Aus Müll wird Rohstoff: Ökodesign-Verordnung & Kreislaufwirtschaft. I Mit Stephan Karle & Bernd Draser

Shownotes

Wie unsere Gesellschaft lebt, weiß Stephan ganz genau. Denn er entsorgt unseren Müll. Und er sieht auch am Müll großer und kleiner Industrieunternehmen um Stuttgart, wie weit deren Kreislaufstrategie bereits ist.

Allerdings würde er selbst nie von Müll sprechen, sondern von Rohstoffen. Das sieht Designexperte Bernd genauso. Denn ob Produkte später mal Müll oder Rohstoffquellen sind, das entscheidet sich bereits in der Designphase. Doch hier läuft aktuell noch sehr viel falsch. Oft nach dem Motto: gut gemeint, aber schlecht gemacht. Aber das will die EU mit der Ökodesign-Verordnung nun ändern!

Was du als Sustainability Profi wissen solltest, erklären beide Experten Podcast-Host Zackes Brustik:

✅ Warum die Kreislaufwirtschaft nur gelingt, wenn sie von Anfang bis Ende durchdacht ist.

✅ Welche Partnerschaften Unternehmen knüpfen sollten, die das ändern wollen.

✅ Wieso wir EU-Regulierungen wie die Ökodesign-Verordnung (ESPR) brauchen.

✅ Wo digitale Produktpässe hilfreich sind und wo nicht.

Für ambitionierte Sustainability Manager ist die ESPR, der Neuentwurf der Ökodesign-Richtlinie, ein weiteres gewichtiges Argument, dass sie ins Feld führen können, um endlich auch das Produktdesign und die Business Modelle des eigenen Unternehmens anzupacken. Denn durch die Ecodesign for Sustainable Products Regulation der EU gilt es bald in vielen bisher nicht betroffenen Branchen plötzlich auf Kriterien wie Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit zu achten.

Wer als Nachhaltigkeitsverantwortlicher vorab schon mal hören will, wie weit der Weg zur Kreislaufwirtschaft noch ist und worauf es dabei ankommt, der ist in dieser Podcast-Folge genau richtig!

Über die Gäste: Stephan Karle führt als geschäftsführender Gesellschafter ein Recyclingunternehmen in bereits dritter Generation. Karle Recycling ist ein vollumfänglich zertifizierter Entsorger und hat u.a. eine der Elektronik­schrott-Recycling­anlagen in Deutschland. Zudem ist er Bundesvize im BDSV Stahlrecycling. 🔗 https://www.linkedin.com/in/stephan-karle-227467267/ 🔗 https://www.karlerecycling.de

Bernd Draser ist Dozent für nachhaltiges Design an der Ecosign Akademie für nachhaltiges Design. Darüber hinaus berät er Unternehmen und sitzt im Beirat für den Bundespreis Ecodesign.
🔗 https://www.linkedin.com/in/bernddraser/

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Über Zackes Brustik und die Gewinne Zukunft Community: Gewinne Zukunft ist der führende deutsche Podcast für Nachhaltigkeitsprofis. Hier bekommst Du genau das strategische Wissen, die regulatorischen Updates und unternehmerischen Erfolgsbeispiele, mit denen Du für Deine Organisation den Unterschied machen wirst.

Vernetze Dich mit Podcast-Host Zackes Brustik! 🔗 https://www.linkedin.com/in/moderator-zackes-brustik/#

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Transkript anzeigen

Stephan Karle: Wenn wir so und so viele Produkte in den Markt bringen wollen, dann bedeutet das so und so viele zigtausend Tonnen Rezyklat im Jahr. Wo kriege ich die denn eigentlich her? Und die Recycling-Märkte, die in den letzten Jahren nicht entstehen konnten, weil eben das Geschäftsmodell nicht gegeben war, die braucht es jetzt plötzlich. Deswegen gibt es schon auch, und ich glaube, das ist auch ein Treiber der Automobiler, zu sagen, wir bieten in Zukunft eher Mobilität an als Autos, weil ich eben dann den Zugriff auf die Ressource, auf den Rohstoff behalte.

Bernd Draser: Das heißt, wir können als Unternehmen dort nirgends als Einzelkämpfer auftreten und sagen, ich bin jetzt alleine zirkulär, sondern es kommt eben immer auf die Partnerschaften an. Mit Stefan zum Beispiel zu sprechen darüber, wie können wir von der Rohstoffextraktion bis zur Rohstoffwiederverwertung eigentlich ein partnerschaftliches System aufbauen, das Ganze im Blick zu behalten. Da muss auch das Design immer früh mit dabei sein, mitzubedenken, wie man das einerseits funktional, andererseits ästhetisch umsetzen kann. Aber diese Partnerschaften sind vollkommen unerlässlich.

Zackes Brustik: In dieser Folge widmen wir uns mal wieder einem der dicksten Bretter jeglicher Nachhaltigkeitsstrategie, nämlich dem zirkulären Design. Und damit einhergehend auch einer Regulation, die zumindest für alle produzierenden Unternehmen und auch den Handel ab 2025 sehr relevant werden dürfte, nämlich die Ökodesignverordnung oder mit ihrem neuen Namen die ESPR, die Eco Design for Sustainable Products Regulation der EU. Warum ist das Thema so anspruchsvoll? Es bedeutet für euch, dass ihr nicht nur ein kleines bisschen Daten erfassen müsst, sondern in der Regel wirklich Businessmodelle ändern müsst, dass ihr euch intern die Abläufe disruptieren müsst und dass ihr sehr viele Menschen intern mit an Bord holen müsst. Und das nicht nur intern, sondern auch mit ganz vielen Stakeholdern außerhalb von eurem Unternehmen. Warum das für euch so relevant ist, wie er da vorgeht und wie es das Thema Kreislaufwirtschaft generell in Deutschland steht, das bespreche ich in dieser Folge mit zwei wunderbaren Experten. Einer geht ins Rennen als Philosoph mit der Metaebene und gleichzeitig als Designspezialist und der zweite ist in meinen eigenen Worten sozusagen Müllflüsterer. Er weiß, wie Deutschland entsorgt und wie es eigentlich entsorgen müsste. Er ist nämlich Recycling-Spezialist.

Zackes Brustik: Und damit herzlich willkommen bei Gewinne Zukunft, dem Nachhaltigkeits-Podcast der Pioniere und Professionals. Mein Name ist Zakkes und ich freue mich enorm, euch mit an Bord zu haben. Und wie immer freue ich mich wahnsinnig auf meine zwei Gäste heute und tatsächlich richtig klasse, sie in dieser Konstellation an Bord zu haben, weil sie zusammen tatsächlich die gesamte Bandbreite des zirkulären Designs in der Kreislaufwirtschaft abdecken, nämlich von ganz am Anfang bis zum Ende. Und ob es überhaupt den Anfang und das Ende gibt, Das werde ich mit ihnen beiden auch gleich noch diskutieren. Ja, als Müllflüsterer sozusagen, mit dem Einblick nicht nur in was bei uns in privaten Haushalten im Müll landet, sondern was tatsächlich bei den großen und kleinen Unternehmen im Hinterhof in der Tonne landet versus das, was in den großen Werbeversprechen an Kreislaufwirtschaft versprochen wird, Das weiß Stefan Kahle, Inhaber von Kahle Recycling, einem Entsorger mittlerweile schon in dritter Generation mit sechs Standorten in Süddeutschland, unter anderem eine der modernsten Elektronik-Shot-Recyclinganlagen in Deutschland und darüber hinaus auch noch Bundesvize beim BDSV Stahlrecycling. Das heißt, er weiß wirklich, was bei all diesen Unternehmen in der Produktion aktuell abläuft und was die Industrie bewegt, wenn es das Thema Kreislaufwirtschaft geht. Herzlich willkommen, Stefan.

Stephan Karle: Hallo, Zakkes. Freut mich.

Zackes Brustik: Und mit dabei als Design-Spezialist Bernd Draser. Er ist Dozent an der Ecosign Akademie für nachhaltiges Design, die tatsächlich während wir aufnehmen auf den Tag genau schon seit 30 Jahren Designer für nachhaltiges Design fortbildet. Also Die sind nicht gerade neu im Game, sondern kennen wirklich, wie sich das Thema schon über drei Jahrzehnte hin entwickelt hat. Und Bernd ist ganz speziell nochmal im Lead für das Thema Nachhaltigkeit bei der Akademie. Darüber hinaus aber auch als Konsultant in der Praxis unterwegs. Zum Beispiel APD, als Konsultant mit Messe- und Messebauern dazu, wie zirkuläres Messestand-Design aussehen könnte. Da ich früher tatsächlich mal nebenbei als Messebauer gechoppt habe, weiß ich, Holla die Waldwehen, das ist ein dreckiges Business. Da werden regelmäßig für Messen ganze Wälder vernichtet.

Zackes Brustik: Also mega gespannt, was er zu sagen hat. Er geht hier ins Rennen als Spezialist für die ESPR und hat auch noch sieben Kriterien für das Thema zirkuläres Design in petto. Moin Bernd.

Bernd Draser: Hallo ihr beiden, freut mich dabei zu sein.

Zackes Brustik: Ja, klasse, ich hab's gesagt, ihr habt wirklich zusammen von Alpha bis Omega den kompletten Blick auf das Thema. Das wird eine richtig coole Folge. Stefan, wenn ich mit dir anfangen kann, was ich spannend finde bei dir ist, ich habe ja in der Anmoderation gesagt, du bist Müllflüsterer. Findest du dich damit richtig getroffen? Und wenn ja, was begegnet dir in deiner Arbeit? Weil wie weniger hast du den Einblick, wie weit wir von dem Versprechen der Kreislaufwirtschaft ja entfernt sind. Wenn ich da rausgehe, ganz viele Industrieunternehmen reden in ihren Anzeigen, in ihren Kampagnen davon, wie kreislauffähig die Produkte sind und wie wichtig das Thema für sie ist. Du hingegen siehst nicht nur bei den Privatkunden, was im Müll landet und ob es dort getrennt ist, sondern du schaust ja tatsächlich in deinen Hinterhof von ganz vielen Produzierenden, Mittelständlern oder sogar großen Unternehmen in so einem Industriepowerhub wie Baden-Württemberg. Also was begegnet dir da im Gewerbeabfall und was sagt das über unsere Gesellschaft aus?

Stephan Karle: Viel lieber als Müllflüsterer würde ich mich als Rohstoffflüsterer bezeichnet wissen wollen. Aber ja, in der Tat, bei uns landet alles, was hinten rauskommt. Ich kann durch keine Fertigung oder durch keine Fabrik laufen, ohne in die Mülltonnen reinzuschauen und erkenne sofort, hat dort das Thema Kreislaufwirtschaft eine Relevanz oder nicht. Schau in die Müllfahrzeuge, mit denen das Altpapier bei uns in Stuttgart gesammelt wird. Das landet bei uns auf dem Hof. Und auch da, wie die Zusammensetzung dieser Papiertonne ist, gibt mir schon einen Eindruck davon, aus welcher Ecke von Stuttgart kommt das Altpapier. Sind da viele Pizza-Kartons drin und die Versandkartons? Oder ist da ein hoher Anteil an Zeitschriften, Spiegel und sonst noch was, Manager Magazin. Also da kriegst du mit dem Blick in die Tonne, kriegst du ein gutes Gefühl dafür, wo die Abfälle herkommen.

Stephan Karle: Und du hast gesagt, ich habe einen guten Blick in die Hinterhöfe Und bei uns in den Unternehmen laufen jedes Jahr knapp 400.000 Tonnen unterschiedlichste Abfälle über die Höfe. Und natürlich wundere ich mich schon, wir kämpfen jeden Tag wie gegen Windmühlen, möglichst viel dieser Rohstoffe, potenziellen Rohstoffe, eben in den stofflichen Kreis zurückzubekommen. Und tun uns an vielen Stellen eben da unheimlich schwer und die Anteile der Abfälle, die immer noch in die Verbrennung wandern, sind einfach viel, viel zu groß.

Zackes Brustik: Also über den quasi, was im Müll landet, kann man sehr viel über die Verursacher lernen, sozusagen. Man kann aus dem Müll lesen, wie die Gesellschaft tickt. Wie tickt sie gerade, Bernd, in Bezug auf Kreislaufwirtschaft?

Bernd Draser: Ach ja, ich glaube vor allen Dingen schnell. Sie tickt sehr schnell und ein bisschen zu schnell und vielleicht auch nicht ganz richtig. Wir haben viel zu viel Einwegprodukte oder solche, die viel zu kurze Lebenszyklen haben, weil wir vielleicht auch irgendwie das Gefühl haben, wir würden unsere seelischen Probleme dadurch lösen, dass wir uns etwas Hübsches kaufen. Das ist nicht notwendigerweise der Fall. Ich glaube, in den Mülltonnen kann man sehr gut sehen, dass wir sehr wenig Wertschätzung haben für die Ressourcen, die wir verbrauchen, für das, was dem Planeten entzogen wird, dann in Produkte und Dienstleistungen umgewandelt zu werden. Und das können wir, glaube ich, ganz zentral lernen. Uns fehlt diese Wertschätzung und auch einfach das Verständnis dafür, dass alles Material, was wir gebrauchen und dann wegschmeißen, ja irgendwo herkommen muss.

Zackes Brustik: Apropos Verständnis. Worüber müssen wir da reden? Weil die öffentliche Debatte geht ganz oft über den wiederverwertbaren Kaffeebecher, über dünne Plastikverpackungen in Endprodukten an der Gurke im Supermarkt und die Rolle, die ich damit spiele. Menschen, die viel machen wollen, sortieren mit viel Zeitaufwand ihren privaten Müll. Aber über welchen Müll müssen wir eigentlich oder über welche Rohstoffe müssen wir eigentlich reden, wenn wir tatsächlich als Gesellschaft zurück in die planetaren Grenzen wollen?

Stephan Karle: Es ist gut über alle Abfälle zu reden, aber natürlich macht es Sinn, sich auch anzuschauen, an welcher Stelle habe ich welchen Hebel. Wo entstehen die großen Abfallmengen, was sind die großen Abfallströme? Das sind in weiten Teilen mineralische Abfälle, das sind auch in weiten Teilen nach wie vor Produktionsabfälle und natürlich das Thema End-of-Life-Cycle, das dritte große Stück im Kuchen. Auf alle drei Dinge müssen wir schauen, aber da eben auch ganz maßgeblich auf die Bauindustrie, wie isoliere ich so ein großes Gebäude ab, wie kriege ich das am Ende energieautark, indem ich da die große dicke Kunststoffschicht außen drauf klatsche oder eben mit nachhaltigen, wiederverwendbaren Baustoffen arbeite. Also einfach schauen, wo sind die großen Abfallströme, die großen Mengenströme in Kilo, in Tonnen, in Kilo CO2 und dann kriege ich schon sehr schnell ein Gefühl dafür, wo sind die großen Hebel auch für uns in der Kreislaufwirtschaft.

Zackes Brustik: Bernd, wie ist das bei euch in der Designakademie? Also wo habt ihr den Schwerpunkt? Habt ihr den tatsächlich verursachergerecht gelegt oder interessiert eigentlich Designer eher eben ein sexy neues Smartphone zu designen oder die neue Recap, weil man dafür Aufmerksamkeit und viel Sexappeal hat, was jetzt als Designer angeht, während jetzt halt ein Gebäudedesign oder eine Wand oder neue Dämmmaterialien vielleicht nicht so spannend ist. Bevor Bernd auf diese Frage antwortet, gibt es wie immer in knapp 90 Sekunden ein für eure Arbeit als Sustainability Manager besonders spannendes Offering von meinem Werbepartner dieser Folge, SpiroDias. Beim Nachdenken über kreislauffähige Produkte gibt es einen Hebel, den die meisten Nachhaltigkeitsmanager übersehen, sagt Renata von SpiroDias, nämlich das effektive und verlängerte Betreiben der Anlagen, die genau diese Produkte anfertigen. Der Instandhalter oder Werksleiter ist eigentlich einer der wichtigsten Verbündeten für Sustainability Manager. Renate muss es wissen, denn Spiro Dias arbeitet mit zwei der größten OEMs in Deutschland, aber auch zahlreichen Mittelständlern genau an diesem Thema. Zum Beispiel konnte ihr Team mit den Kölner Verkehrsbeträgen oder der Papier- und Kartonfabrik VARL durch das Einführen eines intelligenten Asset-Managements dank IBM Maximo enorme Effizienzen heben. Mit einem Weltslagerhersteller, der darüber hinaus die Aufarbeitung von Radsatzlagern ins Business-Model integriert hat, konnten sie sogar die CO2-Emissionen, den Energieverbrauch und den Wasserverbrauch jeweils über 90% senken. Wenn du also von reiner Erwartung ressourcenintensive Anlagen oder Maschinen mit Excel-Tabellen auf ein umfangreiches Enterprise Asset Management System wie Maximum Vexus, kannst du zum Beispiel vorausschauend warten, teure Auszeiten vermeiden oder bekommst einen genauen Einblick in die Energie- und Stoffströme.

Zackes Brustik: Besonders spannend dabei, die neu gewonnenen Daten liegen direkt in einem Sustainability Dashboard bereit und können so später für den ESG-Report weiterverwendet werden. Mehr über das Potenzial intelligenter Instandhaltung und zahlreiche Cases weiterer Mittelständler findest du bei SpiroDias oder bekommst du direkt bei Renata auf LinkedIn. Klick einfach auf beide Links in den Show Notes. Oder interessiert eigentlich Designer eher eben ein sexy neues Smartphone durch zu designen oder die neue Recap, weil man dafür Aufmerksamkeit und viel Sexappeal hat, was jetzt als Designer angeht, während jetzt halt ein Gebäudedesign oder eine Wand oder neue Dämmmaterialien vielleicht nicht so spannend ist. Also schießen wir da als Gesellschaft an den wichtigen Hebeln vorbei?

Bernd Draser: Ja, ich glaube durchaus, dass wir an einigen wichtigen und relevanten Punkten vorbeischießen, einfach aus Unkenntnis. Und Ich bin ja nun in der privilegierten Situation, nachhaltiges Design lehren zu dürfen. Das heißt, wir versuchen genau die Verantwortung des Designs immer schon zu realisieren, was es entlang der Wertschöpfungskette anrichtet. Wir sprechen heute auch ein bisschen über die Ökodesign- Verordnung Und in einer der Vorgängerregulierungen in der ersten Ökodesign-Richtlinie stand als kleine Anmerkung drin, dass etwa 80 % der ökologischen Impacts entlang der gesamten Wertschöpfungskette in der Entwurfsphase determiniert werden. Also dort, wo Designerinnen und Designer eben tätig sind. Und genau darin steckt übrigens auch die Verantwortung des Designs. Also nachhaltiges Design ist jetzt nicht irgendein Design, damit auch die Ökos ein bisschen basteln dürfen kreativ, sondern es geht darum, dass das Design sich wirklich auf die Faktenbasis stellt. Stefan sagte eben schon, der Müllkuchen, also über die Hälfte allen Mülls kommt eben aus dem Bau- und Infrastrukturbereich.

Bernd Draser: Alle sind ganz panisch über Plastikverpackungen, die vielleicht anderthalb Prozent insgesamt des Müllanteils ausmachen, ist also relativ irrelevant. Und der erste Schritt, an der Wertschöpfungskette entlang was Sinnvolles zu tun, ist erstmal sich die Fakten anzuschauen. Wo hat eine gestalterische Entscheidung einen Impact? Und Es geht eben im guten Design nicht nur darum, wie du sagtest, so Oberflächen aufzuhübschen und Leute dazu zu belabern, Dinge zu kaufen, die sie gar nicht brauchen.

Zackes Brustik: Und dann gibt es Unternehmen, die sich wirklich Mühe geben, auf kreislauffähige Produkte umzustellen in einem Bereich, in dem man die Produkte wirklich braucht. Und dann lassen einem die Kunden den Stich. Ich weiß, im Vorfeld hattest du ein extrem kurioses Beispiel oder eins, das zeigt, wie knifflig das tatsächlich ist.

Bernd Draser: Ein schönes Beispiel dafür, wo die Ästhetik dann tatsächlich trotz guter Kommunikation ein Hindernis ist, ist ein sehr prominenter Möbel, Büromöbelhersteller, der einen Stuhl komplett aus Rezyklaten hergestellt hat und darüber auch wirklich sehr trefflich kommuniziert. Und dennoch gibt es die meisten Reklamationen zu diesem Objekt wegen Unzufriedenheit mit den Farbverläufen, was jetzt bei einem Rezyklat einfach so ist, das schliert eben ein bisschen. Aber da sieht man eben, dass wir natürlich auch als Konsumenten bestimmte Vorbehalte haben, die uns auch darin hindern, wirklich darauf einzugehen, was dann wiederum Absatzmöglichkeiten stark begrenzt. Und da haben wir natürlich auch schlicht im Design die Aufgabe, eine Ästhetik der Wertschätzung auch für solche Produkte zu entwickeln und zu kommunizieren. Das ist also auf jeden Fall etwas, was am Anfang der Wertschöpfungskette passieren muss.

Zackes Brustik: Also spannend, das heißt einfach, Recycling Design hat diese leichten Schlieren drin und die Endkonsumenten denken, es ist ein Produktfehler und schicken den Stuhl zurück und wollen einen anderen Stuhl, der dann im Endeffekt genauso aussieht. Krass. Was gibt es denn sonst noch für Fehlansätze? Das war ja eigentlich ein gutes Beispiel, aber eins, was jetzt an den Endkonsumenten scheitert. Aber was gibt es denn sonst vielleicht für Fehlansätze, die nicht aufgehen, weil zum Beispiel dann das Design vielleicht cool ist, aber das Recycling nicht mitgedacht ist?

Bernd Draser: Oh ja, da gibt es natürlich, da sind die Beispiele Legion. Das sind insbesondere Entscheidungen wie Verklebungen und bestimmte Materialkomponenten miteinander zu verbinden. Überhaupt Materialmixe, die sind natürlich dem Recycling immer sehr abträglich. Deshalb ist eines der Gebote des Circular Design, bitte auf materiale Reinheiten achten und auch eben auf Materialien zu setzen, die nicht nur theoretisch recycelbar sind, sondern auch praktisch. Ja, wenn wir jetzt irgendwelche exotischen Stoffe einsetzen, biobasierte Kunststoffe, die aus Zuckerrohr oder Mais hergestellt werden, die sind auch nicht sonderlich ökologisch, aber auch im Recycling nicht immer zuträglich. Denn es gibt ja schon bestimmte Stoffströme, die sehr effizient funktionieren. Und für irgendeinen abgelegenen Stoff, der jetzt theoretisch rezyklierbar ist, bedeutet das nicht, dass er auch wirklich rezykliert ist. Das ist so ähnlich wie mit meinem Morgensport.

Bernd Draser: Ich könnte jeden Morgen Sport machen. Die Naturgesetze stehen nicht dagegen. Es wird trotzdem nie passieren. Und so ähnlich ist es mit vielen kleinen Stofffraktionen, die theoretisch natürlich rezyklierbar wären, aber es lohnt sich einfach nicht dafür, Infrastrukturen aufzubauen.

Zackes Brustik: Stefan, aus deiner Sicht, also was wären so typische Fehlschläge, wo du sagst, boah, da hat sich jetzt aber irgendeine Firma krass positioniert und für die Innovation selbst gelotet und du als Recycler oder Entsorger denkst dir nur so, meine Herren, hätte niemand mit mir gesprochen.

Stephan Karle: Die Automobilindustrie kannst du einmal in der ganzen Breite nehmen. Wir schauen bei den Produkten, sag ich mal, haben wir ja irgendwelche Öko-Labelings, wir schauen da aber auf den Verbrauch von Kilowatt oder CO2 auf 100 Kilometern und das ist dann das, was auf dem Auto drauf klebt, im Verkaufsraum. Den Impact von so einem Produkt, sag ich mal, im Lebenszyklus, den erfasse ich eben darüber nicht. Ich habe kein Gefühl dafür, was sind da für Rohstoffe verbaut. Sind das vielleicht schon Recycling-Rohstoffe? Welchen Anteil haben die Recycling-Rohstoffe in so einem Produkt? Und dann eben noch viel wichtiger, am Ende des Lebenszyklus, wie recycelnfähig ist so ein Produkt. Also ich sage mal, genau wie Bernd das eben beschrieben hat, wenn ich dann da eben, auf diese Kennzahl Verbrauch auf 100 Kilometern hin zu optimieren, Gewicht reduzieren und gehe da in den Leichtbau und mache was mit Verbundstoffen und hole 0, 2 kW die Stunde raus. Und am Ende habe ich einen Haufen von zusammengeklebten Haufen aus Kunststoffen und irgendwelchen vermeintlichen Mega Kokosfaserplatten, die in das Auto rein verklebt sind, die im Prinzip kompostierbar vielleicht wären, wenn ich die Kokosfasermatte jemals wieder bekommen würde. Und darum geht es eben genau, sich anzuschauen, wie ist der Impact von so einem Produkt über den gesamten Lebenszyklus hinweg.

Stephan Karle: Und da werden Entscheidungen eben am Anfang getroffen fürs Ende. Und klar, wir haben, also wir sind ja gerade…

Zackes Brustik: Also kurz, wenn ich das heraushöre, Carbon in Fahrzeugen für euch als Entsorger, ein riesen Problem, der dann wahrscheinlich sogar das Recycling von anderen wertvollen Stoffen verhindert.

Stephan Karle: Ja, also klar, Carbonfasern, die ja in Kunststoffen gebunden sind, karbonhaltige Bauteile, sind an und für sich schon praktisch nicht rezyklierbar. Sie sorgen aber dadurch, dass sie in aller Regel in Produkte eingeklebt oder verklebt sind, dafür, dass das gesamte Produkt schwierig wird, Snow Recycling überhaupt zuzuführen. Auch bei so Themen wie Carbon, Beton gehen bei mir die Fragezeichen über dem Kopf werden ganz hell. Das hat jetzt gerade einen Umweltpreis gewonnen, einen deutschen Umweltpreis. Und dann mit Argumenten eben, mit, jawohl, ich brauche weniger Überdeckung über dem Stahlbeton, brauche ich immer eine gewisse Überdeckung, ich kann Betonmenge einsparen, Ich arbeite an dem Lebenszyklus von so einem Bauwerk. Meistens geht das dann kaputt, wenn eben die Armierung rostet. Aber das sind total selten Beton, also stahlarmierte Betongebäude, die wegkommen, weil die jetzt kaputt sind, sondern meistens, weil die nicht mehr hübsch sind oder an der Stelle irgendwas anderes stattfinden soll. Und wenn dann eben heute Stahlbeton kommt, dann lassen den meine Kollegen und ich durch einen großen Betonbrecher durch.

Stephan Karle: Auf der einen Seite fällt ein sauberer, qualitätsüberwachter Baustoff, Bauschutt raus, den ich verwenden kann und es fällt unser Stahlbeton raus, der endlos häufig im Kreislauf zu führen ist. Gibt es seit vielen, vielen Jahrzehnten eine gut funktionierende Recyclingstrategie. Für Carbonbeton konnte mir noch keiner glaubhaft und gut erklären, da gibt es irgendwelche wilden Studien, die im Labormaßstab stattgefunden haben, wie ich diese Carbonfaser wieder aus dem Beton raus bekomme, also wie ich den Beton in einen guten Kreislauf geführt bekomme. Aber natürlich auch für den Carbon kenne ich Stand heute keine Kreislaufstrategie. Ich habe die schon mehrfach erfragt. Bisher ist sie bei mir zumindest noch nicht aufgeschlagen. Vielleicht, weil es ja viele Zuhörer endet, ändert dieser Podcast was dran. Spannend auch.

Zackes Brustik: Die haben also sogar einen Umweltpreis bekommen. Fragt sich natürlich, wer dann in der Jury saß. Auf jeden Fall kein Recycler oder Entsorger. So viel steht fest. Das wird sich vielleicht ändern, wird das Ganze durchdachter, Bernd, dank der ESPR?

Bernd Draser: Das sollte es tatsächlich werden. Also die Perspektive, dass es eben nicht nur beim Ökodesign eben nicht nur Elektrogeräte geht, wie die Regulierung das bislang getan hat, sondern alle Produkte, darf man sich da, glaube ich, sehr freuen. Insbesondere, also es gibt ja verschiedene Produktkategorien, die es geht, auch die Textilstrategie, die Teil dieses Prozesses ist, wird, glaube ich, einen großen Impact haben auf das, was wir heute so an Textilen und Fashion Geschäftsmodellen haben, mit sehr, sehr kurzen Nutzungszyklen und sehr problematischer Entsorgung, mit Retourenvernichtung. All diese Dinge gehören dort auch hinein. Also ich glaube der Textil- und Fashionsektor, das wird einer sein, in dem das am stärksten knallen wird. Also eine erweiterte Produktverantwortung dort ist schon heftig.

Zackes Brustik: Kurzer Einschub von mir für alle, die das Wort jetzt zum ersten Mal gehört haben. Also Öko-Design-Verordnung gibt es ursprünglich, glaube ich, seit 2005 oder 2006.

Bernd Draser: Richtlinie, war das?

Zackes Brustik: Richtlinie. Und bezieht sich auf das, was wir alle kennen, die Waschmaschine mit A oder A++++ oder Leuchtmittel mit einer bestimmten Effizienzklasse. Das wird jetzt auch übertragen auf andere Industrien und nennt sich dann ESPR, also Eco Design for Sustainable Products Regulation. Und ich glaube quasi, wie ist das, die Kommission hat es beschlossen, jetzt in 2024, der Rat muss es noch abnicken und ab 2025 wird das dann Ganze konkretisiert und dann tatsächlich auch relevant für Unternehmen und Mittelständler. Und einer der Bereiche, der bisher eigentlich tatsächlich sowas wie Wilder Westen war, ist die Fashion Industrie. Wir kennen das alle, die Bilder von, ich glaube, ist es die Atacama Wüste, bergeweise entsorgte Fast Fashion Oder ich glaube auch in dem einen oder anderen afrikanischen Land der ganze Strand voll. Ich glaube Senegal war es, ne? Mit Recycling Fashion, wo vorher ein schöner Strand war, jetzt einfach nur noch quasi voll mit entsorgten Klamotten aus Europa oder den USA. Also ändert sich für die tatsächlich was? Und das schon ab 25?

Bernd Draser: Die Regulation wird ja nach und nach eingeführt, also nicht alles auf einen Schlag. Insbesondere Ansätze wie Fiber-to-Fiber-Recycling, dass also das Garen wieder herausgeholt werden kann, das ist glaube ich für den Massenmarkt noch in weiter Ferne. Es beginnt mit den Retourenvernichtungen und mit anderen Kleinigkeiten in die Richtung und baut sich dann allmählich auf. In anderen Branchen, also auch die Kunststoffe, die sind nochmal dran, beispielsweise in der Kunststoffstrategie, die auch Teil dieses Prozesses ist, nimmt man beispielsweise mal die sogenannten Biokunststoffe unter die Lupe, weil dort auch bloß, weil es bio genannt wird, nicht alles besonders umweltfreundlich ist. Und auch das will die Kommission sich vornehmen, was auch wirklich dringend erforderlich ist. Aber es greift eben auch auf viele andere Produkte und insbesondere glaube ich, eine große Innovation ist, dass der digitale Produktpass dann auch jeweils sowohl für die Händler als auch für die Gebrauchenden, als auch für die Entsorgung bestimmter Informationen enthalten soll. Auch dort geht man nach bestimmten Produktkategorien vor. Es gilt bereits als erste Produktkategorie für Batterien, ich glaube seit letztem Jahr, seit 23.

Zackes Brustik: Noch mal zusammengefasst, vielleicht in 90 Sekunden. Also wer in Deutschland sollte als Unternehmer und Unternehmerin hellhörig werden, wenn man das Thema ISPR also hört?

Bernd Draser: Kurz und bündig alle Unternehmen, die etwas produzieren, was Produkte sind, die irgendwie in den Umlauf kommen in der Europäischen Union.

Zackes Brustik: Ein Stichwort, was gerade gefallen ist, ist der digitale Produktpass. Wie viel können wir uns davon versprechen? Zusammengefasst heißt das ja einfach nur, ich produziere ein Produkt und hinterlege digital, welche Rohstoffe da drin sind, in welcher Zusammensetzung und wahrscheinlich dann auch, sind sie verklebt oder nicht verklebt und all die Sachen, oder?

Bernd Draser: Ja, der digitale Produktpass ist ein relativ komplexes Produkt, wo auch noch nicht ganz klar ist, wie es für die einzelnen Produktkategorien jeweils aussehen soll. Die Rohstoffe sind tatsächlich ein Teil dessen, aber auch Gebrauchsanweisungen, Montieranleitungen für die Konsumentinnen sollen eben auch mit dabei sein. Man überlegt auch, inwiefern man die Lieferkette und Lieferkettenverantwortung darin abbilden kann, dann wirklich die Scopes durchzulaufen und zu schauen, was woher kommt. Es ist also ein sehr komplexes Geflecht, wo man sich noch für die einzelnen Produktkategorien sehr genau überlegt, was das sein könnte. Ich habe gerade im letzten Semester zu dem Thema eine Masterarbeit betreut, zu einem realen Produkt aus dem Fashion-Bereich, wo der digitale Produktpass eben nicht nur dazu dient, Rezyklier- und Rückgabedinge zu organisieren, sondern auch tatsächlich dem Kunden dann eigene Reparaturen zu ermöglichen an dem Produkt und andere Gebrauchsmöglichkeiten zu zeigen, sodass der digitale Produktpass nicht nur eine lästige Pflicht ist, sondern auch Teil des Business Case wird, wo man eben starke Kommunikation und weitere Services unterbringen kann.

Zackes Brustik: Jetzt für so ein, ich sag mal, Produkte wie Kugelschreiber, vielleicht ein T-Shirt, kann ich mir das noch anspruchsvoll, weil über die ganze Lieferkette gedacht, vorstellen, aber machbar. Wenn ich mir das jetzt vorstelle für zum Beispiel ein Fahrzeug, Katastrophe, oder Stefan? Also rechnest du jemals damit, dass tatsächlich bei dir irgendwann mal ein Fahrzeug mit dem dazugehörigen digitalen Produktpass am Ende des Lebenszyklus eingeliefert wird und du weißt, ah toll, das sind die Materialien, so ziehe ich sie raus?

Stephan Karle: Deine Frage zu beantworten, ob ich mir das für ein Auto vorstellen kann, ja genau da kann ich es mir vielleicht sogar vorstellen. Das ist ja ein gutes großes Stück Abfall. Da kann ich tatsächlich sagen, baue ja von mir aus Fahrgestellnummer und dann kriege ich den digitalen Produktpass gezogen. Für so einen Container voll mit Altklamotten wird das schon wahrscheinlich ein bisschen anspruchsvoller. Ich bin ein Fan des digitalen Produktpasses, da wo es uns hilft, den Lebenszyklus von Produkten zu verlängern und wo es den Konsumenten hilft, wenn sie es denn interessiert, erkennen zu können, welchen Impact oder welche Rezyklierbarkeit es für das Produkt hinten raus eben auch gibt. Weil Alles, was du gerade gesagt hast, bin ich ein riesen Fan davon. Aus welchen Rohstoffen ist das hergestellt? Sind das schon verantwortungsvolle Rohstoffe mit guter Herkunft? Ist das Produkt am Ende auch gut reparierbar? Ja, ich werde es im privaten jetzt gerade mal testen. Ich habe eine Waschmaschine eines deutschen Herstellers, die letzte bei meiner Mutter, hat locker 40 Jahre durchgehalten und meine macht jetzt gerade nach 15 Jahren schlapp.

Stephan Karle: Ich will die aber nicht wegschmeißen. Wir schauen mal, was die Reparierbarkeit dahergibt. Das ist alles top. Am Ende muss aber die Nagelprobe für ein Produkt sein, ist es denn auch kreislauffähig? Alles, was wir vorher machen, was den Impact von so einem Produkt reduziert, ist mega. Weniger CO2-Ausstoß in der Produktion, im Gebrauch, Reparierbarkeit, Verlängerung des Lebenszyklus, ist alles top. Reduce, reuse, am Ende recycle. Ich sage das immer wieder, ein guter Freund von mir ist Apotheker und wenn ich zu dem in die Apotheke komme und Hallo sage und mir geht es aber gut, dann sagt er, mach dir keine Sorgen mich, am Ende kriege ich sie alle. Und Das Gleiche gilt für uns Recycler auch.

Stephan Karle: Verwende und repariere dein Produkt solange du möchtest, aber irgendwann landet es bei uns. Dann entscheidet sich, ob es von Bernds Kollegen so designt worden ist, dass ich das gut im Kreis geführt bekomme, ob ich die Verbunde gut aufheben kann, ist es geschraubt oder ist es geklebt, gibt es Demontageanleitungen. Wir haben vorhin einmal kurz das Wort Batterie gestreift, wenn du hattest nach einem Auto gefragt, wir kriegen inzwischen irgendwelche MyHybride, die da halt nicht dafür designt waren, irgendwann mal elektrifiziert zu werden. In solchen Fahrzeugen sind dann an drei, vier Stellen Batterien verbaut. Da sind wir stundenlang dran, bis wir allein die Batterien aus so einem Fahrzeug rauskriegen. Und weil du von Fehlentwicklungen sprichst, die Automobilindustrie ist natürlich ein wichtiges Verkaufsargument, ist immer der Preis, gerade in so Projekten wie, Das heißt dann ganz schick, Sell to Chassis, legt die Batteriezelle ins Chassis ein und vergießt das einmal mit Harz-Recycling-Fähigkeit dahin. Du merkst, es mir fehlen dann die Worte, wenn wir über so etwas als Trend sprechen. Und da frage ich mich echt, ich meine, Bernd ruft ja laut und Leute Bernd rufen laut.

Stephan Karle: Das ist ja keine Geheimwissenschaft, die wir da betreiben. Wir haben es gehört, heute seit 30 Jahren ist Bernd in dem Thema unterwegs. Und da frage ich mich, Bernd, was hält die Leute denn immer davon ab, das einfach mal gut zu machen? Also, weil bei mir kommt viel an, das nicht gut ist. Was hält die Leute denn ab?

Bernd Draser: Ja, das ist wirklich eine interessante Frage. Ich glaube, sehr häufig schlicht Unkenntnis der Fakten und Unkenntnis der gesamten Wertschöpfungskette. Ich glaube, das ist etwas, was in Unternehmen auch in den Entwurfsphasen einfach sehr, sehr viel früher bedacht werden muss. Ich weiß nicht genau, wie man das in viele Unternehmen reinkriegt, aber eben in der gesamten Wertschöpfungskette zu denken, dass die Ressourcen, die verwendet werden, irgendwo auf dem Planeten extrahiert werden müssen. Da kommt ja auch die soziale Dimension hinein. Die werden transportiert, die werden verarbeitet und dann erst fängt man eben an. Und ja, da bin ich auch ein bisschen ratlos und staune auch darüber, wie naiv man doch immer wieder rangeht. Häufig in Unternehmen heißt es, das haben wir schon immer so gemacht und das hat doch bislang funktioniert.

Bernd Draser: Da ist die Innovationsfreude, glaube ich, hierzulande relativ gering, auf Risiko, Experiment und Innovation zu gehen. Aber das scheint mir eher eine psychologische als eine gestalterische Frage zu sein.

Stephan Karle: Am Ende dann eine logische Konsequenz, dass der Gesetzgeber sagt, wenn ihr es nicht selber erkennt und freiwillig tut, dann muss ich es euch eben mitgeben. Ich hatte ja vorhin gesagt, für uns ist wichtig, dass wir die Absicherung haben, wenn wir große Summen investieren in Anlagentechnik, aus Abfällen Rohstoffe zu machen. Es ist für uns eben wichtig, dass wir wissen, dass es dafür auch einen belastbaren Markt hinten raus gibt. Und deswegen, wenn dann der Gesetzgeber loszieht und einerseits im Design dazu verpflichtet, kreislauffähig zu designen, Batterien eben entnehmbar zu fordern bei Produkten, aber andererseits eben auch Mindesteinsatzquoten von Rezyklaten fordert. Dann entstehen für uns eben die Rahmenbedingungen, hoffentlich verlässliche Rahmenbedingungen, die notwendigen Investitionen in die Transformation auch zu tätigen.

Zackes Brustik: Ich würde gleich abbiegen in das Thema Business Design Disruption und warum das so herausfordernd ist zirkulär tatsächlich marktfähig zu machen. Vorher noch eine kleine Vertiefung. Bist du zufrieden mit der Regulation oder was bräuchte es eigentlich, damit das aus deiner Sicht aufgeht? Also sagst du, das Thema kriegen wir tatsächlich nur mit Regulation in den Griff, endlich kommt die Verordnung?

Stephan Karle: Ich will zwei Antworten darauf geben. Die erste ist, ich glaube, wir brauchen zunächst mal eine Regulation. Wir haben uns jetzt ganz viel darüber unterhalten, wie Produkte verantwortungsvoll designed werden müssen. Ich glaube, wir brauchen schon auch nochmal den Blick darauf, welche Produkte braucht es überhaupt. Also nicht, wir haben vorhin über die Textilbranche gesprochen und die blinken inzwischen und die machen warm und bei uns sind Büstenhalter mit blinkenden LEDs aufgeschlagen und Turnschuhe und sage ich mal, ja diese Waves, ja diese Einweg-E-Zigaretten gehen ja sind ja im Moment in aller Munde. Die Dinger zünden uns die Betriebe an, die Buden an. Du findest fast keinen Recyclingbetrieb, in dem es in den letzten zwölf Monaten nicht gebrannt hat. Jeder, der nebenher mal den Browser auf hat, möge Feuer- und Recyclinganlage eingeben.

Stephan Karle: Da gibt es richtig gute Trefferquoten. Und also ich glaube, wir brauchen natürlich einerseits eine Regulatorik, die Hersteller in die Verantwortung nimmt, wirklich in die Produktverantwortung nimmt für den Quatsch, den sie herstellen. Oder am Ende auch, wir haben vorhin gesagt, ja, da gibt es auch oft ist es der Handel, da sitzen die Hersteller eben nicht in Europa. Das sind irgendwelche Importeure, die containerweise aus Fernost und Asien die Produkte ins Land holen, uns an den Kiosken in die Welt rausschlagen. Ich glaube, da braucht es tatsächlich auch Verbote. Nicht jedes Produkt brauchen wir wirklich.

Zackes Brustik: Mega spannend, weil eigentlich müsste man ja sagen, spannendes Thema, Autobatterie-Recycling, weil das ja in der Menge einfach Potenzen größer ist als die kleinen Batterien, die in E-Zigaretten verbaut sind. Aber schwieriger löst man das mit den E-Zigaretten, weil du gesagt hast, E-Zigarette oder Cruise-Postkarte, wenn das bei dir im Betrieb ist und den Betrieb abfackelt, ist der Schaden deutlich größer. Und natürlich hast du Recycling gestoppt. Der Effekt von so einer Mini-Batterie enorm und das Spannende ist, ich glaube die EU hat sogar quasi als Vorgabe gegeben, schnell darauf reagiert, löblicherweise, und hat gesagt, diese Batterien müssen entnehmbar sein, nur macht das halt niemand. Also welcher Endkonsument hat diese Vape in der Hand und bevor er sie in den Restmüll schmeißt, denkt er so, ah ich nehme die Batterie raus und bringe sie zum Einzelhandel, an die Kasse. Macht ja niemand, oder? Das heißt eigentlich ein großer Fail vom Regulator.

Stephan Karle: Ist genau so. Ist ein großer Fail vom Regulator und ist aber auch natürlich ein großer Fail vom Konsumenten. Es ist so ein Doppelfail, sage ich mal. Aber am Ende sorgt es dafür, dass bei uns in der gesamten Wertschöpfungskette die Buden abbrennen. Und Ich sage dann gern mal, erst wenn die letzte Recyclinganlage abgebrannt ist, werdet ihr feststellen, dass Kreislaufwirtschaft nicht ohne Recyclingbetriebe funktioniert. Und das ist ein Riesenthema. Und ja, dann quasi der zweite Teil meiner Antwort, verantwortungsvolles Design. Das brauchen wir auch.

Stephan Karle: Über das haben wir jetzt eben viel gesprochen, aber du hast es gesagt, die Batterie aus dem Fahrzeug, die haben wir im Griff. Wir laufen ja auch nicht weg. Du hast gesagt, es geht Geschäftsmodelle und Disruption. Die Recyclingindustrie hat sich schon oft verändert, disruptiert, digitalisiert, transformiert, weil natürlich immer neue Abfälle auf uns zukommen. Und wir laufen davon nichts weg. Wir investieren große Mengen in moderne Technologien. Wenn du heute durch so meine Elektronikschrottrecyclinganlage läufst, dann denkst du, du bist in einer Fabrik und du denkst nicht, du bist auf einem Schrottplatz. Wir machen das immer dann, wenn wir wissen, wir haben ein verlässliches, gut funktionierendes Geschäftsmodell.

Zackes Brustik: Und das ist der Punkt, wo es spannend wird. Verlässliches Geschäftsmodell, weil du musst ja wissen, woran investierst du in welche Anlagen und da kommt es der Ball zurück und zum Thema Geschäftsmodell, Bernd, weil Stefan hat vorhin auch schon gesagt, Produkte aus Asien, Vapes, Megaprodukt, das ich sag mal jetzt in der Regel in China produziert wird, hier reingepusht wird, ganz großer Treiber, Temu, was gerade mit Temu an Müll in Europa landet, den wir uns freiwillig kaufen. Also da kann man nicht China quasi in die Schuhe schieben. Oder so Sachen wie Shein mit Fast Fashion. Also Amazon will jetzt auf Temo reagieren. Inwiefern ist einfach zirkuläres Design gar nicht möglich, solange du solche Wettbewerber im Markt hast, die mit Billigprodukten, die entsprechend designt sind, in den Markt drängen?

Bernd Draser: Naja, das ist schwierig dagegen anzustinken, muss man sagen, gegen diese Billigpreise und Billigprodukte. Und da hilft dann tatsächlich nur Regulation. Ob die Regulation immer mit Weisheit gesegnet ist, bis in den letzten Winkel der Regularien, das darf durchaus bezweifelt werden. Auf europäischer Ebene, aber insbesondere auch bei deutschen Umsetzungen, ist es so, dass man immer die Einzelfallregulierung im Blick hat, statt einfach konkrete Ziele zu setzen und den Unternehmen dann Pfade zu lassen, die zu erreichen. Das ist nicht immer sinnvoll, die Einzelfallregulierung vorzunehmen, Aber erst dann, wenn es wirklich einen gesetzlichen Rahmen gibt, der eine verpflichtet, sind Unternehmen ja dazu genötigt, Innovation zu betreiben. Niemand macht Innovation, wenn nicht etwas Bestehendes in Frage gestellt wird. Und deshalb mag ich auch diese Jammerathletik über die Regulation aus Brüssel und so weiter gar nicht so sehr. Man kann natürlich beklagen, wie schwer man es jetzt auch dadurch hat.

Bernd Draser: Auf der anderen Seite bringt das tatsächlich ein Klima von Innovationsnotwendigkeit. Wir innovieren eben nur dann, wenn es wirklich nötig ist. Und wirklich agile Unternehmen und zukunftsgewandte Unternehmen, die sehen darin eine Chance, dort möglichst schnell eine Marktführerschaft zu ergreifen und sind dann einfach so weit voran, dass andere ihnen dann auch folgen müssen.

Zackes Brustik: Hast du ein paar gute Beispiele? Du hast ja sieben Kriterien des zirkulären Designs in Pettobern. Für alle sieben ist der Podcast wahrscheinlich zu kurz, aber vielleicht mal ein paar Highlights draußen. Eins, was ich spannend finde, ist der Kriterien Nummer drei bei dir, ist vom Produkt zum Produkt Service Design. Gib kurz das Beispiel, dann habe ich eine kritische Nachfrage.

Bernd Draser: Ja, also zwei Beispiele vielleicht. Ein komplexes, ein Lichtensteiner Bohrmaschinen Hersteller hat auch ein wenig darunter gelitten, dass seine Objekte einfach so eine lange Lebensdauer hatten, dass sich das auf die Absatzmärkte ausgewirkt hat, also auf die Absatzzahlen und hat daraus eben ein Service-Modell gemacht. Das heißt, man kauft sich nicht eine Bohrmaschine, sondern einen Service. Das heißt, man hat jeweils die aktuellen Geräte zur Verfügung. Das hat für ein Unternehmen zur Folge, dass es eben nicht nur ein Produkt verkauft und dann die Wertschöpfung abgebrochen hat an der Stelle, sondern eben auch in die Gebrauchs- und die Nachgebrauchsphase hinein Anteil an der Wertschöpfung hat. Ein viel einfacheres Beispiel, Recap, das ist ja nun auch ein Product-Service-System, weil es ja eben auch die Rücknahmemöglichkeiten gibt, bevor das Ganze dann ins Rezyklieren geht. Und das hat im wesentlichen den großen Effekt, dass wir extrem ressourcensparend sind. Ja, das ist ein Polypropylen, wenn mich nicht alles täuscht, was dort verarbeitet ist.

Bernd Draser: Und das kann immer nach der Gebrauchsphase, wenn das hundert, tausend Mal verwendet wurde, kann es immer noch ins Recycling, ganz unproblematisch. Und das ist ein sehr schönes Modell, wo man eben sehen kann, dass man einen Weg durch einen klugen Service sehr gut aushebeln kann. Und ein Weg bedeutet halt immer, dass wir knappe Ressourcen nur in eine einzige Nutzung investieren, statt in mehrere. Das ist immer eine schlechte Idee.

Zackes Brustik: Meine kritische Nachfrage, das ist ja quasi weg vom Verkaufen, zum Sharen, zum Vermieten, zum Leasen. Und darüber reden wir, sagen wir ehrlich, in Nachhaltigkeitskreisen schon seit zehn Jahren. Und trotzdem scheint es eher so Einzelfälle zu sein. Oder unglaublich knifflig. Meine persönliche Erfahrung damit zum Beispiel, eins meiner Hobby ist einfach HiFi-Musik. Gute Qualität anhören und ich habe so wunderbare Kopfhörer von Bang & Olufsen und dachte geil, ich habe die geilsten Kopfhörer, die Bang & Olufsen gerade bieten kann und war glücklich auf Jahre hinaus. Der Kopfhörer ist so gebaut, der würde auch noch mal zehn Jahre halten. Ich hab den Fehler gemacht, vor einer Woche auf die Webseite von B&O zu gucken und hab gemerkt, Mist, die haben einen noch geileren Kopfhörer rausgebracht, beworben mit der nachhaltigste Kopfhörer, den wir je produziert haben, weil du das Polster tauschen kannst, die Batterie tauschen kannst und die digital neue Softwares rein spielen wollen, denke ich mir, ja super.

Zackes Brustik: Aber ich müsste meinen eigentlich noch funktionierenden Kopfhörer damit loswerden und wenn ich dann den neuen habe, weiß ich spätestens in drei Jahren, kommt der noch bessere Kopfhörer. Also das heißt so dieses, ich bewerbe ein Produkt erst nachhaltig, weil es modular ist, geht ja nicht auf, wenn ich einfach in regelmäßigen Abständen den Kunden mit einem noch geileren Produkt locke. Ich sehe schon, Stefan nickt heftig.

Stephan Karle: Jein, zack ist die gute Nachricht. Ich meine, deine Hörer sind ja auch irgendwie in so einer Bubble und da gibt es wirklich gute Geschichten. Bei uns hier in Baden-Württemberg zum Beispiel, es gibt ja praktisch geplante Obsoleszenz-Wasserzähler. Da ist klar, die haben einen Eichzeitraum und die müssen irgendwann getauscht werden. Jetzt kann ich natürlich losziehen und kaufe mir einen Wasserzähler und kaufe mir eben dann nach fünf Jahren einen neuen Wasserzähler und bringe den alten zum Schrotthändler. Der Marktteilnehmer hat jetzt gesagt, du kriegst von mir alle fünf Jahre einen Wasserzähler und ich designe meine Wasserzähler eben so, dass ich die überholen kann, dass ich die einmal mit einer, ich messe die Messeinheit einmal durch, spüle das Ding einmal, entkalke und dann kann das Ding wieder verfünftigen. Das ist massives Messing, was soll da dran sein? Und dann geht das Ding raus. Also da gibt es schon gute Geschichten.

Stephan Karle: Eine gute

Zackes Brustik: Geschichte, aber bei einem, Ich will nicht despektierlich klingen, aber bei einem designtechnisch oder recyclingtechnisch wahrscheinlich sehr simplen Produkt.

Stephan Karle: Ja, genau. Wir wollen ja schon auch sagen, dass es sich lohnt, nicht nur auf die Regulatorik zu warten, sondern selber gute Ideen zu haben. Nimm das Thema Fenster. Ich kann, wenn ich ein Gebäude baue, natürlich Fenster verkaufen. Ich kann aber auch eine geschlossene Fassade verkaufen. Ich sage, was soll dein Lichteinfall sein und so weiter, das willst du auf und zu machen und dann liefere ich diese geschlossene Fassade, Das kostet dich Betrag x im Jahr. Ich halte dir das in Stand. Ich gucke, dass da noch eine gute Verschattung davor ist.

Stephan Karle: Und wenn dann dieses Gebäude eben in 20 oder 30 Jahren eine neue Nutzung erfährt, die Gebäudesubstanz vielleicht stehen bleibt, das ist auch was, was wir hier in Stuttgart jetzt immer mehr erleben. Die großen Beton-Bürogebäude werden einmal auf Rohbaustandard zurückversetzt, dann holt er eben sein Fenster zurück, überholt, verwendet vielleicht die Winkel daraus, das Profil, die Einglasung, schaut sich das eben an. Im Bereich Brandschutztüren oder so funktioniert das. Die brauchen wir inzwischen in jeder Schule überall. Wir machen hier in Feuerbach, in Stuttgart wird gerade eine Schule abgerissen. Da sind vor wenigen Jahren neue Brandschutztüren reingekommen. Der Hersteller kann die einfach zurücknehmen, checkt die einmalweisig durch. Da ist immer seitlich ein Glaselement dran, das diese Standardtüre auf den Flur passend macht.

Stephan Karle: Ich glaube, da gibt es schon viele Stellen, Geschäftsmodelle. Und ja, da lohnt es sich. Da muss ich über den Tellerrand rausdenken, aber da gibt es Geschäftsmodelle, wo was Neues entsteht, muss ich unbedingt, also schon die Ecke denken.

Zackes Brustik: Da würde ich kurz hin anfügen, Super cooles Beispiel, weil wir am Anfang gesagt hatten, Baubranche mit der heftigste Verursache. Da gibt es wirklich coole zirkuläre Ansätze, ganz prominent in Süddeutschland beim VfB, bei der Stadionrenovierung. War ein cooles Startup, denen ich immer gerne Props gebe, weil die hervorragende Arbeit leisten, Concula. Die machen Kreislaufwirtschaft für die Bauwirtschaft. Ich glaube, die sind dann durch das Stadion gegangen, haben verschiedene Elemente gescannt, wie die Sitze, Türrahmen, Toilettenwände sogar und dergleichen, Treppen und haben die auf eine Plattform gesetzt und viel davon dann quasi weiterverkaufen können. Ein cooles Beispiel, was du mir auch vorher erzählt hattest, Stefan, im Vorgespräch, war ja, dass ihr gerade auf dem Hof für den Neubau Fenster stehen habt und weil die Fenster schon da waren, der Architekt das Gebäude die bestehenden Fenstergrößen baut, als das Gebäude zu bauen und dann die passenden Fenster zu suchen. Also so rum kann man das auch denken. Das heißt ja aber, dass Designer vielleicht erst mit Stefan reden müssen, zu gucken, welche Rohstoffe gibt es, was gibt es auf der Plattform, welche Elemente gibt es und wie baue ich mein Produkt außen rum.

Zackes Brustik: Macht das das Ganze anspruchsvoller, Bernd? Also sind die Ressourcen da, dass Designer überhaupt quasi sagen können, ich nehme mir die Zeit, die Personenstunden, zu gucken, welche Rohstufe es gibt und mit dem Recycler zu reden?

Bernd Draser: Ja, also wie Karl Valentin sagte, Kunst und das gilt auch für Design, ist zwar Sehr schön, macht aber auch viel Arbeit. Und wer ein guter Designer sein will, muss sich natürlich auch in die Ressourcenfrage einarbeiten. Das hilft ja nichts. Das gehört zur Professionalität dazu. Also das Vorhandene zunächst einmal zu verstehen. Was ist da? Die Problemlösung zu verstehen. Das heißt, was muss ich erreichen? Das gehört meines Erachtens und das ist auch meine Auffassung von nachhaltigem Design, einfach die Kernverantwortung und auch die Kernkompetenz. Das muss man sich schon reinziehen.

Bernd Draser: Also Design, was einfach nur hübsche Dinge machen will. Sexing up surfaces, wie man auf Englisch sagt, Das kann es ja wohl nicht sein. Das produziert dann nämlich genau die Abfälle, die kein Mensch braucht, die allerdings auch kein richtiges Bedürfnis lösen. Die lösen Probleme, die keiner hat.

Zackes Brustik: Und mit wem müsst ihr in, also jetzt aus Design-Sicht gesprochen, weil wir hatten es ja gerade, meine These war gar nicht so einfach tatsächlich, A, das eigene Business-Modell zu disruptieren, So wie du es gerade erzählt hast, der Baumaschinenhersteller, der sein eigenes Business-Modell mit einem neuen Modell disruptiert, vorbildlich. Aber die Autoindustrie, weil die heute immer wieder stattfindet in dieser Folge, massiv daran gescheitert. Also im Sharing-Markt sind alle Autohersteller zurückgetreten. Ganz viele große Sharer, die es in Deutschland gab im Free Floating Service, waren Automotive getrieben, von den Automotive getriebenen ist kein einziger mehr im Markt. Die einzigen erfolgreichen haben, faszinierenderweise, keinen Automotive Hintergrund, wie zum Beispiel Miles und andere Anbieter. Also wie, haben Designers es super schwer quasi einfach wirklich mit den Business-Strategen im Unternehmen zu reden oder sind da die Beharrungskräfte einfach so groß?

Bernd Draser: Ja, Das hat viel damit zu tun, wo Design in Unternehmen häufig noch angesiedelt wird, nämlich die Endauf-Hübscher. Das Design ist dann sozusagen die finale Vorgebung, nachdem ein Produkt komplett entwickelt worden ist, wo diese Design-Fragen einfach nicht mitgedacht werden. Und man sieht das übrigens auch ganz gut an Unternehmen, die also design-driven sind, die den Design-Mittelpunkt deutlich stärker in den Mittelpunkt rücken, die sind produktiver und innovativer. Das heißt also, dass Design möglichst früh in diese Prozesse einzubinden, kann genau dafür sorgen, dass solche Fails nicht passieren. Und da muss man auch wirklich sich immer überlegen, was sind denn eigentlich die tatsächlichen Bedarfe unserer Zielgruppen? Das wird auch viel zu wenig gemacht. Erst mal einfach auf den Markt geschmissen, dann guckt man, was passiert. Und Da ist auch so ein bisschen das Problem, dass wir sehr viel Verantwortung tatsächlich bei den Konsumentinnen und Konsumenten abladen. Auch kreislaufwirtschaftlich, am liebsten soll jede Küche eine eigene Müllsortieranlage werden und so weiter.

Bernd Draser: Ich glaube, da wäre sehr gut, wenn wir ein bisschen von der Verantwortung von den Schultern von den Verbrauchern nehmen und vorverlagern würden in die produzierenden Unternehmen. Auch kreislaufwirtschaftliche Fragen und eben auch nicht nur die Gebrauchsphase im Blick haben. Du hast gerade das Auto erwähnt. Ja, wenn wir Autos und die Nachhaltigkeit von Autos immer nur daran bewerten, wie viel CO2 sie pro 100 Kilometer emittieren, dann sehen wir nur einen Mini-Ausschnitt dessen, was der ökologische Impact eines Autos ist. Was ist die Produktion eines Autos im Vergleich zum Fahren eines Autos? Da steckt natürlich viel mehr Ressource drin.

Zackes Brustik: Stefan, du wolltest vorhin schon, als ich meinen Einwurf hatte, protestieren, glaube ich.

Stephan Karle: Ja, ich bin ja so ein hoffnungsloser Optimist und ich glaube, es gibt schon auch noch mal einen anderen Treiber, der solche Geschäftsmodelle entstehen lässt. Auch da hilft uns die Regulation nämlich genau dann, wenn es darum geht Mindesteinsatzquoten von Rezyklaten zu erfüllen, dann stellen die Produzenten, das passiert mir gerade schon, stellen die plötzlich fest, die rechnen dann mal kurz hoch und schauen sich den Recyclingmarkt und den Rezyklatmarkt an und sagen, okay, wenn wir so und so viele Produkte in den Markt bringen wollen, dann bedeutet das so und so viele zigtausend Tonnen Rezyklat im Jahr. Wo kriege ich die denn eigentlich her? Und die Recycling-Märkte, die in den letzten Jahren nicht entstehen konnten, weil eben das Geschäftsmodell nicht gegeben war, die braucht es jetzt plötzlich. Und deswegen gibt es schon auch, und ich glaube, das ist auch ein Treiber der Automobiler zu sagen, wir bieten in Zukunft eher Mobilität an als Autos, weil ich eben dann den Zugriff auf die Ressource, auf den Rohstoff behalte. Ich suche mir dann meinen Recycler aus, entwickle mit dem ein Recycling-Konzept und behalte aber auf diese dringend notwendige Ressource Rezyklat, Recycling-Rohstoff, den Zugriff. Das passiert tatsächlich. Bei mir stehen große Produzenten und Hersteller und fragen, wie das aussieht mit den Kunststoffen aus meinem Elektron-Elektronik-Schrott, den sie über viele Jahre nicht angeschaut haben, nicht haben wollten. Und plötzlich merken sie, wenn wir da irgendwelche Quotelungen erfüllen wollen, dann brauchen wir den Zugriff auf diese Materialien.

Stephan Karle: Und idealerweise und am einfachsten wäre es ja vielleicht, wir behalten den Zugriff auf unsere eigenen, weil dann wissen wir auch abseits von digitalen Produktpässen, dann wissen wir schon was kommt. Und natürlich wird es dann auch mega, wenn der Kreis sich auf der Ebene schließt, dann profitiere ich natürlich auch selber von gutem Design. Wenn diese Geschäftsmodelle entstehen und das wünsche ich mir sehr, dann wird Kreislaufwirtschaft besser funktionieren. Da bin ich überzeugt davon.

Zackes Brustik: Da höre ich jetzt ein Positiv und ein Kopfweh-Thema heraus, Stefan. Weil wenn ich mir vorstelle, wenn du so ein geschlossenes Ökosystem hast, mega sinnvoll. Also angenommen, ich bin Elektronikhersteller, mein Samsung Smart TV oder sowas und Samsung kommt jetzt zu dir auf den Hof und sagt so, hey, wir haben ein super cooles Design für unseren TV. Wir haben sogar ein Business-Modell, wo wir sagen, wir holen das beim Kunden wieder ab am Ende des Lifecycles, wenn er sich den nächsten holt. Keine Ahnung, nach dem Motto für dein neuen TV kriegst du eine Anzahlung auf den alten oder was auch immer. Dann bringen die den zu dir. In sich ein super funktionierendes System, was vielleicht sogar funktionieren würde. Aber für dich heißt es ja plötzlich, angenommen das machen alle, dann hast du bei dir irgendwie ein Stream für Samsung, einen für LG, einen für den, ich weiß nicht welche anderen Hersteller das gibt oder im Automotive einen für Audi, einen für Mercedes, einen für Porsche.

Zackes Brustik: Macht das ja unglaublich anspruchsvoll. Also in welche Richtung sollte es eher gehen? Standardisierung herstellerübergreifend oder sagen Sie, Hauptsache die Hersteller haben ihren geschlossenen Kreislauf?

Stephan Karle: Also Standardisierung würde natürlich helfen, aber auch Digitalisierung hilft uns da immens. Ich bin in Projekten mit Fraunhofer, wo wir uns mit dem Thema Demontage von Fahrzeugbatterien auseinandersetzen. Und die Systeme werden ja auch schlauer. Da guckt dann die Kamera mit KI auf so eine Batterie und sagt, ah okay, bei der Batterie sitzen die Verschraubungen also da, dann probiere ich es mal mit dem Werkzeug. Und das macht die dann mal, idealerweise irgendwann mit ganz vielen Batterien und lernt, ah, wenn diese Batterie wiederkommt, dann komme ich mit der Verschraubung nicht weit, weil die ist verklebt. Also muss ich da noch mit einem Laserschneider ran und so. Wie ich es dir vorhin gesagt habe, dieses Bild, das die Leute da draußen vom Schrotthändler haben, geprägt vom Tatort Sonntagabends, so weißes Unterhemd, Speisereste drauf, Dobermann an der rechten Hand. Das ist überholt, das ist eine total moderne, digitalisierte Branche und wir werden immer mehr der Versorger und sind immer weniger der Entsorger.

Zackes Brustik: Ganz schnelle Nachfrage, einen Mythos aufzuheben, weil das immer eins der Gegenargumente gegen Elektromobilität ist. Es ist immer ja die Batterie packt so viel seltene Erden, so viel Verschmutzung in der Lieferkette Und sie werden ja nicht recycelt. An der Stelle in eigener Sache ein paar Grüße an die Gewinne Zukunft Community. Ich freue mich mega, dass wir immer mehr werden und wachsen. Und ich denke mittelfristig werde ich der Community auch über den Podcast hinaus noch ein Zuhause geben, damit wir uns besser austauschen können zu den Themen, die euch in eurer Arbeit weiterbringen und mit denen wir unsere Unternehmen zukunftsfähig machen können. Bis dahin addet mich gerne auf LinkedIn, schickt mir die Themen, die euch weiterbringen, die euch im Podcast fehlen und lasst uns kräftig zu den Posts zur jeweiligen Folge diskutieren. Den Link zu meinem LinkedIn-Profil findet ihr natürlich in den Shownotes. Zackes, Prustik, ZACKES.

Zackes Brustik: Und noch eine kleine Sache, damit wir noch mehr werden, freue ich mich enorm über gute Bewertungen auf Spotify und Apple. Also einfach schnell in eurer Podcast-App runterscrollen, auf Spotify 5 Sterne vergeben Und wenn ihr zufällig auf Apple Podcasts zuhört, dann könnt ihr einfach aus der Folge reingehen, in den allgemeinen Podcast, Gewinne Zukunft, runterscrollen. Und dort, wo ihr die Sterne vergeben könnt, gibt es auch noch einen kleinen Button zum Bewerten und ihr könnt tatsächlich auch zwei, drei Sätze schreiben. Das hilft enorm im Ranking auf Apple Podcast. Danke euch vielmals und weiter geht's. Sagst du als Experte in dem Thema, Da können wir uns wirklich darauf verlassen, dass in den nächsten Jahren Autobatterien tatsächlich gut recycelt werden und im Kreislauf landen. In welche Richtung geht das?

Stephan Karle: Für die gibt es sicherlich zwei Strategien. Das Thema Second Life wird man sich anschauen müssen. Die Batterie, wenn sie eben dann zu uns kommt, demontieren, Zellen durchmessen. Wenn du nachher einen Batterieschaden in deinem Auto hast, das Auto ist acht Jahre alt, dann wird es wahrscheinlich keinen Sinn machen, dir da irgendwie für 6, 8, 10.000 Euro eine neue Batterie reinzubauen. Das heißt, in Nischenmärkten oder in der Nische wird es sicherlich einen Second-Life-Anwendungsfall geben. Aber ganz kurz, du hast mich nach der Recyclingstrategie gefragt und die beantwortet natürlich nur einen Teil deiner Fragen. Jawohl, wir sind soweit, wir bekommen die Rohstoffe, die in einer Lithium-Ionen-Batterie oder in den anderen Batterien, die da inzwischen von der Automobilindustrie verbaut werden, die bekommen wir in den Griff. Wir kriegen die stofflich recycelt, petrochemisch.

Stephan Karle: Das löst aber nicht die große Problematik, die die haben, bis die das erste Mal im Markt sind. Also ich sage mal, die Rohstoffe bleiben, problematische Rohstoffe, der CO2-Fußabdruck, den so eine Batterie hat, bis sie mal im Auto verbaut ist, der wird dadurch nicht aufgehoben. Und Es ist auch ein extrem aufwendiger Prozess. Also geteilte Antwort, ja, wir kriegen die Rohstoffe im Kreislauf geführt, das bekommen wir hin. Ob dadurch die Klimabilanz des Autos gut wird, wage ich massiv zu bezweifeln.

Zackes Brustik: Also der Cradle-to-Gate-Rucksack, also quasi die Emissionen, die zwischen Sourcing, Produktion, bevor das Auto ausgeliefert wird, entstehen, der bleibt nach wie vor groß. Bernd wollte da schnell rein.

Bernd Draser: Ja, in der Tat glaube ich, Das Second Life für Autobatterien ist gar nicht so erstrebenswert, deshalb, weil die Fortschritte in der Effizienz des Recyclings von Autobatterien so schnell sind, dass man in der Summe vermutlich weniger neue Ressourcen der Natur entziehen müsste, wenn man sie direkt recycelt und die Rohstoffe wieder in die Nutzung führt, als eine solche Autobatterie als Second Life erstmal noch für ein paar Jahre zu parken. In der Tat, End of Life ist hier nicht die Challenge, sondern genau dort, wo wir die Ressourcen für den Bau, für die Produktion der Batterie haben. Und allein die Lithiumreserven, die derzeit gefördert werden, wenn man das hochrechnet auf die Elektromobilitätsziele, dann hat das so ein bisschen was von Science Fiction, muss man sagen. Und tatsächlich steckt der massive CO2-Impact eines Autos in der Produktion, insbesondere eines Elektroautos. Deshalb ist es immer wirklich ganz schlimm, wenn wir uns nur auf die Gebrauchsphase fokussieren, wo wir arm und Konsumentinnen und Konsumenten sitzen und plötzlich sämtliche Lasten auf uns haben, statt sich anzuschauen, was passiert eigentlich entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Zackes Brustik: Deswegen den ganzen Lebenszyklus betrachten und zum Thema Batterien gibt es natürlich unglaublich viele Ansichten. Die Folge mit Jan Hegenberg, das ist die vorletzte Folge, glaube ich, Folge Nummer, ich muss schnell überlegen, 60. Genau, da gerne mal reinhören. Jan Hegenberg beschäftigt sich mit dem Thema auch immer sehr, sehr, sehr gerne. Von deinen sieben Kriterien des zirkulären Designs, was sind noch die wichtigsten für meine Profi-ZuhörerInnen?

Bernd Draser: Die meisten haben wir schon angesprochen. Materialwahl, den ganzen Lebenszyklus im Blick behalten, Product Service Systems, Reparierbarkeit, Demontierbarkeit usw. Das haben wir alle schon diskutiert. Ein ganz wichtiges Thema sind noch die Partnerschaften für Zirkularität. Das heißt, Wir können als Unternehmen dort nirgends als Einzelkämpfer auftreten und sagen, ich bin jetzt alleine zirkulär, sondern es kommt eben immer auf die Partnerschaften an. Mit Stefan zum Beispiel zu sprechen darüber, wie können wir von der Rohstoffextraktion bis zur Rohstoffwiederverwertung eigentlich ein partnerschaftliches System aufbauen, das Ganze im Blick zu behalten. Da muss auch das Design immer früh mit dabei sein, mitzubedenken, wie man das einerseits funktional, andererseits ästhetisch umsetzen kann. Aber diese Partnerschaften sind vollkommen unerlässlich.

Zackes Brustik: Tut sich da was? Anspruchsvolles Thema, oder? Als Stakeholder zusammenzukommen, Stefan, der Austausch. Ich finde, das ist ja immer auch eine meiner Kernthesen. Also wo Bernd seine sieben Kriterien des zirkulären Designs hat, habe ich sozusagen so meine sieben Thesen, was nachhaltige Unternehmer und Unternehmerinnen im Kern anders machen und eine meiner Thesen ist, dass sie es tatsächlich schaffen, nicht nur Up- und Downstream in der Lieferkette zu kollaborieren, sondern auch mit dem Wettbewerb zu kollaborieren, weil Nachhaltigkeit eben nur gemeinsam gedacht geht. Ganz anders als Digitalisierung oder so. Da kann man auch einfach mal noch im eigenen Labor hinwerkeln und die Wettbewerber ausstechen. Bei Nachhaltigkeit geht das nicht. Aber komplex, wer muss mit wem reden und wer redet noch nicht mit wem in der Realität?

Stephan Karle: Es sind noch zu wenige Geschichten tatsächlich, wo wir mit den Herstellern zusammensitzen. Die Geschichten, ohne Quatsch, die kommen immer mehr. Ich hatte kürzlich einen großen Kabelbaumhersteller bei mir sitzen, der mich gefragt hat, wie muss ich meinen Kabelbaum designen, dass er recycelingfähig ist. Dann habe ich ihn gefragt, wie viele Kabelbäume kommen denn zu mir? Und dann sind wir am Ende eben gemeinsam zum Ergebnis gekommen, ja wir haben so ein bisschen Produktionsabfall, aber am Ende wird sein Kabelbaum irgendwo in ein Auto verbaut sein. Sein Kabelbaum kommt wahrscheinlich als solcher gar nicht einzeln und singulär zur Entsorgung und haben erkannt, der größere Hebel für ihn ist tatsächlich mit guten Rohstoffen zu arbeiten. Also ich sage mal, in dem Fall gar nicht so sehr das Ende mit zu denken, sondern eben von vorne zu denken und zu schauen, dass mein Impact da klein ist. Und genau da macht es glaube ich Sinn, dass wir in den Austausch kommen miteinander, darüber nachdenken, wo sind wirklich die relevanten Hebel.

Zackes Brustik: Das unterstützt wie der Bernds These vom Anfang, dass 80 Prozent des Footprints in der Designphase entschieden werden.

Stephan Karle: Unbedingt, ja. Unbedingt. Das ist genau so.

Zackes Brustik: Welche, aber kannst du irgendwie so als Richtungsweisung zu meinen Zuhörern jetzt, egal wo die sitzen, im produzierenden Unternehmen oder im Handel und als Nachhaltigkeitsstrategen oder Designer das Thema zirkuläres Design angehen wollen, was sind gute Anlaufstellen, Netzwerke zu schaffen? Wie sollte man da vorgehen?

Stephan Karle: Könnte ja jetzt sagen, Bernd ist eine gute Anlaufstelle. Ich glaube, der hat das schon ganz gut verstanden. Ja, wir sind in Verbänden organisiert. Such dir den Entsorger deines Vertrauens die Ecke. Es gibt Bei uns in Stuttgart gibt es inzwischen runde Tische. Wir versuchen, das Thema Kreislaufwirtschaft, die Stadt versucht, das Thema Kreislaufwirtschaft nach oben zu heben. Wir haben in Baden-Württemberg jetzt im Bilden ein neues Cluster, das heißt Green Tech BW, wo eben genau die relevanten Teilnehmer der Wertschöpfungskette zusammenkommen und überlegen, welche Relevanz hat das Thema Green Tech für unser Bundesland und wer muss alles mit wem arbeiten. Und ich glaube, solche Formate entstehen praktisch überall.

Stephan Karle: Die Zeit, dafür muss man sich immer aus den Rippen schneiden. Zeit ist da irgendwie ein kritischer Faktor und nicht mit jedem Besuch entsteht auch ein guter Kontakt. Aber ich glaube, wir müssen tatsächlich raus aus unseren Büros und hinter unseren Schreibtischen raus und müssen uns vernetzen. Und da gibt es Angebote bei uns in Baden-Württemberg, das ist super.

Zackes Brustik: Genau das, was du gesagt hast, das hat auch Nadine Speidel in ihrer Folge gesagt, in der sie zusammen mit Matthias von ZF war. Sie meinte, sprecht einfach mit den Entsorgern bei euch die Ecke. Selbst wenn die euch nicht helfen können, wissen die genau, in welche Richtung es gehen muss. Also das scheint der einfachste Schritt zu sein, egal ob in Baden-Württemberg oder in Meck-Pommern. Bernd, wohin muss ich gehen, weiterzukommen? Hast du noch ein paar Tipps?

Bernd Draser: Ja, also für Designer gerade mit den Entsorgern zu sprechen ist wahnsinnig erhellend, weil so ein halbes Stündchen Gespräch kann schon wirklich sehr faszinierend sein über kleine anekdotische Dinge, beispielsweise die Farben von Kunststoffen, die die Recyclingquote erheblich beeinflussen können. So kleine Details, die man in fünf Minuten lernt, also mit dem lokalen Ansorger zu sprechen, ist eigentlich die Lebensweisheit Nummer eins. Dann gibt es in allen Bundesländern, glaube ich, oder zumindest die, die ich kenne, gibt es auch entsprechende Stellen von Landesseite, hier in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel die Effizienzagentur NRW, die sich intensiv mit Zirkularität beschäftigt und dort Mittelständler berät. Das ist immer eine sehr gute Adresse. Und die Verbände natürlich, wo man sich mit Konkurrenten austauschen kann, ob die nicht die gleichen Challenges haben. Das wird in der Regel der Fall sein. Also es gibt zahlreiche Gesprächsforen und Austauschmöglichkeiten, Konferenzen, wo man sich mal umhören kann. Da lohnt es sich wirklich, die Ohren in alle Richtungen aufzuhalten und neugierig zu schauen, was passiert denn da draußen.

Bernd Draser: Aber die Antworten liegen meistens sehr, sehr nah.

Zackes Brustik: Vielen Dank für euren Einblick in das Thema zirkuläres Design-Kreislauf-Wirtschaft. Sowohl vom Design her gedacht, als auch vom Ende her gedacht, nämlich das Recycling von den ganzen vielen wertvollen Rohstoffen, die unsere Gesellschaft täglich produziert. Danke Stefan!

Stephan Karle: Danke Zakkes, danke Bernd, war eine richtig tolle Runde. Vielen Dank euch beiden.

Zackes Brustik: Und danke dir Bernd!

Bernd Draser: Ja, vielen Dank euch, lieber Zakkes, lieber Stefan, das war äußerst kurzweilig.

Zackes Brustik: Und damit vielen Dank an die Community, dass ihr bis zum Schluss mit dran wart. Ich habe zum Thema Kreislaufwirtschaft noch ein paar andere richtig gute Folgen im Podcast. Nummer 1, unglaublich cool, das war der Aufschlag mit Hubert Romberg aus der Baubranche, der es geschafft hat, wie Stefan schon gesagt hat, in einer der dreckigsten Branchen der Welt überhaupt ein zirkuläres Design an den Start zu bringen und das Ganze auch noch wirklich mit digitaler Disruption gepartert, der von außen sein eigenes Unternehmen disruptiert. Also wenn ihr dazu nochmal hören wollt, wie das geht, hört euch Folge Nummer 1 mit Hubert Romberg an oder die grandiose Folge mit der Abfallexpertin Nadine Speidel und Matthias Gräber von ZF als Zulieferer, die es geschafft haben, bei sich in der Produktion tatsächlich wegzukommen, von für Abfall zu zahlen, hin zu für Rohstoffe Geld zu bekommen und tatsächlich einen signifikanten Betrag in den hunderttausenden von Euros dadurch jetzt plötzlich erwirtschaften. Also da geht richtig viel. Das ist die Folge mit Nadine Speidel und Matthias von ZF. Und ich hoffe, ihr abonniert Gewinne Zukunft bei euch in der Podcast-App, vernetzt euch auf LinkedIn mit meinen Gästinnen. Ich weiß, Bernd Draser oder Stefan Kahle sind auch im Netz zu finden.

Zackes Brustik: Wenn ihr Fragen habt, schreibt sie an. Ich packe die Links auch in die Show Notes und ich freue mich natürlich, wenn ihr mit mir auf LinkedIn diskutiert. Zack, ist brustig. Schickt die Anfrage raus, lasst mich wissen, welche Themen in die nächste Folge sollten. Danke!

Stephan Karle: SWR 2021

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