#77 Risikomanagement trifft Regulationsänderung: Grundlegende Konzepte und Ausblicke.

Shownotes

Es gibt ein Wort, dass gerade jeder Nachhaltigkeitsprofi hoch und runterbetet: Risikomanagement! Es ist das Argument, um trotz schwindender ESG-Berichtspflichten relevante Themen voranzutreiben. In dieser Folge diskutiere ich daher mit einem Risikoexperten und einem Policy-Experten die grundsätzlichen Fragen rund um das Management von Nachhaltigkeitsrisiken:

✅ Welche Risiken überschätzen und welche unterschätzen wir als Profis oder als Gesellschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit?

✅ Wie sind mit den aktuellen Policy-Entwicklungen rund um Omnibus aufgestellt, um diesen Risiken zu begegnen?

✅ An welchen grundsätzlichen Fragen kommen wir nicht vorbei, wenn wir das Thema zu Ende denken?

Jakob Thomä ist einer der führenden Experten für Nachhaltigkeit im Finanzsystem und langfristige Risiken. Philippe Diaz kennt sich bestens mit den Hintergründen zum Green Deal und der Entwicklung der Berichterstattungspflichten in Brüssel aus. Da beide aus unterschiedlichen Richtungen auf das Thema schauen, sind sie sich zwar nicht immer einig, liefern mir viel dichten Gesprächsstoff.

Freue Dich als Entscheider*in oder Sustainability Manager auf eine anspruchsvolle Diskussion, die es sich lohnt bis zum Ende durchzuhören!

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Über die Gäste:

Jakob Thomä ist Gründer & CEO von Theia Finance Labs, einem unabhängigen non-profit Think Tank für die Inkubation von Forschungslösungen für mehr Nachhaltigkeit im Finanzsektor. Zudem ist er Columnist für Responsible Investor und Autor von 'The Kill Score' und 'Das kleine Buch der großen Risiken'.

🔗 https://theiafinance.org 🔗 https://www.buch7.de/produkt/das-kleine-buch-der-grossen-risiken-jakob-thomae/1047960759?ean=9783608966015

Philippe Diaz ist Policy-Experte, der sich politisch für die Zivilgesellschaft im Rahmen des Green Deals engagiert. Er war beim WWF und EFRAG Member of the Sustainability Reporting Technical Expert Group. Zudem ist er Gastprofessor der Frankfurt School of Finance and Management.

🔗 https://www.linkedin.com/in/philippediaz/

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Jakob Thomä: Auf der einen Seite sagen wir halt anderthalb Grad, auf der anderen Seite ist die andere Hälfte der Zivilgesellschaft, die permanent Berichte rausbringt, dass wir auf einem Drei-Grad-Pfad sind. Und dieser Bruch, dieser Stilbruch, In dem leben gerade Firmen und die sagen, und irgendwie kann sich die Nachhaltigkeits-Community nicht so richtig entscheiden. So, okay, sind wir gerade auf einem Drei-Grad-Pfad? Wenn ja, dann ist es für mich als Firma Kamikaze, anderthalb Grad-Ziele zu setzen, weil es einfach so weit von der gelebten politischen Realität ist. Oder wir sind auf einem anderthalb Grad Fahrt, aber sind wir ehrlich, sehen wir ja nicht. Und ich glaube, da müssen wir halt an einen Punkt kommen, wo in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, aber auch in der Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, es mehr darum geht, an welche Zukunft glaube ich. Und dass man da ehrlich miteinander ist, das ist ein großes Problem in der Nachhaltigkeitsdiskussion, dass wir nicht ehrlich sind.

Philippe Diaz: Es bringt gesellschaftlich meines Erachtens überhaupt nichts, diese Risikoperspektive, also das Wohlergehen des Unternehmens in den Vordergrund zu stellen, sondern wir müssen das gesellschaftliche Wohlbefinden in den Vordergrund stellen. Aber für die NachhaltigkeitsmanagerInnen selbst ist diese Risikoperspektive natürlich intern essentiell.

Zackes Brustik: Risikoanalysen. 1 der heißesten Themen aktuell für Nachhaltigkeitsverantwortliche. Erscheint der Hebel zu sein, auch bei schwindendem regulativen Druck in der firmeninternen Diskussion am Ball und am Entscheidungstisch zu bleiben. Allerdings fehlt gerade KMUs und auch uns als Gesellschaft ein Gefühl dafür, welche Nachhaltigkeitsrisiken wirklich relevant und eminent sind. Dazu kommt die Frage, wie wir mit den aktuellen Entwicklungen rund dem Omnibus und dem Policy-Rollback aufgestellt sind, den relevanten Nachhaltigkeitsrisiken wirklich effektiv zu begegnen. Genau in diese Gemengelage schauen wir in dieser Folge rein und zwar einerseits mit einem der weltweit führenden Experten für Nachhaltigkeit im Finanzsystem und langfristige Risiken, Jakob Thome, und andererseits Philipp Dias, einen Policy-Experten, der die ganzen Vorgänge in Brüssel bestens kennt und sich dort für die Zivilgesellschaft im Rahmen des Green Deals einsetzt, mit einem speziellen Fokus auf die Berichtspflichten. Freut euch auf ein tiefgehendes und lebendiges Gespräch zwischen den beiden, in der wir aus dem Klein-Klein der alltäglichen Strategie hinaus auf das große Ganze schauen und uns fragen, was passiert, wenn wir die Dinge zu Ende denken. Und damit herzlich willkommen bei Gewinner Zukunft, dem Nachhaltigkeits-Podcast der Pioniere und Professionals.

Zackes Brustik: Mein Name ist Zakkes, ich freue mich, dass ihr an Bord seid. Los geht's! Moin Jakob, großartig, dich hier im Podcast zu haben.

Jakob Thomä: Hi, grüß dich.

Zackes Brustik: Ich muss bei beiden von euch noch ein bisschen nachfüttern. Jakob, du bist Gründer und CEO von Fiat Finance Labs, ein unabhängiger Non-Profit Think Tank, der als Inkubator dient für alle möglichen richtig coolen Projekte. 1, was hier im Rahmen der Folge besonders spannend wird, weil wir da noch mal ein aktuelles Paper reinschauen, ist One in a Thousand. Das ist ein Projekt, das ihr zusammen mit der Oxford Sustainable Finance Group macht. Alles was ihr macht ist Open Source, ihr entwickelt unglaublich viele spannende Risikomodelle und auch ganz wichtig, du bist Autor, einerseits The Kill Score und andererseits das kleine Buch der großen Risiken, werden wir gleich reinschauen. Von Berlin kommen wir nach Brüssel, Philipp. Du gerade in Brüssel vor Ort und jetzt hier im Podcast. Schön, dich mit an Bord zu haben.

Philippe Diaz: Ja, vielen Dank. Ich freue mich.

Zackes Brustik: Du wiederum steckst wirklich richtig tief drin im Policymaking und weißt auch, wie die ganzen Hintergründe, was sich in Brüssel entwickelt, welche Player am Start sind und warum sich was entwickelt, warst lange beim WWF, warst auch bei der IFRAG als Member der Sustainability Report Technical Expert Group, bist aber gerade dabei dort deine Koffer zu packen nach deiner lautstarken Kritik an der ISSB. Nebenbei auch noch Gastprofessor an der Frankfurt School of Finance and Management und Advocation Partner bei R3.0, was auch super spannend ist, wird nämlich auch eine Rolle spielen, weil du damit auch den Blick auf das hast, was in ganz ganz vielen Diskussionen ein blinder Fleck ist, nämlich der Kontext von Nachhaltigkeit. Schön dich mit dabei zu haben.

Philippe Diaz: Vielen Dank für die Einladung.

Zackes Brustik: Ich komme gerade von 1-12 Nachhaltigkeitsveranstaltungen und ich habe das Gefühl, klar der Omnibus schwingt alles zurück, aber so ein Stichwort, wirklich noch am Ball zu bleiben und so die Geschäftsrelevanz von Nachhaltigkeit weiter zu argumentieren, ist das Stichwort Risikoanalysen. Nehmt ihr auch wahr, dass das so ein Passwort ist, ein Hebel, weiterhin was bewegen zu können? Jakob?

Jakob Thomä: Ja, auf jeden Fall. War es ja eigentlich schon immer. Ich meine, im Endeffekt, wenn man halt zeigen kann, dass es gut fürs Geld ist, dann ist es immer ein einfacher Diskussion zu führen, als wenn man sagt, man ist gut für die Eisbären oder die Pandas oder wer dann auch gerade immer da irgendwie vor dem Bildschirm jagt. Und gerade in der jetzigen Zeit ist natürlich das Risikomanagement immer wichtiger, weil es eben in der Ära der Polykrisen leben, so wie es der CEO von Moody's letztes Jahr gesagt hat. Und da ist natürlich die Risikoanalyse ganz, ganz, ganz weit oben. Die Gefahr, die ich natürlich dabei sehe, ist, dass wir in dem Nachhaltigkeitsbereich anfangen mit dem Risk-Washing. Also wir kennen ja alle das Wort Greenwashing. Also wir sagen, wir sind grün, auch wenn wir es nicht sind.

Jakob Thomä: Und bei Nachhaltigkeitsexperten gibt es halt auch Riskwashing. Wir sagen, es ist ein Risiko, auch wenn es eigentlich Nachhaltigkeit geht, also eigentlich darum, dass man irgendwie die Welt irgendwie schöner, gesünder, bessere Lebensqualität schafft.

Zackes Brustik: Jetzt hat Jakob gerade schon das Stichwort Panda genannt. Das ist im Logo vom WWF. Du bist jetzt nicht mehr beim WWF, aber warst lange mit dabei. Aber hast du aus der Perspektive auch gemerkt, so ein Shift, mit welchen Themen man am Ball bleiben und in den Gesprächen bleiben kann?

Philippe Diaz: Ja, die Zivilgesellschaft hat ja immer das Problem der Relevanz und ein Argument, mit dem man sich, also seine Argumentation einfach relevanter macht, ist, wenn man diese finanzielle Wesentlichkeitsperspektive nimmt, also diesen Blick auf die Risiken und Möglichkeiten für Unternehmen. Wobei für mich da eben das grundsätzliche konzeptionelle Problem ist, dass wenn wir uns derart auf Risiken fokussieren, agieren wir quasi nur reaktiv, weil die Risiken entstehen ja erst, bis sie dann quasi sich in die Realität umsetzen, währenddessen wir eigentlich diese Wirkungsperspektive aufnehmen müssten. Irrespektive, ob Unternehmen sich Risiken ausgesetzt sehen oder eben auch Möglichkeiten, aber vor allem zunehmend Risiken in Zeiten der Pulli-Krise, müssen wir die negativen Wirkungen abstellen, Risiken überhaupt zu vermeiden. Weil wenn wir immer nur reaktiv agieren, dann ist es wie ein Strudel nach unten, den wir nicht aufhalten können.

Jakob Thomä: Ja, sehe ich natürlich auch eben diese doppelte Funktion Risiko und Wirkung. Problem ist natürlich für viele Firmen, dass eben die Wirkung, die sie haben, nicht unmittelbar mit den Risiken verknüpft ist. Also es ist ja nicht so wie in dem klassischen Ökonomenbeispiel, man wirft irgendwie die Chemikalien auf den Garten vom Nachbar, sondern es ist halt irgendwie leider diese globale oder leider diese globale Verkettung da, die diese Verknüpfung zwischen Wirkung und Risiken nicht immer so plausibel macht.

Zackes Brustik: Wir sind schon mittendrin in der Diskussion und ihr habt schon ganz viele Themen angesprochen, die wir jetzt über 60 Minuten auseinander plättern werden. Wir schauen erst ganz tief in die Risikenthemen rein, dann schauen wir, wie wir policymäßig aufgestellt sind und diskutieren hinten raus eben nochmal alles Mögliche an Maßnahmen. Was denkst du, Philipp, was könnte funktionieren, was funktioniert gar nicht und was bedeutet das für Organisation oder die Gesellschaft? Jakob, du hast ein schönes kleines Buch geschrieben, das kleine Buch der großen Risiken, wirklich von A bis Z, also von Atombombe bis Zombie-Apokalypse, von all diesen Risiken und vor allem die Risiken, die man normalerweise in unserem Bubble diskutiert oder auch in der Gesellschaft, zu den Risiken, die du als Experte anschaust, welche unterschätzen wir und welche überschätzen wir?

Jakob Thomä: Also generell ist es ja ein Problem bei Risikomanagement, gerade sage ich mal bei den größten Risiken, dass wir ein enorm gebrochenes Verhältnis zu diesen Risiken haben. Wir haben also irgendwie so ein bisschen dieses ich werde vom Hai gefressen Phänomen, dass man irgendwie für bestimmte Risiken, die eigentlich gar nicht reell sind, über die macht man sich dann abends Sorgen. Aber ich würde mal sagen, für den Nachhaltigkeitssektor, die ja die Zuhörer interessiert, also für die, die halt dann zum Thema Nachhaltigkeit arbeiten, würde ich sagen, dass zum einen hauptsächlich soziale Risiken total unterschätzt werden. Weil eben der Klimawandel so prominent war in der Nachhaltigkeitsdiskussion in den letzten 10 Jahren, ich auch selber viel dazu gearbeitet habe, also ich bin auch selber in einem Boot, ist jetzt so ein bisschen diese andere Perspektive ein bisschen untergegangen. Man denkt bei sozialen Risiken, okay, hier ist ein Streik, da gibt es irgendwie Arbeiter, die schlecht gelaunt sind oder so, ja. Aber eigentlich ist das gerade das große Thema. Und vor allen Dingen aus 2 Gründen. Zum einen, weil halt eben der Klimawandel selber die sozialen Risiken befeuert.

Jakob Thomä: Also es ist halt nun mal so, dass wir Klimamigration en masse haben. Nach manchen Studien möglicherweise über 1000000000 Menschen, die in Bewegung sein werden aufgrund des Klimawandels und zum anderen eben halt auch, weil soziale Risiken eine ganz andere Geschwindigkeit entfalten als bestimmte Naturrisiken. Also ein großes Risiko, worüber ich mir Sorgen mache, meine Frau ist Englerin, ist Ozeanströmung. Ja, dass wir irgendwie der Ozeanströmung kollabiert in der Atlantik und wir dann irgendwie Day-after-tomorrow-mäßige Winter in Europa haben. Aber das dauert halt ein bisschen, ja. Also es wird nicht heute auf morgen die Ozeanstromen kollabieren, sondern es sind halt 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90, 100 Jahre, vielleicht sogar länger. Ein soziales Risiko, wo plötzlich halt die soziale Vertrauen kollabiert, wo halt die Menschen nicht miteinander klarkommen, Ressourcenkonflikt entfacht wird, aufgrund von Ernährungsknappheit plötzlich dann man tatsächlich sich kloppt über den Weizenertrag in der Agrarwirtschaft, die können halt innerhalb von Tagen explodieren. Und noch viel wichtiger, Das hat man ja auch bei der Pandemie gesehen.

Jakob Thomä: Das sind auch Risiken, wo man dann auch, wenn man nicht den Notfallplan in der Schublade hat, man richtig schnell Probleme kriegt, weil das sind einfach, die gehen einfach mit so 1 krassen Geschwindigkeit daher. Und bei Ozeanströmung kann man vielleicht ein paar Jahre sich darauf vorbereiten als Firma, Wenn plötzlich hier die sozialen Risiken entfachen oder Pandemie oder dergleichen, dann muss man halt ready sein. Und wenn man es nicht ist, dann ist halt relativ schnell Schicht im Schacht.

Zackes Brustik: Alles Themen, die auch bei dir im Buch stehen, O, wie Ozeanströmung und ich glaube, das gerade mit den sozialen Risiken passt nämlich auch zu T, wie totalitäre Systeme. Philipp, ja eigentlich auch genau das Thema, bei dem dann plötzlich doch die Zivilgesellschaft mit am Tisch sitzt, automatisch, oder? Gerade die ganzen sozialen Themen, die in, ich sag mal, wahrscheinlich Unternehmen eher so ein kleines bisschen an den Rand geschoben werden oder wo die Zivilgesellschaft belächelt wird, ja, ganz nett, aber wir müssen jetzt über die Industrie reden, die muss wieder wettbewerbsfähig werden. Aber wie Jakob gesagt hat, die sozialen Themen entwickeln sich unglaublich schnell und sind eigentlich nur mit starken Zivilorganisationen handelbar, oder?

Philippe Diaz: Also das auf jeden Fall. Die sind gerade massiv unter Druck, finanziell, zugegeben auch rechtlich, mit verschiedenartigen Attacken. Ich würde aber auch noch was zu dem, was Jakob gesagt hat, sagen, weil die sozialen Kipppunkte, die kommen viel, viel schneller als diese natürlichen Kipppunkte. Und es braucht nicht viel. Ein bisschen Inflation oder noch ein bisschen mehr Inflation und schon knarkst es heftig in der Gesellschaft. Ich glaube, dadurch, dass wir so ein hohes Komfortniveau in Europa erreicht haben, ist die Fallhöhe auch ziemlich hoch, wenn diese Lieferketten nicht mehr so funktionieren, wie sie funktioniert haben, und das ist natürlich die reaktive Ebene, wenn Risiken tatsächlich dann auch in der Realität auftreten. Aber diese proaktive Ebene, wir müssen die Risiken vermeiden, indem wir die Wirkung reduzieren, die tritt natürlich auch auf, weil im CO2-Preis, im zusätzlichen Preis für Mikroplastikverschmutzung, also für die Verschmutzung, also Verpackungssteuer beispielsweise, Zuckersteuer und sonst was, da gibt es ganz viele Externalitäten, die wir versuchen zu internalisieren und das schlägt sich dann aber auch aufs Preisniveau nieder von einzelnen Produkten, aber dann auch gesamtgesellschaftlich. Und was sind diese Auswirkungen auf die soziale Stabilität? Und da wird leider von Umweltverbänden insbesondere fast überhaupt nicht drauf geschaut.

Zackes Brustik: Magst du das nochmal ausführen? Also das heißt, du sagst eigentlich, wenn ich das richtig heraushöre, all die, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen, gerade aus der Zielgesellschaft kommen, Umweltverbände, wahrscheinlich die ganzen großen, WWF, NABU und sonstige Stiftungen auch, vernachlässigen diese soziale Dynamik von Preissteigerung etc.?

Philippe Diaz: Absolut, 100 Prozent. Ich denke, das ist natürlich auch oft ein Thema mit viel Sprengstoff Und wenn man da so aufgestellt ist, dass man auch, sagen wir so, mit konservativeren Akteuren sprechen möchte, dann traut man sich nicht, sich wie Greenpeace beispielsweise hinzustellen mit einem Slogan wie während der Bundestagswahl Tax the Rich. Ich glaube, Diese Ungerechtigkeiten in unserer Gesellschaft sind für alle sehr, sehr greifbar, sind sehr evident. Und ich denke, wenn wir diese soziale Ungerechtigkeit und auch die ökologischen Themen mehr zusammenbringen, dann gibt es auch mehr Mehrheiten für Naturschutz. Aber das wird leider sehr vernachlässigt von der großen Mehrheit der Umweltverbände.

Jakob Thomä: Also ich glaube, dass das Interessante bei den sozialen Kipppunkten, Philipp, das du ja gerade erwähnt hast, ist das halt, und es gibt halt 2 Dynamiken, zum einen gehen die sozialen Kipppunkte halt hoch, zum anderen gibt es verstärktes Gefühl, also mit den Firmen, denen ich rede, mit den Nachhaltigkeitspersonen da, bei Banken und Firmen, dass die Zivilgesellschaft halt gerade so ein bisschen am Schwächen ist und dass das vielleicht so ein bisschen den Druck rausnimmt auch, ja. Also dass man so ein bisschen das Gefühl hat, aha, okay, Die Finanzierungslücke ist da, das ist einfach nicht mehr die gleiche Firepower, wie es vor ein paar Jahren war. Und das hat natürlich auch eine Konsequenz für uns als Firma, wenn wir halt nicht mehr dieser gleichen Firepower gegenüberstehen. Aber das Interessante ist halt, dass was wir halt sehen, ist, dass möglicherweise auch Firmen sich auf neue soziale Nachhaltigkeitskipppunkte gefasst machen müssen. Also ich denke die Bud Light Situation letztes Jahr in Amerika war ganz interessant, wo die Transfrau Dylan Mulvaney irgendwie für Bud Light Werbung gemacht hat und dann Kid Rock Bud Lights angeschossen hat, Bud Light Dosen. Und ich glaube, dass auch bei diesen Nachhaltigkeitsthemen wir wieder so ein bisschen zu diesem Nike Sweatshop-Movement zurückkommen könnten, weil durch TikTok, durch Instagram, durch die ganzen sozialen Medien halt einfach auch, wenn irgendwo eine Firma mit ihrem Logo irgendwo drinsteckt, wo halt irgendeine Krise ist, wo ein Konflikt ist und so weiter. Das ist halt ganz schnell, das ist eine ganz andere Dynamik entwickelt, wenn halt irgendwie Friends of the Earth oder WWF eine Pressemitteilung raussteckt und vielleicht mal irgendwie so ein, 2 Artikel durch den Blätterwald gejagt werden. Also ich glaube, dass da auch Nachhaltigkeitsprofis in Firmen sich nicht allzu sehr ausruhen können auf diese neue Situation, weil eben durch diese neue Dynamik, ja auf der einen Seite Zivilgesellschaft vielleicht geschwächt wird durch halt diese Finanzierungsprobleme, auf der anderen Seite halt aber auch neue Technologie auch dazu führt, dass es halt mehr Exponiertheit gibt.

Zackes Brustik: Aber die Exponiertheit, die du jetzt als Beispiel reingeführt hast und alle, die es nicht wissen, Ketrock, ein Musiker in allerster Stelle, aber auch 1, der sich prominent zur Politik äußert, vor allem konservativ oder erzkonservativ. Das, was du jetzt ins Feld führst, ist ja eigentlich noch ein größeres Risiko für Nachhaltigkeitsmanager, dass quasi der soziale Kipppunkt eben Anti-Nachhaltigkeit-Sentiments stärkt, den Rollback noch mehr verstärkt und man sich damit gefasst machen muss und sie vielleicht noch weniger nach draußen traut.

Jakob Thomä: Das ist ja dieses, was diesen Job so schwierig macht. Ich meine, wenn jemand Nachhaltigkeitsbeauftragter bei 1 Firma ist, dann interpretiert er den Job so, ich muss meine Firma nachhaltiger machen. Das liegt ja auch oft daran, dass diese Personen ja auch eine bestimmte Agenda haben. Also im Sinne von, die glauben ja, also die glauben an die Sache. Das ist jetzt nicht eine perfide Agenda mit irgendwie doppeltem Boden, aber einfach halt sagen, ja, es ist gut, was ich für meine Firma mache, ist gut für die Firma, ist gut für die Welt und ich möchte halt auch in 1 irgendwie lebenswerten Zukunft leben und deswegen kämpfe ich halt auch dafür. Aber ein Grund, wieso glaube ich gerade Nachhaltigkeitsexperten so ein bisschen eine schwierige Zeit haben, ist, weil sie halt eben nicht so wirklich vorbereitet sind für diesen Moment. Zum einen ist es eigentlich auch der Job 1 Nachhaltigkeitsbeauftragten, auch die Anti-Nachhaltigkeits-Backlash zu antizipieren und zu managen. Ob man es gut findet oder nicht, das ist jetzt mal eine Sache, aber dafür ist man auch da, das zu verhindern.

Jakob Thomä: Oder zu sagen, okay, damit können wir leben. Kann ja auch eine Position sein. Man muss ja nicht nur, weil jetzt Kid Rock Bud Light Dosen anschießt, irgendwie seine Strategie ändern, aber dass man einfach darauf vorbereitet ist für diese komplexe Realität, dass es den Bergdash halt zu Nachhaltigkeit geben kann. Wie kann der aussehen, dass eben halt diese großen Risiken kommen, die halt im Endeffekt irgendwie alle Nachhaltigkeitsrisiken sind, dass man die auch vorbereitet ist, dass man einen Notfallplan halt in der Tasche hat. Und ich glaube, da haben in den letzten paar Jahren einfach Nachhaltigkeitsprofis sich zu, zu, zu eng definiert in ihrer Jobbeschreibung.

Zackes Brustik: An dieser Stelle ein Shoutout, den ich vor allem allen Sustainability Managern aus Süddeutschland ans Herz legen möchte. Wenn du einen kleinen feinen Event suchst, bei dem es nicht darum geht, dass die Lösungsanbieter pitchen, sondern dass du dich eigentlich hauptsächlich mit anderen Sustainability-Managern über deine aktuellen Herausforderungen austauscht, dann schau unbedingt bei der Unprepared in München vorbei. Am 3. Juli organisiert das Team von Chris Kühn einen wirklich coolen Event. Wer schaut vorbei, zum Beispiel Axel Berger von Harnier, der drüber sprechen wird, wie ihr Nachhaltigkeit mit Zahlen hinterlegt und der Chef-Hitache schmackhaft macht. Anja Schröder, die ihr auch schon aus Folge 28 und 71 kennt, wird ihr einen brandneuen Backpfeifen-Score for the Planet vorstellen. Dann sind zu Größen dabei wie Waldemar Zeiler von Einhorn, Christian Kroll von Utopia, Astrid Piskora schaut vorbei die Vorständin von der Peer School for Sustainable Development, Patagonia, Bechtle Gustavo Gusto, Bayern LB. Also wirklich von ganz kleinen Unternehmen zu großen Unternehmen, von Unternehmen die ein paar Jahre Vorsprung haben zu Unternehmen die wirklich absolute Pioniere in ihrem Gebiet sind.

Zackes Brustik: Das Ganze mit super fairen Preisen. Also es geht wirklich darum, dass ihr mitmacht. Das zeichnet diesen Event auch aus. Es ist ein absolut interaktiver Mitmach-Event und nicht nur faire Preise, mit dem Code Gewinne Zukunft alles groß und zusammengeschrieben bekommt ihr auf die schon extrem fairen Preise auch noch 15%. Also schaut vorbei auf unprepared.xyz slash conference und tragt euch direkt ein für ich glaube den coolsten Event kurz vor dem Sommer in Süddeutschland. Würde ich nicht 800 Kilometer weit entfernt am anderen Ende von Deutschland wohnen, ich wäre auf jeden Fall dabei. www.Unprepared.xyz/conference. Und dann den Code GewinneZukunft.

Zackes Brustik: Alles nochmal in den Shownotes.

Jakob Thomä: Und ich glaube da haben in den letzten paar Jahren einfach Nachhaltigkeitsprofis sich zu zu zu eng definiert in ihrer Jobbeschreibung.

Zackes Brustik: Also zu sehr auf C wie Carbon und dann noch zu sehr auf B wie Biodiversität. Genau.

Philippe Diaz: Ich würde das nicht so kritisch sehen. Also ist sehr ähnlich mit den Grünen. Da, okay, Habeck hat das Heizungsgesetz versammelt, aber war das so? Ich glaube grundsätzlich Menschen, Parteien, ja, oder Nachhaltigkeitsmänner, ich hätte es ja hin, wollen ja etwas verändern. Und das ist, wenn man jetzt in der Kriegsmetapher denkt, dann ist es ja auch so, dass die Partei oder die Kriegspartei, die attackiert, hat dreimal so hohe Verluste als die Partei, die verteidigt. Und NachhaltigkeitsmanagerInnen, die sind ja quasi die ganze Zeit daran, den Status quo, der eben nicht nachhaltig ist, zu attackieren. Genauso wie die grüne Partei mit Blick auf das Heizungsgesetz. Und deswegen, Ja, man kann sagen, ja, die sind nicht gut vorbereitet, die machen nicht alles richtig, das ist vielleicht nicht ganz außerkoren und so weiter und so fort. Aber ich glaube, die Aufgabe ist einfach per se schwieriger als zu sagen, nee, ich will das beibehalten, was ist.

Zackes Brustik: Also das heißt übersetzt für mich, weil man sich an das Rütteln am Status quo macht, muss man damit rechnen, dass die Reibungsverluste deutlich höher sind und sollte sich davon nicht entmutigen lassen. Das heißt nicht, dass man es falsch macht, das heißt wahrscheinlich macht man es sogar richtig. Aber da jetzt einzutauchen, weil das hattest du vorhin gesagt, Jakob, eigentlich braucht man den Notfallplan schon in der Schublade. Und das ist was, was eben bei euch in dem Paper rausgekommen ist von One in a Thousand, also dem gemeinsamen Forschungsprojekt, wo ihr geschaut habt, was können wir aus der Corona-Krise lernen für das Managen von Klimawandelrisiken. Magst du uns damit kurz mitnehmen, weil da sind nämlich auch schon ein, 2, 3 Zahlen rausgekommen. Ganz konkret zu dir Themen, die Philipp schon gesagt hast, nämlich was kostet das eine, was kostet das andere.

Jakob Thomä: Genau, also es ist halt schon so, dass man eben bei diesen Risiken natürlich auch Vergleichsmomente sieht und deswegen auch von der einen, von der anderen Krise lernen kann. Es ist jetzt nicht so, dass ich jetzt weiß, wie ich besser mein Kohlekraftwerk irgendwie abstelle durch die Pandemie. Darum ging es in dem Paper nicht. Aber Wir hatten so ein paar unterschiedliche Baustellen oder aber auch Bauchschmerzen, die halt irgendwie diese Pandemie mehr bereitet hat, als ich, wenn ich über die Implikationen von Klimawandel nachdenke. Also nochmal einfach gesprochen. Ein Grundthema, was mich an der Diskussion Klimawandel stört, ist, dass wir immer über die Tiere und den Planeten reden. Rettet den Planeten, aber das im Endeffekt der Klimawandel halt enorm viele Menschen umbringen wird. Und zwar möglicherweise je nach Hochrechnung bis zu 100 Millionen in diesem Jahrhundert.

Jakob Thomä: Ja, das ist kein Klacks. Und dazu kommt natürlich noch die ganzen Toten von Umweltverschmutzung, die ja nicht Klimawandel per se sind, aber Stichwort auch durch fossile Brennstoffe verursacht werden. Wir tun immer so ein bisschen so, hier sind die Treehuggers, die Baumumarmer, die Ökos, die sich immer über die Ameisen Sorgen machen, aber im Endeffekt geht es halt hier auch wirklich hardcore Menschenleben. Und das hat es bei der Pandemie ja auch gegeben. Und bei der Pandemie haben wir halt schon, hat die Politik schon gezeigt, dass sie in der Lage ist, radikal Einschnitte zu machen, eben diese Menschenleben zu schützen. Es gibt genug darüber Diskussionen, wer es falsch oder richtig findet. Aber ich glaube auch die Basis sind sich alle ziemlich einig darüber, dass die Politikmaßnahmen halt einen enormen Ausmaß haben. Und da haben wir halt ein paar Sachen uns angeguckt bezüglich des Klimawandels und was wir daraus lernen können.

Jakob Thomä: Zum einen können wir daraus lernen, dass der Klimawandel, also die Menschenleben, die wir durch das Verhindern des Klimawandels retten, ist halt x-faches billiger als die Menschenleben, die wir durch die Politikmaßnahmen der Pandemie gerettet haben, in Anführungsstrichen. Also es ist offensichtlich so, dass es eine Bereitschaft theoretisch geben würde, Menschenleben zu retten. Problem ist natürlich bei der Pandemie, ja, da waren die Bilder von den Intensivstationen in Bergamo, die da am Anfang durch die deutsche Presse gingen, die natürlich anders die Menschen aufgerüttelt haben, als zum einen diese hypothetischen zukünftigen Klimatoten in 20, 30, 40 Jahren und zum anderen, wenn wir ehrlich sind, halt auch die Hautfarbe der Klimatoten, die halt heute hauptsächlich in Entwicklungsländern sind Und das ist halt leider ist so für Leute, die irgendwie deutsche Medien konsumieren, halt nicht so spannend, wie wenn es jetzt jemand ist in Deutschland. Ich glaube, da hat die Flut im Ahrtal vielleicht ein bisschen geholfen, aber ist halt schon ein Unterschied.

Zackes Brustik: Ich gehe mal kurz mit rein mit Ergänzung. Ich glaube, wenn ich es mir richtig gemerkt habe, grob gerundet, das Retten 1 Lebens in der Covid-Pandemie hat ungefähr umgerechnet 700.000 Euro gekostet. Retten von zukünftigen Klimatoten kostet uns, wenn wir jetzt agieren, eigentlich nur rund die 200.000 Euro.

Philippe Diaz: Ja, aber da hast du noch nicht den Discount angewandt. Also dass ja der Wert von irgendwas in der Zukunft niedriger ist, als der Wert vom Verbrauch von heute. Und sprich ein Toter in Zukunft ist laut Kapitalmärkten Und gesellschaftlich würde ich dann eigentlich sagen, einfach weniger schlimm als ein Mensch, der jetzt stirbt.

Zackes Brustik: Das kam nämlich auch raus, Jakob, dass eben für die Politik ein zukünftiges Leben, ich glaube, 40 Prozent weniger wert ist als ein Leben im jetzt. Also geht in die Richtung, was Philipp gesagt hat, oder?

Jakob Thomä: Ja, genau. Also das ist ja der Punkt. Ich will sagen, okay, ein Klimaleben zu retten wäre ein x-faches billiger, ja, aber wir machen es ja nicht. Also zumindest nur begrenzt. Ich persönlich bin der Meinung, dass wir mehr machen als das, was immer so das Gefühl ist, aber wir machen sicherlich nicht genug, erstmal die Klimaziele zu erreichen und wahrscheinlich auch so viel wir machen sollten, tatsächlich eine gewisse Stabilität in der Volkswirtschaft zu erhalten aufgrund der Effekte des Klimawandels selber. Also das ist halt die 2 großen Dinge, die wir zeigen, ist, okay, ja, Klimawandel wäre x-faches billiger, wie ja gesagt, hier 3 bis 4 Mal billiger als in der Pandemie, aber wir machen es nicht. In der Pandemie gibt es in bestimmten Ländern ja auch nicht passiert, aber in Deutschland ist ja schon viel passiert diesbezüglich.

Zackes Brustik: Ein Unterschied war ja auch bei der, und das war noch wichtig, was du vorhin meintest, ist, bei der Pandemie waren wir reaktiv unterwegs. Wir hatten de facto nicht wirklich Notfallpläne für das Szenario in der Schublade. Für den Klimawandel könnten wir proaktiv unterwegs sein. Oder das habt ihr auch nochmal auf Zahlen runtergerechnet?

Jakob Thomä: Je früher wir da einsteigen, desto billiger ist es natürlich. Also das ist das ist halt ganz entscheidend. Wir machen es nicht, weil wir eben zukünftige Leben weniger wertvoll sind und die Leben, die sterben auch weniger wertvoll sind, weil es eben halt, es so krass zu formulieren, hauptsächlich Menschen sein werden nicht mit weißer Hautfarbe, ist halt so. Aber es ist halt eben auch billiger, weil man eben darauf vorbereitet sein kann. Das heißt, das hat man ja auch in der Pandemie gesehen, je später man mit den Lockdowns angefangen hat, je später man mit der Politik eingeschritten ist, desto teurer war es. Es ist eine Regel, die kann man sich irgendwie im Arm tätowieren, je reaktiver, auch Philips Punkt nochmal aufzugreifen, je länger wir brauchen, das Nachhaltigkeitsrisiko einzudämmen, umso teurer wird dann eben die Reaktion. Und das ist halt eine große Lehre aus der Pandemie. Bei der Pandemie waren es Tage, die den Unterschied gemacht haben.

Jakob Thomä: Bei der Klimakrise sind es vielleicht nicht Tage, aber zumindest Jahre. Firmen, die halt ein paar Jahre darauf warten, eben in die Dekarbonisierung einzusteigen, die sind halt weniger gut vorbereitet, werden sowohl wahrscheinlich auf Firmenebene dann auch mehr damit kämpfen müssen, aber wir als Gesellschaft halt eben auch. Weil eine Sache ist völlig klar, ob wir bei 3 Grad landen oder 4 Grad oder 5 Grad oder 2 Grad. Irgendwann müssen wir nette 0 erreichen. Das ist alternativlos, weil wir können nicht in 1 instabilen Welt überleben. Und das heißt, diese ganze Idee, entweder wir machen es oder wir machen es nicht, das ist gar nicht die Diskussion. Die Diskussion ist nur, wann machen wir es? Wann räumst du dein Zimmer auf? Das ist die gleiche Diskussion, die ich meinem Sohn führe. Es ist nicht, ich räume mein Zimmer nie auf.

Jakob Thomä: Früher oder später muss das Zimmer aufgeräumt werden. Und je länger wir darüber kämpfen und je länger wir damit brauchen, desto schmerzhafter wird das ganze Prozess.

Zackes Brustik: Das war das Paper. Wie immer werde ich dieses Paper auch verlinken und wie immer für alle, die den Newsletter abonniert haben, zackes.com slash newsletter, www.zackes.com/newsletter. Und damit alle, die den Newsletter schon haben, auch Zugriff auf all die Ressourcen haben, die ich mit diesem kleinen Hack immer teile, sind wir gerade dabei, bei Gewinne Zukunft einen kleinen Link zu etablieren, in dem dann gesammelt alle versprochenen Ressourcen der letzten Folgen zu finden sind. Das geht im nächsten Newsletter raus. Also wenn ihr am Newsletter am Start seid, egal ob ihr ihn jetzt erst abonniert oder dann schon abonniert habt in den letzten Wochen mit dem Juni Newsletter bekommt ihr alle Zugriff auf diese Liste der bisher versprochenen Ressourcen. Superspannende Paper, die alle meine Gäste mitbringen und ich bin mir sicher, wir finden auch nur eine sehr coole Ressource, die Philipp im Laufe der Folge beisteuern wird. Noch kenne ich sie nicht, aber ich kann euch jetzt schon sagen, ihr findet sie dann, wenn ihr Newsletter-Abonnent seid.

Jakob Thomä: Und sie wird sehr cool sein.

Zackes Brustik: Und sie wird extrem gut sein, genau. Aber Philipp, ich weiß, dir liegt noch was auf dem Herzen, nur als kleiner Teaser. Wir hören gleich, was du zu sagen hast und danach gehen wir dann drauf ein, Wie sind wir in Europa aktuell aufgestellt angesichts des ganzen Rollbacks in Bezug auf Policy, diesen Risiken zu begegnen und was heißt das für Unternehmen, für Unternehmensstrategien? Aber erstmal brennt dir noch was unter den Nägeln zu dem bisher Besprochenen.

Philippe Diaz: Ich würde darauf aufbauen, was Jakob gesagt hat und das mal in den gesellschaftlichen Diskurs reinlegen. Da geht es ja ganz, ganz viel Freiheit. Und wir bewegen uns ja immer innerhalb von Budgets. Also wenn du tanzen gehst, dann kannst du dich halt nur so viel bewegen, wie dein Körper beweglich ist. Wenn du als Unternehmen agierst, dann kannst du nur so viel machen, wie du auch Finanzierung bekommst. Wenn du als Gesellschaft ökologische Budgets hast oder im Dorf, wenn du als Dorf an einem See bist und der See aber zunehmend austrocknet, dann hattest du mal viel Wasser, das kann man am Aralsee sehen, aber dann hast du irgendwann nicht mehr so viel Wasser, also dein ökologisches Budget, dein Wasserbudget sinkt und du kannst dann weniger damit machen. Und als Gesellschaft haben wir auch diese Fakten vor uns, diese ökologischen Budgets, die verschwinden zunehmend und das reduziert auch massiv unsere Freiheit mit dem, was wir machen können. Momentan versuchen wir, eigentlich nur im Klimabereich, die Budgets irgendwie über marktwirtschaftliche Mechanismen zu verteilen.

Philippe Diaz: Aber wir setzen zumindest schon mal Budgets oder wir sind uns derer bewusst, In vielen anderen Bereichen, Umweltbereichen insbesondere, existieren die Budgets ja, wenn überhaupt nur in der Wissenschaft, werden aber gesellschaftlich noch nicht angewandt. Das Problem ist, dass mit geringeren Budgets wir immer mehr in 1 Art von automatisch weniger Freiheiten haben und zumindest auch in der Planwirtschaft landen müssen, weil wir eben mit immer kleineren Budgets Haushalten zu haben. Und das ist ein toxischer Begriff. Aber ich glaube, wenn FDP und manche aus der CDU den Grünen der Umweltbewegung Planwirtschaft vorwerfen, ja, dann haben sie gar nicht so Unrecht. Aber nicht unbedingt aus den Gründen, die sie vorgeben, weil wir sie in den Kommunismus stützen wollen, sondern weil Planwirtschaft quasi ein Resultat von schwindenden Budgets ist.

Zackes Brustik: Also was ich auch herausfinde in anderen Worten ist, dass was gerade auch R3.0 umtreibt, ist sozusagen die Triple Materiality, nicht nur die doppelte Wesentlichkeitsanalyse, sondern die dreifache Wesentlichkeitsanalyse, das heißt die, die den realen Kontext mit einbezieht und die real verbleibenden Budgets für bestimmte Aspekte der Nachhaltigkeit. Ja, was du eigentlich gerade sagst ist, es gibt ein Riesenproblem, das wir nicht adressieren. Und daher kurz mal der Einblick, du steckst ganz tief drin in allem, was sich policy-technisch in Brüssel entwickelt. Die Probleme die wir besprochen haben und die Regulation die wir haben, wie gut sind wir aufgestellt?

Philippe Diaz: Tja gute Frage. Da schließt sich dann auch die Frage an, wie ausreichend war der Green Deal in sich überhaupt. Mit dem Kernkonzept grünes Wachstum und damit lösen wir unsere Probleme. Jedenfalls würde ich grob hinstellen, dass der European Green Deal und damit auch die CSRD und die damit zusammenhängenden ISRS in Versuch wären, näher heranzukommen an eine Lösung der Probleme. Ich würde sagen, ganz viele Elemente wie gerade auch diese kontextbasierte Wesentlichkeit, da habe ich persönlich auch mit dafür gekämpft, dass die hier und da über den Klimastandard hinaus auch mit Einzug findet, aber die ist im Großen und Ganzen einfach nicht gegeben. Und wenn diese kontextbasierte Wesentlichkeitsanalyse nicht in der Nachhaltigkeitsberichterstattung verankert ist, dann wird es zu ESG-Berichterstattung, die dann dazu führt, dass beispielsweise Länder wie Norwegen oder Schweden als die nachhaltigsten Länder der Welt bezeichnet werden, obwohl sie so einen massiven Rohstoffimport haben für den Konsum im Land. Ja, also grob gesagt die CSAD, CSDD und diesen ganzen anderen Kürzeln, die IUDA, es waren alles Versuche, wirklich was zu lösen. Mit Blick auf die Transparenzpflichten würde ich mir selbst, wobei ich halt sehr, sehr viel Zeit in den letzten Jahren damit verbracht habe, mir selbst auch noch die Frage stellen, Wie viel bringt Transparenz am Ende wirklich? Jakob, vielleicht hast du dazu auch was zu sagen, aber wir wissen eigentlich seit 30 Jahren, wer die größten CO2-Emittenten sind.

Philippe Diaz: Nach der CSRD und den ISRS wissen wir es dann noch ein bisschen besser und auch noch, wer mehr zu Entwaldungen beiträgt und so weiter und so fort. Das, was aber wirklich greifen würde, also Zähne hätte, sind eben nicht nur die Transparenzpflichten, sondern vor allem die Sorgfaltspflichten aus der CSDD, dem EU-Lieferkettengesetz und eben auch der EU-DI, dem Anti-Entwaldungsgesetz. Und die funktionieren in der Theorie ziemlich gut zusammen. Aber dann ist die Frage, ist die Gesellschaft bereit für die Änderungen, die eine solide Anwendung dieser Regularien verursachen würde? Und die Veränderungen würden auch durch proaktiv generierte Inflation kommen, weil wir beispielsweise Schokolade teurer machen.

Zackes Brustik: Das habe ich tatsächlich schon gemerkt. Also Ganz konkret, ich gehe zu Edeka und kaufe mir eine Schokolade von Lindt und Lindt ist jetzt nicht gerade der allergrößte Premium Hersteller, aber die kostet schon 3, 99.

Philippe Diaz: Aber das ist reaktiv, weil also was ich meinte, ist, dass wir aktiv versuchen, Entwaldung zu vermeiden, indem wir die Bauern besser bezahlen, die Böden besser erhalten und so weiter und so fort. Aber das kostet ja alles ein bisschen, oft nicht so viel mehr, aber ein bisschen mehr. Aber was du gerade in den Supermärkten siehst, sind die realen Auswirkungen des Klimawandels.

Zackes Brustik: Und was du sagst, da müsste eigentlich noch was hinzukommen, damit wir eben nicht reaktiv, sondern proaktiv unterwegs sind. Und das wäre einfach so ein Preisunterschied, der einen Inflationseffekt hätte, der dann zu so viel Unmut führen würde, dass wir wiederum bei politischen Verwerfungen landen würden, oder?

Philippe Diaz: Das ist sehr wahrscheinlich so und Deswegen brauchen wir diese soziale Gerechtigkeitsdebatte. Das ist ja auch mit Blick auf CO2-Emissionen eigentlich gibt es auch Lösungsansätze wie das Klimageld. Und da würde ich gerne auch die Umweltverbände in die Pflicht nehmen. Die müssen sich viel, viel deutlicher hinstellen und diese Kampagne, die Greenpeace eigentlich auch eben durchgeführt hatte, Tax the Rich, ganz klar und knallhart auf den Tisch legen. Es ist eine Verteilungsfrage, auch zu ökologischen Budgets. Und wenn wir proaktiv handeln wollen, werden die Menschen das nicht mittragen, wenn das auch nur gefühlt zu Lasten der Masse geht und die anderen halt einfach weitermachen können, wie bisher, weil sie einfach genug Kapital haben.

Jakob Thomä: Also 2 interessante Sachen. Ein Gedanke, den ich gerade hatte, es gibt ja gerade in Amerika Diskussionen mit den Tariffs, dass irgendwie Amazon jetzt die Tariffkosten irgendwie auf die Rechnung schreibt. Vielleicht bräuchte man das ja auch wirklich auch mal beim Klimawandel und zwar nicht, wir sehen ja dann immer so, oh, die ganzen, wie viel vom Spritpreis sind Steuern, da gibt es ja immer diese Kuchen, die vom ADAC veröffentlicht werden oder wer auch immer, aber wie viel von den Kosten, die ich gerade trage, sind eigentlich Klimakosten. Und wir sehen halt immer nur die Kosten, die halt die Klimavermeidung sind. Und das ist natürlich, sag ich mal, von einem Anreizsystem einfach enorm destruktiv, weil man halt immer nur, sag ich mal, das ist ja wie so Accounting 101, ja. Also man sieht halt immer nur die Soll-Seite und nicht die Haben-Seite. Ne genau, also das ist halt ein Faktor, dass wir halt eben irgendwie diese Realität nicht so wirklich sehen. Und zum anderen natürlich, dass, wie du sagst, also Stichwort Transparenz, dass wir halt, also CDP, das ist ja die Umweltorganisation, wenn es Transparenz geht.

Jakob Thomä: Ja, jedes Jahr schreiben die einen Bericht, wir brauchen mehr Scope 3 Disclosure, ja, also mehr die Emissionen, die halt in der Lieferkette sind oder in dem Produkt Downstream. Ich meine, die Organisation gibt es seit 20 Jahren. Also irgendwie, ich weiß nicht, ich möchte jetzt nicht Amnesty International vorwerfen, das nur weil es immer noch politische Gefangene gibt, die irgendwie nicht ihren Job richtig machen oder die irgendwie eine andere Strategie suchen sollen. Aber beim Klimawandel muss man sich schon irgendwann die Frage stellen, okay, ja nice, dass jetzt irgendwie 6000 Firmen rapportieren und irgendwie da jetzt Disclosure gibt, aber irgendwie verheddern wir uns da gerade ein bisschen bei dieser Transparenz-Sache. Und wenn jetzt schon der Roebuck zu Transparenz kommt, was ja wirklich eigentlich nur so Stufe 1 ist, Dann muss man sich halt schon überlegen, okay, irgendwas ist faul im Staat der Dänemark.

Philippe Diaz: Da würde ich aber nochmal reinspringen, weil ich glaube, die Zielsetzung, jetzt auch mal richtig Transparenz zu den Externalitäten, sozial oder umweltexternalitäten herzustellen, Das ist ja, würde 1 Revolution gleichen. Weil wenn wir, historisch ist es ja so gewachsen, dass wir alles quasi nur auf Finanzkennzahlen ausrichten. Wenn man das jetzt erweitern würde und sagen würde, das war ja eigentlich die Ambition auch der EU-Kommission, das hatte Mered McGinn, der Commissioner von DG FISMA, zu der Zeit noch gesagt. Wir wollen Finanzbericht oder Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Ebene mit Finanzberichterstattung heben. Und das eben nicht nur in der Transparenz, sondern eben auch, das wäre natürlich die Ambitionen, sonst hätten wir es gleich sein lassen können, in der Wirkungsentfaltung. Und das würde meines Erachtens dadurch, dass es die Langfristigkeit in die Kurzfristigkeit des Kapitalmarkts presst, also wenn es da einen Konflikt gibt, schon eine Revolution, so wie der Kapitalismus derzeit funktioniert, bedeuten. Und ich würde auch nicht mitgehen, dass wir quasi was falsch gemacht haben. Also ich war ja auch Teil der Ausarbeitung der ISAS bei EFRAG, weil wenn ich mir jetzt anschaue, ich habe von Accountancy Europe vor ein paar Tagen eine Analyse gesehen, wo das, was ich schon lange versucht habe herauszufinden, quasi bestätigt wird und zwar, dass die Prüfung von Finanzdaten 5, 10 mal mehr immer noch kostet als die Prüfung von ESG-Daten.

Philippe Diaz: Und wenn zack es hier dieser Podcast sehr an die Menschen geht, die in Unternehmen in den Nachhaltigkeitsabteilungen sitzen, dann würde ich denen gerne mal die Frage stellen oder sie sollten intern mal die Frage stellen, wie viele Personen, wie viele Ressourcen gehen bei uns in die Finanzberichterstattung versus in die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Und dann immer wieder das Argument zu bringen, wir haben nicht genug Ressourcen übrig, Personen, dann auch noch irgendwas umzusetzen, Blödsinn.

Zackes Brustik: Das hast du in verschiedenen LinkedIn-Posts auch geschrieben. Das heißt, das große Argument für den Omnibus war ja, es ist zu viel Aufwand, es kostet zu viel Zeit, zu viel Ressourcen, zu viel Manpower und du hast es mal in Relation gesetzt. Ich glaube nach dem Bürokratiekostenindex war die CSRD nur für ein Plus von 2, 36 Prozent verantwortlich. Also in Gesamtsumme relativ wenig. Eigentlich verschmerzbar angesichts der Relevanz. Plus du hattest noch ein paar andere Zahlen. Die 1000 Datenpunkte der Nachhaltigkeitsberichterstattung, von denen ja nicht alle 1000 anfallen, nach der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, stehen in Relation zu 4000 Datenpunkten aus der Finanzberichterstattung. Und ein, 2 Menschen, mit denen du gesprochen hast, die haben auch gemeint, das sind irgendwie so Kosten, 1000000 für CSRD-Berichterstattung, 14 Millionen für Finanzberichterstattung.

Zackes Brustik: Aber Jakob, das sind ja genau deine Themen. Du kommst aus der Finanzwelt, versuchst sie mit der Nachhaltigkeitswelt zu verknüpfen und eben langfristige Risiken in kurzfristige Maßnahmen reinzuholen. Deswegen glaube ich, hast du sehr viele Gedanken zu dem, was Philipp gerade gesagt hat. Also was können wir von der Finanzwelt lernen? Würdest du das so stehen lassen, was Philipp gesagt hat?

Jakob Thomä: Ja, Also die Zahlen sind sicherlich plausibel, aber wir haben ja ein großes Problem bei diesem Vergleich und zwar, dass die Realität die ist, dass diese viele dieser Nachhaltigkeitszahlen eben nicht genutzt werden. Und eben dann man sich schon die Frage stellt, okay, das ist vielleicht viel billiger in Relation und nur 2, 36 Prozentpunkte und so, aber es ist im Endeffekt, und ich glaube, da ist schon viel falsch gelaufen, ehrlich gesagt. Also ich glaube, dass das schon auch nicht nur ein bisschen, sondern wirklich auch viel falsch gelaufen ist. Das ist ein bisschen die Verknüpfung zu, wer benutzt die Daten, wie werden die dann tatsächlich ja dann auch irgendwie so umgesetzt, dass sie zu nachhaltigem Handeln führen. Und das ist, glaube ich, irgendwo verloren gegangen in diesen letzten paar Jahren dieser EU-Initiativen. Und das ist das, was ich auch wiedergespiegelt bekomme von Finanzmarktakteuren, ja. Also, dass irgendwie Daten entwickelt werden und das, es mal platt zu formulieren, die Leute haben, dadurch, dass sie so viel Zeit damit verbringen, Daten zu entwickeln, haben sie keine Zeit dafür, mit diesen Daten mehr was anzufangen. Und das gilt ja in der ganzen Lieferkette, also Finanzinstitutionen, die ja eigentlich diese Daten benutzen sollten, vielleicht ihre Allokation zu ändern, die sind einfach zu viel damit beschäftigt, wiederum Berichte zu schreiben, die irgendwo wiederum irgendwo landen.

Jakob Thomä: Und das ist, glaube ich, schon so ein bisschen eine existenzielle Frage oder auch einfach so ein bisschen eine Grundsatzfrage. Und ich glaube, man muss sich dann halt, da sind wir wieder auch bei der Frage, natürlich, was sind die Anreize dafür? Also wenn es keinen Anreiz dafür gibt, wenn es keine Materialität gibt, wenn es keine Reputationsrisiken gibt, wenn die Zivilgesellschaft das nicht einfordert etc. Etc. Ja, dann werden diese Zahlen halt auch nicht benutzt. Zweitens ist es halt so, dass auch wirklich natürlich eine bestimmte Lobby auch dazu geführt hat, dass bestimmte Faktoren hier eine Rolle spielen, die vielleicht nicht so notwendig waren. Also es gibt ja immer diese Reasonable Assurance, Philipp, du kennst dich damit viel besser aus als ich und diese ganzen unterschiedlichen Auditpflichten, die da hinter einen hergehen mit den Zahlen. Die müssen ja jedes Jahr passieren und bei Nachhaltigkeit jedes Jahr eine Audit zu machen, weiß nicht, wie sinnvoll das ist, wenn man über fünf-, zehnjährige Strategien redet. Allein das rauszustreichen, würde halt Milliarden sparen an Kosten, weil es eben halt nicht jedes Mal durch eine Prüfung gejagt werden muss, wo man halt wieder Geld abdrücken muss an jemanden.

Jakob Thomä: Das ist aber halt durch die Lobby sicherlich zum einen, aber auch durch mangelndes Engagement von Nachhaltigkeitsexperten nicht passiert. Und auch in dieser Omnibus ist es ja auch nur begrenzt ein Baustein. Und damit könnte man halt, wir haben es mal ausgerechnet, ich glaube irgendwas in der Größerung von 5 Milliarden Euro an Geld sparen für europäische Firmen, wenn man einen Lein diese paar Faktoren ansetzt, ohne überhaupt 1 dieser 1000 Datenpunkte rauszustreichen. Also das ist, glaube ich, das Zweite. Und das Dritte ist halt, wo die Finanzmarktakteure gerade sind. Wir haben eben diese komische Situation, dass wir ein normatives Ziel haben. Weil es ist das Ziel, das wir haben müssen. Das ist das 1, 5 Grad Ziel und dieses normative Ziel, du hast ja auch über Budgets geredet, Philipp, das gibt es ja auch in anderen Bereichen, entweder nur in der Wissenschaft oder in unseren Köpfen oder wo auch immer.

Jakob Thomä: Und das macht halt diese Arbeit wieder enorm schwierig, weil wir sind irgendwie so auf der einen Seite sagen wir halt anderthalb Grad, auf der anderen Seite ist die andere Hälfte der Zivilgesellschaft, die permanent Berichte rausbringt, dass wir auf einem Drei-Grad-Pfad sind. Und dieser Bruch, dieser Stilbruch, in dem leben gerade Firmen und die sagen und irgendwie kann sich die Nachhaltigkeits-Community nicht so richtig entscheiden. So okay, sind wir gerade auf einem Drei-Grad-Pfad? Wenn ja, dann ist es für mich als Firma Kamikaze anderthalb Grad Ziele zu setzen, weil es einfach so weit von der gelebten politischen Realität ist oder wir sind auf einem anderthalb Grad Pfad, ja aber sind wir ehrlich sehen wir ja nicht und ich glaube da müssen wir halt an einen Punkt kommen, wo in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, aber auch in der Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, es mehr darum geht, an welche Zukunft glaube ich? Und dass man da ehrlich miteinander ist, Das ist ein großes Problem in der Nachhaltigkeitsdiskussion, dass wir nicht ehrlich sind, zu sagen, ich als Firma glaube halt nicht ans anderthalb Grad Ziel, ich glaube an was auch immer, an diese Zukunft und werde demzufolge planen. Und wenn wir an diesem Punkt kommen, dann können wir viel intelligenter sagen, okay, ich möchte mit dir Geschäfte machen oder nicht, diese Firma ist vorbereitet oder nicht, ich teile diese Meinung oder nicht, aber stattdessen haben wir irgendwie Klimaziele, die Firmen setzen, die sie selber nicht glauben, die sie auf jeden Fall auch nicht umsetzen würden und die irgendwie im Endeffekt nur grünes Marketing sind und auf der anderen Seite aber einen permanenten Diskurs, wo jeder intelligente CFO und CEO sich sie anguckt und sagt, okay, anscheinend sind wir auf einem 3 oder 4 Grad Pfad, also sollte ich eigentlich 100% meiner Aufmerksamkeit auf Adaption setzen, weil halt die Dekarbonisierungen sowieso gelaufen sind. Das funktioniert nicht. Das ist der Stielbruch, an dem wir gerade angekommen sind. Und das ist halt der Punkt, auf deine Frage zurückzukommen, wo man halt sagen kann, okay, der nächste Schritt muss jetzt halt sein, dass wir uns nochmal wirklich hinsetzen, wirklich First Principles-mäßig das Thema angehen und sagen, an welche Zukunft glauben wir eigentlich? Und auf dieser Grundlage dann auch eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, anstatt sich auf der Grundlage zu entwickeln, welche Zukunft wir gerne hätten.

Zackes Brustik: Richtig spannend. Ich muss das nochmal in meine Amateur-Worte übersetzen. Wir wollen alle die 1, 5-Grad-Welt. Ich glaube, wir wissen alle, es wird wahrscheinlich eher 2-Grad-Welt. Das ist noch realistisch, vielleicht einigermaßen zu erreichen. De facto tun wir aber alles dafür, dass wir eher in 1 4-Grad-Welt landen. Und wenn ich als Unternehmen mich mit 1 Strategie positioniere, muss ich halt sagen, okay, wenn alle Wettbewerber auf die Viergradwelt hinarbeiten, dann macht es für mich keinen Sinn, eine Strategie auf 2 Grad auszurichten, dann werde ich im Markt einfach untergehen. Wie setze ich mein Geld ein? Dann ist aber natürlich die Frage, ist eine Viergradwelt überhaupt manageable und kann ich eine Unternehmensstrategie für eine Viergradwelt, also dorthin zu kommen, ja, dort zu bestehen, anspruchsvoll, oder?

Jakob Thomä: Ja, ich würde vielleicht eine kleine Klammer drum setzen über diese, also Die Frage, wir tun alles für eine Viergradwelt, das ist halt, das würde ich so nicht unterschreiben. Tatsächlich glaube ich, tun wir schon relativ viel, zu dekarbonisieren. Also ich meine, ich kann mir kein Politikfeld vorstellen, wo so viel passiert ist in den letzten 5 Jahren. Weltweit, ja in jedem Land gibt es ja Klimapolitik. Also es ist, ich glaube, wahrscheinlich seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr der Fall gewesen, dass so viel in einem Politikfeld tatsächlich auch passiert. Es ist halt nicht genug für anderthalb Grad und die Zivilgesellschaft möchte halt permanent der Politik vorwerfen, dass sie nicht genug tut und dadurch sagt die Zivilgesellschaft halt am laufenden Band 3 Grad, 4 Grad, ihr bringt es nicht und wir sind auf 1 3 Grad Fahrt, 4 Grad Fahrt, halt Druck zu machen. Verstehe ich ja auch, aber das macht es halt für einen Scheider bei Firmen kompliziert, weil ich glaube nicht, dass wir auf einem 3-Grad- oder 4-Grad-Pfad tatsächlich uns befinden, was die Politikambitionen angeht. Ich denke, wir befinden uns 2 bis 2, 5 Grad gerade und da ist ja auch noch Luft nach oben.

Jakob Thomä: Ich meine, noch sind ja die Würfel nicht gefallen. Und das ist halt die Pfad, auf dem wir uns eigentlich befinden, glaube ich. Aber Firmen müssen halt tatsächlich auch sich jetzt mal Butter in die Fische machen und sagen, hey, was glauben wir? Oder vielleicht glauben wir an 4 Grad Fahrt, wie du gesagt hast, erstens. Zweitens, sich dann halt entsprechend positionieren und auch ehrlich mit dem Markt sind. Wir setzen halt keine anderthalb Grad Ziel, weil wir nicht dran glauben. Ich glaube, das wäre teilweise sinnvoller als fähige Ziele zu setzen. Und drittens natürlich kann man in dieser Welt bestehen. Durch diesen Viergrad-Dialog ist die Sensibilisierung total runtergegangen, wie grausam 2 bis zweieinhalb Grad wird.

Jakob Thomä: Also wir haben ja jetzt schon hunderte Millionen von Menschen, die eigentlich de facto auf eine Welt hin zu, also jetzt schon in dem jetzigen Klima, eigentlich wahrscheinlich irgendwie umziehen müssen, weil sie dort nicht bestehen können, Orte von Amerika nicht versicherbar sind. Also die Idee, dass 2 Grad bestehbar ist, aber 4 Grad nicht, das glaube ich halt ehrlich gesagt nicht. Und das ist halt dieser Bruch, in dem wir sind. Also wir befinden uns meines Erachtens auf einem 2 grad bis zweieinhalb grad fahrt reden aber als seien wir auf einem 4 grad fahrt fordern ziele ein für anderthalb grad fahrt und tun so als dann das 2 bis zweieinhalb grad irgendwie noch so mittelweg ist indem wir irgendwie klarkommen und da ist halt chaos

Philippe Diaz: Wir haben da hier vielleicht ein bisschen einen Dissens drin. Ich glaube nicht, dass diese Transformation, so wie wir sie uns vorstellen, mit dem Kapitalmarkt, wie er existiert, hin zu netto 0 überhaupt möglich ist, weil dieser Kapitalmarkt viel zu groß ist. Ich sehe auch nicht, dass viel geschieht im Bereich Klima, sondern wir haben einfach nur viele Maßnahmen, viel geredet, viele Maßnahmen umgesetzt, die nicht wehtun, insbesondere in den reichen Ländern nicht wehtun. Und ansonsten steigen die Emissionen einfach weiter. Wir haben Produktion des Ausland verlagert, deswegen sieht man in Deutschland, in Schweden und so weiter und so fort, dass die Emissionen sich reduzieren. Aber diese ganze Träumerei von nachhaltiger Transport, E-Autos, Solarenergie, das ist gut im Ansatz. Aber jedes Pilotprojekt, jede kleine Idee, wenn sie hochskaliert wird, hat dann seine eigenen Externalitäten. Wenn Ich mir vorstelle, dass in Mexiko einfach das ganze nachhaltige Transportsystem, Bahn, in die Landschaft gepflastert wird und wir vom fossilen Verkehr da wegkommen.

Philippe Diaz: Was das für negative Umweltauswirkungen hätte, weil einfach das alles durch den Regenwald gehen muss und so weiter und so fort. Und genau dasselbe für Wind, für Solarenergie. Deswegen, ich glaube nicht an diese große grüne Transformation. Ich schaue auch sehr skeptisch auf das, was bisher geschehen ist. Und ich nehme auch diese Schuld nicht auf mich. Also Ich spreche nicht für EFRAG, aber mit Blick auf diese Berichtstandards, weil ich glaube, es war ein ehrlich gemeinter Versuch, was fundamental zu ändern, was einfach nicht ins System reinpasst. Unternehmen, die weisen ja die Kosten der Berichterstattung in ihren Finanzberichten nicht mal aus. Nicht mal für Finanzberichterstattung, geschweige denn für Nachhaltigkeitsberichterstattung nach ISS, was noch viel niedriger ist.

Philippe Diaz: Deswegen sind das eigentlich gar keine relevanten Kostenpunkte. Ich habe mal verglichen, wie viel Coca-Cola ist, das kann man gar nicht vergleichen. Coca-Cola, die hauen im Jahr ungefähr 5000000000 für Marketing aus. Wie viel kostet da im Vergleich Nachhaltigkeitsberichterstattung? Es ist lächerlich, und dann zu sagen, wir haben keine Zeit mehr für Maßnahmen. Das nehme ich einfach nicht ernst. Nachhaltigkeitsberichterstattung am Ende können wir eigentlich in die Tonne treten, wenn wir dazu bereit wären, die Sachen über Ordnungsrecht umzusetzen. Da sind wir aber nicht bereit dazu. Deswegen haben wir diesen ganzen Hokus Pokus mit Sustainable Finance erfunden, der jetzt irgendwie auch alles zu viel ist.

Philippe Diaz: Also Nachhaltigkeitsberichterstattung mit dem Überbau der Sorgfaltspflichten ist meines Erachtens am Ende nur ein Kompromiss gewesen, in der Realwirtschaft Ordnungsrecht zu vermeiden. Aber dadurch, dass wir den Kompromiss jetzt wieder abbauen, kommen wir genau dahin wieder zurück. Oder lassen wir es halt gleich ganz.

Zackes Brustik: Jakob, wie ordnest du das für dich ein? Grünes Wachstum kann funktionieren, kann nicht funktionieren?

Jakob Thomä: Ich glaube schon, dass grünes Wachstum funktionieren kann und sicherlich ist es so, dass ja die, im Englischen gibt es diesen Spruch robbing Peter to pay Paul. Also ist man halt Peter beklaut, Paul zu bezahlen. Und das ist ja die Kritik an Solarstrom. Ja, da gibt es irgendwie Minen und so weiter. Mein guter Freund von mir arbeitet bei einem Automobilunternehmer nachhaltige Lieferketten. Ja, und das ist natürlich bitter. Also da ist natürlich ganz viel, hängt da ganz viel schief. Aber die Frage ist ja nicht, haben wir eine Welt, wo Menschen keinen Fußabdruck auf dieser Erde haben werden? Ja, ich glaube, das ist halt das eine.

Jakob Thomä: Das ist halt, halte ich nicht für plausibel und auch nicht für erstrebenswert ehrlich gesagt, weil ich glaube schon, dass ich in diesem Sinne bin ich halt menschenfreund, dass es halt schon auch Entwicklung gut für die Menschen ist und das bin ich dabei. Und dass halt irgendwie nicht so viel passiert ist, finde ich eigentlich plausibel. Ich meine, wir haben einfach jetzt inzwischen in Deutschland, glaube ich, was ist die letzte Statistik im ersten Quartal, 60, 70 Prozent erneuerbare Energien gehabt. Kommt halt nicht von nichts. Also ich weiß nicht, wieso wir immer so tun müssen, als sei nichts passiert, wenn halt doch enorme radikale Transformation auch schon tatsächlich auf den Weg gebracht wurde. Und ich bin halt, was das angeht, auch einfach optimistisch.

Zackes Brustik: Eine kleine Sache muss ich einräumen. Das war erneuerbarer Strom. Nicht auf dem Energiemarkt als solches. Ganz wichtiger Unterschied.

Jakob Thomä: Absolut. Vielen Dank für diese Korrektur. Absolut bin ich total bei dir, Herr Neureuber-Strohm. Aber ich meine, wir sind halt in der Situation, wo ich sehr optimistisch bin, was die Zukunft angeht, was grüne Technologien angeht. Ich glaube, dass wir einen Großteil dieser Emissionen aus dem System knallen werden in den nächsten 30, 40 Jahren. Dort, wo ich halt pessimistisch bin, bin ich bei Philipp wahrscheinlich auf 1 Linie, ist vor allen Dingen alles, was ums Land geht. Also Emissionen von Holzabbau und so weiter, Naturschutz und so weiter, da sehe ich halt schwarz ehrlich gesagt. Also da bin ich auch sehr pessimistisch.

Jakob Thomä: Wir haben das mal durchgerechnet. Wir haben mal ein Szenario gemacht für Nullwachstum oder Mitwachstum. Im Endeffekt war der Emissionsunterschied bei einem Null- oder Mitwachstum, wenn man halt einen gesunden Grad der Optimismus hat, nicht anderthalb Grad, aber einen gesunden Grad der Optimismus, wäre der Unterschied weniger als 0, 1 Grad. Also ich glaube nicht, dass Wachstum im Endeffekt wirklich, was Klimawandel, nur Klimawandel reden wir jetzt gerade, ja, nur Klimawandel ist das Problem ist. Und ich glaube, das Problem ist einfach nur, in welcher Bereitschaft wir dazu haben, halt die Technologien auszutauschen. Dass dann die nächste Generation an Themen kommen, also mit Naturschutz und Biodiversität. Also da teile ich dann auch deinen Pessimismus. Da kommen wir sicherlich an unsere Grenzen.

Jakob Thomä: Die Frage ist dann halt, wie wir diesen Konflikt tarieren.

Philippe Diaz: Habt ihr negatives Wachstum betrachtet? Weil wenn ich mir anschaue, was wir produzieren und konsumieren, wie unsere Häuser sich vergrößern, unsere Autos, unser Reiseradius. Ja, ich glaube, wäre es vielleicht auch angebracht, sich mal zu überlegen, wie es mit negativen Wirtschaftswachstum ist, was ja dann zu Wiederwachstum von Sozialkapital und Naturkapital führen kann, wenn man das holistischer betrachtet.

Jakob Thomä: Also Wachstum, das ist jetzt ein ganz großes Thema. Pünktlich wahrscheinlich so, wenn wir gerade ans Ende angucken und Sackges nervös auf die Uhr guckt.

Philippe Diaz: Ich würde aber noch einen Punkt reinschmeißen. Ich bin auch ein Menschenfreund.

Jakob Thomä: Ja, nee, absolut. Da bin ich bei dir. Das unterstütze ich absolut.

Philippe Diaz: Ich bin mir sehr bewusst dessen, dass Mikroplastik genauso Teil der Natur ist, genauso wie wir. Wir sind auch Teil der Natur. Also diese, diese Denke, dass wir schützen die Natur, ist meines Erachtens vollkommener Quatsch, weil wir nie aus der Natur ausbrechen können. Und die Natur wird immer okay sein.

Zackes Brustik: Ich würde gerne noch kurz auf das zurückkommen, was du vorhin gesagt hast, Jakob. Und das ist, was für eine Strategie baue ich? Also wie bereite ich mein Unternehmen auf diese Szenarien vor? Also was würdest du Nachhaltigkeitsprofis empfehlen? Wie gehe ich mit dieser Gemengelage

Jakob Thomä: Also ich glaube, dass das eigentlich ziemlich klar ist, ehrlich gesagt. Das erste ist, dass jede Firma eine Annahme hat darüber, wie sich Nachhaltigkeit entwickelt, aber nur eine Handvoll von Firmen diese Meinung, wie sich Nachhaltigkeit entwickelt, explizit auch auffüllt und auch irgendwie klarstellt intern. Also je nachdem, wie man halt investiert, sagen wir mal die Chips, die Chips sind auf dem Pokertisch, die wissen oder auf dem Roulette-Tisch. Wir wissen, auf welche Farben die wetten, nur dass wir einen Brüllett Tisch haben, wo alle Farben verdeckt sind und niemand eigentlich es weiß. Alle Chips sind auf dem Tisch, aber niemand weiß, worauf man wettet. Und das ist der allererste Schritt. Der allererste Schritt ist, dass jede Firma jetzt anfangen muss mit Trump, mit dem Omnibus, mit diesem ganzen Chaos, den wir gerade besprochen haben und der in der Realität vor uns liegt, dass wir diesen Chaos begegnen, indem wir einfach klar sagen, okay, an welche Zukunft glauben wir. Das intern austarieren, auch wirklich ganz offen und ehrlich darüber sind, wenn wir an eine Dekommunizierung glauben oder nicht.

Jakob Thomä: Das ist der erste Schritt. Das ist total machbar auch, das ist jetzt nicht so kompliziert. Der zweite Schritt ist auch wirklich Notfallpläne zu entwickeln. Klingt zwar, ich meine, das ist halt die Idee von Resilienz, ist halt spare capacity, also extra Kapazität zu haben. Und herauszufinden, wo man diese extra Kapazität braucht, muss man halt vorbereitet sein, so dass, ob es die Pandemie ist, ob es eben Biodiversitätsschock sind, ob es Klimaschock sind, Klima-Events, dass man einfach weiß, was macht man, wenn der Event kommt. Ich meine, in meinem Buch, wir hatten ja damit angefangen, gibt es das Thema Supervulkan. Wahrscheinlich einen in einem 100 Jahre Event. Muss man jetzt nicht eine große Strategie umsetzen, damit man sich darauf jetzt irgendwie anders hin investiert wegen Vulkanen.

Jakob Thomä: Aber in dem Moment, wo der Vulkan ausbricht in Indonesien, sind die Firmen erfolgreich, die halt den Notfallplan schon ready haben. Der ist billig. Also da sind wir wieder beim Thema Philipp. Das ist dann ein Tausendstel von den Kosten, die man dann später dann tragen muss, wenn man keinen Notfallplan hat oder ein Zehntausendstel. Ich glaube, das ist der zweite Schritt und Der dritte Schritt ist dann eben natürlich, dass man diese Nachhaltigkeitsplanung, die man zukünftig mal glaubt, den wirklich umsetzt. Und das ist ja auch kurios, dass man irgendwie die ganze Zeit irgendwelche Strategien entwickelt und wenn man ihn dann halt eben nicht umsetzt, dann wird man wirklich dann, also dann ist es kein Riskwashing mehr, damit hatte ich auch angefangen, sondern dann ist es ein Punkt, wo man sagt, hey, diese Firma kann halt nicht bestehen in diesem Markt. Also was man immer auch über Nachhaltigkeit denkt, ja, was man immer über Nachhaltigkeit denkt, was auch immer Trump im Weißen Haus erzählt, es ist nicht möglich, eine nachhaltige Firma zu sein, im Sinne von, dass man eine Zukunft besteht, wenn man sich nicht auf Nachhaltigkeitsrisiken vorbereitet. Das glaube ich tief und fest.

Zackes Brustik: Philipp, jetzt ist natürlich das Problem, dass du hast ja gesagt, eigentlich waren ein paar sehr kluge Kerngedanken in der CSRD drin und in ESRS. Gerade für die Unternehmen unter 1000 Mitarbeitenden fällt die doppelte Wesentlichkeitsanalyse raus, weil die ist im V ist im E nicht drin und der V ist im E ist, wie das V schon sagt, voluntary. Also ich muss mich nicht damit befassen, wenn ich nicht will. Wie fange ich das auf Als Profi, wenn ich in so einem Unternehmen bin, mit welchen Strategien, Argumenten kriege ich das, was Jakob gesagt hat, irgendwie an den Tisch?

Philippe Diaz: Also aus dem V könnte auch verpflichtend werden, aber das macht es nicht unbedingt besser, weil so wie ich auch von Stakeholdern auch aus dem Finanzmarkt höre, ist, dass der VSME sinnbefreit ist und diese Fragebögen dann weiterkommen. Es macht auch jetzt die Runde, dass diese 1200 Datenpunkte auf 200, 180 Datenpunkte runtergeprügelt werden sollen, Also dass selbst für Großkonzerne wir dann quasi ein VSME Plus haben, aber auch nicht viel ausgebauter. Das wird quasi alles drastisch zurückgefahren. Mit diesem Narrativ ist es zu viel. Und zu viel ist immer im Vergleich zu was. Was ich NachhaltigkeitsmanagerInnen empfehlen würde, ist einfach, es bringt gesellschaftlich meines Erachtens überhaupt nichts, diese Risikoperspektive, also das Wohlergehen des Unternehmens in den Vordergrund zu stellen, sondern wir müssen das gesellschaftliche Wohlbefinden in den Vordergrund stellen. Aber für die NachhaltigkeitsmanagerInnen selbst ist diese Risikoperspektive natürlich intern essentiell. Und wenn wir uns die Welt anschauen, wie sie heute agiert, wenn man sich den Global Risk Report des World Economic Forum anschaut, ja dann sind es bei Weitem nicht nur wirtschaftliche Risiken, die gerade zu Buche schlagen, sondern ich meine Governance.

Philippe Diaz: Trump ist ein massives Governance Risiko für die Unternehmen sowie die Umweltrisiken. Also Wir leben zunehmend in 1 unberechenbaren VUCA Welt, wo es einfach Resilienz braucht. Und die, die jetzt an der Resilienz sparen, keine Pläne haben, sich nicht damit beschäftigen, weil sie halt per se denken, das ist einfach zu kompliziert, sich nicht auf den Plan rufen, was sind unsere Abhängigkeiten von Ökosystemdienstleistungen, die dadurch, dass Ökosysteme überall fragiler werden, immer mehr wegbrechen wie einfach Fisch, beispielsweise Fischbestände in verschiedenen Meeresgebieten. Dadurch, dass wir in der VUCA-Welt leben, ist es für das gute Überleben der Unternehmen wichtig, sich der Risiken bewusst zu werden. Aber das schafft meines Erachtens eben überhaupt keinen gesellschaftlichen Mehrwert. Und das ist eben das Grundproblem, warum ich sehr stark für die Wirkungsperspektive einstehe.

Zackes Brustik: Philipp, du hast gerade gesagt, am besten auf die Impact-Perspektive gucken. Konkret, also mit welchen Werkzeugen, mit welchen Tools, auf das zurückgreifen, was einfach am Einen der in ESRS drin war oder woran orientiere ich mich jetzt? Wo bekomme ich Infos, wo bekomme ich Werkzeuge, diese Perspektive wirklich ins Unternehmen zu tragen?

Philippe Diaz: Unternehmen haben schon viele Jahre nach GAI berichtet, die eben diese Notfallpläne schon so eher in den Blick genommen haben, also diese Resilienz und es ist einfach nicht mehr, dass die ISS aus dem Nichts entstanden sind, sondern die sind zum großen Teil auf GI basiert, plus eben EU-Regulierung und diese ISSB-Standards, also IFRS S1 und S2. Und das macht, ich habe jetzt die genauen Zahlen nicht im Blick, aber also weit mehr als 2 Drittel, wahrscheinlich 80, 90 Prozent der Datenpunkte aus. Es ist die Ausnahme, dass es Datenpunkte gibt, die zusätzlich gefordert wurden, wie beispielsweise Mikroplastik, was ja auch irgendwie Sinn macht. Welche Instrumente man nutzen kann, ja, also Da gibt es einige, die auch direkt referenziert sind. Also die Methode beispielsweise LEAP von der Taskforce for Nature-Related Financial Disclosures. Ich werde jetzt nicht näher darauf eingehen, aber schaut es euch gerne an, an die Zuhörenden. Es ist sehr hilfreich. Die Kommission hat viele Instrumente auch rausgenommen, weil sie private Anbieter waren.

Philippe Diaz: Das darf nicht in delegierten Rechtsägden stehen, aber der WWF oder WWF, die Risk-Filter-Suite von WWF, sowie auch Encore, das sind alles gute Startpunkte, die aber, und hier würde ich auch sehr klar an die Regierungen appellieren, deutlich besser finanziert werden müssen. Also die Regierungen sollten den Unternehmen helfen, indem sie derartige Instrumente mit Finanzierung über Ministerien ausstatten, sodass die besser werden und wie beispielsweise iBad kostenlos zur Verfügung stehen.

Zackes Brustik: Jetzt waren wir genau bei den Ressourcen, die wir über Philipp verknüpfen in meiner Newsletterliste. Lieb hattest du erwähnt, du hattest den WWF, die Riskfilter Suite erwähnt. All das packe ich dann sozusagen in die Ressourcenliste, die er als Newsletterabonnenten bekommt. zackes.com/newsletter. Abschließend, wäre das auch deine Empfehlung, Jakob? Du hattest ja vorhin so, ich glaube, ich war ein Drei-Punkte-Plan, mit Risiken umzugehen. Also hast du auch noch Anlaufstellen, wirklich ganz konkret an Instrumente dran zu kommen? Oder Best Practices, Vorbilder, Case Studies?

Jakob Thomä: Ja, also 2 Sachen vielleicht. Ich meine, ich hatte ja vorhin dieses Beispiel erwähnt, dass die Leute nur noch die Zahlen messen und nicht mehr auf der Grundlage der Zahlen handeln. Das heißt, Für uns ist halt die in Spielen scheinende Frage, wie können wir die Transaktionskosten reduzieren, das Richtige zu tun. Diese Transaktionskosten zu reduzieren, muss man halt effizienter und auch technologiebasierter mit Nachhaltigkeitsdaten jonglieren können. Vielleicht 2 Ressourcen für die Zuhörenden. Also das eine ist eine deutsche Initiative tatsächlich, die heißt Tilt. Die haben wir incubated vor zweieinhalb Jahren, haben wir angefangen die zu incubaten. Jetzt ist sie eine unabhängige Firma.

Jakob Thomä: Und die entwickelt Nachhaltigkeitsdaten für KMUs und macht das, glaube ich, ziemlich cool und ziemlich effizient und auch für KMUs, die halt nicht Nachhaltigkeitsbeauftragten schon haben oder vielleicht nur eine Person, die da so ein bisschen in den Seilen hängt, dass das halt relativ effizient gehen kann und sowohl aus einem Risiko als auch 1 Wirkungsperspektive, Philipp, also auch das würde dich interessieren vielleicht oder du würdest es hoffentlich gutheißen. Ich hoffe es zumindest. Also das ist, glaube ich, ganz interessant. Das heißt TIL, Transforming the Low-Carbon Transition und das ist das eine. Und das andere ist ein anderes Forschungsprojekt, welches wir inkubieren und das heißt Inevitable Policy Response. Das ist ein Forecast Tool, also ein Software, mit dem man die Dekarbonisierung forecasten kann oder Prognosen entwickeln kann. Und das ist ganz interessant, weil wir halt mit diesem Tool haben wir Klimaexperten weltweit gefragt, woran sie glauben, also an welche Dekarbonisierung sie glauben. Das Thema hatten wir jetzt ja auch schon.

Jakob Thomä: Und mit diesem Tool kann man halt sehen, was glauben die Leute, wann werden wir Elektromobilität in Deutschland zu 90 Prozent erreichen bezüglich halt Neuzulassungen. Was glauben sie zu erneuerbaren Strom, ne, jetzt habe ich es auch richtig ausnahmsweise mal, zu Netto-Null und so weiter, zu Industrie, zu Waldabbau etc. Und das sind so 2 Instrumente, die glaube ich ganz hilfreich sein könnten, weil sie halt nicht nur darum gehen zu zeigen, was ja in vielen Modellen der Fall ist, wie gut es wäre, wenn man nachhaltig, wenn man sich nachhaltiger verhält, sondern auch es einfach billiger zu machen, zu wissen, wie man nachhaltig aufgestellt ist oder nicht, eben die Zukunft dann auch zu verändern.

Zackes Brustik: Was ihr vorhin gesagt hattet und das ist was, was ich spannend finde, ich glaube, das kam von dir Jakob, weil das klang in Folge 73 auch raus, Da ging es Cyber Risiken und warum Cyber Risiken eine unglaubliche Auswirkung dann tatsächlich auf die reale Nachhaltigkeit von Produkten haben, auf den Footprint und viele andere Sachen oder das Lifecycle Assessment. Und da kam auch schon raus, Nachhaltigkeitsverantwortliche brauchen eine hohe, hohe Kompetenz an Risikomanagement. Und du hattest ja vorhin kurz gesagt, eigentlich müssten Nachhaltigkeitsverantwortliche viel mehr Themen claimen, als sie aktuell haben. Also würde ich dir sagen, Unternehmen werden gut beraten, Nachhaltigkeitsverantwortliche, also jetzt, wo vielleicht der Omnibus ein bisschen Luft schafft, das in der Organisation neu zu verorten oder anders auszulegen?

Jakob Thomä: Ja, es ist der schwierigste Job der Welt, bin ich mal so frei zu sagen. Also nicht meiner, meiner ist einfach. Aber wirklich in 1 Firma Nachhaltigkeitsbeauftragte zu sein, das ist schwierig. Und deswegen sehe ich auch schon vielleicht die einen oder anderen Zuhörenden sagen, oh nee, nicht noch mehr Themen. Aber das, was die Welt im Innersten zusammenhält, das lernt man, wenn man sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt. Und das ist ein enormes Asset für ein Unternehmen, Weil wir wissen es alle in Unternehmen, das sind alle in ihren Silos, die sitzen da und die eine Person kennt sich aus mit irgendwie Procurement, die andere Person mit Sales, die dritte Person mit irgendwie Produktdesign und niemand hat so wirklich oder ganz, ganz wenige Personen in Unternehmen haben wirklich so diesen Blick über die unterschiedlichen Segmente hinweg. Und das haben meistens Nachhaltigkeitsbeauftragte und vor diesem Hintergrund sind sie halt auch super in der Lage, die Firmen für diese Risiken vorzubereiten und deswegen ja, ich glaube, dass da mehr passieren muss, aber dass man halt auch dann halt einfach ehrlicher damit umgehen muss und nicht einfach denen noch mehr auf den Tisch schippt und sagt, so jetzt entwickle mal den Notfallplan für die nächste Pandemie, sondern halt natürlich auch die Ressourcen auf den Tisch legen muss. Vielleicht ist das dann der Idealzustand, Philipp, wo wir dann zusammenkommen.

Jakob Thomä: Weniger Ressourcen für Berichterstattung, okay, Wermutstropfen, aber dann nicht kürzen, sondern eben diese Zeit darin zu benutzen, dann wirklich auch, bei Kessner zu bleiben, es gibt nichts Gutes, außer man tut es, dann auch wirklich dann auch was Gutes zu tun.

Philippe Diaz: Also Ich würde die beiden nicht gegeneinander ausspielen, aber sagen, wir können das alles mit mehrwegen abschaffen, den ganzen Green Deal und das Überordnungsrecht lösen. Das wäre mir viel lieber, als diese marktwirtschaftlichen Mechanismen zu nutzen, die am Ende eine fragwürdige Effizienz haben. Aber wo ich grundsätzlich, vielleicht der letzte Punkt dazu, von mir mit Jakob übereinstimme, zumindest habe ich das Gefühl, ist, dass wir uns eine systemische Diskussion wünschen, auch zum Zielbild. Wo wollen wir hin? Und ob dann grünes Wachstum, negatives Wachstum dabei herauskommen, ist ja erstmal egal. Aber wir als Gesellschaft müssen uns dieser Diskussion stellen, inklusive der Umweltverbände, die sich halt irgendwie nur im Klima und im Artenschutz kümmern. Die müssen sich auch die sozialen Kipppunkte Gedanken machen und das alles mal zusammenbringen. Das ist eine hochkomplexe Diskussion, die immer zuerst runterfällt, weil sie auch sehr schwierige Fragen hat und vielleicht keine richtigen Antworten. Aber das muss gesellschaftlich sein.

Philippe Diaz: Ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir ganz viele falsche Lösungen einfach nur von der Rand stellen. Hashtag Wasserstoff und Co.

Zackes Brustik: Einen Teil der Diskussion haben wir heute schon angefangen. Vielen Dank, dass ihr euch beide darauf eingelassen habt. Vielen Dank Jakob.

Jakob Thomä: Danke, hat Spaß gemacht.

Zackes Brustik: Und vielen Dank Philipp.

Philippe Diaz: Danke für die Einladung, Zockis.

Zackes Brustik: Und richtig cool, dass du bis zum Schluss mitgehört hast. Also jetzt noch schnell in der Podcast-App auf die Glocke drücken, gewinne Zukunft als Podcast abonnieren und dann verpasst du keine der nächsten Folgen. Bis zum nächsten Mal.

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