#71 Omnibus und dann?! Die Post-CSRD Strategie jenseits von "Bürokratiemonster"-Mythen.

Shownotes

Das Gerangel um die EU Omnibusregulierung wirft für Nachhaltigkeitssverantwortliche große Fragezeichen auf und droht bisherige Nachhaltigkeitstrategien über den Haufen zu werfen.

In dieser Folge gibt es daher einen ungeschönten Blick in die Umsetzung der CSRD-Berichtspflichten. Und zwar mit einem Profi, der offen aus dem Maschinenraum berichtet. Was hat die EU verbockt? Wo liegen die echten Schmerzen der großen und kleinen Unternehmen? Und warum fallen deutschen Mittelständlern dann doch regelmäßig die Kinnladen runter, wenn sie erst mal durch die Doppelte Wesentlichkeits- und Klimarisikoanalyse durch sind?

Anja Schröder ist seit über drei Jahrzehnten Expertin für Nachhaltigkeitskommunikation und steckt seit drei Jahren als Beraterin tief in der Umsetzung der CSRD-Berichtspflichten für Mittelständler. Sie erklärt mir, warum es elementar ist in dem lauten Getöse Mythen und Klientel-PR von berechtigter Kritik unterscheiden zu können. Und sie ordnet die größten Mythen ein:

⚡️ 1.200 Datenpunkte - wie soll das gehen?! ⚡️ Wer liest überhaupt Nachhaltigkeitsberichte? ⚡️ Die CSRD bremst unsere Wettbewerbsfähigkeit!

Diese Folge hilft Dir als Nachhaltigkeitsprofi dabei, ein gutes Narrativ für die eigene Organisation aufzubauen. Denn sollten am Ende der Verhandlungen die verbindlichen Nachhaltigkeitsziele des Green Deals wegfallen, brauchen Sustainability Manager gute Argumente, um weiterhin an den Datenschatz zu kommen, den es für Risikoabwägungen und belastbare Zukunftsstrategien braucht.

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Anja Schröder: Da haben die ganz großen Unternehmen natürlich auch zu Recht im Strahl gekotzt, weil sie waren dann schon halb vorbereitet und hatten dann aus diesen 287 Seiten ihre Datenpunkte abgeleitet und in Excel-Listen überführt, Weil, ha ha, Unterstützungsangebote, Tools, alle Hilfeleistungen, die man eigentlich haben muss, so ein dickes Ding auch zu verstehen und operationalisieren zu können, das gab es eben am Anfang alles nicht.

Zackes Brustik: In dieser Folge geht es dem Bürokratie-Monster rund die CSRD, CS Triple D und EU-Taxonomie an den Kragen. Ab dem 26. Februar liegen die Vorschläge der EU zur Omnibus-Verhandlung auf dem Tisch. Und dann beginnt das große Gezerre. Die einen wollen an den verbindlichen Klimazielen des Green Deals festhalten, die anderen wollen ihn vermutlich sogar weitestgehend schreddern. Harte Zeiten für ambitionierte Nachhaltigkeitsverantwortliche. Willst du für dein Unternehmen in den kommenden Monaten eine belastbare Strategie vorantreiben, musst du intern einordnen können, was an der Diskussion valide Argumente sind und was rein interessensgetriebene Mythenbildung ist. Daher gibt es in dieser Folge einen tiefen Einblick in den Maschinenraum der CSRD Umsetzung.

Zackes Brustik: Anja Schröder ist Spezialistin für Nachhaltigkeitskommunikation und arbeitet für Impact Strategies, einer Transformationsberatung aus dem Karlsruher Raum. Wer ihr auf LinkedIn folgt, weiß, sie bohrt sich extrem detailversessen in alle Nachhaltigkeitsthemen ein. Und sie wird mir ungeschönt einordnen, wo es in der Praxis mit Unternehmen in der Umsetzung der Berichterstattung bisher richtig geknirscht hat, wo Unternehmen unter Stress kommen und was es andererseits für Narrative braucht, damit Unternehmen trotz all dieser Widrigkeiten und Schmerzen das eigentlich Wichtige im Blick behalten, nämlich die eigene Zukunftsfähigkeit. Mit dieser Folge kannst du dich mit Argumenten und Narrativen aufmunitionieren, die es dir ermöglichen, dir den Datenschatz im Unternehmen zu erschließen, den du brauchst, es zukunftssicher aufzustellen, unabhängig davon, wie die Reportingpflichten am Ende ausfallen werden. Und damit herzlich willkommen bei Gewinne Zukunft, dem Nachhaltigkeits-Podcast für Pioniere und Professionals. Mein Name ist Zakkes, Ich freue mich enorm, dass ihr mit an Bord seid. Wie immer abonniert den Podcast in eurer App, damit ihr keine der kommenden Folgen verpasst und abonniert auch mein brandneuen Newsletter. Zakkes.com slash Newsletter, den Link gibt es natürlich in den Shownotes.

Zackes Brustik: Da kriegt ihr alles mit, was ich in meinem Netzwerk hinter dem Podcast noch an Trends aufsammle, was ich von Konferenzen mitnehme und das ein oder andere Statement, das vielleicht nicht ganz so offiziell im Panel selbst gesagt wird, sondern dann eher vertraulich im Hintergrund. Also kommt an Bord beim Newsletter zackes.com slash Newsletter. Los geht's. Liebe Anja, richtig klasse, dich ein zweites Mal zu Gast zu haben im Podcast. Ich freue mich schon enorm auf die Folge. Die wird anspruchsvoll und sehr erkenntnisreich.

Anja Schröder: Vielen Dank für die Einladung, Zackes.

Zackes Brustik: Du bist schon richtig lange dabei, machst es wirklich wortwörtlich Jahrzehnte. Und ich glaube, in diesen Jahrzehnten hat sich natürlich viel getan, aber gerade die letzten drei Jahre unglaublich Dynamik, erst richtig viel nach vorne, jetzt wieder richtig viel zurück bei der Pendelbewegung. Wie geht es dir da so als Nachhaltigkeitsberaterin, die eigentlich mit richtig viel Werf am Start ist?

Anja Schröder: Ich habe ein kleines bisschen Schleudertrauma, das teile ich garantiert mit vielen meiner Kollegen und Kolleginnen, aber es hilft nichts, da müssen wir jetzt durch.

Zackes Brustik: Dann gib mal kurz einen Einblick. Also die Omnibus-Verhandlungen, wie sie ausfallen, wir zeichnen ein paar Tage bevor dann wirklich auf dem Tisch liegt, worum es gehen soll, auf, ist aber auch unabhängig davon, weil es geht nicht die Details, die dann diskutiert werden, es geht den großen Prozess. Es geht die Schmerzen, die das ganze bisher ausgelöst haben. Es geht vielleicht die ein oder andere Hintenagenda dahinter und es geht darum, wie sich Unternehmen vor allem unabhängig davon machen. Das heißt, gib uns mal einen ungeschönten Einblick in den Maschinenraum, in der Umsetzung, die du in den letzten Monaten und Jahren da erlebt hast.

Anja Schröder: Sehr gerne. Ich würde gerne damit anfangen, dass ich in der Beratung rund die CSRD seit zwei Jahren arbeite. Den EU-Green Deal seit 2019 auf dem Schirm habe, aber Jahrzehnte im Bereich Nachhaltigkeitskommunikation und Umweltwissenschaften unterwegs bin, weil beides habe ich studiert. So, was wir ganz oft merken, wenn wir mit Unternehmen sprechen, die dann sagen, Gottes Willen, wir müssen nach CSRD berichten, das ist so viel zu tun. Was machen wir jetzt? Fangen wir ganz oft damit an, überhaupt mal abzufragen, was ihre eigene Kenntnis von Nachhaltigkeit ist. Du und ich, wir wissen das, die zehn großen Meilensteine, angefangen von Karlowitz und dem Begriff der Nachhaltigkeit, über Brundtland, über Rio, Kyoto und Paris, über Planetary Boundaries, über Donutökonomie, über SDGs. Das ist ja der Pfad, der über 100 Jahre 2019 in den EU-Green Deal geführt hat. Und ich sage dir, von diesen Meilensteinen kennen in den Unternehmen ganz oft die Menschen, die am Ende dafür verantwortlich sind, dass über Nachhaltigkeit berichtet wird oder auf Nachhaltigkeitsstrategie ausgerichtet wird, die kennen das nicht.

Anja Schröder: Und du musst dir vorstellen, da kommt jetzt so ein Regelwerk von der CSRD mit 287 Seiten Juristendeutsch auf einen Menschen zugeklatscht, der keine Kontextinformationen, kein historisches Verständnis von Nachhaltigkeit hat und mit einmal berichten muss, ob sein Unternehmen negative Auswirkungen hat über invasive Arten. Das ist echt ein bisschen vielverlangt.

Zackes Brustik: Also das heißt, den Menschen, die im Unternehmen auf die CSRD reagieren sollen, fehlt komplett der Kontext, das einordnen zu können. Und das hängt ja auch davon ab, in was für einem Unternehmen sie sind. Die ganz großen früher betroffen, die mittleren ein bisschen später, die kleinen, die sind jetzt zu spät dran sozusagen. Was löst das dann da aus und was habt ihr beobachtet, wie die damit umgehen, wie die Widerstände sind oder die typischen Reaktionen sind in den letzten gerade zwei Jahren, vielleicht seit 23?

Anja Schröder: Spannende Frage. Also als erstes berichtspflichtig auf das Jahr 2024 sind ja die großen AGs geworden, die in der Vergangenheit schon verpflichtet waren, eine nicht finanzielle Erklärung abzugeben, was ja im Grunde eine Nachhaltigkeitserklärung ist. Und diese sehr großen Unternehmen, Die haben sehr viele Mitarbeiter, haben sehr hohe Umsätze, haben unter Umständen auch sehr komplexe Wertschöpfungsketten. Die waren jetzt als allererste dran. Die haben in der Regel aber auch schon ein Team, das vorher die nicht finanzielle Berichterstattung gemacht hat, unter Umständen im Format des GRI oder im Format des DNK oder in anderen Formaten. Für die war das nicht ganz neu. Die haben auch relativ früh angefangen und die haben auch angefangen, bevor also das finale Set der European Sustainability Reporting Standards, der ESRS, im Juli 2023 verabschiedet war. Die haben sich also schon vorher angefangen, darauf vorzubereiten, weil so ein Riesentanker mit vielen Daten, Das geht nicht in einem Quartal.

Anja Schröder: Und auf dem Weg zur Finalisierung der Berichtspflicht, was Set1 heißt, gab es dann auf der allerletzten Linie noch mal Änderungen. Und da haben die ganz großen Unternehmen natürlich auch zu Recht im Strahl gekotzt, weil sie waren dann schon halb vorbereitet und hatten dann aus diesen 287 Seiten ihre Datenpunkte abgeleitet und in Excel-Listen überführt, weil, ha ha, Unterstützungsangebote, Tools, alle Hilfeleistungen, die man eigentlich haben muss, so ein dickes Ding auch zu verstehen und operationalisieren zu können. Das gab es eben am Anfang alles nicht. Also die ganz großen Unternehmen haben alle parallel zueinander angefangen, sich in diese Berichtspflicht hineinzunerden. Dann gab es nochmal ein Turnover, dann haben sie wieder fast bei Null angefangen, dann mit sehr viel Grauzone in der Auslegung, sehr viel Fragezeichen bei den Beratungshäusern, unreifen Softwarelösungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die auch noch nicht den goldenen Löffel gefunden hatten, sich auf ihre Berichtspflicht vorzubereiten. Und das bringt keinen Spaß.

Zackes Brustik: Das heißt da großes Frustpotenzial. Daher vielleicht, wir kommen später, tauchen wir wirklich tief ein, Was will die EU mit Omnibus erreichen? Und was sind so die Kernargumente oder Mythen? Aber das heißt, hier kann man schon mal sehen, da entsteht so das Bild, das kostet uns Geld, die EU weiß nicht, was sie will, es geht hin und her, Frust. Das waren die großen Unternehmen, die vielleicht schon mit einem Team aufgestellt sind. Kurz später folgten die Unternehmen, die eher so vielleicht ein bisschen kleiner waren, vielleicht das Team nicht haben. Wie haben die reagiert? Was haben die sich vielleicht auch für Fehleinschätzungen geleistet oder was kam da bei euch im Zusammenspiel mit Beratungen an?

Anja Schröder: Da ist die Spanne ganz groß. Auf das Jahr 2024 werden sehr, sehr, sehr viele Unternehmen in der EU berichtspflichtig und zwar alle großen Unternehmen, die mehr als 250 Mitarbeitende haben, 50 Millionen Umsatz, 25 Millionen Bilanzsumme. Das sind so die drei Schwellenwerte. Zwei davon muss man erfüllen, dann wird man CSRD-berichtspflichtig. Und da sind insbesondere am unteren Rand, also die, die so gerade in diese Berichtspflicht reinrutschen, sehr viele kleinere der mittleren Unternehmen dabei, für die Nachhaltigkeit einfach noch nie ein Thema war. Das heißt, wir nennen das, das sind im Nachhaltigkeitskontext und im Reporting-Kontext unreife Unternehmen. Und auf sehr unreife Unternehmen dehnen es an Ressourcen, Geld und Menschen, Daten, Prozesse, Kontext, Verständnis. Also auf diese Unternehmen knallt jetzt diese CSRD mit einem sehr, sehr, sehr breiten, ambitionierten Spektrum.

Anja Schröder: Also es gibt zwei Strategien. Einmal Panik, oh Gott, da kommt was auf uns zu. Wir haben überhaupt keine Ahnung und kein Personal. Wir schmeißen da Geld drauf. Also in der letzten Hälfte 2023, in der ersten Hälfte 2024 gab es Deswegen auch diese großen Beratungsmandate, wo die Beratungshäuser auch doppelte Wesentlichkeitsanalysen für 50 oder 70 oder 80.000 Euro verkaufen konnten. Oder eben CSRD-Begleitung, die 100, 200, 250.000 Euro kosten. Und das ist natürlich ein Kostenpunkt. Und wenn die Unternehmen sagen, das kostet richtig viel Geld, dann haben sie so gesehen natürlich auch recht.

Zackes Brustik: Das heißt auch, die waren ein kleines bisschen auch den Beratungshäusern ausgeliefert, weil selbst völlig überfordert, kennen das Thema noch nicht, suchen verzweifelt händeringend für die regulatorische Deadline eine Lösung, weil vielleicht sogar Angst vor Strafzahlung oder dergleichen. Und weil du's noch nicht einordnen kannst, kannst du vielleicht doch einfach nehmen, was auf dem Tisch liegt.

Anja Schröder: Das zum einen, und zum anderen, da muss man Beratungshäuser ein bisschen auch in Schutz nehmen. Auch Beratungshäuser haben ja zu dem Zeitpunkt keine Tools, keine Unterstützungsangebote, keine Vereinfachung, keine fest etablierten Prozesse, keine Vorlagen, keine Branchenwesentlichkeitsanalysen, keine Vergleichserkenntnisse. Die haben ja auch bei Null angefangen. Und wenn du ein Thema komplett für die Beratung bei Null neu aufbauen musst, kostet das einfach Geld. Das kostet eben auch die Beratungshäuser, Personal und Geld. Und dieser Wissensaufbau, den kannst du nicht komplett kostenlos dann an die Unternehmen weitergeben. Das ist eine Umlegungssache dann.

Zackes Brustik: Das leuchtet absolut ein. Aber was sich schon abzeichnet ist, egal in welcher Ecke, ob Unternehmen, Beratungshaus oder auch Regulation. Wir sind eigentlich bei fast allem live in der Beta-Version dabei und kreieren es gemeinsam.

Anja Schröder: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir hatten im Vorfeld darüber gesprochen. Das ist etwas, was ich auch in Vorträgen und in Unternehmensgesprächen immer mitnehme, für Regulation zu werben und auch für die CSRD zu werben, anzuerkennen, dass dieses sehr ambitionierte Paket des EU Green Deal, wo die CSRD ein Teil ist, ja eigentlich in der allerersten Version erst vorliegt und sich in vielen, vielen Fachgruppen bei der eFRAG Spezialisten damit auseinandergesetzt haben, was in diesem Thema dieses Standards wichtige Informationen wären zu wissen, damit wir über die Wirtschaft, über die Unternehmen, über die EU Transparenz hineinbekommen, eben auch Ordnungspolitik und Investitionen so aussteuern zu können, dass wir all die Themen, die bei uns im Argen liegen und die transformiert werden müssen, bestmöglich unterstützen. So, die CSRD ist in einer Beta-Version. Die ganzen Beratungsangebote sind erst im Entstehen. Das ist also auch Beta. Alle Beratungshäuser lernen mit ihrem Kunden ein Stück weit, wie man es besser beraten, einfacher beraten und auch produktiver beraten könnte. Und auch die WPs sind in einer Beta-Version.

Anja Schröder: Auch die WPs müssen erst aufbauen. Wie prüfen wir das? Was macht Sinn? Was ist zu viel? Was ist zu wenig? Und auch die Softwareanbieter, da geht der Trend ja hin. Wir werden irgendwann in Regelprozesse übergehen und möglichst viel automatisieren. Und auch die Softwareanbieter reagieren auf die Beta-Version des Gesetzes und die Beta-Version der Beratung und Beratungsunterstützung mit Software, die selbstverständlich auch in einer Beta-Version ist. Und so gibt es sehr viele Software am Markt, die in der Regel sehr gut ist, aber eben nicht perfekt. Und jeder Kunde, der eine Software im Einsatz hat und frustriert ist, weil sie an Probleme stoßen, hey, cut them some slack und entwickelt das bitte gemeinsam weiter.

Zackes Brustik: Also das heißt auch da, so ehrlich muss man sein, wahrscheinlich haben sehr viele Softwareanbieter einfach overpromised, möglichst sich schnell den Claim zu holen, zu sagen, okay, wir wachsen schnell, oft wie sie es im Hintergrund und dann geht es erstmal darum, möglichst viele Kunden in die Kartei zu holen und wenn man sich die Leads gesichert hat, den Claim gesteckt hat, dann versucht man hinten raus zu patchen und zu liefern. Aber das heißt, ich sag mal so, du hast bestimmt eine faire Einordnung, aber es war auch ein bisschen viel shady Business mit dabei.

Anja Schröder: Ja, jetzt sag ich mal ganz ketzerisch, ne, the business of business is business und was dann an negativen Impacts erzeugt wird, das ist Kollateralschaden. Ja, ich glaub, grundsätzlich, ich bin eine absolute Verfechterin von Digitalisierung und Twin Transformation und Agent AI und was es da alles gibt, weil uns das Transparenz in die Blackboxen unserer Lieferketten und unserer Unternehmen bringen wird, die wir brauchen. Wir brauchen Licht im Dunkeln, transformieren zu können. Da geht kein Weg dran vorbei. Wo bin ich ein bisschen kritisch mit all den Anbietern im Markt? Sie haben dann im letzten Jahr den Unternehmen erzählt, ihr braucht die teuren Beratungshäuser ja alle gar nicht, weil wir haben eine Software und damit seid ihr dann fein raus. Und dann gehen also Unternehmen, denen es immer noch an Prozesskompetenz fehlt in-house, weil die haben die 287 Seiten immer noch nicht gelesen, sie haben sie immer noch nicht verstanden, sie haben sie immer noch nicht angezogen wie eine Jacke und das, please read the freaking manual, das ist der allererste Schritt im Unternehmen, überhaupt verstehen zu können, ob eine Beratung gut ist, ob ein Wirtschaftsprüfer fair prüft und ob ein Software-Tool das Richtige ist für mein Unternehmen. Damit fängt es an. Das ist CSRD Literacy im Unternehmen.

Anja Schröder: So, und das Fatale war jetzt, die Unternehmen haben gedacht, okay, wir haben jetzt einmal durchgeblättert und die Software sagt, das ist alles ganz easy, automatisierte DWA und dann geht es zum Datenpunkt. Und dann haben sie eine Software gekauft und dann stehen sie da und können es trotzdem nicht, weil du Prozesswissen brauchst, wie du deine doppelte Wesentlichkeitsanalyse machst, weil es auch keinen linearen Weg von den wesentlichen Impacts, Risks und Opportunities zum Datenpunkt geht. Die eFRAG sagt dann immer an vielen Stellen, you have to implement judgment. Aber was dann das Judgment ist, das ist alles graubereich und dir selber überlassen. Und du musst, wenn du Judgment anwenden willst als Unternehmen, einfach Bescheid wissen, was eigentlich Phase ist und was gefordert ist. Und Viele Unternehmen haben das nicht gemacht und können deswegen eigentlich den richtigen Mehrwert von Software auch noch gar nicht schöpfen.

Zackes Brustik: Das heißt, es braucht wirklich jemanden im Unternehmen, das kann man nicht abgeben, der die ganzen ESRs im Detail einmal durchgelesen hat, weiß, was da steht und dann Fragezeichen hat. Und im besten Fall, das hat sich ja schon bestens erwährt, egal ob bei Beratung regional wie in Stuttgart angeboten oder sonst wo, das Beste sind Kohortenbilden mit anderen Peers, sich da gemeinsam durcharbeiten. Im besten Fall sogar innerhalb der Branche zu merken, wie legt ihr das aus, können wir uns darauf einigen. Du hast schon die DWA angesprochen. Wir hatten auch ein großes Problem in Deutschland, da war einfach das CSRD-Umsetzungsgesetz ja mega verschoben im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Dänemark und schon voll raus. Und da wird es jetzt nämlich spannend, bevor wir, und ich habe es schon zweimal geteasert, zu den großen Mythen kommen, da sind die ersten Aha-Momente entstanden, oder? Also wir haben jetzt gehört, es kostet viel Geld, ich muss Leute reinschieben, vielleicht bin ich sogar Softwareanbietern oder Beratungen ausgeliefert, wenn ich mich nicht selber genug ausschlaue. Aber hinter all diesen Schmerzen wartet eine lohnenswerte Oase.

Zackes Brustik: Was kannst du aus dem Ausland berichten, die uns wie in vielen anderen Nachhaltigkeitsthemen wieder einen Schritt voraus sind?

Anja Schröder: Ja, wir haben natürlich mit Spannung darauf gewartet, tatsächlich die ersten Berichte zu lesen, an den Berichten zu lernen. Und wir sehen das Ergebnis der ersten Berichte. Wir sehen lebende Beta-Versionen. Und das sollte vielen Unternehmen auch Stress und Schmerzen machen. Es wird der erste Bericht nicht perfekt sein. Und vielleicht auch der zweite und der dritte noch nicht, sondern wir granulieren und iterieren uns alle gemeinsam in die Thematik hinein. Und der Standardsetzer hat das auch so vorgesehen, weil in den ersten drei Jahren nur mit Limited Assurance geprüft werden soll. So, und dann frage ich mich, okay, wenn Dänemark, die Unternehmen aus Dänemark, CSRD berichten können, Warum muss dann die deutsche Wirtschaft sagen, das kriegen wir nicht hin und das ist viel zu viel und dann kommt Habeck mit der Kettensäge.

Anja Schröder: Das erfreut mich nicht. Was sehe ich auch gerade bei den sehr großen Unternehmen, Da kommen die Statements der Unternehmen, die sagen, hurra, wir haben den ersten CSRD-Bericht fertig. Blut, Schweiß und Tränen. Viel Geld, viel Menschen. Und du findest nahezu in jedem dieser Beiträge das Aber. Und das Aber heißt, Im Verlauf dieses Prozesses, doppelte Wesentlichkeitsanalyse, Bestimmung der wesentlichen Themen, Offenlegung der relevanten Datenpunkte, haben wir Informationen über unser eigenes Business-Modell, über unsere eigene Wertschöpfungskette erhalten, die wir ohne diesen Prozess nicht bekommen hätten. Und das sind in der Regel wertvolle Informationen, die in der Strategie genutzt werden können, das Business-Modell zu verändern, zu verbessern und zukunftsfähiger, nachhaltig zukunftsfähiger aufzustellen. Und ich frage immer ganz ketzerisch die Unternehmen, habt ihr ein Kenntnisgewinn gehabt? Und bisher hat sogar jedes Unternehmen, das knallhart gesagt hat, bitte nur Compliance, ein Kenntniszugewinn gehabt und selbstverständlich Nutzen, die den Kenntniszugewinn.

Anja Schröder: Und ich sage immer, also du kannst ignorant bleiben im CSRD-Prozess und immer noch dein Businessmodell durchlaufen lassen wie bisher. Also du kannst ignorant bleiben, aber du kannst nicht dumm bleiben. Du wirst mit sehr viel Sophistication des Standardsetzers, und ich möchte die da alle mal in Schutz nehmen, du wirst implizit durchgeführt, dir anzugucken, welche negativen und positiven Auswirkungen dein Unternehmen hat. Du wirst implizit darauf hingewiesen, ob dein Unternehmen abhängig ist von Naturressourcen oder anderen Umweltaspekten. Du wirst implizit darauf hingewiesen, dass es sinnvoll wäre, im Kontext einer sich verändernden Welt ein Risikomanagement aufzusetzen auf diese sich verändernden Umweltfaktoren. Und das hat es vorher halt in der Form nicht gegeben.

Zackes Brustik: Da werden wir jetzt richtig Fleisch drauf packen, weil klar in Dänemark sind sie wegen dem Umsetzungsgesetz zum Beispiel einfach schneller als hier, aber ihr habt ja auch hier in Deutschland, ihr und viele andere Beratungen mit Mittelständern schon diesen Prozess durchlaufen und da sind denen tatsächlich die Kinnladen runtergefallen, als sie gemerkt haben, hol da die Waldwehe, Was passiert da mit unserem Produkt in ein paar Jahren, wenn der Klimawandel sich so weiterentwickelt? Da tauchen wir gleich ein. Eins vorneweg, du hattest nämlich gesagt, es gibt die ersten CSRD-Berichte da draußen und super spannend, du hast mir eine Liste gezeigt, die offen verfügbar ist, die von eurer Community erstellt wurde zur Listung der verfügbaren CSAD-Berichte. Unglaublich wertvoll, zu schauen, wie andere Unternehmen das machen. Und jetzt kommt der Catch, anstatt diese Liste in die Shownotes zu packen, bin ich ein bisschen gemein, die wird es nur geben, wenn ihr euch den Newsletter holt. Zackes.com slash Newsletter. Eine unglaublich coole Liste, die Anja und ihre ganzen Peers zusammengetragen haben. Wenn ihr da ran wollt, holt euch den Newsletter zackes.com slash Newsletter. Ihr kriegt sie dann in der Response Mail.

Anja Schröder: Ich möchte das korrigieren. Ich habe da nicht beigetragen, sondern ich bin Nutznießende und feier das.

Zackes Brustik: Du feierst das und warum das so wichtig ist, auch so kooperativ ranzugehen, kommen wir auch nachher. Aber jetzt ganz schnell. Also ihr arbeitet mit Kunden, die gehen durch die DWR und da sind Stadtwerke, da sind Logistiker und plötzlich fällt denen die Kinnlade runter und sie merken, hui, ist ein echtes Problem, müssen wir uns mit befassen. Warum?

Anja Schröder: Das Stadtwerke-Beispiel ist ein sehr schönes Beispiel. Mit Stadtwerken haben wir übrigens im letzten Jahr einen CSRD-Konvoi durchgeführt, weil die Konvois nicht nur in der Community einen großen Mehrwert haben, Sie helfen Unternehmen eben auch, diese CSRD-Berichtspflicht zu knacken, zu einem richtig günstigen Preispunkt. Das ist eine Win-Win-Situation für die Beratungshäuser, für die Unternehmen und für die einzelnen Mitarbeitenden im Unternehmen. Stadtwerke. Also, wir feiern uns in Deutschland ja dafür, dass überall in Deutschland du den Wasserhahn in einer Wohnung aufmachen kannst und dann kannst du das Glas drunter halten und dann hast du Trinkwasser. Und das ist ein ganz großes Naturkapital, das wir haben. Stadtwerke stellen Trinkwasser zur Verfügung. Diese Trinkwasserleitungen werden gespeist aus natürlichen Gewässern in der Regel.

Anja Schröder: Und diese Trinkwasserleitungen liegen so tief im Boden, dass da, wo diese Trinkwasserleitungen im Boden liegen, so sechs Grad sind. Und sechs Grad, das ist so ein Tipping-Point. Wenn es da drunter liegt, dann ist die Keimentwicklung, die wir ja nicht haben wollen, im Trinkwasser möglichst gering. Wir haben natürlich mit den Stadtwerken, weil sie auf den Klimawandelstandard E1 berichten müssen, eine Klimaszenarioanalyse und eine Klimarisikoanalyse durchgeführt. Klimaszenarioanalyse für zum Beispiel die Reinebene, die Oberreinebene bedeutet, dass, wenn wir den Pfad der aktuellen Entwicklung nicht verlassen, der Sommer einfach immer wärmer wird und die Anzahl der richtigen, richtigen, richtigen Hitzetage immer mehr wird. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die Temperatur im Boden. Und bei einem der Stadtwerker kam dann Runzeln auf die Stirn und ich habe gefragt, hey, was ist Sache? Und dann hat er gesagt, das müssen wir tatsächlich überprüfen, welche Folgen das für die Bodentemperatur hat und ob diese deutlich steigenden Temperaturen die Bodentemperatur signifikant verändern werden, da wo wir unsere trinkwasserführenden Rohre haben. Und wenn wir da über sechs Grad kommen, dann gibt es nur zwei Wege.

Anja Schröder: Wir müssen anfangen mehr zu chloren oder anders zu desinfizieren oder wir müssen aufgraben und die Rohre tiefer legen. Und beides sind Klimawandelfolgenkosten und dann kannst du in Opportunitätskostenrechnung gehen. Wie viel würde es uns kosten, den Klimaanstieg zu begrenzen oder wie viel wird es uns kosten, auf den Klimawandel reagieren zu müssen, indem wir alle unsere trinkwasserführenden Leitungen tiefer in der Erde vergraben müssen.

Zackes Brustik: Und da ist ja das Problem, kleine Seitnotiz, die Bodentemperaturen, die regionalen Temperaturen im Sommer ändern sich ja dann nicht 1, 5 oder 2 Grad, sondern punktuell 6 oder 8 Grad, weil der Klimawandel sich ja regional unterschiedlich entfaltet. Okay, das ein Beispiel. Du hattest auch noch ein super Beispiel von dem Logistiker, also auch wieder so eine ganz typische, ich sag mal systemrelevante Geschichte in Deutschland. LKWs fahren durch Deutschland, Züge fahren durch Deutschland, Schiffe fahren durch Deutschland. Brauchen wir jetzt, brauchen wir in Zukunft. Auch die ein handfestes Problem im Klimawandel, oder?

Anja Schröder: Ist genau das gleiche Thema gewesen. Ich habe einen regionalen Logistiker in der Beratung, der trimodale Logistikleistung anbietet, also Binnenschiff, Schiene und Straße Und der überhaupt nicht CSRD-berichtspflichtig ist, aber der trotzdem wissen wollte, wo er steht. Und dann haben wir mit ihm eine Klimaszenarioanalyse und Klimarisikoanalyse durchgeführt und haben das dann abgeschätzt. Und du hast es richtig gesagt, es ist eben nicht dieser Durchschnittswert, der dann ins Kontor haut, sondern es sind die Tage mit diesen deutlich viel höheren Temperaturen. Das bedeutet zum Beispiel auf der Schiene im Sommer, Was bedeutet das für Weichen und für Schienenverkehr, wenn die Temperaturen über einen längeren Zeitraum viel zu viel zu viel zu hoch sind? Oder ja klar, der Lkw-Fahrer, der hat eine klimatisierte Kabine. Wenn die Durchschnittstemperatur über längere Zeiträume viel zu hoch ist, brauchst du viel mehr Energie, damit dieser Mensch in angenehmen Temperaturen arbeiten kann. Aber vielmehr noch, wenn die Schwerlast oder die LKWs, die großen Trucks, bei Hochhitzetagen vielleicht nicht mehr fahren dürfen, weil der Asphalt anfängt zu schmelzen, dann hast du sofort ableitbar Umsatzeinbußen in der Logistik. Und Also die Klimarisikoanalyse ist ein ganz, ganz, ganz tolles Tool, im Unternehmen festzustellen, worauf sich das Unternehmen eigentlich einstellen muss.

Anja Schröder: Und das sind einfach strategisch wichtige Themen, das Unternehmen für eine resiliente Zukunft aufzustellen. Und ohne Berichtspflichten wie die CSRD fällt es ganz vielen Unternehmen gar nicht ein, eine Klimaszenarioanalyse oder eine Klimarisikoanalyse zu machen.

Zackes Brustik: Dann da kommen wir zurück zu dem Punkt, den du ganz am Eingang gesagt hast, nämlich diese Menschen verstehen Nachhaltigkeit noch nicht. Die kennen den Kontext nicht. Die dachten, das war meine Formulierung, wir sind ja nachhaltig, weil wir trennen das Papier, ganz überspitzt gesagt. Wir sponsern den Fußballverein, wir sind sozial integriert, gerade so als typische Mittelständler in, ich weiß nicht, auf der Schwäbischen Alp oder so was. Und dann merkst du plötzlich, nur wenn ich dazu gezwungen werde, tue ich mir diesen Prozess tatsächlich an, stoße dann dabei aber tatsächlich auf Gold, was die Zukunftssicherheit angeht. Und da geht dann diese Spannbreite auf. Auf der einen Seite, wir haben es gehört, unglaublich viele Kosten, viele Überforderungen. Das nicht nur in Bezug auf eine Regulation, sondern auf die CSRD, die IUDA, auf die CBAM, auf sonst was, ganz viel redundante Informationen.

Zackes Brustik: Also geht durchaus besser, ist eine Beta-Version. Auf der anderen Seite, wir brauchen es, weil sonst laufen wir in echt richtige Probleme rein. Und da kommen wir jetzt zur Einflugschneise, die EU will hier ran mit Omnibus. Und sie hat sich ja drei Sachen vorgenommen im Kern, sozusagen das gibt den competitive Kompass der EU, die EU wettbewerbsfähiger zu machen. Darunter fällt dann auch der Omnibus-Prozess und ich greife drei der wichtigsten Themen raus. Es soll eine neue Kategorie geschaffen, kleine Mid-Caps, also Unternehmen zwischen KMU und großen Unternehmen, die dann behandelt werden mit kleinen Unternehmen, das heißt vereinfachte Berichtspflichten ein bisschen später. Der Trickle-Down-Effekt soll verhindert werden, das heißt, dass kleinere Unternehmen in der Lieferkette nicht indirekt belastet werden, weil deiner ist berichtspflichtig und dann muss irgendwo in der schwäbischen Alpenbohrer Hersteller jetzt auch berichten und ist überfordert. Und es soll sozusagen verhältnismäßig sein, das heißt, die ganzen, ich habe es gerade angedeutet, der regulatorische, ich sage mal, der Papierkramaufwand sozusagen, also die EU-Berichtspflichten für Unternehmen, so 25 Prozent erleichtert werden, gerade für die kleinen sogar 35 Prozent.

Zackes Brustik: Und Jetzt ist natürlich die Frage, führt das zu einer sinnvollen Simplifizierung von regulatorischen Prozessen oder sagt man, bei der Gelegenheit nehmen wir einfach alles auseinander, nicht nur zwei Jahre später, sondern im besten Fall heben wir auch die Verbindlichkeit auf. Da kommen wir zu all den emotional vorgetragenen Argumenten und tatsächlich auch zu handfester Mythenbildung, wenn es den Green Deal geht.

Anja Schröder: Lass mich bitte, bevor wir in die einzelnen Mythen gehen, zwei Sätze zum Omnibus sagen. Man darf nicht vergessen, dass Ordnungspolitik immer eine Opportunität braucht, wo eben demokratische Mehrheiten gefunden werden, Gesetze zu erlassen. Und 2019 ist ein Fenster aufgegangen mit Fridays for Future und eine ganz große Bereitschaft ist entstanden, sich mit den Themen wirklich zu befassen. Und dann hat die EU einfach eine volle Breitseite an Regulationen durchgeschoben. So, und diese Regulationen sind aber alle parallel entwickelt worden. Und auch in der CSRD sind die einzelnen Themenstandards parallel entwickelt worden. Das bleibt ja gar nicht aus, dass da in Überlappung wahrscheinlich Redundanzen schlummern, die ausgemerzt gehören, damit bei den berichtspflichtigen Unternehmen keine doppelten und dreifachen Berichtspflichten aufpoppen. Und da bin ich völlig fein damit.

Anja Schröder: Das zweite, ich hatte gesagt, das ist eine Beta-Version. Wir müssen eigentlich erstmal im Markt ausprobieren, welche dieser Regulationen uns weiterbringen oder nicht, welche Datenpunkte uns weiterbringen oder nicht, bevor wir anfangen, wieder Datenpunkte zu löschen. Das heißt, ich finde den Moment der Omnibus-Verordnung ein Jahr zu früh. Wir hätten es erst mal ausprobieren sollen, wie wir damit klarkommen und dann deutlich konkreteres Feedback geben können, wie wir reduzieren können, als dass wir in einer Blackbox anfangen zu reduzieren. Und ja, für die kleinen Unternehmen ist es zu viel.

Zackes Brustik: Megaspannend. Du hast nämlich gesagt, es ist ein Opportunitätenfenster. Und seien wir ehrlich, gerade ist das Opportunitätenfenster nämlich in die andere Richtung offen. Gerade man merkt, die Mehrheitsverhältnisse haben sich gewandelt. Geopolitischer enormer Druck, eine techlibertäre Agenda aus den USA. Gerade ist das Opportunitätenfenster, ui, möglichst schnell wieder zurück zu möglichst vielen fossilen Geschäftsmodellen. Jetzt können wir viel schreddern. Und das, so ehrlich muss man sein, ganz viele der Themen, die wir diskutieren, sind jetzt von, ich sage mal, den Opportunisten hinter diesen Zielen getrieben.

Zackes Brustik: Und da kommen wir nämlich jetzt zu den drei wichtigsten Mythen. Das ist Datenpunkte, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeitsberichte. Wir steigen mit den Datenpunkten ein. Die Keule, die man immer hört, und das ist das Bürokratiemonster im Kern, ich muss auf 1.200 Datenpunkte berichten. Da bin ich vor allem als Mittelständler, da kriege ich ja Angst. Da klappern mir die Zähne.

Anja Schröder: Genau. Und dieser Satz ist einfach falsch. Das ist einfach entweder ist es ein bewusst gesetztes Narrativ oder das schwallern Leute raus, die keine Ahnung haben. Weil so ist es nicht. Du machst als allererstes im Rahmen der CSRD die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Das heißt, du versuchst zu erfassen, wo dein Businessmodell und deine vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette tatsächliche oder potenzielle, wesentliche Auswirkungen, Risiken oder Chancen hat. Und eben nicht alles. Und da ist schon der allererste Schritt der Steuerung in dieser Politik, weil du sollst gar nicht auf alles berichten, da hat überhaupt keiner was davon, sondern du sollst dir selber erst mal klar darüber werden, wo deine wesentlichen Themen sind, weil in deinen wesentlichen Themen werden ja auch für die Transformation die großen hebelnden Handlungsfelder aufgehen und eben nicht, ob ein Bienenstock auf dem Firmendach sitzt.

Anja Schröder: Das ist immer noch schön, aber unter Umständen kein wesentliches Thema. Und aus dieser Summe der identifizierten möglichen und tatsächlichen Impacts, Risks und Opportunities bewertet das Unternehmen selbst und mit Stakeholdern, welche dieser Themen wirklich wesentlich sind, wo man sagt, jawohl, da ist ein großer Einfluss vorhanden. Und dann bleibt aus vielen, vielen, vielen, vielen Themen gar nicht mehr viel übrig, sondern die Unternehmen werden wahrscheinlich zwischen, je nach Businessmodell, bei 25, 30, maximal 50 IROs landen. Und dann nimmst du diese IROs und die führst du in diese Themenstandards. Und dann schaust du, ich habe hier ein, sagen wir mal, ich habe hier ein wesentliches Thema im E5, weil mein Ressourcenzufluss und Ressourcenabfluss noch linear ist und nicht zirkulär und die Ressourcenzuflüsse bei uns in einem produzierenden Unternehmen sind wirklich wesentlich und wir haben auch Wertstoff und Recycling und Zirkularität noch nicht im Griff, also die Abflüsse sind auch wesentlich, dann würde das Unternehmen auch nur auf die Datenpunkte berichten, die diesem Unterthema Ressourcenzufluss und Ressourcenabfluss zugeordnet werden kann. Das heißt, du sortierst aus, was sind meine wesentlichen Themen, In welchen Standards sortiere ich sie ein? Und welche der dort formulierten Offenlegungsanforderungen sind für mein formuliertes IRO überhaupt passend? Und da ist es, read the freaking manual, esrs1anlage.de, guckt euch bitte das Schema an. Weil an jeder Stufe hat das Unternehmen die Möglichkeit zu sagen, also das ist hier ein valides IRO und das ist wesentlich, Aber der dort gelistete Datenpunkt oder die vielleicht geforderte Metrik, die passt überhaupt nicht auf meinen IRO. Und dann kann das Unternehmen sagen, das passt nicht, deswegen berichte ich darauf nicht.

Anja Schröder: Aber ich habe eine Idee, wie ich den Datenpunkt formulieren müsste, damit entscheidungsnützliche Informationen entsteht und der Leser der Nachhaltigkeitserklärung auch was damit anfangen kann.

Zackes Brustik: Okay, ihr merkt auch schon, wir hantieren mit ganz vielen Begriffen, die vielleicht noch nicht allen geläufig sind. Wir gehen aber davon aus, wer diese Folge hört, der weiß, was eine DWDA ist, der weiß, was eine IRO ist, der weiß, wie die ISR aufgebaut ist. Wenn ihr das nicht wisst, ich kann einen super Podcast empfehlen vom IDW, die behandeln das alles im Detail. Also, dann schlaut euch da auf und hört hier noch mal rein, sonst wird diese Folge zu lang. Aber das Entscheidende ist, wir haben gehört, 1200 Datenpunkte, vielleicht nur eine Handvoll IROs, die dann aber dann vielleicht doch ein bisschen mehr als 10, 40 Datenpunkte ergeben.

Anja Schröder: Ja, da hast du recht. Von den 25 bis 50 IROs gehst du dann in die Standards und auf die Datenpunkte und dann landest du zwischen 300 und 500 zu berichtenden Datenpunkten. Und da ist wieder ein ganz tricky point, warum man ein Prozessverständnis für die CSRD und auch für die Anlage E haben muss, weil Software im Moment sehr linear funktioniert. Der Weg von dem wesentlichen IRO zum zu berichtenden Datenpunkt aber eben nicht linear ist, sondern EFRAG Judgment erfordert. Die Software kann im Moment nur so arbeiten, dass also die IROs eingegeben oder identifiziert werden und dann wird ein IRO zum Beispiel dem E1, nee, E1 ist ein schlechtes Beispiel, dem E5 zugeordnet Und dann gehen hinter dem IRO Subthemen, Subsubthemen und Datenpunkte auf und dann suggeriert das, dass das Unternehmen auf alles, was dann jetzt diesem IRO zugeordnet wurde als Datenpunkt und Metrik, dass das Unternehmen auf alles das berichten muss. Und das ist eben nicht so. Zum einen gibt es Phase-Ins, das heißt, Unternehmen je nach Größe brauchen in den ersten ein, zwei, drei Jahren auf diesen Datenpunkt noch gar nicht berichten. Oder es betrifft vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette.

Anja Schröder: Dann gibt es auch da Ausnahmen. Da braucht man am Anfang auch gegebenenfalls nur qualitativ berichten und nicht quantitativ. Und das Unternehmen muss Judgment anwenden, zu sagen, aha, die Software sortiert mir jetzt diese Themen und Datenpunkte und Metriken dazu. Und ich muss jetzt wirklich entscheiden, passt das? Ist das eine wesentliche Information für mein wesentliches IRO? Ist das ein wesentlicher Datenpunkt, der mein wesentliches IRO entscheidungsnützlich erklärt? Und dann kannst du eben auch sagen, das gibt zwar einen Vorschlag für eine Metrik, die passt aber auf unser Iroh überhaupt nicht, und deswegen berichten wir das nicht.

Zackes Brustik: Verstehe. Also, das hört man aber auch wieder raus, es erfordert Gehirnschmalz, du brauchst intern Kompetenzen. Ja, das kostet Geld, du musst dich einarbeiten und nein, wir wollen einfach nur compliant sein, wird am Ende wahrscheinlich dabei nicht rauskommen und damit wirst du auch nicht durchkommen, weil compliant automatisch implizit auch die Transformation mitdenkt, die Sustainability Literacy im Unternehmen und ein Erkenntnisprozess. Jetzt kann man natürlich sagen, all diese Arbeit, wenn das nur für uns ist, für unsere Zukunftsfähigkeit, können wir das nicht auch ohne den Bericht machen, weil wer liest denn schon die ganzen Nachhaltigkeitsberichte? Darum soll es ja gar nicht gehen, es soll doch die Maßnahmen gehen.

Anja Schröder: Ja, also ich lese Nachhaltigkeitsberichte sogar sehr kritisch, aber das wird natürlich nicht rechtfertigen, dass es gemacht wird. Also, wir hören das oft. Wir hören das auch oft von Unternehmen, die freiwillig berichtet haben, dann haben wir Geld und Zeit und viel Herz reingesteckt und im Grunde interessiert das niemanden. Ja, wenn eben Nachhaltigkeitsinformationen auch nicht zur Steuerung herangezogen wird, interessiert unter Umständen auch niemand ein schön gestalteter Nachhaltigkeitsbericht. Aber Aus dieser Kurve sind wir eigentlich raus, schon mit der SFDA, mit der Sustainable Finance Reporting Directive, weil die Investoren und die Banken und die Versicherer aufgefordert werden, also ihre Produkte, Geld und Investitionen, ja eigentlich auch zu scornen. Beförderst du mit deiner Investition Transformationen, ja oder nein? Das heißt, dein Kredit, den du vergibst, landet der in irgendeiner Weise mit transformativer Wirkung im Unternehmen oder eben nicht? Und darauf sind die Versicherer und die Banken und die Investoren verpflichtet, sich transparent zu machen. Also die werden von der CSRD und von der SFDA in die Mangel genommen. Und die können ihre Berichtspflichten ja auch nur erfüllen, wenn sie Transparenz über die Daten im Unternehmen haben.

Anja Schröder: Die müssen erkennen können, dieses Unternehmen ist auf dem Transformationspfad ganz hinten und ganz schlecht, hat aber die eigenen Hebel erkannt. Dann kann es natürlich sein, dass ein Kredit, der in das Unternehmen fließt, Transformationshebel zu befördern, ein guter Kredit ist. Es kann auch sein, dass das Unternehmen sich so transparent macht und auf diesem Transformationspfad schon ganz kurz vor dem Sustainability-Tipping-Point ist, dass eine Information in dieses Unternehmen das Gute, was vorhanden ist, einfach nur noch mehrt. Und das kann nur funktionieren, und das ist ein Scoring-System. Das kann nur funktionieren, wenn valide, vergleichbare, balancierte, transparente, wahrhaftige, science-based Daten über den State of Transformation im Unternehmen vorliegen und ausgewertet werden können. Sprich, Die Nachhaltigkeitsberichte nach CSRD werden von interessierten Stakeholdern gelesen und von ihren Maschinen. Selbstverständlich analysieren das zukünftig KI und AI-Systeme.

Zackes Brustik: Wow, das war also alles sozusagen Zu dem Mythos, wer liest schon Nachhaltigkeitsberichte? Wir haben ja gehört, das ganze fällt unter den Competitive Compass der EU. Die EU kriegt langsam Angst und Bange, dass sie im geopolitischen Gerangel untergeht und sagt so, okay, wir haben hohe Ansprüche, wir haben Werte, wir müssen aber so ehrlich müssen wir sein, auch wettbewerbsfähig sein. Wie ordnest du das ein? Also all dieser Reporting-Prozess, Green Deal, eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit?

Anja Schröder: Das kommt wahrscheinlich darauf an, wen du fragst. Erstmal, ich korrigiere dich jetzt einfach, ich bin so frech, ob der Kompass competitive wird, wird das Ergebnis zeigen. Es ist der Competitiveness-Kompass. Aber da bricht man sich ja die Zunge ab. Ich würde alle Unternehmen einladen wollen, mal die Perspektive zu wechseln und ganz groß rauszusummen. Unabhängig davon, ob CSRD Daten Pflicht sind, unabhängig davon, ob wir mit EU-Taxonomie Daten offenlegen und reporten, was passiert denn eigentlich auf den Weltmärkten oder auf anderen Märkten? Und es kommt nicht von ungefähr, dass auch China Sustainability-Reporting-Standards veröffentlicht hat, die auf wundersame Weise unseren europäischen Standards doch sehr ähneln. Und es gibt Australian Sustainability Reporting Standards, die nicht nur dem Namen nach, sondern auch dem Inhalt nach unseren ESRS ähneln. Das heißt, wenn ein Unternehmen Interesse daran hat, auf solche Märkte zu gehen, könnte es sein, dass an der Grenze spezifische ESG-Daten notwendig sind, überhaupt einen Marktzutritt zu haben oder überhaupt attraktiv zu sein im Rahmen von Wertschöpfungsketten.

Anja Schröder: Wenn ein ganz großes Unternehmen selber berichten will oder muss, ist es angewiesen darauf, dass alle Partner in der Liefer- und Wertschöpfungskette ihren Teil ihrer ESG-Daten eigentlich auch einfach zur Verfügung stellen, Transparenz in die Blackbox zu bekommen.

Zackes Brustik: Ich würde gerne das, was du gesagt hast, noch detaillierter untermauern. Du hast ja gesagt, die wesentliche Dinge, von denen Green Deal übernommen haben, die CSDS, also die Chinese Sustainability Disclosure Standards, doppeln auch den DWA-Prozess. Und das heißt, wenn du dann jetzt nach China exportieren willst, kommst du da auch nicht drum rum. Die sind ein bisschen hinten später dran, die sagen, wir wollen bis 2060 klimaneutral werden, aber im Prinzip ziehen sie dann nach. Ob sie dranbleiben, werden wir sehen, aber die haben tatsächlich ganz viel im Detail übernommen und jeweils in ihrem Kontext ausgestaltet. Das Spannende ist, und das ist ein Punkt, das hattest du auch im Vorfeld gesagt, und nur weil jetzt zum Beispiel Amerika sagt, wir lösen ganz viele Umweltabkommen aus, heißt das ja nicht, dass die dann doch den ein oder anderen Standard einfach als Markteintrittsbarriere erhalten. Magst du das mal kurz ausführen?

Anja Schröder: Ja, es gibt in Amerika den Forst-Labor-Act, der besagt, dass also auf den US-amerikanischen Markt keine Produkte eingeführt werden, die nicht nachweisen können, dass es im Rahmen ihrer Herstellung nicht zur Zwangsarbeit gekommen ist. Und wenn du jetzt eine Lieferkette hast, die Teile auch aus Ländern beinhaltet, die ein sehr hohes Risiko haben für Zwangsarbeit, dann musst du das nachweisen, dass in deinem Produkt es eben nicht zu Zwangsarbeitsvorfällen gekommen ist. Sonst kannst du nicht auf den amerikanischen Markt. Und das hat natürlich eine Menschenrechtskomponente. Das ist auch der Scope dieses Forced Labour Act gewesen. Aber guck doch mal nach, ob die Trump-Regierung an den Forced Labour Act schon die Kettensäge angelegt hat oder ob ihn diese Regulation als protektionistische Maßnahme für den Marktzugang nicht ins eigene Kontor spielt oder ins eigene Playbook spielt. Und das ist dann auch Opportunismus, ja, und darauf muss man vorbereitet sein. Und wir haben in der Erarbeitung von ESG-Daten einen Vorsprung durch das deutsche Lieferkettengesetz für die deutschen Unternehmen und mit den ESRs in Europa.

Anja Schröder: Und jetzt wollen wir den Vorsprung, den wir uns erarbeiten können auf Datenbasis, freiwillig wiederhergeben?

Zackes Brustik: Übrigens an der genau Stelle, also zum einen hat das, ich glaube, Anne Wars, wenn ich mich recht entsinne, von EBM Papst, die das in der vorangehenden Folge gesagt hat, dass sie eben wegen der CESDS in China anfangen müssen, diese Daten zu sammeln. Wir kennen es auch in anderen Beispielen in China, gerade zum Thema Elektromobilität, was China für Standards hat bezüglich Batterien, Elektromobilität oder Emissionen. Eine klare Markteintrittsbarriere für deutsche Autobauer, gerade auch was Flotten angeht. Also das heißt, dass selbst wenn wir sehen, dass geopolitische Gerange und da sehen wir ja gerade wird richtig mit harten Bandagen ausgetragen ab jetzt, brauchen wir diese Nachhaltigkeitsdaten, weil es durchaus eben auch ein Wettbewerbs- oder ein Marktverteidigungsmechanismus ist. Also wir kommen nicht drum rum. Jetzt ist natürlich die Frage, die EU kann trotzdem den Green Deal sprengen im schlimmsten Fall. Du hast ja gesagt, es gibt berechtigte Sachen, es ist ein Beta-Prozess, es muss iterativ gemeinsam vorangestellt werden, es muss vereinfacht werden, aber so ehrlich müssen wir sein mit den aktuellen Mehrheitsverhältnissen. Getrieben von der Wahrnehmung, Nachhaltigkeit sei wirtschaftsfeindlich, kann sehr gut sein, dass nicht viel davon übrig bleibt.

Zackes Brustik: Dann fällt mir als Unternehmen ja auch diese, ich sag mal, One-Level-Playing-Field, regulativ angetriebene Motivation weg, das Geld in die Hand zu nehmen, den DWA-Prozess auch freiwillig zu durchlaufen. Ich glaube, ganz viele Mittelständler würden dann sagen, so, nee, das sparen wir uns, das machen wir vielleicht mal in drei Jahren. Und dann fällt ja genau das weg und wir haben es an den Beispielen vom Wasserkraftwerk, wir haben es am Beispiel vom Logistiker gehört, dann fallen die Sachen weg, die dafür essentiell sind, zukunftssicher zu sein. Was mache ich dann? Woran orientiere ich mich als Mittelständler? Gehe ich zurück zum DNK? Gehe ich zurück zur TRI? Also wie mache ich mein Unternehmen sicher, wenn die CSRD wegfällt?

Anja Schröder: Es hat auch vor der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung freiwillige Berichte gegeben. Wenn wir im schlimmsten Fall davon ausgehen, die Kettensäge ist wirksam und es gibt keine CSRD mehr und keine CS Tripel D und keine EU-Taxonomie mehr, Wer sagt uns denn, dass wir diese ESG-Daten nicht trotzdem strategisch nutzen könnten? Also, nimm das ganze Regulations- und Compliance-Gedöns weg Und nehmen wir als Baseline, dass sich die Welt verändert, dass sich also die sich verändernde Welt aller Voraussicht nach von ganz alleine in mein Businessmodell hineinschreiben wird und in meine Strategie. Dann ist es sinnvoll, ich setze mich intrinsisch motiviert mit meinen positiven und negativen Impacts, mit den Risiken, die sich daraus ergeben, mit meinen Abhängigkeiten von Natur, Kultur und Sozialkapitalien und auch mit meinen Chancen auseinander, weil sonst kann ich nicht adaptieren an eine sich verändernde Welt oder ich kriege irgendwann von der Gesellschaft die License to operate aufgekündigt.

Zackes Brustik: Ganz konkret Anja, also was würdest du empfehlen? Geh zurück zum DNK, geh zurück zur GII. Wo ist das, weil es klingt jetzt ja schon so, als wäre die ESRS eigentlich die perfekte Synthese gewesen, ein richtig gutes Playbook, in meinem Unternehmen da die richtigen Prozesse aufzusetzen.

Anja Schröder: Also wir leben vorwärts und nicht rückwärts. Für mich gibt es kein Zurück zu GAI, weil das ist nur die eine Perspektive.

Zackes Brustik: Was heißt nur eine Perspektive?

Anja Schröder: GAI berichtet über die Inside-Out-Perspektive und ISSB und der risikobasierte Ansatz berichtet nur über die Outside-In-Perspektive und beide Standards sind valide und gut, aber für mich entwickelt sich die Synergie erst in der doppelten Betrachtung. Das heißt, es gibt kein Zurück zu GAI und selbst wenn die Verpflichtung wegfällt, wir haben mit dem Prozess der CSRD und der doppelten Wesentlichkeitsanalyse und den Themenstandards, ob freiwillig oder nicht, eigentlich den notwendigen Prozess auf dem Tisch liegen, den meiner Meinung nach jedes Unternehmen für sich durchlaufen sollte, durchlaufen lassen sollte, Entscheidungssicherheit zu bekommen über das, was in Zukunft auf das Unternehmen zukommt. Und ich gebe dir auch ein schönes Beispiel dafür. Das sind die Versicherungsunternehmen. Das Businessmodell von Versicherung ist im Kern, ich versichere gegen Risiken und Schäden. Also in erster Linie Versicherung, versichern gegen Risiken. Und Versicherungen machen Risikoanalysen und steigen aus ganz bestimmten Produkten aus, wenn das Risiko, dass das Schadenereignis eintritt, höher wird als den wirtschaftlichen Gewinn, den sie mit der Versicherung dieses Risikos erwirtschaften können, weil Versicherungen sind Wirtschaftsunternehmen. Und für mich sind Versichere Kanarienvögel in der Kohlmine, weil die den Klimawandel zum Beispiel schon längst tief in ihr Businessmodell integriert haben, weil sie das mussten.

Anja Schröder: Drei schöne Beispiele. USA, spannenderweise, Im letzten Jahr gingen bei den Hausbesitzern in Florida und in Kalifornien reihenweise Kündigungen der Feuerversicherung und der Hurricane-Versicherung ein. Was ist der Hintergrund bei den Klimaszenarien, Klimarisikoanalysen der Hurrikan-Tätigkeiten im Golf von Mexiko hat sich herausgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit und die Häufigkeit großer schadenbringender Hurrikans einen Kipppunkt erreicht hat, dass es also in der Risikobetrachtung nicht mehr wirtschaftlich möglich ist, in Florida Häuser dagegen zu versichern. Es sei denn, die Häuslebesitzer zahlen horrende Summen. Und genau das Gleiche ist in Kalifornien passiert. Also die Brände rund Los Angeles, die gab es schon immer. Es ist eine ganz spezifische Klimasituation vor Ort, dass es immer schon ein Risiko für Feuer gegeben hat. Die Kombination des Klimawandels, der auch getrieben wird in Kalifornien, von Veränderungen in Brasilien im Regenwald und so hängt es eben wieder alles zusammen.

Anja Schröder: Das Risiko Für katastrophale Brände rund Los Angeles hat in den Risikoanalysen im letzten Jahr den Kipppunkt erreicht und die Brandschutzversicherungen sind reihenweise gekündigt worden. Und deswegen ist die Situation für die Hausbesitzer in Kalifornien und Florida so, wie sie ist. Sind die Versicherungen deswegen Heuschrecken oder böse Wirtschaftsunternehmen? Nein, das würde ich so nicht sehen. Sie machen exakt genau das. Sie machen eine Risikobetrachtung ihres Geschäftsmodells in Reaktionen auf Umweltereignisse und kommen zu den korrekten Schlüssen und passen ihr Geschäftsmodell an.

Zackes Brustik: Das heißt, hier funktioniert die freie Marktwirtschaft. Der Klimawandel sorgt dafür, dass bestimmte Produkte einfach vom Markt verschwinden. Und wo ist das Problem? Wir können jetzt denken, natürlich, ja, Kalifornien weit weg, Florida weit weg. Wir kennen das Ganze aus dem Ahrtal und es geht entweder private Häuser, die nicht mehr versicherbar sind und dann Existenzen, die dadurch einfach wortwörtlich vernichtet werden. Oder es geht Produktionsstandorte. Wenn dein, ich weiß nicht, Schraubenwerk, dein Felgenwerk, dein Ventilmittelständler, ein Standort bauen will, der nicht mehr versicherbar ist, wird er sich sehr gut überlegen, ob das an dem Standort eine gute Investition ist. Also und da auch wieder ein handfestes Risiko für das eigene Business. Spannende Nebenbemerkung, du hast ja gesagt, Regenwald im Amazonas beeinflusst das Klima in Nordamerika, der Kongo, ich sage es ganz oft in vielen Folgen, macht das Wetter bei uns.

Zackes Brustik: Warum das so ist, hört ihr in Folge 20 mit Frauke Fischer. Unglaublich wichtig zu verstehen, warum Biodiversität nicht ein schönes Nice-to-have-Thema ist, sondern im Kern unsere Geschäftsprozesse handfest beeinflusst. Folge 20, Frauke Fischer.

Anja Schröder: Da ein schöner Nebensatz dazu, weil da gibt es jetzt auch die ersten Analysen der vorgelegten CSRD-Berichte und da spielt Biodiversität E4 ganz oft keine Rolle. Ja, haben wir uns angeguckt, ist nicht wesentlich. Da raufen wir uns natürlich die Haare auf der einen Seite. Auch das ist für mich ein Indikator dafür, dass die Kenntnis, das überhaupt bewerten zu können, ob mein Businessmodell in irgendeiner Weise abhängig ist von Biodiversität oder Impacts hat auf Biodiversität einfach noch nicht vorhanden ist. Mit Biodiversität befassen sich Unternehmen seit zwei, drei Jahren, mit CO2 und Klimawandel seit 20, 30 Jahren. Daher kommt das. Also da hoffe ich, dass es da auch iterative Schleifen geben wird und wir alle gemeinsam miteinander vorankommen.

Zackes Brustik: Alle gemeinsam miteinander vorankommen, das ist dann das Entscheidende. Wir müssen es gemeinsam kooperativ auch mit den Wettbewerbern angehen. Wir sehen, die Finanzberichterstattung hat ungefähr 80 Jahre gebraucht, bis sie da ist, wo sie ist. Und keiner würde in seinem Unternehmen darüber streiten, ob es sinnvoll ist, die Finanzdaten zu erheben und ob die geschäftsrelevant sind. Klimadaten, Umweltdaten, soziale Nachhaltigkeitsdaten sind geschäftsrelevant. Die Frage ist, wie schaffen wir es, so schnell wie möglich gemeinsam das Ganze als ein völlig verständliches Unternehmenssteuerungstool zu etablieren, die Daten zu tauschen, die Prozesse zu etablieren, die Software dahin zu bringen, die Regulation dahin zu bringen, damit auch da das One-Level-Playing-Feel entsteht. Zum Abschluss ein Satz. Ich glaube, es ist in Planung, ich habe es noch nicht definiert, aber ich glaube, es wird bald kommen, definitiv als Teil dieser Staffel, wo könnte die Reise hingehen, wenn im schlimmsten Fall der Green Deal, die CSRD, die ESRS gesprengt werden.

Zackes Brustik: Die UNSDPI könnte ein super spannender Ansatz sein, wirklich verbindlich im Unternehmen sogar noch einen Schritt weiter zu gehen als die doppelte Wesentlichkeitanalyse, nämlich mit der Triple Materiality, Also das heißt auch noch den Kontext mit einzubeziehen. Ich habe mir vorgenommen, zwei Folgen aufzunehmen, da wirklich einzusteigen für Unternehmen, die verstanden haben, dass Klimaveränderungen, Umweltveränderungen, soziale Veränderungen ein handfestes Geschäftsrisiko sind und nach Tools suchen, wie sie das jetzt schon erfolgreich implementieren können. Ist in Planung. Ich denke, das wird vielleicht über nächste Folge oder so was an den Start gehen.

Anja Schröder: Magst du ein Häppchen dazu haben in einem Satz?

Zackes Brustik: Sehr gerne.

Anja Schröder: Bei der Triple Materiality geht es darum, in Budgets zu denken. Wie viel darf ich eigentlich von etwas verbrauchen, innerhalb der planetaren Grenzen mit meinem Businessmodell mich zu befinden. Und das, was wir im Moment als Nachhaltigkeit betrachten und nennen, ist ja eigentlich gar nicht nachhaltig, sondern meistens nur weniger schlecht.

Zackes Brustik: Wenn ihr das mitbekommen wollt und wenn ihr hören wollt, wie ihr das erfolgreich für euch anwenden könnt, abonniert Gewinne Zukunft, abonniert den Newsletter zackes.com slash Newsletter, dann bekommt ihr zum Beispiel auch den Zugriff auf dieses öffentlich verfügbare Dokument, was Anja vorhin angesprochen hat, wo ihr sehen könnt, wie andere Unternehmen ihr Nachhaltigkeitsbericht bereits ausgestaltet haben. Anja, es war mir ein großes Vergnügen, dich an Bord zu haben. Vielen Dank. Du hast wirklich gut aufgezeigt, warum diese Prozesse wichtig sind, warum es völlig normal ist, dass man da einen Beta-Prozess durchläuft, der frustrierend sein kann, der Schmerzen bereiten kann, warum es aber wichtig ist, auf die andere Seite des Berges zu schauen und zu erkennen, was da auf einen wartet.

Anja Schröder: Vielen Dank!

Zackes Brustik: Vielen Dank dir, vielen Dank für alle, die bis zum Schluss mit dabei waren. Es folgt wie immer auch ein LinkedIn-Posting dazu. Mischt in den Kommentaren mit, lasst uns wissen, wie ihr das Thema seht. Kommentiert, stellt Fragen an Anja. All das folgt wie immer ein paar Tage nach dieser Folge. Und damit bis zum nächsten Mal. Untertitel im Auftrag

Anja Schröder: des ZDF, 2021

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