Schuss in den Ofen, wenn es Nachhaltigkeitsziele geht, weil die uns noch mehr unter Druck setzt?

Hans Rusinek: Ja, also ich erlebe das viel mit Firmen, dass Nachhaltigkeit einfach nur ein weiteres To-Do auf einer riesigen To-Do-Liste ist. Und so wird das nicht funktionieren. Es ist viel wichtiger, sich damit auseinanderzusetzen, was man aufhören möchte zu machen, damit man eben auch Zeit freischaufelt, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Vier Tage Woche. Genau. Ich bin mega dafür, dass wir Arbeitszeit verkürzen. Es gibt keinen ökonomischen Grund dafür, so viel zu arbeiten. Ich hatte in meinem Studium das Glück, mit David Graeber zu arbeiten oder von ihm zu lernen zumindest, der mit Bullshitjobs und anderen Büchern da sehr viel prägende Forschung gemacht hat.

Hans Rusinek: Und eigentlich wissen wir seit den 30er Jahren, dass wir weniger arbeiten könnten. Wenn wir unser Einkommen oder unsere Produktivität in Freizeit verwandeln würden und nicht in einfach nur mehr Konsum, dann würden wir schon seit Jahrzehnten wesentlich weniger arbeiten. Also Keynes ist in den 30er Jahren davon ausgegangen, dass wir eine 15-Stunden-Woche haben werden heute und das ist eigentlich auch plausibel. Aber wir konsumieren halt wie irre und deswegen machen wir das nicht. Insofern erst mal, weniger arbeiten finde ich gut und es ist total wichtig. Wir sind ja auch mal von einer Sechstage auf eine Fünftagewoche bekommen. Und wie haben wir das gemacht? Durch politische Kämpfe. Und das ist ein Unterschied zu dem, wie wir heute über die Vier-Tage-Woche reden.

Hans Rusinek: Die Vier-Tage-Woche heute ist vor allem ein Luxusphänomen. Das ist kein politischer Kampf, sondern da geht es Win-Win-Effekte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das heißt, in der Werbeagentur, da ist es möglich, nicht an Produktivität zu verlieren, wenn man vier statt fünf Tage arbeitet. Das finde ich aber schade, weil das die Arbeitswelt immer mehr spaltet. Das heißt, es gibt dann ein paar Gewinnerinnen und Gewinner, die können weniger arbeiten und die Leute in der Pflege und in der Gastro, die fühlen sich dann noch mehr auch entfremdet und isoliert von diesen privilegierten Arbeitenden. Das heißt, da würde ich mit Martin Luther King sagen, es ist keine Revolution, wenn sie nicht für alle ist. Und der Kampf für die Vier-Tage-Woche, der muss viel mehr ein politischer Kampf sein, als dass das einer ist, wo Arbeitgeber zufällig von profitieren. Also das ist erstmal die politische Sache, die mich an der Viertagewoche momentan stört.

Hans Rusinek: Entweder wir machen das für alle und zwar politisch oder es wird uns immer mehr zu einer Spaltung führen. Und wenn wir uns auf AfD-Stammtische begeben, meine Frau hat das mal undercover gemacht Interessanterweise, dann merken wir ganz schnell, dass es da Anerkennung und Arbeit geht. Das ist ein Riesenthema für Leute, die die AfD wählen, dass denen die Anerkennung fehlt. Und wenn wir solche Elitenspielchen machen, wie mit der Vier-Tage-Woche, dann ist das schön für die Eliten, aber es spaltet die Arbeitswelt immer mehr. Das ist meine politische Kritik daran. Und dann gibt es noch eine eher, sage ich mal, Kritik, die direkt aus dem Management kommt. Warum ist es denn so in den Experimenten, dass eine Werbeagentur in einer Viertagewoche genauso produktiv ist wie in einer Fünftagewoche? Naja, weil dort bestimmte Momente rausgestrichen werden in der vier Tage Woche. Die Momente vor der Kaffeemaschine, die kommen raus.

Hans Rusinek: Die Momente, wo man mal gemeinsam aus dem Fenster guckt oder sich ein Eis kauft, die gehen da raus. Das heißt, in der vier Tage Woche sparst du dir das, die Arbeit ist verdichtet und deswegen hast du keine Produktivitätsverluste. So, das ist schön. Kurzfristig gesehen ist das schön, ja. Mittel- bis langfristig ist das aber ein Problem, denn die Momente vor der Kaffeemaschine oder beim Eisessen mit den Kollegen, die sind dann eben doch ganz, ganz entscheidend für Innovation. Kommen wir zurück zu dieser Studie mit den Richterinnen und Richtern. Es sind genau diese Pausen, die Sie dazu führen, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Und so manch eine Innovation ist nicht entstanden in einem Zoom-Call, sondern vor der Kaffeemaschine eben.

Hans Rusinek: Die Verdichtung bringt uns mehr ins Hamsterrad und das wird die Qualität unserer Arbeit und vor allem das Umdenken und das Umlernen in der Arbeit sehr stark verhindern. Und deswegen ist sozusagen status quo mäßig funktioniert das, mittel- bis langfristig mache ich mir da Sorgen.

Zackes Brustik: Und das heißt, deswegen ist es dann ganz konkret ein Problem für Nachhaltigkeitsvorhaben, weil a, die Entschleunigung fehlt, in Ruhe mal in der Kaffeepause gemeinsam mit Kollegen ein Nachhaltigkeitsproblem durchzureden und weil du sagst eben auch, dass hast du mit dem Richterbeispiel verdeutlicht, Verantwortungsübernahme braucht Ruhe und Entspanntheit und das heißt es gibt, Nachhaltigkeit ist ein Verantwortungsthema, ist ein Mindsetthema Und wenn mir dafür die Ruhe fehlt, dann gerät das einfach unter die Räder.

Hans Rusinek: Korrekt, korrekt. Ich meine, wir haben schon so viel Gehetztheit, Die Tendenz ist da, dass wir die Gehetztheit noch verstärken. Das halte ich für irre. In Deutschland wirst du, wenn du in einem Büro arbeitest, zeigt eine Studie von Vera Starker, alle 3, 5 min unterbrochen. Alle 3, 5 min. Und eine andere Studie hat gezeigt, dass du 9 min brauchst, zu einem geordneten Gedankengang zurückzukommen. Das geht mathematisch ja gar nicht auf. Die Leute kommen gar nicht zu einem geordneten Gedankengang zurück.

Hans Rusinek: Das ist schlecht für die Arbeit, schlecht für unsere Körper, unsere Psyche. Das erschöpft uns wahnsinnig und das ist eben was, wo ich auf jeden Fall was dagegen machen möchte. Und eine ganz praktische Sache dafür, ein ganz praktischer Kompromiss, der kommt von dem Zeitforscher Guido Zander und der hat die Vier-Tage-Woche-Flex vorgeschlagen. Das heißt, Vier-Tage-Woche als Standard, aber dann auch mal Fünf-Tage-Wochen, wenn wir das Gefühl haben, wir haben hier ein knackiges Problem, wir brauchen Zeit, uns damit auseinanderzusetzen. Also dass man sozusagen einen Opt-out hat aus der vier Tagewoche. Das halte ich für wirklich wichtig, damit Organisationen umlernen.

Zackes Brustik: Bevor wir auf den dritten Typen zu sprechen kommen, Wir haben ja vorhin angefangen mit vier Typologien in Unternehmen, die nicht produktiv sind. Würde ich da gerne noch in aller Kürze tiefer eintauchen, weil zwei andere Aspekte, die in deinem Buch auch spannend sind oder in anderen Interviews. Du sagst Homeoffice kann durchaus kritisch sein, was Nachhaltigkeit angeht und auch Grundeinkommen. Also da sind aber zwei Thesen dahinter, die ich ganz spannend finde, weil es eben Partizipation und Mitgestaltung geht und auch sozusagen, dass Arbeit wieder politisch werden muss im Sinne von sich auch mit anderen Menschen auseinandersetzen. Magst du das kurz in zwei Sätzen erklären, welche Gedanke da dahinter steckt? Weil das eben gerade nochmal beleuchtet, was ja viel zu kurz kommt, ist immer die soziale Dimension von Nachhaltigkeit. Wir reden immer über Carbon, über Biodiversity und ich finde, da sind zwei sehr wichtige Gedanken zum sozialen Aspekt von Nachhaltigkeit dabei.

Hans Rusinek: Also was ich sehr stark erlebe, was vielleicht auch das Thema meines nächsten Buches wird, ich weiß es noch nicht ganz, ist, dass wir eine wahnsinnige Abkehrbewegung von Arbeit momentan haben. Also Arbeit hat ein wahnsinniges Hexienes Problem. Wir machen Quiet Quitting, wir wollen die Vier-Tage-Woche machen, wir träumen von bedingungslosen Grundeinkommen oder von irgendwelchen Bitcoin-Millionen, die uns in eine Frührente befördern. Wenn du dazu was schreibst, das funktioniert richtig gut, die Leute haben da richtig Bock drauf. Arbeit ist einfach sehr, sehr unattraktiv. Da gibt es handfeste Gründe für. Arbeit wird vollkommen katastrophal besteuert im Vergleich zu Erbe oder Aktieneinkünften, aber nur am Rande. Es gibt da handfeste Gründe dafür.

Hans Rusinek: Was aber meine Sorge ist, ist, dass die Arbeitswelt damit kleiner wird und dass die Arbeitswelt ein ganz wichtiger sozialer Ort ist. Denn die Arbeitswelt ist der Ort, wo du am ehesten mit Leuten zusammenkommst, auf die du tendenziell keinen Bock hast. Du suchst dir deine Freunde aus, du suchst dir deine Podcast-Partner aus, alles suchst du dir aus, deine Schwiegereltern auch idealerweise, aber du suchst dir in der Regel nie so richtig deine Kolleginnen aus. Das heißt, du hast da Schicksalsgenossen, mit denen musst du erst mal klarkommen. Entsteht voll viel Reibung. Diese Reibung ist wahnsinnig wichtig für unsere Gesellschaft, für den Kitt in unserer Gesellschaft. Das funktioniert übrigens so gut, dass der Arbeitsort immer noch der wahrscheinlichste Ort ist, wo du deine Partnerin oder deinen Partner kennenlernst. Das heißt, aus dieser Reibung entsteht auch Wärme, in diesem Bild zu bleiben.

Hans Rusinek: Das ist alles total wichtig. Wenn wir diese Arbeitswelt verkleinern oder zerstören, ja, durch das Grundeinkommen oder die Viertagewoche, wenn wir nur noch abgehetzt arbeiten oder nur noch von zu Hause arbeiten, dann fehlt uns da eine soziale Qualität, die wir uns aus Draht nicht nachbiegen können. Es gibt keinen anderen sozialen Ort, der diese Qualität hat. Der erste Arbeitsplatz ist für dich prägender als dein erstes Kind, hat eine andere Studie gezeigt. Das heißt, da ist wahnsinnig viel politische Musik drin, wenn wir Arbeit wieder als ein Reallabor für unsere Gesellschaft begreifen. Und das möchte ich. Und das ist nämlich auch sehr wichtig in der Klimakrise. Das BGE und andere Ideen, die gehen da in eine andere Richtung.

Hans Rusinek: Und da möchte ich zumindest kritisch anmerken, dass wir sozusagen Make Arbeit Great Again, dass das sozusagen auch eine Überlegung wäre.

Zackes Brustik: Aber damit dann die These aufgeht, dass sozusagen Arbeit dann wirklich eben auch gelebte Partizipation an der Gesellschaft bedeutet, muss sich ja wahrscheinlich was verändern, dass dann tatsächlich ein Beitrag entsteht.

Hans Rusinek: Absolut. Genau, ich spreche von dem Ideal, was die Arbeit hat, die Versprechungen, die Arbeit erfüllen kann. Nicht den Status quo, wie Arbeit heute ist. Albert Hirschman, ein sehr klassischer Ökonom aus den 50er Jahren, Der meint, es gibt quasi zwei Arten, wie du dich in sozialen Konstellationen beteiligen kannst, nämlich über Exit und über Voice. Du kannst sozusagen mit den Füßen wählen und abhauen. Das ist das, was wir sehr stark sehen in der Arbeitswelt. Die Leute wollen so wenig arbeiten wie möglich. Seit den 70er Jahren wird 30 Prozent weniger gearbeitet in Deutschland, was wirklich irre ist.

Hans Rusinek: Und andere Phänomene haben wir da auch. Das heißt, die Leute wählen mit den Füßen, die Leute gehen weg. Das wird die Arbeitswelt nicht besser machen. Oder anders gesagt, die Leute, die übrig bleiben in der Arbeitswelt, sind die, die nicht dieses kritische Potenzial erleben. Das ist ja tragisch. Das heißt, wir müssen viel mehr gucken, wie Voice, Voice ist nämlich auch eine Möglichkeit, Kritik zu üben, wie wir Voice ermöglichen in Organisationen, Reverse Mentoring, Gremien zwischen Generationen, dass wir Menschen eine Stimme geben in Organisationen, damit die Arbeitswelt eben von innen verbessert wird. Das halte ich für ganz entscheidend. Denn sonst bleiben nur die übrig, die sozusagen an der Arbeitswelt ohnehin nichts auszusetzen haben und das finde ich dann schade und eine verpasste Chance.

Zackes Brustik: Jetzt hatten wir eine Typologie noch offen und das sind die romantischen Kulturverwerter. Was hat das mit denen auf sich und warum ist das gerade im Bezug auch dann auf Arbeitsgestaltung und Nachhaltigkeitsziele ein Problem?

Hans Rusinek: Ja genau, also wir haben jetzt über den Techno-Utopisten und die Innovationspraktikerin gesprochen. Der Techno-Utopist sagt, die Zukunft braucht eine technologische Idee, keine Verhaltensänderung. Die Innovationspraktikerin sagt, naja, ein bisschen Verhalten brauchen wir schon, deswegen machen wir Hackathons, nur ist das ein bisschen eingehegt so. Und die romantischen Kulturverwerter, die sagen, Die Zukunft der Arbeit muss einfach ein bisschen gemütlicher werden. Wir brauchen eine Tischtennisplatte, einen Bällebad. Wie wäre es, wenn wir uns einfach Familien nennen oder Tribe in der Arbeit und dann wird da schon was draus. Das heißt, Sie sagen, was der Zukunft der Arbeit fehlt, ist Wärme sozusagen. Und das ist etwas, was ich total interessant fand in meiner Recherche dazu, weil eigentlich diese Praktika, diese Menschen unsere spirituellen Ressourcen so abbauen, wie wir auch planetare Ressourcen abbauen.

Hans Rusinek: Das heißt, dein Bedürfnis nach Familie und nach Nähe wird dann sozusagen von der Arbeit vereinnahmt. Arbeit als letzte Religion, Arbeit als einzige Sinnquelle. Das ist auch das, wozu ich meine Promotion übrigens geschrieben habe. Das ist dann das Problem. Und dann bleibt halt, wenn deine Familie die Arbeit ist, wenn du deine Arbeit die Welt rettest, dann wirst du deine echte Familie oder dein Ehrenamt ganz schön schleifen lassen. Und ich sage auch immer zu Managern oder zu CEOs in dem Fall, wenn du deine Mitarbeitenden Familie nennst, dann darfst du nicht wundern, dass sie sich wie Kinder benehmen. Also es ist infantilisierend und übergriffig und deswegen falsch.

Zackes Brustik: Das Problem dabei ist, dass ich glaube gerade ganz, ganz viele Green-Tech-Unternehmen, ganz, ganz viele Impact-Startups genau damit werben, dass sie vielleicht nicht das vergleichbare Gehalt zu EY zahlen oder zu PwC, aber eben ein Familien-Setting bieten, als Team, als Tribe auftreten, was in Gestiften das bieten. Segen die damit an ihrem eigenen Astern?

Hans Rusinek: Also es ist, also wenn man sich die Zahlen anschaut, das ist kurzfristig sehr effizient, weil es zu massiver Selbstausbeutung führt. Wenn sozusagen deine Chefin eigentlich deine beste Freundin ist, etc., dann steckst du da extra viel Power rein. Mittel- bis langfristig ist das nicht gut für Organisationen, weil das eine Organisation entsachlicht. Also ich habe mit einer großen NGO sehr viel gearbeitet und da ist das halt so, wenn alles aufgeladen ist mit Weltrettung, wenn alles persönlich ist, dann ist das ganz schön schwer, Entscheidungen zu treffen und sich mit Entscheidungen abzufinden, für die man selber vielleicht gar nicht war. Das heißt, ein professioneller, respektvoller Umgang, das ist total wichtig für eine gut funktionierende Organisation. Wenn es immer alles geht, wenn es immer psychologisch ist, immer persönlich, immer politisch, dann kann man sich als Organisation ganz schön selbst im Wege stehen. Und das erleben wir in vielen grünen und Non-Profit-Unternehmen, dass es unglaublich, unglaubliche Dramen da gibt. Unglaublich schwer ist eine professionelle Arbeit zu machen.

Hans Rusinek: Deswegen ist es wichtig, dass man unterscheidet zwischen der Person, die ich bin, und der Rolle, die ich erfülle in einem Arbeitskontext. Ich bin eine Person mit privaten Bedürfnissen, aber auch beruflichen Bedürfnissen. Und es ist wichtig, dass meine Person in der Arbeit respektiert wird. Das ist zum Beispiel eine Riesenerrungenschaft, dass wir in den meisten Arbeitsplätzen, nicht unbedingt in der Bundesliga, aber in den meisten Arbeitsplätzen Homosexualität tolerieren und respektieren. Das ist ein richtiger Fortschritt. Das heißt, es ist wichtig, dass unsere Persönlichkeit, das, was uns Energie und Sinn gibt, dass wir das respektieren. Aber was wir erleben, wenn dieser Sinn zu sehr aufgeladen wird, ist, dass wir eben nicht mehr den Raum lassen für andere Sinnquellen. Meine Frau, die ist Psychotherapeutin Und die sagt, wenn du nur eine Sinnquelle im Leben hast, wie zum Beispiel die Arbeit, dann landest du früher oder später bei mir auf der Couch.

Hans Rusinek: Das ist ganz, ganz wichtig für Mitarbeitende, gerade welche, die Drive haben und die Welt retten wollen, dass sie auch andere Sinnquellen haben, sonst ist das verdammt ungesund. Ich erlebe das sehr stark.

Zackes Brustik: Ich hoffe, dass sehr, sehr viele Green-Tech-Gründer gerade sehr aufmerksam zuhören. Und vor allem ganz viele Impact-Startup-Gründer oder Social-Entrepreneure, die entsprechend Teams haben, entsprechende Stellenausschreibungen. In der Szene war ich auch lange unterwegs, sehr viel hautnah miterlebt. Und definitiv ist da der Antrieb, also der Activist Burnout, glaube ich, ein weitverbreitetes Phänomen.

Hans Rusinek: Absolut. Wir reden, wir denken über eine regenerative Wirtschaft nach. Da müssen wir aber auch regenerativ wirtschaften im Hinblick auf unsere eigenen Energien. Es ist ganz absurd, dass wir prangern zu Recht an, dass wir planetare Ressourcen über alle Grenzen abbauen. Und was machen wir gleichzeitig? Wir bauen unsere eigenen Ressourcen über alle Grenzen ab. Da sind wir aus dieser Logik ja noch gar nicht raus. Das ganz praktisch runterzubrechen, ich habe bei einer großen Purpose-Beratung, da war ich der erste Mitarbeitende und habe das sozusagen mit aufgebaut. Und da war es mir sehr wichtig, bei der Personalauswahl darauf zu achten.

Hans Rusinek: Und da gibt es ein paar Fragen, die ich immer gefragt habe. Zum Beispiel, what excites you outside of work? Was macht dir außerhalb der Arbeit Spaß? Oder, ein bisschen eine fiesere Variante davon, erzähl mir mal etwas aus deinem Leben, ohne nur eine Sache zu erwähnen, die in deinem Lebenslauf steht. Also das darfst du nicht erwähnen. Du darfst nur über Sachen reden, die nicht in deinem Lebenslauf stehen. Das ist super interessant. Du lernst Menschen ganz anders kennen und gleichzeitig checkst du, ob diese Menschen auch Halt und Balance haben in ihrem Leben und nicht versuchen sozusagen alle Äpfel in einen Korb zu legen. Oder alle Eier in einen Korb ist, glaube ich, die richtige Formulierung. Ihr ganzes Sinnbedürfnis, ihre ganze Liebe auf die Arbeit fokussieren und projizieren.

Hans Rusinek: Weil ich wusste, dass das, was wir vorhatten, anspruchsvoll und anstrengend ist. Und ich schon alleine als sozusagen Manager nicht wollte, dass die nach einem halben Jahr durchgebrannt sind. Das heißt, es ist super wichtig, auch für die Organisation selbst und den Erfolg selbst, darauf zu achten, dass die Leute in deinem Team Sinnquellen jenseits der Arbeit haben, weil sonst brennen die dir in nullkommanichts durch.

Zackes Brustik: Wir haben schon zwei Modelle kennengelernt. Das eine war Mindset, Skillset, Toolset und dann vier Topologien, die nicht funktionieren, wenn man Nachhaltigkeitsziele erfolgreich erreichen will, nämlich der gehetzte Innovationspraktiker, der romantische Kulturverwerter, der weltfremde Technotopist und ganz am Anfang implizit schon besprochen der maßnahmenlose Zielformulierer. Jetzt inzwischen durch haben wir schon ganz viel darüber gesprochen was es braucht eben da ein gegenmodell zu entwerfen welche veränderungs dimensionen wichtig sind werden das thema haltung werden das thema entschleunigung wir hatten das thema wertschätzung zum beispiel auch anerkennung von carearbeit und von nicht wissensarbeit Was wäre für dich zum Schluss noch wichtig für eben Führungskräfte da draußen, die sich zum Thema Nachhaltigkeit Gedanken machen und Organisationswandel für Nachhaltigkeitsverantwortliche? Also Was ist eigentlich ein Zielbild, ein Gegenbild zu diesen vier Typologien, wo wir hinwollen? Und welche von den neuen Veränderungsdimensionen, die du in deinem Buch beschreibst, sind jetzt an der Stelle hier noch am relevantesten?

Hans Rusinek: Also es ändert sich ständig. Es hängt auch ein bisschen davon ab, mit wem ich gerade arbeite. Momentan arbeite ich zu zwei Themen in dem Bezug, nämlich einmal zu Intelligenzen, also KI und auch MI, menschlicher Intelligenz. Was bedeutet das eigentlich? Und das andere ist das Thema Umgang mit unserem Körper. Vielleicht fange ich damit mal kurz an. Wenn wir CSA-Unterlagen formulieren, Meetings zu dem Thema haben, in einem riesigen Betongebäude, und wenn wir nicht mal wissen, was für Bäume vor diesem Gebäude wachsen oder wo das Wasser herkommt, das wir trinken, dann fehlt uns sozusagen diese bioregionale Verwurzelung. Das heißt, wir müssen wissen, dass man Verantwortung spüren muss, sie zu übernehmen. Und die Rolle des Körpers ist in dem, ich arbeite gerade in einem Industriekonzern dazu, total wichtig.

Hans Rusinek: Verantwortung geht durch den Körper. Was kann man dazu konkret machen? Meetings in Spaziergänge verwandeln. Also, ich hab mit der Firma, ich hab das ein paar Mal schon gemacht dabei, dass wir bei Outlook sozusagen nicht nur Räume angeben können, sondern auch kleiner Waldspaziergang, großer Waldspaziergang. Es macht

Zackes Brustik: einen riesigen Unterschied. Da muss ich kurz rein, weil das klingt erst mal mega esoterisch für mich. Ich kann mir vorstellen, dass ein hartgesottener Manager denkt, mein Gott, was will dieser Rusinek von mir? Wer hat den eingestellt? Das heißt, es ist schon mal schön, dass du sagst, es funktioniert im Industrieunternehmen. Da musst du mir jetzt aber als Arbeitsforscher liefern, warum das handfest Resultate bringt und warum, weil das klingt erstmal so nach, wir gehen raus und machen Treehugging.

Hans Rusinek: Ja genau, also wir machen in dem Meeting genau das, was wir auch in einem normalen Zoom-Meeting machen. Wir machen da jetzt keinen Klangschein, die nehme ich da nicht mit. Habe ich auch gar nicht übrigens, aber das liegt daran, dass ich so unmusikalisch bin. Wir machen in diesen Meetings genau das, was wir auch in normalen Meetings machen. Wir reden über unsere Arbeit. Aber die Forschung weiß schon seit langem, dass wir ganz anders, viel kreativer denken und auch viel besser zu Einigungen kommen und Entscheidungen kommen, wenn wir unseren Körper dabei benutzen. Probiert das einfach mal aus. Verwandelt mal irgendein Meeting in einen Telefonat-Spaziergang oder in einen richtigen Spaziergang.

Hans Rusinek: Ihr werdet merken, es macht einen gigantischen Unterschied. Es denkt eben nicht nur in unserem Kopf, sondern in unserem Körper. Und die Wissensarbeit braucht unseren Körper. Und wenn wir die ganze Zeit eingeklemmt vor Bildschirmen sind, dann macht das was mit unserem Wissen. Das ist eine Sache. Also die Output. Und kurz,

Zackes Brustik: auch wenn ich da rein darf, also das was du ganz am Anfang gesagt hast, wie wichtig Praktiken und Handlungen sind. Das heißt also wirklich das Einführen von wir verändern Meetings in vielleicht Meetings in den Bewegungen stattfindet, die außerhalb vom Meetingraum stattfinden ist also eine Praktik, eine ganz konkrete Haltung, die einen messbaren Unterschied auch darauf macht, ob wir gute Entscheidungen für unsere Nachhaltigkeitsstrategien treffen.

Hans Rusinek: Genau, genau. Kreativer, entschlossener und auch gemeinsamer. Also das ist auch eine interessante Perspektive. Ich bin, Als ich diese Beratung aufgebaut habe, da bin ich viel in Auswahlgesprächen eben gewesen. Und ich habe immer den Menschen gesagt, wir gehen jetzt spazieren, den Bewerberinnen. Die sind halt in unser Büro gekommen, das war auch wichtig, dass sie das sehen, so klar, klar. Aber dass ich die nicht dann in so einen fremden Raum einklemme, das ist super awkward. Und das führt nur dazu, dass sie am Schauspielern sind.

Hans Rusinek: Wenn du aber mit denen dann spazieren gehst, das war in dem Fall durch Berlin Mitte, dann entsteht eine ganz andere Bindung. Also erstens ist es so, mit der mit dem du spazieren gehst, mit dem kannst du auch gut arbeiten. Das ist einfach eine Bindungsstrategie. Und wir wollten uns ja auch durchsetzen gegenüber den Talenten, die wir gerne bekommen hätten oder bekommen haben. Da war das ein super Trick einfach, das ist viel mehr memorable, wenn du ein Meeting hast auf eine besondere Art. Das ist das eine. Und Das andere ist eben, dass sie viel weniger am Schauspielern sind. Weil wenn du dich darauf konzentrieren musst, nicht gegen eine Ampel zu laufen oder einen Laternenfall, dann bist du authentischer.

Hans Rusinek: Es treibt Authentizität wahnsinnig nach vorne, gemeinsam spazieren zu gehen. Es ist Bindung und Authentizität, die da auch noch reinkommt, neben dem Output-Faktor. Es ist einfach ganz logisch, dass unser Körper ein Teil unseres Arbeitens ist. Wir haben das in der Wissensarbeit komplett vergessen und haben ganz viele Zivilisationskrankheiten. Deswegen auch Depressionen, Rückenschmerzen et cetera. Es wäre also einfacher, da rauszukommen.

Zackes Brustik: Du hattest vorhin noch angefangen mit menschliche Intelligenz versus künstliche Intelligenz. Heißes Thema grade. Also, dein Take an Gen-AI und Nachhaltigkeit. Über was müssen wir nachdenken?

Hans Rusinek: Ja, genau. Ja, das ist was, wo ich Also, das ist grad das, wozu ich mein aktuelles Paper schreibe. Insofern muss ich aufpassen, dass ich jetzt nicht zu nerdy werde. Aber genau, ich schaue mir an, welche Chancen KI bietet im Hinblick auf sinnvollere und verantwortungsvollere Arbeit. Und es gibt die Chance, aber nicht unbedingt den Automatismus, dass wir durch die Verwendung von künstlicher Intelligenz uns wieder zurückbesinnen können auf unsere MI, unsere menschliche Intelligenz. Es ist nämlich schon interessant, dass wir es überhaupt künstliche Intelligenz nennen. Es gibt manche Forscher, die sagen, das ist ein Problem, dass wir das so nennen. Wir sollten es eher maschinelle Nützlichkeit nennen, weil intelligent im eigentlichen Sinne ist es nicht.

Hans Rusinek: Es sind stochastische Technologien. Also, Gen AI funktioniert auf Basis hochkomplexer Statistik. Unsere Intelligenz ist ja eine ganz andere. Also, wir sind dazu fähig, Empathie zu spüren, Reflexion zu spüren, Richtungsfragen zu stellen, warum Fragen zu stellen. Dass ChatsGPT schon vor einem Jahr in der Lage war, einen Wharton MBA, also einen sehr, sehr anspruchsvollen MBA, die Eingangsprüfung zu bestehen, Das hat uns überrascht, weil wir beeindruckt davon waren, wie stark die KI ist, aber ich finde viel überraschender ist doch, wie reflektionsarm solche Studiengänge geworden sind. Das heißt, wir brauchen in unserer Ausbildung ohne Ende Forschung zu viel, viel bessere Reflexionsfähigkeiten, gerade in der wirtschaftlichen Ausbildung. Also Menschen, die ein Wirtschaftsstudium beginnen, und ich bin selber einer gewesen, insofern erlaubt mir den Diss sozusagen, die sind nachgewiesenermaßen vor ihrem Studium schon wesentlich weniger altruistisch und verantwortungsvoll als alle anderen Studienbeginner. So, das ist ein Selektionsproblem.

Hans Rusinek: Und sie werden durch das Studium sogar noch weniger sozial. Das heißt, es gibt eine Selektion und ein Indoktrinationsproblem in der Ausbildung. Und dann kommt die KI. Die KI kann uns so viel maschinenartiges Denken, so viel Routinearbeit abnehmen und dann wird ein Raum frei. Und dieser Raum, der sollte genutzt werden eben zu Reflexion und zu Empathie und zu wirklich dem Verwenden von der Art von Intelligenz, die nur wir Menschen haben, nämlich Richtungsfragen, Sinnfragen, soziale Intelligenz, kreative Intelligenz einzusetzen.

Zackes Brustik: Was ich schon auch mit anderen Gästen gehört habe und das ist ein Problem ist natürlich, dass ganz viele Organisationen massiv halt durch die ganzen BWL-Studiengänge beeinflusst sind, wir für die komplexen Aufgaben, die es jetzt braucht und Zusammenspiele eigentlich mehr die sozialwissenschaftliche Perspektive oder Schulung unserer Führungskräfte bräuchten?

Hans Rusinek: Ja, absolut. Also ich meine, wie gesagt, ich darf das sagen, weil ich selber Ökonom bin, aber es ist erschreckend, es ist erschreckend, wie isoliert das ist. Jetzt bei uns in St.Gallen ist das so, dass ein Drittel der Credits, die du als Ökonom machen musst, außerhalb der Ökonomik stattfinden. Also das heißt, es gibt schon Versuche, dass wir das reflektionsreicher gestalten. Aber es gibt es zum Beispiel eine Studie dazu, die zeigt, dass, wenn du nur BWLer in einem Vorstand hast, dass das keinerlei Profitgewinn auslöst und nur einen wirklich messbaren Faktor hat, nämlich, dass mehr Leute rausgeschmissen werden. Es ist wirklich erschreckend. Aber was tröstend ist, dass ich das Gefühl hatte, ich hab auch mit DAX-Vorständen gearbeitet, diese Leute sind wesentlich sozialwissenschaftlicher, würde man sagen, in ihrem Auftreten, in ihrem Denken, als jemand im mittleren Management. D.h., die, die nach ganz oben kommen, haben diese Kompetenz, auch weil man sie braucht für gute Arbeit.

Hans Rusinek: So, aber jetzt noch mal mehr zu KI. Dieses ganze Number Crunching-Denken, was man in einem normalen BWL-Studiengang macht, das ist durch die KI sehr bedroht. Das ist was Gutes, ja. Da können wir uns dann nämlich wieder darauf konzentrieren, was wir mit dieser Arbeit eigentlich erreichen wollen. Das ist die MI, die menschliche Intelligenz. Gibt es intelligentes Leben auf diesem Planeten? Gibt es intelligentes Arbeiten im Büro? Kann man sich durchaus mal fragen. Und Ich glaube, wenn wir die KI als eine Co-Intelligence begreifen, die uns sozusagen ermöglicht, wieder mehr in eine menschliche Reflexionsfähigkeit zu kommen, dann wär das ein Riesengewinn. Genau, und es gibt viele Experimente, die dazu momentan ablaufen, dass das funktionieren kann, aber nicht funktionieren muss.

Hans Rusinek: Also, es kommt immer noch was.

Zackes Brustik: Du schließt dich zu Bogen zu dem, was du ganz am Anfang gesagt hast, Stichwort VR-Brillen, Technologie ist einfach erstmal nur Technologie. Und die Frage ist, nutzen wir sie für Pornografie oder nutzen wir sie dafür, eine lebenswertere Zukunft zu bauen? Das heißt hier bei KI natürlich eins zu eins das gleiche Problem.

Hans Rusinek: Absolut, absolut. Und dann vielleicht noch so als Nugget, als drittes gibt es nämlich noch die ÖI, die ökologische Intelligenz. Wenn ich dazu einen Workshop mache, dann lade ich die Menschen immer auf ein Gedankenexperiment ein. Stell dir vor, du bist in einer Turnhalle, die leer ist, aber da liegt eine Matte in der Ecke und oben ist ein Basketballkorb und Kram. So, und dann sind in der Turnhalle aber noch andere. Nämlich ist da eine Schlange, eine Maus, idealerweise weit entfernt von der Schlange, vielleicht noch eine Hummel und ja, lassen wir es erstmal bei den Tieren. So und was diese Tiere sehen in dieser Halle ist was ganz anderes, als das, was wir sehen. Also die Schlange spürt die Schwingungen von dem Gebäude zwei Straßenblocks weiter runter, weil die einen anderen Wahrnehmungsraum hat.

Hans Rusinek: Die Biene kann Infrarot sehen, die sieht ganz anders, was dort passiert. Und die Maus, die kann riechen, was für einen Sport vor zwei Wochen dort gemacht wurde. Das heißt, es gibt unglaublich viel Information, die durch unsere Welt fließt, auf die wir gar keinen Zugriff haben. Und das ist die Intelligenz der Natur. Das ist die ökologische Intelligenz. Und es gibt ein paar Forscher, die die Hoffnung haben, dass wir durch die KI auch wieder den Zugang finden zu so einer Form von Intelligenz, dass die KI uns helfen kann, die Sprache der Tiere zu übersetzen, dass wir verstehen können, was Noise Pollution eigentlich bedeutet für eine Fledermaus, dass wir die Bedürfnisse von Tieren mehr in Gesetzgebung oder in Politik gießen können. Denn das ist auch eine Form von Intelligenz. Es gibt nicht nur die maschinelle Intelligenz und die menschliche Intelligenz, sondern auch die Intelligenz der Tiere, die Wahrnehmung der Tiere.

Hans Rusinek: Wenn wir uns dieser nähern können, sind wir automatisch bei viel größerer Klimaverantwortung.

Zackes Brustik: Und nicht nur Verantwortung, du hast ja ganz am Anfang eben auch den entscheidenden Punkt gemacht, es geht ja nicht darum die Welt zu retten, sondern es geht darum die Ökosysteme zu zu erhalten und zu retten, die unsere Lebensgrundlage bilden, für unser Leben und für unsere Wirtschaft. Und selbst wenn man ein hartgesottener BWLer ist, für unseren Profit, ohne das geht es nicht. Und das heißt, dein Argument ist, durch eine gesteigerte ökologische Intelligenz, im besten Falle getrieben durch KI, weil vielleicht Maschinen eben Sensoren haben, die wir nicht haben, schaffen wir es, einen tieferen Einblick in diese Ökosysteme zu bekommen und sie so darauf einzuwirken, dass sie uns erhalten bleiben.

Hans Rusinek: Korrekt, ja super zusammengefasst.

Zackes Brustik: Okay, wow, wir hatten so viele Themen Hans und ich könnte Mutter noch weiter Fragen stellen, aber wir sind so über das übliche Zeitbudget von meinen Gewinne-Zukunft-Folgen schon weit drüber hinaus. Das heißt also nochmal zusammengefasst, du beschreibst verschiedene Typologien, die man als Nachhaltigkeitsverantwortlicher oder als Führungskraft auf dem Schirm haben muss, wenn man nicht in die gleiche Sackgasse geraten will. Gleichzeitig neun Veränderungsdimensionen, die einem helfen, wirklich zu schauen, wie unsere Nachhaltigkeitsziele und Strategien ganz eng damit zusammenhängen, wie wir in unseren Organisationen Arbeit gestalten oder auftreten, welche Praktiken, Handlungen wir ermöglichen oder nicht ermöglichen Und wie das zusammenfindet. Also unglaublich spannend. All das validiert durch wirklich tiefgehende Forschung. Also ich kann es jedem nur sagen und St. Gallen ist jetzt auch nicht nur irgendeine Uni. Wer sich hier wirklich feinsten Input gönnen will als Führungskraft oder Nachhaltigkeitsverantwortliche Person Werft einen Blick in das Buch Work-Survive-Balance.

Zackes Brustik: Ich verlinke es natürlich auch in meinen Show Notes. Es fließt unglaublich viel Spannendes mit rein aus den unterschiedlichsten Feldern von Innovationstheorie, aus der Praxis, in der Arbeit mit Unternehmen, aus der Wissenschaft. Richtig cool, dass du mit an Bord warst, Hans. Dein letztes Statement für all die Menschen, die da draußen gerade wortwörtlich daran arbeiten, ihre Unternehmen und die Welt zu verändern. Was wird dein Abschlussstatement, deine Abschlussbotschaft?

Hans Rusinek: Oh, große Frage, ja. Also Wir hatten ja ein bisschen darüber gesprochen, dass wir momentan so Backlash erleben. Ich möchte einfach nur alle ermutigen, nicht die Lust und die Freude an den Themen zu verlieren und sich nicht von Moden abhängig zu machen. Wir hatten eine wahnsinnige Modewelle, was CSA anging und Nachhaltigkeit in den letzten Jahren. Das war schön, das war eine tolle rauschende Party und wir sollten jetzt nicht nur weil die Party vorbei ist sozusagen das Feld verlassen. Also bleibt dran, lasst euch nicht unterkriegen. Time is on our side, könnte man mit den Stones sagen, denn die Veränderungen, die wir ökologisch erleben, die werden immer krasser. Und es wäre wirklich eine Schande und tragisch, wenn jetzt die Leute die Segel streichen.

Zackes Brustik: Time is on our side. Vielen Dank für das Statement. Krass, cool, dich an Bord gehabt zu haben. Es war mir wirklich ein Vergnügen. Das Buch liest sich genauso flott, wie sich diese Folge hoffentlich für euch angehört hat. Wenn ihr bis zum Schluss dabei wart, dann tut mir ein Riesengefallen, weil damit helft ihr wirklich der Mission von Gewinn der Zukunft unglaublich. Hinterlasst eine Sternebewertung in eurer Podcast App. Und wenn ihr bei Apple zuhört, dann scrollt runter dort, wo ihr Sterne vergeben könnt.

Zackes Brustik: Gibt es auch noch das kleine Feld, dass ihr tatsächlich eine Bewertung schreiben könnt. Hinterlasst zwei Sätze, wie euch diese Folgen bei eurer Arbeit helfen. Dann pusht das enorm den Podcast auf Apple Podcasts Und ich freue mich natürlich euch auf LinkedIn zu begegnen. Lasst uns da vernetzen und die Diskussion weiterführen. Soweit bis zur nächsten Folge. Schön, dass ihr mit dabei wart. Copyright

Hans Rusinek: WDR 2021

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