#63 So führt Nachhaltigkeit zur Wertsteigerung - was Mittelständler vom FC St. Pauli lernen können. I Gast: Franziska

Shownotes

Es ist eine Geschichte wie David gegen Goliath. Der FC St. Pauli schafft es in so einem durchkommerzialisierten Markt wie dem Profi-Fußball einen eindeutig nachhaltigen Weg zu gehen. Dabei deklassiert der Verein in Bezug auf Markenattraktivität sogar die Spitzenvereine der Bundesliga.

Doch nicht alles auf diesem Weg ist einfach. Der Werte wegen zum Beispiel auf das Geld von Wettanbietern zu verzichten reißt ein großes finanzielles Loch. Und das System Bundesliga setzt manche Limitierung. Wie gleicht die Organisation dies aus?

Hinter dem Erfolg stecken eine starke Kultur und klare Prozesse: von der großen Vision die Gesellschaft zu verändern über einen Vorstand mit hoher Nachhaltigkeitskompetenz bis zu den eng eingebundenen Fans/ Mitgliedern. All das produziert nachhaltige Wirkung, die sich transparent messen lässt. So ist der FC St. Pauli weltweit der erste Fußballverein mit einer Geimeinwohlbilanzierung. 2024 ist er sogar gleich an der Spitze des GWÖ-Ranking eingestiegen und bereits in Reichweite von Organisationen wie Greenpeace.

Franziska Altenrath verantwortet Strategie, Transformation und Nachhaltigkeit im Verein. In dieser Folge verrät sie Podcast Host Zackes, welche internen Strukturen den Unterschied machen:

✅ Was investiert der Verein an Ressourcen und Vollzeitstellen in Nachhaltigkeit?

✅ Welche Prozesse braucht es, um alle Maßnahmen zu bündeln?

✅ Wo steckt eigentlich der Footprint bei einem Fußballverein?

Freue Dich auf eine Geschichte, die Mut macht. Und auf eine Folge die Dich als Nachhaltigkeitsmanager oder Unternehmer:in mit wertvollen Einblicken und Anregungen versorgt.

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Franziska Altenrath: Also wir verzichten pro Saison auf einen mittleren sechsstelligen Betrag. Das kann man definitiv so sagen und das bezieht sich noch auf die auf die zweite Liga. Und das ist natürlich ein massiver Wettbewerbsnachteil, weil es eben leider doch so ist, dass im Fußball sehr viel Geld geht und Geld eben hilft, wenn man viele talentierte Spieler kaufen muss, dann erfolgreich Fußball spielen zu können. Aber wenn man dann wiederum an das denkt, nämlich dass wir als Marke eben schon länger Erste Liga spielen und immer relativ weit oben sind, dann zeigt sich ja eben doch, dass es auch tatsächlich wirtschaftlich Sinn macht.

Zackes Brustik: In dieser Folge erwartet euch ein höchst spannender Einblick in eine Organisation, die vieles anders macht als ihre Wettbewerber und sich dennoch in einem hochkompetitiven Heifischbecken behauptet, nämlich dem Profifußball. Der FC St. Pauli hat als oberste Mission nicht etwa die Bundesligaspitze, sondern die Gesellschaft zu verändern, mit dem Profifußball als Vehikel. Und das führt zu einigen unternehmerisch extrem spannenden Schritten, die wirklich anders sind als bei vielen der anderen Bundesligisten, wenn nicht gar einmalig. Denn wie balanciert man seine gesellschaftlichen und seine Nachhaltigkeitsziele mit einer gesunden wirtschaftlichen Basis aus, wenn man sich in so einem durchkommerzialisierten Markt wie dem Profifußball behaupten muss. Der FC St. Pauli hat Antworten darauf gefunden, denn sie haben wirklich eine authentische und extrem erfolgreiche Marke geschaffen, die im Markenranking der Bundesligisten sogar in der absoluten Spitze mitspielt. Wie sie ihren Herrenanspruch messbar und transparent in die Realität umsetzen, welche Strukturen, Prozesse, Governance sie dafür intern aufgebaut haben, was sie das an Ressourcen und Personal kostet und welche Rolle der Vorstand dabei spielt, das erklärt mir niemand anderes als Franziska Altenrath.

Zackes Brustik: Sie ist verantwortlich für Strategie, Transformation und Nachhaltigkeit beim FC St. Pauli. Was sie zu erzählen hat, dürfte nicht nur für alle Nachhaltigkeitsprofis unter euch spannend sein, die in Unternehmen und Familienunternehmen agieren, sondern vor allem in Unternehmen, die weit über Compliance hinausdenken und sich mit ambitionierten Nachhaltigkeitszielen in einem taffen Wettbewerb durchsetzen wollen. Und dazu gibt's natürlich noch einige Trivia und unerwartete Fakten zum Footprint eines Fußballvereins. Wo liegt da der Footprint wirklich? Sind es die Spielerreisen, die Fanreisen, ist es die Rasenheizung oder gar der Bierkonsum? Bleibt dran und ihr werdet's rausfinden. Und damit herzlich willkommen zu Gewinne Zukunft, dem Nachhaltigkeitspodcast der Pioniere und Professionals. Mein Name ist Zakkes, ich freue mich enorm, dass ihr wieder mit an Bord seid. Wie immer wird das wirklich ein gründlicher Deep Dive, also fast eine ganze Stunde.

Zackes Brustik: Wenn ihr gerade in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit seid, nur 20 Minuten habt, dann nutzt am besten die Kapitelfunktion, direkt zu den Themen zu springen, die für euren Job gerade am spannendsten sind. Los geht's! Franzi, schön dich mit an Bord zu haben.

Franziska Altenrath: Hi, Zakkes. Freue mich, dass ich hier sein kann.

Zackes Brustik: Ich weiß, richtig cool, dass wir deine Zeit haben dürfen, denn du hast mir im Vorgespräch gesagt, du steckst gerade mittendrin, den Bericht nach der ESRS zusammenzustellen, also dem Richtstandard der CSRD. Mega Aufwand, wie man so hört. Es heißt ja immer, voll das Bürokratiemonster, gerade für kleine Mittelständler mit wenigen Ressourcen. Wie ist dein Eindruck direkt von der Front? Wie fühlt sich's an? Leistbar, machbar, überfordernd? Auf was können sich alle anderen NachhaltigkeitsmanagerInnen freuen?

Franziska Altenrath: Ja, Ich kenne die Einstellungen und ich glaube, die bestehen auch total zurecht. Ich muss mich outen als totaler Fan dieses Standards. Ich finde, das ist etwas, mit dem man sehr, sehr gut arbeiten kann, habe aber natürlich auch den großen Vorteil, dass wir noch nicht berichtspflichtig sind, sodass wir uns auch nicht an jedes Detail halten müssen. Das heißt, wir sliden da so langsam Schritt für Schritt rein in den Standard, können es uns ganz gemütlich machen, können auch Sachen erstmal überspringen, die wir vielleicht noch nicht berichten können. Und das ist natürlich ein großer Vorteil, den viele, viele Kolleginnen im Nachhaltigkeitsbereich nicht haben.

Zackes Brustik: Du hast gesagt, ihr seid gar nicht berichtspflichtig. Das für alle zum Verständnis. Das liegt nicht etwa daran, dass ihr nicht genug Mitarbeitende habt, also weniger als 250 Mitarbeitende oder euch der Umsatz fehlt, das ist definitiv im Profi-Fußball-Geschäft der Fall, glaube ich, bei euch. Es liegt wahrscheinlich daran, dass ihr einfach ein eingetragener Verein seid. Ich weiß, dass ihr auch schon einen GWÖ-Bericht habt, also einen Gemeinwohlökonomiebericht oder eine Lizenz. Lizenziert seid ihr da, Das heißt, ihr habt euch schon mal einen sehr anspruchsvollen Bericht angetan, in Anführungszeichen angetan. Warum also jetzt noch mal die ESRS dazu? Warum ist das wichtig für euch?

Franziska Altenrath: Ja, ich glaube, also so wie ich die Gemeinwohlbilanzierung sehe, ist das eben auch ein, ist das natürlich auch eine Art Standard, aber am Ende ist es eben auch ein sehr, sehr umfangreicher Kriterienkatalog. Und die Idee dahinter ist ja, dass man diese Kriterien möglichst gut erfüllt und dann am Ende auch eine Punktzahl bekommt, sich selbst einschätzen zu können und dann daraus wiederum für die eigene Organisation Rückschlüsse ziehen zu können. Und das fanden wir sehr, sehr sinnvoll. Die Entscheidung ist aber auch schon vor sehr langer Zeit gefallen, also noch bevor ich beim FC St. Pauli war. Und damals gab es auch noch gar nicht diese anderen Standards. Insofern wurde sich damals umgeschaut, was ist denn ein Standard, der für uns viel Sinn machen kann? Und durch diese breite Stakeholder-Landschaft, die da berichtet wird, haben wir gesagt, Mann, das ist etwas, was total gut passt zu diesem Verein. Und ich glaube, das kann ich aus der Arbeit auch bestätigen.

Franziska Altenrath: Also, es war für uns eine total lehrreiche Erfahrung. Wir haben nochmal einen, in Teilen auch etwas anderen Blick auf den Verein bekommen. Aber es ist natürlich auch sau viel Arbeit und war sehr, sehr umfangreich. Wir haben den Prozess auch dahingehend genutzt, dass wir gesagt haben, wir machen das nicht nur quasi als Selbstzweck, am Ende den Bericht zu haben. Und diese Punktzahl, die im Übrigen sehr, sehr hoch war für ein Erstaudit, wir haben mit 527 Punkten abgeschlossen. Ich glaube Greenpeace hatte in ihrem Erstauntet genauso viele Punkte, das finde ich schon bemerkenswert für einen Profifußballverein. Aber uns ging es nicht nur darum, sondern uns ging es auch darum, nochmal eine Möglichkeit zu haben, auch unsere Kolleginnen und die MitarbeiterInnen auch zu schulen und einzubeziehen in den Prozess und so eben diese Sichtweise, die die Gemeinwohlbilanz und die GWÖ ja vertritt, auch dort nochmal zu verfestigen und zu verankern.

Zackes Brustik: Megaspannend. Also Zwei Sachen nehme ich schon aus den ersten Antworten mit. Die hohe Punktzahl im GWÖ-Bericht, sprich da für mein Intro, das ich gegeben habe, nämlich dass ihr a, einen extremen Herenanspruch habt, nämlich gesellschaftlich zu wirken, da sehr gut dasteht und es euch erlauben könnt, so transparent und messbar zu sein, die Hosen runterzulassen, weil das, was ihr macht, tatsächlich nachweisbar ist. Also mega spannend. Jetzt, uns so ein bisschen das Bild zu vervollständigen, weil du hast ja vorhin gesagt, ihr habt eine extrem hohe Punktzahl in der GWÖ- Zertifizierung erreicht. Also was denkst du, wo steht ihr besonders gut da? Was habt ihr anders gemacht als andere Vereine oder grundsätzlich andere Unternehmen, dass ihr so gut dasteht?

Franziska Altenrath: Da gibt es, glaube ich, einiges, was bei uns ein bisschen anders funktioniert. Ich fange mal mit dem großen Bild an und versuche mich dann so ein bisschen in die weiteren Bereiche runterzuarbeiten. Ich glaube, das erste ist, dass wir eben eine ganz klare Vision haben, nämlich irgendwie die Welt zu verbessern. Und dafür nutzen wir die Plattform Profifußball. Und das bedeutet natürlich aber auch total viel für die jeweiligen Geschäftsmodelle. Ich glaube, da sprechen wir auch noch ein bisschen drüber, deswegen gehe ich da jetzt vielleicht nicht so sehr ins Detail. Aber eigentlich haben wir für jedes Geschäftsmodell auf der einen Hand Limitationen, also Sachen, die wir nicht machen, und auf der anderen Seite eine ganz klare Positionierung auch, die mit Nachhaltigkeit zu tun hat.

Zackes Brustik: Und ich

Franziska Altenrath: glaube, das ist ein sehr, sehr ausschlaggebender Punkt. Und die zwei weiteren großen Bereiche ist einmal, dass wir uns sehr engagieren im Bereich Inklusion und Barrierefreiheit. Wir möchten wirklich viele unterschiedliche Menschen am Millern Tor bei den Spieltagen bei uns im Verein als Mitglieder begrüßen. Und dafür tun wir eben auch einiges, damit Barrieren abgebaut werden, die vielleicht Menschen daran hindern. Und das sind natürlich so Sachen, an die man zuerst denkt, so was wie Rampen oder barrierefreie Toiletten, aber das sind eben auch so Sachen wie Awareness Teams, die sich Personen kümmern, die von grenzüberschreitendem Verhalten betroffen sind. Weil auch das Diskriminierung, diskriminierendes Verhalten, sexistisches Verhalten ist einfach ein Riesenproblem im Fußball und auch am Millard-Tor. Dann ist noch ein weiterer Bereich, wo wir viel tun, ist das gesellschaftliche Engagement. Da haben wir zum einen den Fokus auf Hamburg und den Stadtteil St.

Franziska Altenrath: Pauli. Da engagieren wir uns im Bereich Betroffenheit, also zur Linderung von Betroffenheit, aber auch zur Sensibilisierung von Menschen, die nicht betroffen sind, für unterschiedliche Formen von Betroffenheit und auch für die kulturelle Vielfalt in St. Pauli.

Zackes Brustik: Das heißt im Bereich gerade S von ISG seid ihr unglaublich stark aufgestellt. Ich war noch bei keinem Spiel, muss ich sagen. Da reinzukommen ist ja jetzt nicht mehr so einfach bei der großen Aufmerksamkeit durch die erste Bundesliga und den aktuell sehr begrenzten Sitzplätzen in eurem dann doch überschaubaren Stadion. Aber ich war bei der Mellantour Gallery, also einer Kunstausstellung, und ich fand das sehr berührend. Irgendwo hab ich's gesehen, dass ihr euch speziell darum gekümmert habt, wie geht das den Menschen, die vielleicht ein Alkoholproblem hatten, jetzt trocken sind und ein Spiel anschauen wollen, aber nicht in Versuchung geraten will, weil wir haben ja vorhin gesehen, vier Prozent Bier-Footprint, also Bier ist allgegenwärtig, dass ihr sogar ein Angebot dafür habt, wie die Menschen zu euch kommen können, ohne dann noch mal in Versuchung zu geraten. Das fand ich schon, das ist ein sehr hohes Level an, ich sag mal, kümmern. Und das zieht sich bei euch wirklich durch, oder?

Franziska Altenrath: Richtig. Dafür ist, glaube ich, auch wichtig zu verstehen, wie solche Themen zu uns kommen. Also es ist tatsächlich nicht so, dass ich oder die Kolleginnen aus dem Team oder von irgendwo anders zwischendurch diese Geistesblitze haben und sagen, was ist denn eigentlich mit den Menschen mit Suchterkrankungen, sondern Wir haben eben ganz, ganz viele super engagierte Menschen im Verein, die diese Themen bei uns auf die Agenda packen. Und so haben wir beispielsweise auch den Fanclub, die heißen die Weißbraunen KaffeetrinkerInnen. Und das ist ein Fanclub und eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Suchterkrankungen. Und die sind auf uns zugekommen und haben gesagt, hey, da gibt es ein Problem. Fußball und Bier sind irgendwie so, die gehören zusammen. Das bedeutet aber eine riesen Barriere für Menschen, die mit Suchterkrankungen zu tun haben.

Franziska Altenrath: Und lasst uns doch mal gemeinsam überlegen, wie wir daran gehen können. Und so ist dann eben das TROCKENDOK entstanden, der erste alkoholfreie Getränkestand. Das ist dann quasi eine triggerärmere Umgebung für Menschen mit Suchterkrankungen. Wir haben mit dem Fanclub und externen Fachleuten zusammen auch noch ein Suchtpräventionskonzept entwickelt, wo wir ein paar Ideen zusammengetragen haben, was man machen kann, gerade in Bezug auf eine jüngere Zielgruppe, aber auch was unsere Werbeleistung angeht. Und demnächst eröffnet auch noch der zweite alkoholfreie Getränkestand dann gegenüber auf der Haupttribüne.

Zackes Brustik: Das ist ein wunderbares Beispiel, gerade eben im sozialen Bereich und bezüglich der Inklusion von Suchtkranken. Andererseits, ich weiß, ihr habt zum Beispiel jetzt auch von Standardwurst auf Bio- und vegane Wurst umgestellt, in der Regel erstmal teurer als wahrscheinlich die beliebige Wurst zum Billigpreis im Billigfleischland Deutschland, also wahrscheinlich auch mit einem Kostentreiber verbunden. Wie könnt ihr euch das leisten, dass ihr sagt, wir setzen diesen hohen Anspruch tatsächlich in Realität das kostet ja Menschen, die das machen, das kostet Prozesse, das kostet Investitionen. Wer zahlt den Aufpreis dafür? Weil ihr müsst ja trotzdem gegen, keine Ahnung, sagen wir mal Dortmund sagt dann, okay, wir setzen uns auf Rheinmetall als Sponsor. Oder ist uns egal, wie das mit der Nachhaltigkeit ist. Und ihr macht auch so Sachen, wie dass ihr zum Beispiel, ich glaube als einziger Bundesliga-Verein, keine Werbung für Sportwettanbieter macht, weil ihr sagt, das führt Menschen auch in Abhängigkeiten, in der Regel verlieren die, die mitmachen. Seid ihr auch alleine, es ist ja auch Geld, das euch flöten geht. Also macht ihr das dadurch wett, dass du gesagt hast, die Mitglieder machen unglaublich viel bei uns oder habt ihr einfach neue Businessmodelle gefunden?

Franziska Altenrath: Ich glaube, das lässt sich auch nicht so ganz so leicht beantworten, aber es stimmt. Also wir verzichten pro Saison auf einen mittleren sechsstelligen Betrag. Das kann man definitiv so sagen und das bezieht sich noch auf die auf die zweite Liga. Also das wäre natürlich auch noch steigerbar, wenn es uns gelingt weiterhin Erstliga-Fußball zu spielen. Diese Zahl und das ist natürlich ein massiver Wettbewerbsnachteil, weil es eben leider doch so ist, dass im Fußball sehr viel Geld geht und Geld eben hilft, wenn man viele talentierte Spieler kaufen muss, dann erfolgreich Fußball spielen zu können, dann eben auch weiter in der Tabelle oben zu stehen und dann wiederum die höheren Einnahmen auch zu bekommen. Also es ist ein absoluter Wettbewerbsnachteil erst mal, aber wenn man dann wiederum an das denkt, was du im Intro gesagt hast, nämlich dass wir als Marke quasi schon länger erste Liga spielen und immer relativ weit oben sind, dann zeigt sich ja eben doch, dass es auch tatsächlich wirtschaftlich Sinn macht. Ich glaube, dass ein großer Teil der Marke FC St. Pauli sich eben genau in dem gesellschaftlichen Engagement, in der gesellschaftlichen Positionierung und in der Authentizität der Marke begründet.

Franziska Altenrath: Und das halten wir für einen total gangbaren und auch sehr, sehr wichtigen Weg.

Zackes Brustik: Da würde ich gerne kurz zwei Sachen hinzufügen. Das eine ist, ich weiß nicht, ob ihr eine aktuelle Studie habt. Die, die ich gefunden habe, ist noch aus 2017. Aber da wart ihr tatsächlich unter den top vier attraktiven Marken der Bundesliga.

Franziska Altenrath: Ja genau, also da bin ich tatsächlich auch überfragt. Da müssen wir mal meinen Kollegen Martin Druss fragen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es diese Studien regelmäßig gibt und das was ich immer höre ist, dass wir da immer sehr weit oben stehen.

Zackes Brustik: Und das ist natürlich eine unglaublich enorme Leistung und da standet ihr schon, als ihr noch zweite Liga wart. Also das heißt wirklich als Zweitliga-Verein in, ich sag mal, den Champions League Plätzen der ersten Liga, was Markenbekanntheit angeht. Und Das lässt sich natürlich dann auch ummünzen. Klar, du hast vorhin gesagt, ihr habt natürlich auch viel Merch. Das macht bestimmt einiges aus. Aber ich meine, so viel Merch könnt ihr auch nicht verkaufen, dass ihr jetzt irgendwie das Budget vom FC Bayern oder vom RB Leipzig wettmacht, oder? Bevor du darauf antwortest, schließe ich noch kurz eine Folgefrage an. Also wie groß ist da die Spreizung zu den Topplatzierten in der Bundesliga? Und sagt ihr dann, dass ihr einfach sagt, okay, wir machen unglaublich viel nachhaltig, aber in gewissen Bereichen vom Profifußball ziehen wir dann irgendwie dann doch so ein Ceiling ein und da läuft es dann halt besonders unnachhaltig, weil da müssen wir wettbewerbsfähig sein.

Franziska Altenrath: Ich hoffe, dass ich mir alles merken kann, was du gefragt hast. Ich fange mal mit dem Haifischbecken an. Also es ist total gut und wichtig, eine starke Marke zu haben, auch starke wirtschaftliche Unternehmen innerhalb dieses Vereinskosmos. Das gewährt natürlich so eine gewisse Stabilität, aber da darf man sich auch nicht vertun. Ganz, ganz viel ist abhängig vom sportlichen Erfolg. Also wir verkaufen auch mehr Merch, wenn wir aufsteigen. Das wird sicherlich niemanden wundern, aber manchmal denke ich, muss man das nochmal extra sagen. Allerdings sind die Beiträge, die diese Töchter leisten im Vergleich zu dem, was wir an Fernseheinnahmen generieren, was wiederum direkt damit zu tun hat, wie gut wir Fußball spielen, relativ gering.

Franziska Altenrath: Nicht unwesentlich, aber trotzdem im Verhältnis ist schon die größte Einnahmequelle immer noch die Fernseheinnahmen. Und wenn man dann halt überlegt, dass so ein FC Bayern beispielsweise eine Bilanzsumme hat, die 14 Mal so groß ist wie der FC St. Pauli und ein Kaderwert, der 25 Mal so groß ist wie unsere, dann wird das schon deutlich, wie unglaublich hart dieser Wettbewerb ist und wie unfair teilweise dieser Wettbewerb eben auch ist. Es gibt Gründe, warum Ausschüttungen so funktionieren, wie sie gerade funktionieren, aber wenn dann da beispielsweise auch noch Einnahmen aus internationalen Wettbewerben hinzukommen, dann führt das zu einer sehr, sehr großen Inbalance.

Zackes Brustik: Umso respektabler, dass ihr es tatsächlich in die erste Liga geschafft habt und gleichzeitig euren Werten und eurer Mission. Wir haben es ja vorhin gehört, die oberste Mission ist nicht der erste Platz in der Bundesliga, in der ersten, sondern die gesellschaftliche Wirkung. Das ist also, schafft euch da hoch zu robben, obwohl ihr insgesamt die Gesamtmission immer noch im Blick habt. Jetzt eine Frage, die ich vorhin gestellt hatte und ich weiß, es waren zu viele, sie sich zu merken. Also macht ihr da einen Cut, wo ihr sagt, okay, also liebe Leute, so nachhaltig, wie wir sein wollen, aber jetzt, was die erste Mannschaft angeht, dann hauen wir jetzt halt hier die Spielergeld da raus und bezahlen die Berater mit? Oder sagt ihr, nee, auch selbst in diesem Bereich können wir Dinge anders machen als andere Bundesligisten?

Franziska Altenrath: Ja, das ist eine super interessante Frage, weil wir uns ja gesagt haben oder eine der Leitlinien ist, dass wir Nachhaltigkeit in jedem unserer Geschäftsmodelle verankern, so in der Positionierung. Und Da stellt sich natürlich die Frage, also ich glaube in Bezug auf Merch, in Bezug auf die Vermarktung lässt sich das relativ leicht beantworten bei uns, aber wie verhält sich eigentlich ein Profifußball? Und da muss man eben zwei Sachen nochmal unterscheiden. Das eine ist der Lizenzbereich, also wirklich die Fußballmannschaft, an die man sofort denkt. Und dann gibt es aber auch noch das Nachwuchsleistungszentrum. Im Nachwuchsleistungszentrum haben wir ein, ja, ich würde sagen, sehr innovatives und neuartiges Konzept, das heißt Revolution. Also auch da müsste jetzt hier mein Kollege Benni sitzen, das im Detail zu erläutern. Aber da sind eben ganz unterschiedliche Aspekte drin, die den Nachwuchsbereich eben nachhaltiger, vor allem spielerzentrierter gestalten, als es eben sonst so ist. Der Nachwuchsbereich hat in den letzten Jahren sehr, sehr viele negative Entwicklungen vorgenommen, so eine ganz starke Eventisierung, ein absolutes Hypen von ganz, ganz jungen Spielern.

Franziska Altenrath: Und wenn man dann bedenkt, dass so eine Spielerkarriere eben für viele Überraschungen gut ist, vor allem in den jungen Jahren, weiß man, wie gefährlich das sein kann für die Psyche, für das Wohlbefinden, für die Entwicklung der jungen Menschen. Und da geht jetzt das Konzept her und sagt beispielsweise, dass nicht mehr mit Spielerberatern im NLZ gearbeitet wird, sondern nur noch direkt mit den Spielern und deren Familien. Das ist ein Weg, eben diese Überkommerzialisierung des Nachwuchsbereichs dem entgegenzuwirken. Und dann kommen eben noch hinzu ganz, ganz viele pädagogische Module, ganz viele Ideen für eine komplette Umgestaltung des Ausbildungssystems. Aber ich glaube, das wird jetzt hier auch ein bisschen, ein bisschen zu weit führen. Ein weiterer Aspekt, den ich auch interessant finde, ist, dass nur noch mit Nachwuchsspielern gearbeitet wird, die tatsächlich aus Hamburg und Umgebung kommen. Das heißt, es wird nicht mehr überall gescoutet, was natürlich auch den Wettbewerb total anheizt. Also ich glaube, man sieht, es gibt da unterschiedliche Ansatzpunkte für Verbesserungen, die dann wiederum auch darauf einzahlen, dass eben auch Nachhaltigkeit oder Gemeinwohlorientierung selbst im Profibereich bei uns eine große Rolle spielt.

Franziska Altenrath: In Bezug auf den Herren Profifußball sind wir aber auch nicht untätig. Da ist total viel wichtig auf so einer systemischen Ebene. Also einzutreten auf Ebene der deutschen Fußballliga für einen fairen und integren Wettbewerb. Beispielsweise, dass die 50 plus 1 Regel eingehalten wird. Also, dass der Einfluss von Investoren und externen Geldgebern limitiert wird und dass so Sachen wie beispielsweise eine Multi Club Ownership eben sich sehr genau angeschaut und im besten Fall auch reglementiert wird.

Zackes Brustik: Mega spannend. Also, was finde ich daran spannend? Und das ist nämlich, dass man auch als Unternehmen auf Regulation einwirken kann. Also jetzt in eurem Fall quasi sind das dann die Spielregeln im System Fußball. Aber ich glaube, ähnlich. Das heißt, du hast auf der einen Seite so Vereine wie den RB Leipzig oder so, dann kann sich aber eben halt auch ein FC St. Pauli mit Eishan Union verbünden und mit anderen Vereinen, darauf einzuwirken. Ihr habt es ja zum Beispiel auch geschafft, dann, indem ihr Allianzen gebildet habt, den Investorendeal zu verhindern. Und Gleiches geht auch draußen in ganz anderen Branchen, in ganz anderen Industrien.

Zackes Brustik: Regulation ist nicht gottgegeben und wird auch nicht nur durch die Großen mit ganz vielen Lobbygeldern bestimmt, sondern mit den richtigen Allianzen kann man dafür sorgen, dass das System an sich verändert und dadurch auch nochmal ein viel attraktiverer Markt für nachhaltige Lösungen entsteht. Ich glaube, das übersehen sehr viele, welchen Hebel da man hat. Jetzt haben wir ein kleines bisschen meandert. Aber zurück, also ihr habt diese hohe Mission, was deutlich heraushörbar war, dass ihr in den unterschiedlichsten Bereichen wirklich extrem durchdachte Konzepte angeht. Also jetzt so ein Nachwuchskonzept, das macht man ja auch nicht mal nebenher. Damit das erfolgreich aufgeht und dass dann der talentierte Nachwuchs nicht ausgeht, ist unglaublich viel Arbeit, sind Personenstunden. Wie schafft ihr das, diese Vision dann eben durch all diese Abteilungen hinweg runterzubrechen? Also welche internen Prozesse braucht es dafür in der Organisation FC St. Pauli? Wie habt ihr die aufgebaut? Welche Rolle spielt der Vorstand dabei? An welcher Stelle fangen wir da am besten an?

Franziska Altenrath: Also es hilft natürlich total, ganz oben anzufangen und zwar mit der Mission des Unternehmens oder der Vision, wie sie bei uns heißt, nämlich ein anderer Fußball ist möglich. Eben diese Weltverbesserung durch den Fußball. Das ist das oberste Leitbild der Organisation und das hilft natürlich gewaltig, das dann eben auch zu verteilen in die unterschiedlichen Bereiche und die unterschiedlichen Bereiche anzuhalten, jeweils für sich zu bestimmen, zu definieren, was bedeutet das denn eigentlich für meinen Bereich, was bedeutet das für den Nachwuchsbereich, was bedeutet das für die Merchandise, was bedeutet das für die Vermarktung in Bezug auf unsere Nutzung der großen Reichweite, die wir haben. Also das ist, glaube ich, erst mal total hilfreich. Und wenn man dann auch noch ein Präsidium und einen Aufsichtsrat hat wie unseren, wo ein totales, nicht nur Verständnis für Gemeinwohl, sondern auch Interesse und eine Motivation da ist und ein Mut, auch Sachen umzusetzen und anders zu machen, ist das natürlich eine sehr, sehr erfreuliche Situation für jemanden wie mich.

Zackes Brustik: Da wollte ich gerade kurz reingrätschen, weil ihr habt tatsächlich, ich glaube, eine Luxusposition. Ganz viele Fragen, die ich oft höre, ist so, ein goldener Tipp für mich wäre wirklich, wie überzeuge ich den Vorstand von größeren Nachhaltigkeitsambitionen oder mehr Ressourceneinsatz für das Thema? Bei euch ist es andersrum. Ihr habt im Vorstand tatsächlich schon echte Nachhaltigkeitskompetenz sitzen, oder? Magst du mal ganz kurz runterspulen, was ihr da schon an Kompetenz habt und inwieweit das dann tatsächlich auch hilft?

Franziska Altenrath: Absolut. Also wir haben Essin Rager. Essin ist, so unser Präsidium ist ja zum größten Teil ehrenamtlich. Das muss man auch dazu sagen. Die sind gewählt, jeweils für vier Jahre. Das heißt, sie müssen berichtspflichtig oder rechenschaftspflichtig den Mitgliedern gegenüber. Das allein löst natürlich eine gewisse Richtung aus, weil unsere Mitgliedschaft eben sehr nachhaltigkeits- und gemeinwohlorientiert ist und agiert. Essin ist ehrenamtlich im Präsidium und hauptamtlich ist sie Ownerin von der Tee-Marke Samova und die auch extrem viel Wert auf Nachhaltigkeit legen bzw.

Franziska Altenrath: Das ganze Konzept auf Nachhaltigkeit ausgelegt haben. Also wir haben sie, eine Nachhaltigkeitsunternehmerin, dabei. Dann haben wir Luise jetzt relativ neu am Start. Luise ist Juristin und kennt sich eben auch extrem gut aus mit dem Umweltrecht. Das ist auch ein großes Glück. Dann ist Hannah im Präsidium, die nicht nur die Themen total checkt, sondern auch vorantreibt, gerade im Bereich Compliance hat sie da ganz, ganz viel in Bewegung gesetzt und setzt Oke, unser Präsident, ist unglaublich zugänglich für die Themen und interessiert und trägt eben diese Vision des FC St. Pauli in seinem Herzen. Und ja, so zieht sich das eigentlich durch, dass wir da wirklich geballte Kompetenz und Motivation haben.

Zackes Brustik: Und was man auch schon herausgehört hat, ihr habt mehr weibliche Vorstände als männliche. Das schaffen ja auch die wenigsten.

Franziska Altenrath: In der Tat.

Zackes Brustik: Und eben, wovon die meisten träumen, ist, dass der Vorstand dann tatsächlich auch schon Nachhaltigkeitserfahrung hat, in welchem Bereich auch immer. Oft müssen ja Vorstände sich erstmal, tatsächlich ist ja ein neues Thema für sie, die haben sehr viele Themen auf dem Tisch liegen und es ist leider auch ein sehr komplexes Thema. Es ist ja immer die Frage, wie schlauen wir jetzt den Vorstand möglichst effektiv auf. Ist bei euch anders. Was bei euch auch anders ist, ist deine Rolle, weil du bist ja, sag mir gerne den deutschen Titel, du bist Head of Strategy, Transformation and Sustainability. Die meisten sind ja, ich sag mal nur, Sustainability Manager und würden gerne an der Strategie arbeiten, aber der Vorstand will vielleicht eigentlich nur die Compliance. Und das ist bei dir schon mal grundlegend anders. Warum das so ist, das wissen wir ja wegen der großen Vision.

Zackes Brustik: Aber inwieweit ist das wertvoll für dich, dann eben in all diesen drei Bereichen mitmischen zu können?

Franziska Altenrath: Es ist super wertvoll und ich glaube, dass es auch der einzige Weg ist, weil Nachhaltigkeit eben so bereichsübergreifend und ganzheitlich und organisationsweit gedacht werden muss, ja, Synergien zu nutzen und auch die Zeit und Motivation der Kolleginnen richtig zu nutzen, dass es total Sinn macht, das eben an der Strategiestelle anzudocken. Aber es ist eben immer die Frage, wie versteht man so einen Nachhaltigkeitsbereich? Versteht man den operativer oder versteht man den strategischer? Ich würde sagen, bei uns ist der strategischer, mit aber auch ein paar operativen Elementen. Gerade dann, wenn Sachen relativ neu sind und so quasi incubated werden müssen. Dann entstehen die oft bei uns im Bereich und dann versuchen wir, die aber auch in die Fachbereiche abzugeben.

Zackes Brustik: Ich glaube, deine Situation, das einfach mal abzugrenzen, ist schon echt anders als bei vielen, ich sage mal, Mittelständlern. Jetzt, wenn sie klein sind, dann wird irgendjemand aus dem Team halt gesagt, so, Mensch, kümmer dich doch mal den Nachhaltigkeitsbericht, dann arbeiten die sich ein. Und im besten Fall dürfen sie dann sogar wirklich konkrete Maßnahmen daraus ableiten und haulen sich die Kompetenz drauf, schauen, mit wem im Unternehmen müssen sie reden, schauen, wie gewinne ich die für mein Thema, wie helfe ich denen weiter, dass sie uns gegen eine Hand wäscht, die andere so. Bei dir ist, es ist in allen Organisationen irgendwie schon da, aber wie koordiniert ihr denn das? Dass jetzt halt nicht jeder irgendwie so Nachhaltigkeit in seinem Abteilungssinne macht, sondern es tatsächlich dann insgesamt konzertiert auf das große Ganze hinausläuft? Also welche Prozesse habt ihr da, das zusammenzuführen? Laufen da die Fäden bei dir zusammen? Investiert ihr unglaublich viel in Ausbildungen? Es ist ja ein bisschen anders, wenn das auf so viele verschiedene Köpfe verteilt ist.

Franziska Altenrath: Ja, voll. Also es gibt eigentlich so zwei Ebenen. Das eine ist, dass wir versuchen, das insgesamte Wissenslevel für Nachhaltigkeit zu erhöhen und das andere sind dann eben ganz konkrete Prozesse und Strukturen.

Zackes Brustik: Erstes Level, wie macht ihr das?

Franziska Altenrath: Also da gibt es unterschiedliche Wege. Das eine, was wir machen, ist, dass wir relativ regelmäßig darüber erzählen, wo wir stehen und was passiert ist, was so gut funktioniert hat und was nicht so gut funktioniert hat. Wir erstellen einen internen Quartalsbericht und daraus machen wir dann eben auch einen Newsletter, der aber nicht nur quasi nach außen geht, sondern eben auch an sämtliche Kolleginnen gespielt wird. Dann darüber hinaus haben wir unterschiedliche Info-Sessions zu bestimmten Themen. Das machen wir meistens, wenn wir beispielsweise ein Projekt abgeschlossen haben. Jetzt machen wir gerade eine große Fernmobilitätsanalyse. Da wird es dann, wenn das fertig ist, auch eine Info-Session zu geben oder gestalten das gesellschaftliche Engagement. Das haben wir nochmal ein bisschen anders sortiert, wirkungsorientierter sortiert, dann gibt es auch dazu eine Info-Session, Gemeinwohl-Bilanz, dann machen wir dazu eine Info-Session und so weiter.

Franziska Altenrath: Manchmal sind das auch Themen, die wir einfach interessant finden. Wir hatten letztens eine zu Nachhaltigkeit im digitalen Raum, Da haben wir jemanden eingeladen, der hat auch etwas dazu erzählt.

Zackes Brustik: Ist das freiwillig oder sagt ihr so, hey, die Themen sind für deine Abteilung relevant, diese eine Stunde musst du im Kalender markieren?

Franziska Altenrath: Das ist freiwillig. Wir haben aber meistens tatsächlich ein relativ großes Interesse daran. Es gibt auch ein paar Sachen, die sind verpflichtend. Das sind beispielsweise Schulungen zu Antidiskriminierung. Da muss jeder Bereich und jede Person, die bei uns arbeitet, durch.

Zackes Brustik: Ganz kurzes Fenster, das wir hier aufmachen. Du sagst, ihr berichtet, was gut läuft, was nicht gut läuft. Aus der letzten Info-Session zwei Beispiele zu, was vielleicht nicht gut gelaufen ist und eins, was dafür toll gelaufen ist.

Franziska Altenrath: Gute Frage. Also die letzte Info-Session war zu Nachhaltigkeit im digitalen Raum. Die war tatsächlich von extern. Naja, was halt meistens nicht so gut läuft, ist, dass wir uns gefühlt immer ein bisschen spät mit den Themen auseinandersetzen. Also wenn wir beispielsweise, hatten wir davor eine Info-Session zu unserem neuen Awareness-Konzept, da kann man natürlich schon sagen, Mann, Warum hattet ihr das nicht früher? Und da ist die Antwort aber auch relativ klar, weil wir uns sehr lange damit beschäftigt haben. Also sehr viel dazu gearbeitet haben, gemeinsam mit den Fans, gemeinsam mit ExpertInnen. Also das ist was, was nicht so gut funktioniert hat. Und das, was dann eben aber immer erfreulich ist, wenn wir dann was geschafft haben, etwas umgesetzt haben und irgendwie eingeführt haben und das dann eben auch zu den Verbesserungen führt.

Zackes Brustik: Eine Sache, auf die du besonders stolz bist und wo du das Gefühl hast, das lässt sich auch übertragen auf die Arbeit von anderen NachhaltigkeitsmanagerInnen?

Franziska Altenrath: Also ich glaube, was auch nochmal ein bisschen besonders ist, ist diese Bio-Wurst-Thematik. Da haben wir es geschafft, mit Partnern gemeinsam sowohl vegane als auch die fleischliche Variante auf bio umzustellen. Und ich finde, das wird immer so ein bisschen abgetan und so getan, als wäre das im Großcatering nicht möglich. Und ich finde, das ist schon ein ziemlicher Erfolg, wo wir alle sehr, sehr stolz waren. Aber es gibt natürlich auch noch tausend andere Projekte.

Zackes Brustik: Hochemotionales Thema. Wir wissen, wie es bei VW gelaufen ist. Sie hatten in einer von, ich weiß nicht, 17 Kantinen auf vegane Wurst umgestellt. Es gab einen großen Aufschrei und Jahre später haben sie das auch wieder vom Tisch geräumt. Ich glaube, jetzt gibt es auch in dieser Kantine wieder den normalen Power-Regel der Arbeiterklasse.

Franziska Altenrath: Den dann hoffentlich im Bio.

Zackes Brustik: Den dann hoffentlich im Bio, genau. Wir sind jetzt wieder ein bisschen abgeschweigt wegen meiner Frage. Du hattest gesagt, ihr habt noch ein zweites Level. Erstes Level war Schulung, zweites Level?

Franziska Altenrath: Strukturen und Prozesse. Und da ist es so, dass wir ein fachbereichsübergreifendes Team gebildet haben aus Kolleginnen eben von allen Fachbereichen, die zur Nachhaltigkeit arbeiten, bedeutet, dass jeder Fachbereich eine Person benennen musste, die für Nachhaltigkeitsthemen ansprechbar ist. Und dieses Team, das wird eben aus meinem Bereich quasi verwaltet, gemanagt. Und was dort passiert, ist, dass wir zentral schauen, was für Anforderungen ergeben sich aus den unterschiedlichen Sachen. Daraus ergeben sich Verbesserungen, die wir umsetzen wollen. Es ergeben sich Berichtspflichten aus den unterschiedlichen Berichtsstandards, die wir haben. Es ergeben sich Anforderungen aus der DFL-Lizenzierung zur Nachhaltigkeit und wir verteilen die dann auf die verschiedenen Fachbereiche und zu den bestimmten Personen in diesen Fachbereichen. Das Team, das kommt auch einmal im Quartal zusammen, erstellt einen internen Quartalsbericht.

Franziska Altenrath: Das ist eben auch ein kollaboratives Projekt. Das bedeutet, dass jeder Fachbereich dazuliefert, was haben Sie von den Anforderungen abgearbeitet, was vielleicht noch nicht, wo hakt es, wo läuft es gut, was gibt es vielleicht auch von neuen Erkenntnissen. Und diesen Bericht stellen wir dann auch einmal in diesem Kollegium vor.

Zackes Brustik: Also das heißt, klare Verantwortliche. Auch ein Rezept, was ich schon von dem einen oder anderen Nachhaltigkeitsmanager oder einer der Nachhaltigkeitsmanagerinnen hier im Podcast mitgenommen habe. Wenn ihr irgendwie vor allem in einem Unternehmen seid, was unglaublich viele Satelliten hat, Lutz Fricke war das von Mosel, ein Logistiker mit, ich glaube, 90 Standorten, immer dafür zu schauen, dass er in jedem Standort eine motivierte Person findet, die für ihn dann in den nächsten Schleifen immer die Zahlen zusammenträgt und so, dass er nicht immer persönlich hinfahren muss. Bei dir ähnlich, wahrscheinlich, dass du jetzt nicht immer ständig in den Merch runterrennen musst und den auf die Füße treten, das heißt, da eine motivierte Person zu haben, nicht nur die für dich die Zahlen sucht, sondern dann den Prozess an sich vor Ort vorantreibt. Also ich glaube, sehr gutes Erfolgsmodell, sich da so aufzustellen.

Franziska Altenrath: Aber das ist ja auch so ein bisschen mein Lieblingsthema. Also ich glaube, Motivation ist da nicht das Ausschlaggebende, sondern das Ausschlaggebende ist, dass dafür Kapazitäten auch freigeräumt werden. Weil nur, weil eine Person sich vielleicht für Nachhaltigkeit interessiert oder vielleicht die Jüngste im Team ist oder so, und der dann diese Aufgaben übergestülpt werden, der so, so funktioniert es halt einfach nicht. Man muss schon dann auch sagen, die Person hat eine komplette Stelle, eine halbe Stelle, eine Viertelstelle, was auch immer notwendig ist, Zeit, diese Aufgaben dann auch ordentlich zu bearbeiten. Und das haben wir im Übrigen auch gemacht in den Bereichen, wo es besonders relevant ist, Stadionbetrieb, Merchandise, haben wir Kapazitäten speziell für die Nachhaltigkeitsthemen aufgebaut.

Zackes Brustik: Megaspannend, weil wenn ihr das so klar angeht und du sagst ja bei ganz vielen, seien wir ehrlich, das sagen unglaublich viele immer wieder in diesem Podcast, da wird so gemacht, ja mach du mal das Thema, aber es wird verschwiegend, dass das wahrscheinlich irgendwie die Hälfte der Stelle in Anspruch nehmen würde und man denkt dann so, das machen die vielleicht in der Freizeit, weil sie besonders motiviert sind oder so.

Franziska Altenrath: Schrecklich.

Zackes Brustik: Aber wenn ihr das so klar angeht, hast du ein Gefühl dafür, wie viel Stellen bei euch auf das Thema einzahlen?

Franziska Altenrath: Tja, also da ist dann auch die Frage oder da müsste man vorher beantworten, was gehört denn eigentlich dazu und was ist in Anführungszeichen normales Geschäftsgebaren des Vereins. Und dadurch, dass wir ja Nachhaltigkeit so stark in die Strategie integriert haben, lässt sich das nicht so gut erklären. Es lässt sich natürlich berechnen, einmal anhand der Menschen, die in meinem Team arbeiten, plus der Stellen, die speziell für Nachhaltigkeitsprojekte zuständig sind. Aber was ist zum Beispiel mit dem Nachwuchsleistungszentrum, das eben nach diesen besonderen Prinzipien, die ich vorhin teilweise zumindest versucht habe zu skizzieren, was ist damit? Gehört das deswegen auch alles zur Gemeinwohlleistung oder ist es halt einfach ganz normaler Teil des Geschäftsmodells dort?

Zackes Brustik: Lass es uns doch mal versuchen, ob wir es irgendwie in Relation setzen können. Hast du die Zahlen im Kopf sozusagen, wie viele Leute arbeiten jetzt nicht ehrenamtlich, sondern hauptamtlich für FC St. Pauli? Wie viel Umsatz grob machen alle Töchter zusammen? Und dann das untere Bottom, wie viele sind direkt im Nachhaltigkeitsteam? Und so grob gesetzt, wie viele Zahlen direkt indirekt drauf ein, so wie du gesagt hast, vielleicht, weil sie im Leistungszentrum Dinge verändern?

Franziska Altenrath: Tja, also das ist sicherlich nicht so ganz leicht. Wir haben knapp 500 Mitarbeiter innen, aber in Vollzeit-Äquivalenten ist das dann ungefähr die Hälfte. Also vielleicht so 200, 250. Ich habe irgendwie 265 im Kopf, aber das müsste ich auch nochmal checken. Umsätze, da müsste ich tatsächlich auch einmal läuern. Das ist ein mittlerer, siebenstelliger Betrag, Könnte ich aber auch rausfinden. In meinem Team sind wir zu sechs plus noch Unterstützung von jeweils einem Praktikanten oder einer Praktikantin. Dann haben wir zwei designierte Stellen nochmal für Nachhaltigkeitsthemen.

Franziska Altenrath: Ich bin mir aber gar nicht sicher, ob die beide Vollzeit sind oder teilweise auch in Teilzeit. Und darüber hinaus haben wir eben für die unterschiedlichen Fachbereiche – und damit wüsste ich jetzt gar nicht, wie viele sind das denn eigentlich? Ich würde jetzt mal so schätzen, vielleicht zwölf, da jeweils noch eine Person, die ansprechbar ist, aber wo es jetzt nicht lohnen würde, da speziell eine Stelle rauszumachen.

Zackes Brustik: Erstmal vielen Dank, dass du dich hast so überfallen lassen. Wer sich für ganz konkrete Zahlen interessiert, Also dann schreib Franzi einfach auf LinkedIn, dann vielleicht suchst du das nochmal raus. Aber erstmal schön, dass du so eine grobe Schätzung in den Raum gestellt hast. Anders messen könnte man es ja auch einfach. Wie viele Leute sind dann immer bei deinen Sessions mit dabei, bei den Info-Sessions?

Franziska Altenrath: Zwischen 30 und 40.

Zackes Brustik: Na, das ist aber schon mal eine ganz andere Zahl. Das ist ja eine gute Hausnummer. Also Leute, die wirklich sich für das Thema interessieren und davon dann auch Infos mitnehmen, die konkret umzusetzen, gibt einem ungefähr ein Gefühl dafür in Relation zu den 265 Äquivalenten zu Vollzeitstellen, wie wichtig das Thema ist und wie viele Köpfe das Thema vorantreiben Und wie viel Verantwortliche das tragen sozusagen. Habt ihr in diesem ganzen Prozess in der Historie auch so ein paar Sachen gelernt, wo ihr gemerkt habt, Mensch, das war eine Sackgasse? Oder hier müssen wir Dinge wirklich komplett überarbeiten? An dieser Stelle gibt es wie immer einen kurzen Shoutout ins Nachhaltigkeits-Ökosystem. Eine der spannendsten Sachen für dich als Nachhaltigkeits-Profi, wenn du in deinem Unternehmen gerade viel bewegst ist natürlich, wie sieht's bei den anderen Unternehmen aus? Welche Veränderungstreiber haben die? Welche Hemmnisse begegnen ihnen in der Nachhaltigkeitstransformation? Wo stehen die in Bezug auf die Rekarbonisierung? Oder welche Wirkung entfaltet generell die Berichtserstattungsanforderungen in der Real- und Finanzwirtschaft? Antworten auf diese Fragen zu bekommen, gibt es eine unglaublich spannende Studie, nämlich den Sustainability Transformation Monitor. Gleich vier Organisationen haben sich dahinter geklemmt, die Daten zusammenzutragen, nämlich einerseits die Mercator Stiftung, die Uni Hamburg, die Bertelsmann Stiftung und die Peer School for Sustainable Development. Jetzt ist es natürlich so, dass du wahrscheinlich an den neuesten Daten und Zahlen interessiert bist. Und die neuesten Zahlen gibt es natürlich nur, wenn sich möglichst viele Nachhaltigkeitsprofis Zeit nehmen, darüber zu berichten, wie es in ihrem Unternehmen gerade läuft.

Zackes Brustik: Wenn dich also interessiert, wie der Sustainable Transformation Monitor 2025 ausfällt, dann nimm dir jetzt einfach kurz 20 Minuten Zeit, an der Umfrage teilzunehmen und freue dich darauf, dass du dann am Ende der Studie die Ergebnisse druckfrisch in dein E-Mail-Postfach bekommst. Ein wichtiger Hinweis, die Umfrage läuft noch genau eine Woche nach Erscheinen dieser Folge, also Hurtig, wenn ihr zu den ersten Hörer in dieser Folge gehört, einfach schnell auf den Link in den Show Notes klicken, an der Studie teilnehmen und dafür sorgen, dass wir alle im Ökosystem gemeinsam einen großen Schritt weiterkommen. Geht dafür einfach auf sustainabilitytransformation.org Und damit zurück in die Folge. Habt ihr in diesem ganzen Prozess in der Historie auch so ein paar Sachen gelernt, wo ihr gemerkt habt, Mensch, das war eine Sackgasse oder hier müssen wir Dinge wirklich komplett überarbeiten?

Franziska Altenrath: Also ich glaube, ein Fehler war sicherlich zu viel zu wollen, zu schnell. Also gerade am Anfang, der erste Aufschlag der Nachhaltigkeitsstrategie hatte 26 Ziele und 333 Meilensteine und das für eine Saison. Und das war tatsächlich zu viel. Ich glaube, am Ende des Tages war es vielleicht auch gar nicht so schlecht, mit so einem Schocker reinzugehen, weil es auf jeden Fall alle wachgerüttelt hat. Aber wir haben dann schon gemerkt, dass wir nicht alles gleichwertig behandeln können und da nochmal eine viel stärkere Fokussierung, viel mehr Klarheit reinbrauchen, die wir jetzt eben versucht haben, so Schritt für Schritt zu erstellen. Also ich glaube, auf der strategischen Ebene, die mich ja auch sehr beschäftigt, haben wir echt viel gelernt, was so, was Ziele angeht, was Vermittlungen von, wo soll es denn eigentlich hingehen und das runterbrechen dann auch die Operationalisierung angeht.

Zackes Brustik: Die Nachhaltigkeitsstrategie, die ihr habt, heißt ja Not Perfect, But Better. Also eben zu sagen, lasst uns auf die Sachen fokussieren, die vielleicht wirklich machbar sind, auch wenn wir das große Ziel anstreben. Lässt sich Not Perfect, But Better jetzt, wenn ihr zum Beispiel die ESRS macht, immer noch halten? Weil dann wird es ja schon ein bisschen konkreter. Du hast gesagt, okay, ihr könnt durchsliden, weil es ist ja freiwillig, nicht verpflichtend, den Anspruch habt ihr trotzdem. Aber wäre da der Name immer noch adäquat?

Franziska Altenrath: Also ehrlich gesagt finde ich, dass der Name total hinter dem zurückbleibt, was wir eigentlich tun, weil Not Perfect But Better kann eigentlich jeder oder jede Organisation. Da geht es ja einfach eine schrittweise Verbesserung. Aber ich glaube, dass was wir eigentlich machen, ist, dass wir uns ein paar Bereiche rauspicken und da besonders ambitioniert werden. Also da sagen uns reicht es jetzt nicht, von der schlechtesten Haltungsform auf die nächstbeste Haltungsform umzustellen, sondern wir wollen die beste. Also da halt einfach nicht nur einen Schritt besser zu werden, sondern richtig gut zu werden. Und das versuchen wir eben auch in anderen Bereichen. Und deswegen bin ich eigentlich gar nicht so glücklich mit dem Namen. Mittlerweile heißt die Strategie, die gibt es jetzt auch in der Überarbeitung, die Gemeinwohlstrategie.

Franziska Altenrath: Und auch wenn der Name vielleicht ein bisschen langweiliger ist, nicht so wahnsinnig inspirierend und nicht mehr ganz so oft auch kopiert wird oder sich darüber unterhalten wird, ist es trotzdem ein bisschen ein Weggang von dieser Idee, einfach Schritt für Schritt besser zu werden, weil das langweilt mich, ehrlich gesagt. Und da, ja, da glaube ich, können wir durchaus ein bisschen ambitionierter hingehen. Was in der Ursprungsstrategie noch nicht drin war, waren konkrete Ziele. Und das ist etwas, was jetzt für den neuen Bericht entstehen soll, zumindest in einigen Bereichen, dass wir da auch ganz konkret Ziele formulieren und nicht nur das, sondern auch beschreiben, wie wir dahin wollen.

Zackes Brustik: Megaspannend. Also das habe ich mich tatsächlich gefragt, als ich den Namen gelesen habe und spannend zu hören, dass ihr tatsächlich intern das mittlerweile auch schon anders angeht. Und wahrscheinlich ist das dann bald auch bei euch im Blog zu finden.

Franziska Altenrath: Ja genau, also dieser Website-Eintrag ist zwei Jahre alt. Die Website noch viel mehr Jahre alt. Da sind wir tatsächlich auch dran, aber es macht eben nicht Sinn, das jetzt schon zu arbeiten, dann einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Das machen wir natürlich dann, harmonisieren das und machen das synchron.

Zackes Brustik: Ich weiß, ihr habt auch euren CCF ermittelt, also euren Core Red Carbon Footprint. Ich glaube, zusammen mit einem Professor von der Uni Kiel, wenn ich das bei euch im Blog richtig gelesen habe, das heißt Daten, Daten, Daten. Also ihr habt wirklich ganz genau nachgeschaut, wie eure Umweltkennzahlen aussehen. Was ist da vielleicht Überraschendes herausbekommen? Welche Basis habt ihr da gewonnen für ganz konkrete Maßnahmen? Magst du mal so einen Einblick geben? Und da kommt so ein bisschen die Bundesliga-Travier. Also wo ist der Hebel in einem Fußballverein? Und was kann man vielleicht eigentlich auch übersehen?

Franziska Altenrath: Ja, gerne. Also die CCF-Berechnung hat schon ein bisschen Historie beim Verein. Also es gab es auch schon vor der letzten Runde mal. Aber als ich dann damals an Bord gekommen bin und mir mit dem Team das angeschaut habe, haben wir auch festgestellt, dass da noch relativ viel auf Schätzungen basierte und wir auch das ein oder andere mittlerweile einfach konkreter machen können. Uns hat da auch einiges gefehlt, so dass wir quasi noch mal ganz von vorne angefangen haben und gesagt haben, lass uns noch mal schauen, was wollen wir denn eigentlich alles berechnen und was können wir auch berechnen, weil auch in vielen Bereichen einfach die Datengrundlage noch gar nicht da war und teilweise auch noch nicht ist. Also ein konkretes Beispiel ist die Mobilität unserer Mitarbeiter in die Geschäftsreisen. Also unsere Reisekostenabrechnung ist noch nicht digitalisiert. Was bedeutet, dass es da sehr viele PDFs gab im System, die aber für uns einfach unmöglich gewesen wären auszuwerten.

Franziska Altenrath: Dann hätten wir sonst nichts anderes mehr gemacht. Also so sind wir da vorgegangen und haben dann das zum Beispiel als ein Verbesserungspotenzial fürs nächste Mal mit aufgenommen und dann eben den entsprechenden Fachbereichen Bescheid gesagt, dass wir eben dringend diese Daten brauchen und sie diese Prozesse, wenn möglich, bald anschieben. Was bei der letzten Berechnung dann rumgekommen sind, sind 9000 Tonnen CO2 über Scope 1, 2 und 3. Davon ist der Großteil natürlich der Scope 3. Ich glaube, das sind knapp 6900 Tonnen, die eben allein in Scope 3 anfallen. Tatsächlich ist der Großteil, das ist aber auch nicht überraschend, das haben auch CO2-Bilanzen anderer Fußballvereine schon gezeigt, ist der Hauptteil die Fan-Mobilität mit circa 60 Prozent. Teilweise bei anderen Vereinen, die eine etwas andere Lage haben. Wir haben ja die Innenstadtlage, ist das sogar noch deutlich höher.

Franziska Altenrath: Bei uns sind es 60 Prozent. Die Mannschaftsmobilität hingegen ist relativ gering. Also das waren drei Prozent, wobei wir da jetzt auch noch mal ein bisschen nachschärfen. Unter anderem fehlen da noch ein paar Busreisen, die wir jetzt in der nächsten Bilanzierung dann mit aufnehmen. Aber es wird sich nicht signifikant verändern. Bedeutet, dass eben der große Hebel tatsächlich nicht die Mannschaftsmobilität ist, die ja oft in der Öffentlichkeit besonders im Fokus liegt, weil, also auch noch aus anderen Gründen, so eine Mannschaft hat ja auch irgendwie einen Vorbildcharakter, das kann ich auch total verstehen, aber der wirkliche Hebel ist die Fernmobilität. Merchandise war, glaube ich, mit 10 Prozent circa drin. Catering, wozu unter anderem auch der Bierkonsum gehört, eben auch mit ungefähr der gleichen Menge.

Franziska Altenrath: Genau, was aber ja auch bedeutet, also Der CCF ist ja nicht das Einzige, was es so braucht an Umweltkennzahlen. Ein gutes Beispiel ist dafür die Emissionen, die mit Wasser zu tun haben. Das ist verschwindend gering. Es sind 0, 01 Prozent des Carbon Footprints. Allerdings wissen wir aus jetzt auch relativ neuen Datenerhebungen, dass wir tatsächlich sehr, sehr viel Wasser verbrauchen. Gar nicht mal unbedingt für die Rasenbewässerung, aber insgesamt, wir sind gerade noch dabei zu erheben und zu prüfen, woher das denn eigentlich kommt. Aber es sind so 40 Kubikmeter pro Tag, das ist schon wirklich jede Menge Wasser und das zeigt eben auch, dass wir auf gar keinen Fall aufhören dürfen beim Carbon Footprint.

Zackes Brustik: Megaspannend, also du hast ja schon was angesprochen, Also alle Leute denken beim Profifußball an die Flieger, die von München nach Berlin gehen oder sogar nur die halbe Strecke, vielleicht so von München bis nach Frankfurt und man sich fragt, muss das denn sein? Also auf den ganzen Verein bezogen gar nicht der große Hebel, aber natürlich mega öffentlichkeitswirksam. Was ich mega spannend finde, das stand auch in eurem Bericht auf der Webseite, dass es in Theorie, weil ihr habt ja auch eine Rasenheizung, damit man im Winter trainieren kann und in Theorie wäre es sogar sinnvoller, die Rasenheizung abzuschalten und die Profis in den Flieger nach Südeuropa zu schicken und dort zu trainieren, weil es unter dem Strich wahrscheinlich weniger Footprint ausmachen würde, abgesehen von den Kosten. Also das zeigt ja schon, wie knifflig das ist, das, was die Öffentlichkeit wahrnimmt und das, was der eigentliche Hebel ist, richtig zu kommunizieren, oder?

Franziska Altenrath: Ja, absolut. Also Da werden oft Sachen ein bisschen vorschnell geurteilt, ohne die ganzen Fakten und Daten zu kennen. Es ist natürlich so, dass es unsere Aufgabe ist, Flugreisen möglichst zu minimieren. Das ist aber nicht immer möglich, was vor allem mit Spielansetzungen zu tun hat. Also da müsste man quasi systemisch nochmal ran und vielleicht Spielansetzungen verändern. Genau, Rasenheizung ist ein Riesenthema im CCR, vor allem Rasenheizung, die nicht mit Fernwärme betrieben sind, sondern eben noch mit beispielsweise einer Gasheizung. Da kommt natürlich ordentlich was zusammen. Das ist bei uns im Trainingszentrum aktuell noch der Fall.

Franziska Altenrath: Das sind aber natürlich auch so Sachen, die man nicht besonders leicht verändern kann, weil die immer mit sehr, sehr vielen Investitionen zu tun haben. Und so haben wir da, als dann ja recht viel mediales Interesse rund die Trainingsreise des Trainingcamps auf Mallorca war, haben wir uns das mal angeschaut, wie sich das dann eigentlich verhält und da eben auch erschreckend festgestellt, dass die Flüge jetzt wirklich nicht das ausschlaggebende sind. Wir stattdessen perspektivisch investieren müssen in eine Verbesserung der Emissionen durch die Rasenheizung.

Zackes Brustik: Ganz schnelles Statement vielleicht. Also kam durch die Zahlen was zu Tage, wo ihr gemerkt habt, an die Maßnahme hatten wir noch gar nicht gedacht. Also keine Ahnung, habt ihr euch gedacht, so finden wir irgendwo einen Anbieter von emissionsärmeren Bier oder andere Beispiele. Du hast ja gesagt, allein das Bier macht vier Prozent aus. Kommt ja niemand drauf jetzt erstmal so, wenn man darüber nachdenkt.

Franziska Altenrath: Ja, also fällt mir schwer zu sagen, was jetzt richtig überraschend wäre. Was sicherlich überraschend ist, wie viel wir einfach noch nicht wissen. Wie viel Grundlast wir haben, wie viel Wasserverbrauch, den wir noch nicht genau bestimmen können, weil wir nicht wissen, wo der herkommt. Das sind eben eher so die Sachen, die mich überrascht haben. Also die Menge von Nichtwissen, wo wir uns jetzt eben seit zwei Jahren so Schritt für Schritt durcharbeiten. Aber das ist natürlich ein Riesenberg. Dieses Stadion wurde gebaut zu einer Zeit, wo Nachhaltigkeit, Emissionsreduktion, Dekarbonisierung jetzt noch nicht so ein großes Thema war. Das wurde halt einfach irgendwie möglichst günstig für den Zweck gebaut und für sicherlich auch mit fernkulturellen Aspekten.

Franziska Altenrath: Aber Das sind jetzt einfach so die Schwierigkeiten und wir versuchen da jetzt irgendwie aufzuräumen und dann, wenn möglich, nachzurüsten.

Zackes Brustik: Das ist, glaube ich, eine Situation, in die sich auch sehr viele Vertreter von ganz normalen produzierenden Unternehmen einfühlen können, weil die haben auch irgendwo große Produktionshallen stehen Und in der Regel hat man eben halt einen Zähler am Ende der Halle für den Wasserverbrauch oder dergleichen. Und die Frage ist ja, welche Maschine macht denn tatsächlich den Energieverbrauch oder den Wasserverbrauch? Und ich glaube, ganz viele merken gerade, wow, da müssen wir jetzt nachrüsten, retrofitting machen mit Smart Meter oder was auch immer oder guten Zählern, dann tatsächlich zu wissen, wo wir ansetzen können. Auf all die Themen kommt man ja erst, wenn man zum Beispiel dank des Reports anfängt, ganz konkrete Zahlen zu sammeln, ne?

Franziska Altenrath: Ja, ich wollte noch anmerken, dass es auch super frustrierend ist, diese Arbeit, weil man ja durch die Verbesserung der Datengrundlage noch nichts dekabolisiert hat oder effizienter gestaltet hat. Das heißt, es ist super viel Arbeitsaufwand, der passiert, bevor man überhaupt eine Roadmap hat, einen Plan hat, einen Aktionsplan, einen Maßnahmenplan, der dann letztendlich auch zu den Resultaten führt, die man sich wünscht. Das ist ja schon einigermaßen frustrierend.

Zackes Brustik: Das heißt, ich sag mal, durch dieses Tal muss man einfach durch, weil sonst kommt man halt eben auch nicht zu dem Plan, der dann tatsächlich Wirkung entfaltet. Auf deiner Reise, ich weiß ursprünglich, kommst du aus dem Marketingbereich, hast dich dann noch ein bisschen mehr hier und da weiter fortgebildet, aber wo hast du gemerkt, so wow, hier muss ich wirklich noch mal was lernen in der Umsetzung, wo du sagen würdest, hätte mir da jemand früher gesagt, wäre das unglaublich wertvoll gewesen, an unsere HörerInnen gerichtet zum Beispiel?

Franziska Altenrath: Ich finde es immer total schwer, weil man ja gerade im Nachgang auch oft Sachen, die nicht gut gelaufen sind, gar nicht mal so negativ bewertet, sondern sagt, da habe ich auch richtig was gelernt. Und Deswegen fällt mir das schwer zu beantworten. Ich glaube, mir ist noch wichtig zu sagen, dass ich wirklich den kleinsten Teil meiner buchlichen Karriere im Marketing verbracht habe. Das ist überhaupt nichts gegen Marketing, aber ich glaube, zur Einordnung ist das nochmal wichtig. Das waren wirklich nur so die ersten anderthalb Jahre nach der Ausbildung. Ich glaube, was ich beim FC St. Pauli sehr stark gelernt habe und was glaube ich etwas ist, wovon ich immer zährend werde, ist, wie man Menschen mit einbezieht in Prozesse, in Entscheidungen und denen ja die Aufmerksamkeit Schenkt und von denen lernt, dann eben Sachen wirklich richtig gut zu machen. Das passiert beim Verein ganz, ganz automatisch, weil der so funktioniert und nicht anders.

Franziska Altenrath: Aber dieses Management, der Stakeholder ist tatsächlich etwas, was man hier, glaube ich, lernt wie an keinem zweiten Ort.

Zackes Brustik: Wenn wir das nochmal kurz ergänzen, also du sagst, kleinster Teil war Marketing, eine Station dabei war, aber das ist jetzt auch schon, ich glaube, über zehn Jahre her bei dir, ne? Du warst mal vier Jahre bei Daimler, auch kein kleiner Konzern, ne? Dann machst du eine Beratung, hast wahrscheinlich da einen Einblick in viele andere Konzerne bekommen oder auch Unternehmen. Und wenn du jetzt sagst, bei euch ist die Partizipation eben der Fans unglaublich wichtig und die größte Abteilung sind ja bei euch, hast du vorhin auch schon angedeutet, die fördernden Mitglieder, was euch nochmal einmalig macht. Wenn du das vergleichst mit deinen vorherigen Unternehmensprojekten außerhalb des Fußballs, lässt sich davon was übertragen auf normale Kunden oder Kundinnen oder ist das einfach zu speziell im Fußball?

Franziska Altenrath: Ne, das würde ich nicht sagen. Also so anders ist es dann doch nicht. Also die meisten Unternehmen, die ich auch beraten habe zur Nachhaltigkeit, wollen ja besser werden im Bereich Nachhaltigkeit und haben eben die Herausforderung zu identifizieren, was machen sie, wann, wie, mit welcher Intensität und in welche Reihenfolge. Und das ist bei uns ja ganz genau so. Nur dass bestimmte Themen eben auch mit Gruppen versehen sind, die diese Interessen dann eben auch tragen. Und es ist eigentlich ein großes Glück, dass wir das haben beim FC St. Pauli, weil das ja auch ein unheimlicher Schatz ist an Erfahrungen, an Wissen, was wir dann nicht uns selbst aneignen müssen oder irgendwie teuer einkaufen müssen, sondern da mit den Menschen gemeinsam Sachen gestalten können, die wiederum auch eine Selbstwirksamkeit spüren und auch das Gefühl, ihren eigenen Verein mitgestalten zu können. Also es ist irgendwie eine absolute Win-Win-Situation auf beiden Seiten.

Franziska Altenrath: Und ich glaube, das ist wirklich anders. Ich glaube, bei einem klassischen mittelständischen Konzern, wenn man da mal irgendwie versucht zu ermitteln, was ist denn unseren Kunden eigentlich wirklich wichtig im Bereich Nachhaltigkeit. Da hat man vielleicht so eine Rücklaufquote von, weiß ich nicht, zwei bis drei Prozent. Und wenn wir unsere Fans und Mitglieder fragen, was ist euch wichtig, dann bekommen wir da auch die Antworten.

Zackes Brustik: Es gibt noch viele Themen, wo wir deutlich tiefer eintauchen könnten. Aber ich habe es am Anfang versprochen. Ein Deep Dive über grob eine Stunde. Die haben wir gleich schon erreicht. Zum Abschluss daher. Eure große Vision ist, ihr wollt Gesellschaft verändern. Wie viel Gesellschaft habt ihr schon verändert mit dem FC St. Pauli?

Franziska Altenrath: Ich finde es total gut, dass du da nochmal hinkommst, weil ich vorhin eben auch gedacht habe, ich würde gerne nochmal sagen oder klarstellen, dass gesellschaftliche Wirkung ganz viel mit Fußball zu tun hat. Dass es nicht etwas ist, was irgendwie, Wir benutzen nicht den Fußball, das zu machen, sondern der Fußball an sich, nicht unbedingt das wirtschaftliche Geschäftsmodell, das dahinter steht, sondern das Zusammenbringen von Menschen, die eben für diesen Verein brennen, die sich die Spiele ansehen, die dieses gemeinsame Interesse herum Gruppen bilden, soziale Verbindungen aufbauen, sich gegenseitig unterstützen, solidarisch zeigen mit den Werten des Vereins. Das ist eben ganz direkt verbunden mit dem Fußball. Und ich glaube, da hat der FC St. Pauli ganz, ganz viel getan gesellschaftlich, nicht nur in Hamburg und St. Pauli, sondern auch darüber hinaus, hat sich immer wieder positioniert für unterschiedliche Themen, für Stärkung von Demokratie, Antifaschismus, für Vielfalt und Inklusion, für Teilhabe, für Selbstbestimmung, für Mitwirkung. Und da, glaube ich, kann der Verein sehr, sehr stolz drauf sein, mitsamt Mitgliedern und Fans.

Zackes Brustik: Vielen Dank, Franzi, dass du dir die Zeit genommen hast, obwohl du gerade mittendrin bist in einem Prozess, bei dem sehr viele vielleicht noch Angst vor haben und den erst mal noch auf nächstes Jahr verschoben haben, da dir die Zeit zu nehmen, wirklich einzutauchen, zu erklären, wie ihr vorgeht bei euch im FC St. Pauli, was euch so einmalig macht und wie ihr das aber extrem robust umsetzt mit klaren Prozessen dahinter, klaren Verantwortlichkeiten und einem sehr klaren Plan. Und das unter Beteiligung von Tausenden von Mitgliedern und Fans. Sehr, sehr beeindruckend. Vielen Dank für deine Zeit.

Franziska Altenrath: Sehr, sehr gerne.

Zackes Brustik: Und damit sind wir schon am Ende dieser Folge. Wenn ihr die nächste Folge auf keinen Fall verpassen wollt, dann vergesst nicht in eurer Podcast App auf den Abonnieren Button zu klicken. Und natürlich könnt ihr euch sowohl mit Franziska als auch mir auf LinkedIn vernetzen. Franziska Altenrath, Den Link gibt es in den Shownote, auch den Link zu meinem Profil gibt es in den Shownote. Ich freue mich drauf, das Thema dieser Folge und auch alle anderen Folgen auf LinkedIn nochmal zu diskutieren. Immer ein paar Tage nach der Folge kommt der Post dazu. Also lasst uns das Thema raustragen. Wenn ihr Fragen habt, ist dann der Post zu dieser Folge auch die Gelegenheit, nochmal Fragen direkt an Franzi zu stellen.

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